Die Pfeiler des Glaubens, Teil 3: Falcones wird (vorübergehend) zum Gesinnungsethiker und die Inquisition verfolgt Ketzer

Teil 2 meiner Rezension findet sich hier.

Teil II des Romans „Die Pfeiler des Glaubens“ – „Im Namen der Liebe“ – handelt von Hernandos weiterem Schicksal in Córdoba zwischen 1570 und 1581. (Am Ende ist er also ca. 27 Jahre alt.) Seine Familie darf in der Stadt bleiben, nachdem Hernando und sein Stiefvater Ibrahim Arbeit gefunden haben – als Handlanger in einer Gerberei respektive Feldarbeiter. Sie und die übrigen Morisken dort sind jedoch weiterhin einer strengen Kontrolle durch Behörden und Kirche unterworfen. Schon bei ihrer Ankunft gibt die Stadt ihnen Essen aus, das Schweineinnereien enthält, und es wird überwacht, dass es gegessen wird. Der sonntägliche Kirchgang ist selbstverständlich obligatorisch, Arabisch zu sprechen ist verboten, und ein Richter kann auch mal unangemeldet in der Wohnung vorbeischauen. Und auch die Rolle der Nachbarn sollte man nicht unterschätzen: Trinken die etwa nie Wein? Führen die vielleicht rituelle Waschungen durch? Kurz gesagt: Ihre wirkliche Religion müssen die Morisken weiterhin sorgfältig verstecken.

Schon nach kurzer Zeit in Córdoba trifft Hernando Hamid wieder, der weiterhin die Rolle des weisen Mentors des jungen Helden einnimmt. Der Gelehrte ist als Sklave in der Bordellgasse gelandet. Fatima unterdessen ist traumatisiert durch den Tod ihres kleinen Sohnes – und auch durch die erzwungene Ehe mit Ibrahim, der sie noch immer als seine Frau behandelt, obwohl den Christen nach außen hin etwas anderes vorgespielt wird. Sie ist bei ihrer Ankunft in der Stadt nach den langen Strapazen dem Tod nahe und gewinnt ihre Gesundheit nur langsam wieder. Ihren Trost sucht sie fortan im Glauben. Zwei Dinge gewinnen eine große Bedeutung für sie: Eine Art Amulett, das sie besitzt, das traditionell von Muslimen getragen wird und vor Dschinn und dem Bösen Blick schützen soll, eine sog. Fatimahand (benannt nach einer Tochter Mohammeds); und der Satz „Der Tod verheißt ewige Hoffnung“, eine alte muslimische Weisheit, die schon auf Seite 126 zum ersten Mal erwähnt worden ist und die Fatima offenbar stark beeindruckt hat. Die Fatimahand hat übrigens den Originaltitel des Buches inspiriert: „La Mano de Fátima.“

Was Hernandos Halbbrüder Musa und Aquil angeht, meine Vermutung, dass sie keine große Rolle mehr spielen werden, bestätigt sich: Sie werden schon bald aus der Handlung getilgt, indem sie, wie viele andere moriskische Kinder, ihren Eltern weggenommen werden, um in christlichen Familien erzogen zu werden. Als Hernando Jahre später nach ihnen sucht, da er inzwischen als guter Christ gilt und hofft, sie zurückholen zu können, muss er feststellen, dass sie verschwunden sind und die Pflegeeltern sie vermutlich als Sklaven verkauft haben.

Aber zurück zum Anfang. Die Situation der Familie stellt sich zunächst recht düster dar. Hernando hasst seine Arbeit in der Gerberei, wo er minderwertige Häute mit Mist bearbeiten muss, und natürlich hasst er die Situation mit Fatima, die nach außen hin als seine Frau gilt, in seinem Volk aber als die seines brutalen Stiefvaters. Er beginnt bald, einem Kleinkriminellen bei diversen nächtlichen Geschäften zu helfen – hauptsächlich schmuggeln sie Wein in die Stadt, um den Zoll am Tor zu umgehen – und das verdiente Geld zu sparen, um es irgendwann Ibrahim anzubieten, damit der ihm Fatima überlässt. Allmählich wird er waghalsiger und auch rücksichtsloser; an einer Stelle stachelt er sogar einen Adligen mit erfundenen Geschichten darüber, dass jemand dessen Stammbaum in Frage gestellt habe, dazu an, einen anderen Adligen in einem Wirtshaus zum Duell zu fordern, nur um vorher noch ein paar Münzen für die Information zu kassieren.

Und nun wird es interessant. Fatima ist nicht von Hernandos Plan für ihre gemeinsame Zukunft überzeugt, und als er ihr das gesparte Geld aushändigt, gibt sie es an die muslimische Gemeinde weiter, damit die einen anderen Morisken aus der Sklaverei freikaufen kann. Als Hernando davon erfährt, erklärt Hamid, der einer der Gemeindevorsteher geworden ist, ihm ihre Handlung: „’Weil du dich von deinem Volk entfernt hast, Ibn Hamid.’ Jeder Muskel in Hernandos Körper spannte sich an. ’Wir alle versuchen, uns heimlich zu versammeln, zu beten, unseren Glauben am Leben zu halten oder unseren Glaubensbrüdern in Not zu helfen, nur du ziehst als kleiner Gauner durch die Straßen von Córdoba.’ […] ’Musste Fatima deshalb auf ihre Freiheit verzichten?’ ’Sie vertraut auf Gottes Barmherzigkeit. Und du solltest das Gleiche tun. Komm zu uns, komm zu deinem Volk. Eure heutigen Fesseln sind unsere ewigen Gesetze, und nur Gott ist dazu berufen, sie uns aufzuerlegen und uns davon zu befreien. Als mir Fatima das Geld gab und mir alles erklärte, bat ich sie, auf Gott zu vertrauen und die Hoffnung nicht aufzugeben.’“ (S. 299)

Von da an lässt Hernando seine kriminellen Geschäfte bleiben und hilft in seinen freien Stunden stattdessen der muslimischen Gemeinde – Aufenthaltsgenehmigungen für Morisken besorgen, die sich in Córdoba niederlassen wollen, versklavte Morisken freikaufen, usw. (Hamid lehnt für sich übrigens einen Freikauf ab; man solle das Geld für Jüngere verwenden.) Und Falcones stellt all das als richtige Entscheidungen dar, die Hernando und Fatima Gewissensfrieden geben: „Noch vor Kurzem, als er ihr das Geld für das Maultier gegeben hatte, gegen das er sie tauschen wollte, hatte sie das Geld zwar angenommen und versteckt, aber sie war dabei immer unzufrieden und voller Zweifel gewesen – fast so, als würde er sie dazu zwingen. Nun strahlte sie, wenn Hernando ihr von seinen neuesten Plänen für einen Glaubensbruder berichtete.“ (S. 301) Und damit nicht genug: Von da an läuft alles wie auf magische Weise besser. Fatima kann sich durch den Rückhalt der Gemeinde besser gegen Ibrahim durchsetzen und wehrt seine sexuellen Avancen ab. (Die irgendwo emotional von Ibrahim abhängige Aischa ist unterdessen froh, ihren Platz als seine eigentliche Ehefrau wieder einzunehmen. Sie bekommt in dieser Zeit einen weiteren Sohn namens Shamir.) Als Hernando dann während einer öffentlichen Stierhatz in Córdoba das wild gewordene Pferd eines Adligen beruhigen kann, wird der Oberstallmeister des königlichen Marstalls in Córdoba auf ihn aufmerksam und stellt ihn kurz darauf ein; Hernando bekommt zwei Zimmer über dem Marstall und einen ordentlichen Lohn und lernt mehr über die Pflege, Aufzucht und das Bereiten der Zuchtpferde des Königs. Zur selben Zeit unterhält sich Fatima mit Jalil, einem weiteren Gemeindevorsteher, und erfährt, dass sie sich nach islamischem Recht von Ibrahim scheiden lassen kann, wenn der sie nicht angemessen versorgen kann. Da er noch immer nur einen Hungerlohn bezieht und nun einen neuen Sohn hat, ist dieser Plan sogar aussichtsreicher als Hernandos ursprüngliches Vorhaben. Wenn Ibrahim nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie vor dem Ältestenrat die Scheidung verlangt hat, beweisen kann dass er für Fatimas Unterhalt sorgen kann, soll er also von ihr geschieden werden. Er tobt, als ihm von Hamid, Jalil und einem weiteren Gemeindevorsteher namens Karim dieses Ultimatum gestellt wird, muss es aber akzeptieren.

Ich finde diese Entwicklung der Dinge faszinierend, da ich sie bei Falcones nicht erwartet hätte. „Tu nur das Richtige, dann wirst du zumindest ein gutes Gewissen haben, und am Ende wird wahrscheinlich sowieso alles noch besser ausgehen, als du es dir wünschen konntest“ – das ist eine Botschaft, die ich eher in, sagen wir mal, einem Christian Romance Novel erwartet hätte. Bisher hat Falcones mehr eine „Der (gute) Zweck heiligt die (schlechten) Mittel“-Einstellung gezeigt, die er hier abzulehnen scheint. Was besonders seltsam ist: Die früheren Lügen über Ubaid zum Beispiel wurden ebenso von Hamid abgesegnet wie später Fatimas Spende. Aber offenbar ist der Autor schon, sagen wir mal, irgendwie beeindruckt von manchen Aspekten der Religion, die hier zum Vorschein kommen: Hingabe, Demut, Loyalität, Unterwerfung unter alte Traditionen und Gesetze, Zugehörigkeit zu einem größeren Ganzen.

Fatima wird übergangsweise bei Karim untergebracht – Hernando, als dessen Frau sie ja gilt, erzählt herum, sie würde eine kranke Bekannte pflegen und deshalb noch nicht bei ihm über dem Marstall wohnen. Ibrahim erwägt in seiner Verzweiflung diverse Möglichkeiten, rechtzeitig an Geld zu kommen, und entscheidet sich schließlich, die Monfíes – moriskische Räuberbanden, von denen auch der Aufstand ausgegangen ist – im nahen Gebirge, der Sierra Morena, aufzusuchen und sich ihnen als Spitzel oder Kundschafter anzubieten. Er nimmt Aischa und Shamir mit, als er sich auf den Weg macht, und wartet dann die Nacht über in den Bergen ab, bis eine Bande der Monfíes sich zeigt und zu wissen verlangt, was er dort will. Als sie ihn fragen, wie sie sichergehen sollten, dass er kein Verräter wäre, wenn er sich ihnen anschließen würde, bietet er ihnen Frau und Kind zum Pfand an. Der Anführer erklärt schließlich, Spitzel in Córdoba hätten sie genug; wenn er wollte, könnte er sich ihnen im Gebirge anschließen, aber ohne Aischa und Shamir. Plötzlich taucht jedoch Ubaid auf, der der Stellvertreter des Anführers ist und wegen seiner abgehackten rechten Hand noch immer Rachegelüste gegenüber Hernando und Ibrahim hegt. Ubaid befiehlt, Ibrahim so wie ihm damals die rechte Hand abhacken zu lassen, und schickt Aischa mit Shamir zurück nach Córdoba. Der verstümmelte Ibrahim bleibt in den Bergen zurück, setzt sich jedoch bald von den Monfíes ab und gelangt auf ein Schiff nach Algier. (Seltsamerweise ist es den Morisken übrigens verboten, außer Landes zu fliehen. Da ihre Geschichte mit ihrer endgültigen Ausweisung aus Spanien endet, wundert mich das sehr. Aber Politik war eben auch in den 1570ern nicht logisch.) Von dort aus zieht Ibrahim weiter, kann einem reichen Kaufmann in einer Karawane ein kleines Vermögen rauben, ohne erwischt zu werden, und kauft sich damit ein Haus in Tetuan und ein eigenes kleines Schiff, mit dem er wie all die anderen Korsaren der Stadt Raubzüge an der spanischen Küste unternimmt und Gefangene macht, die er entweder gegen Lösegeld freilässt oder aber auf den Sklavenmärkten in den Barbareskenstaaten verkauft. Obwohl er ein reicher und einflussreicher Mann wird und irgendwann noch einmal heiratet, schwört er sich, einmal nach Córdoba zurückzukehren, um Fatima wiederzubekommen und an Hernando Rache zu nehmen.

Nachdem die zwei Monate vergangen sind und Ibrahim verschwunden bleibt, kann Fatima Hernando heiraten und zieht zu ihm. Hernando erlangt in den nächsten Jahren eine immer wichtigere Stellung in der Gemeinde von Córdoba, die sich mit den anderen Morisken-Gemeinden im Land vernetzt und wie diese versucht, islamische Schriften zu bewahren bzw. neue Abschriften davon anzufertigen, Glaubenswissen an die jungen Mitglieder weiterzugeben, und den Kontakt mit den ausländischen muslimischen Fürsten zu halten, damit al-Andalus irgendwann zurückerobert werden kann. (Der Sultan macht ihnen zurzeit jedoch nur leere Versprechungen.) Hernando lernt einen Schmied namens Abbas kennen, der ebenfalls im Marstall arbeitet und eine wichtige Rolle unter den Morisken spielt, und dann einen Priester an der Kathedrale von Córdoba namens Don Julián, der ebenfalls in Wahrheit Muslim ist. Da Hernando bereits als Kind von Hamid lesen und schreiben gelernt hat, bringt Don Julián ihm auch Hocharabisch (die Sprache des Koran) bei, damit er dabei helfen kann, neue Koranabschriften anzufertigen. Nach außen hin geschieht dies unter dem Deckmantel der Hilfe für die Inquisition; angeblich soll Hernando dem Priester als Übersetzer für abgefangene arabische Schriften behilflich sein, die dieser natürlich sehr gut selbst versteht. Hernando erfährt von Don Julián, dass es „[s]eit König Ferdinand Córdoba erobert hat und die Moschee den Christen in die Hände fiel […] immer einen Muslim im Priestergewand“ (S. 396) in dieser zur Kathedrale umgewidmeten Hauptmoschee Córdobas gegeben hat, dass es jedoch mittlerweile fast unmöglich sei, Muslime in den Klerus einzuschleusen, da es genau kontrolliert werde, ob man muslimische Vorfahren habe. Und ich sage mir: Ihr fragt euch wirklich, wieso die Christen euch gegenüber misstrauisch sind?

Übrigens ist, Taqiyya an sich hin, Taqiyya an sich her, Don Julián für mich eine der bisher unsympathischsten Figuren des Buches: Nicht so sehr deshalb, weil er seine Feinde ausspioniert oder vorgibt, etwas zu glauben, woran er nicht glaubt – das tun auch Hernando oder Hamid – sondern weil er für Menschen, die an etwas glauben, woran er nicht glaubt, den Seelsorger spielt. Ein Priester spendet die Kommunion und hört Beichten. Wie kann jemand so etwas nur mit seinem Gewissen vereinbaren? Aber weiter im Text.

Hernando und Fatima bekommen in diesen Jahren zwei Kinder, Francisco und Inés (die beiden erhalten noch keine muslimischen Namen, da ihre Eltern Vorsicht walten lassen, damit die Kinder sich nicht aus Versehen gegenüber Christen verraten), und können sich schließlich ein eigenes Haus in Córdoba kaufen. Aischa und Shamir leben bei ihnen, und schließlich auch Hamid, nachdem Hernando gegen dessen ursprünglichen Willen den Freikauf des alten Mannes arrangiert hat. Fatima unterrichtet andere Frauen über die Lehren des Islam, damit diese das Wissen an die Kinder weitergeben können, und die Familie hält einen Koran im Haus versteckt. Hernando versteht sich gut mit dem Pfarrer, der gelegentlich vorbeischaut, und gilt bei den Christen als Paradebeispiel für die gelungene Bekehrung eines Morisken. Alles läuft wunderbar. Doch natürlich kann es nicht so bleiben.

Und hier treten endlich die auf, die alle schon erwartet haben: Die Spanische Inquisition.

Ich weiß, ich weiß, das kennt jeder schon.

Bereits im Jahr 1573 haben Hernando und Fatima erstmals ein öffentliches Autodafé miterlebt, zu dem Abbas sie mitgenommen hat; einige der Angeklagten waren Morisken und wurden wegen Vergehen wie Bigamie (200 Peitschenhiebe und drei Jahre Galeere) oder Gotteslästerung (geringe Geldstrafe und Büßerhemd) verurteilt; einer, ein Sklave, der mehrmals versucht hat, in die Barbareskenstaaten zu fliehen, und daran festhält, den muslimischen Glauben zu bekennen, wird am Ende sogar der weltlichen Gewalt übergeben und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. (Die ganze Darstellung wirkt hier historisch korrekt.) Abbas, der seit langem den vorbildlichen Christen mimt, hat nicht nur darauf bestanden, dass er, Hernando und Fatima bei den Verurteilungen anwesend sind, damit sie ihre christliche Frömmigkeit zeigen können, sondern auch, um einen Bericht nach Algier schicken zu können. „Für jede Verurteilung rächen sich die Türken in Algier an einem Christen in ihren Gefängnissen“, hat er Hernando mitgeteilt. „Die Christen wissen das. Das hält die Inquisition zwar nicht davon ab, Ketzereien zu ahnden, aber es beeinflusst die Härte der Strafen.“ (S. 366) Und wir sollen Abbas sympathisch finden?

Die Urteile wurden damals in der Kathedrale von Córdoba gefällt, die eine große symbolische Rolle im Roman spielt, und die Hernando und Fatima zu diesem Anlass zum ersten Mal betreten haben. Sie wurde nach der christlichen Rückeroberung Córdobas im Jahr 1236 mitten in die riesige Moschee (Mezquita) hinein gebaut und ragt über diese hinaus:

Mezquita de Córdoba desde el aire (Córdoba, España).jpg

(Bildquelle hier.)

Falcones beschreibt die Kathedrale folgendermaßen: „Hernando blickte zur Decke der Kathedrale. Die Christen suchten in ihren Bauten die Annäherung an Gott und errichteten sie, so hoch es ihre Technik zuließ. Die Basis war breit und gedrungen, die Höhen waren schmal. Aber die Moschee von Córdoba war ein Wunder der islamischen Architektur, das Ergebnis einer gewagten Konstruktion, in der die Macht Gottes zu den Gläubigen herabstieg. Im Gegensatz zu den christlichen Bauten lag in der Moschee das Gewicht, der Schwerpunkt, auf den vielen schlanken Säulen – eine aufsehenerregende öffentliche Herausforderung der Logik.“ (S. 371) Das hier sind diese Säulen, die auch vorne auf dem Buchumschlag abgebildet sind und den Titel der deutschen Übersetzung inspiriert haben:

(Bildquelle hier.)

Ehrlich gesagt finde ich diesen Titel übrigens sinnvoller als „Die Hand der Fatima“; die Kathedrale/Moschee hat mehr mit der Handlung zu tun als das Amulett. Sie ist ein Symbol für die Morisken: Ursprünglich auf einer kleinen christlichen Kirche erbaut, deren Existenz nie erwähnt wird, dann groß und mächtig und beeindruckend als Stätte des Islam, dann von den Christen zurückerobert und mit ihrem Gotteshaus überbaut – aber nicht ganz zerstört, sondern unter der Kathedrale noch immer still und ungenutzt existent. „Warum hatten die Christen dieses architektonische Meisterwerk der verhassten Mauren nicht wie all die anderen Moscheen der Stadt einfach dem Erdboden gleich gemacht?“, fragt sich Hernando. „[…] Stattdessen ließen sie zu, dass der muslimische Glaube in Form dieser Säulen, der niedrigen Decken und der Raumaufteilung überlebte… die Seele der Mezquita.“ (S. 372) Ich vermute mal, sie taten es, weil sie Säulen und niedrige Decken nicht für unverbesserlich islamisch hielten… Die Mezquita jedenfalls ist unter Muslimen sogar heute noch ein Symbol für das verloren gegangene al-Andalus, das einst zum „Haus des Islam“ gehörte. In den letzten Jahren haben Muslime in Spanien übrigens immer wieder verlangt, in der Mezquita muslimische Gebete zuzulassen und das Gebäude in ein interreligiöses Gotteshaus umzuwandeln, was von der Kirche stets abgelehnt wurde.

Fatima jedenfalls war besonders erschüttert durch die Moschee/Kathedrale. Als sie wie gebannt begann, mitten unter den Christen leise das islamische Glaubensbekenntnis zu sprechen, bat Hernando sie, doch still zu sein, und schwor ihr, dass sie in der Zukunft einmal in der Mezquita zu Allah beten würden.

Aber jetzt zurück zur Inquisition. 1579 hat Hernando dann selbst mit ihr zu tun: Seine Dienste als Übersetzer werden verlangt, da der Gemeindevorsteher Karim, bei dem islamische Schriften gefunden wurden, vor ihr angeklagt ist. Karim leugnet nicht, Muslim zu sein, aber natürlich will man von ihm hauptsächlich die Namen anderer Muslime erfahren, vor allem solcher, die ihm dabei geholfen haben, die Bücher herzustellen und zu verbreiten, und diese gibt er nicht preis.

Der Inquisitor, der Hernando zunächst anspricht, wird als ein „hagerer, hochgewachsener Mann“ (S. 439) mit „schlaffen, dürren Finger[n]“ (S. 440) und „schneidend kalter Stimme“ (ebd.) beschrieben – wie ein religiöser Fanatiker eben auszusehen und zu sprechen hat. Vom Gefängnis der Inquisition, in das Karim gebracht wurde, „hieß es bei den Bewohnern Córdobas bald, dass jeder, der in die Festung kam, sofort krank würde und innerhalb kürzester Zeit starb“ (S. 441). Am Verhandlungstag in dem Gebäude angekommen, in das er bestellt wurde, geht Hernando einen „klammen düsteren Gang zum Gerichtssaal entlang“ (S. 442), wo eine „bedrückende Stille“ (ebd.) herrscht. Als er Karim sieht, wirkt dieser „schwach, und seine Kleider waren nur mehr Lumpen“ (S. 442). Die Inquisitoren schreien den Angeklagten mit Ausdrücken wie „Vermaledeiter Ketzer!“ (S. 444) an, als er sich weigert, seine Hintermänner zu verraten. Am zweiten Tag der Verhandlung wird Hernando in ein Gewölbe geführt: „Sie [die Inquisitoren] flüsterten miteinander und standen zu Hernandos Entsetzen um eine massive Folterbank herum, daneben die grausamen Werkzeuge aus Eisen, mit denen man die Angeklagten fesseln, ihre Haut abziehen und verstümmeln konnte.“ (S. 445) Karim wird an den Daumen an der Decke aufgehängt. An diesem Tag dauert die Folter nicht sehr lang, aber in den nächsten Tagen geht es weiter: „Nach zwei Tagen unaufhörlicher Qualen hatten sie Karim auf der Folterbank schließlich auch die Arme ausgerenkt“ (S. 449). Und am Tag danach wird er noch einmal „unaufhörlich“ (S. 452) gequält. Hernando kann es kaum verkraften, die Qualen des alten Mannes mit anzusehen, ist aber gleichzeitig stolz auf dessen Widerstandskraft, und macht sich auch Sorgen, dass Karim am Ende doch noch nachgeben könnte: „Und niemand, wirklich niemand konnte dem alten Mann einen Vorwurf machen, wenn er diesen andauernden Qualen nicht mehr trotzen könnte und das preisgäbe, was sie von ihm forderten.“ (S. 452) Es wird mir nicht ganz klar, ob Karim danach noch weitere Male gefoltert wird, bevor im nächsten Abschnitt das abschließende Urteil beschrieben wird. Zu diesem Zeitpunkt ist er jedenfalls bereits dem Tod nahe, weshalb die Inquisitoren auch entscheiden, ihn beim nächsten Autodafé in effigie zu verbrennen, d. h. eine Strohpuppe an seiner statt zu nehmen.

Für meine Analyse interessiert mich natürlich vor allem, wie historisch glaubwürdig diese Darstellung des Prozesses ist.

Zu Mythen über die Spanische Inquisition, die hauptsächlich durch englische Propaganda der frühen Neuzeit entstanden sind, gibt es diese spannende Doku vom BBC:

Die Folter wird ab 14:40 thematisiert, ab 16:37 kommt diese Erklärung eines Historikers:

„Tatsächlich benutzt die Inquisition die Folter sehr selten. In Valencia beispielsweise habe ich unter über 7000 Fällen nur 2 Prozent gefunden, die überhaupt Folter erlebt haben, und normalerweise für nicht mehr als 15 Minuten, und weniger als 1 Prozent, die wiederholte Folter erlitten haben, mit anderen Worten, mehr als einmal. Ich habe niemanden gefunden, der mehr als zwei Mal Folter erlitten hat.“

Ab 17:48 zu Folter und Gefängnissen:

„Sie hatten ein Buch mit Regeln, die Instructiones, die klarstellten, was getan und nicht getan werden konnte. Diejenigen, die die Regeln brachen, wurden gefeuert. Also, die Inquisition röstete nicht, wie behauptet, die Füße ihrer Opfer, oder mauerte sie ein, um für alle Ewigkeit zu schmachten, oder zerschlug ihre Gelenke mit Hämmern, oder räderte sie. Sie benutzten nie die Eiserne Jungfrau. Diese Eiserne Jungfrau hier, eins von nur wenigen Exemplaren, die man betrachten kann, wurde in Deutschland gebaut. Die Inquisitoren vergewaltigten nicht ihre weiblichen Gefangenen, obwohl eine reiche und unbestreitbar beliebte Tradition behauptet, dass sie es taten. Tatsächlich existierte die Folterkammer der Inquisition aus dem populären Mythos nie, auch wenn dieses Bild hier hunderte Male neu gedruckt wurde. Und es war nicht nur der Gebrauch der Folter, der verfälscht wurde. Geschichten wurden auch gesponnen über die entsetzlichen Bedingungen, unter denen Gefangene gehalten wurden. [1. Historiker:] Ironischerweise hatte die Inquisition wahrscheinlich die besten Gefängnisse in Spanien. Das klingt sehr nach Schönfärberei, aber leider ist es wahr. Lassen Sie mich ein Zitat von den Inquisitoren in Barcelona in der Mitte des 16. Jahrhunderts hernehmen, als sie gebeten wurden, über den Zustand ihrer Gefängnisse zu berichten, und sie sagten: ’Unsere Gefängnisse sind voll.’ Aber dann beschweren sie sich bei ihren Bossen in Madrid: ’Wir wissen nicht, wohin wir die übrigen Gefangenen, die wir haben, hinschicken sollen. Wir können sie nicht in die Stadtgefängnisse schicken, weil die Stadtgefängnisse überfüllt sind und da zwanzig pro Woche sterben.’ [2. Historiker:] Ich habe Fälle gefunden von Gefangenen vor weltlichen Strafgerichten, die Gott lästerten, um in das Gefängnis der Inquisition zu kommen, um ihrem… der schlechten Behandlung, die sie im weltlichen Gefängnis erhalten haben, zu entkommen.“

Ab 20:11:

„Die Inquisitoren waren sicherlich Vernehmungsbeamte [mir ist hier keine bessere Übersetzung eingefallen], aber sie waren zurückhaltende Vernehmungsbeamte, skeptisch in Bezug auf die Effektivität von Härten und Folter dabei, Häresie ans Licht zu bringen. Im Vergleich zu vielen anderen Gerichten in Europa erscheinen sie als beinahe aufgeklärt.“

Ach ja, wen es noch interessiert, die Gesamtzahl aller Todesopfer der Inquisition kommt ab 37:00: zwischen 3000 und 5000.

Ist Falcones’ Darstellung also historisch korrekt? Na ja. Es wäre theoretisch möglich, dass das Gefängnis von Córdoba ein Ausnahmefall war und dort viel schlechtere Zustände herrschten als in anderen Gefängnissen der Inquisition in Spanien. Das Urteil, die Verbrennung in effigie des sterbenden Verurteilten, ist glaubwürdig. Es erscheint durchaus als wahrscheinlich, dass Karim zu den 2 Prozent gehört, die während des Prozesses gefoltert wurden, da sein Fall wohl einer der ernsteren Fälle war, die vor die Inquisition kamen; weniger wahrscheinlich erscheint es schon, dass gerade er, ein alter, schwacher Mann, mehr als ein Mal gefoltert wird. Extrem unglaubwürdig wirkt es, dass er an vier oder mehr Tagen gefoltert wird; das Gleiche gilt für die Dauer der Folter. Diese Fehler hier liegen sicher nicht an mangelnder Recherche des Autors; Falcones kennt offensichtlich den Ablauf eines Autodafés und auch viele andere historische Details; er hat sich an dieser Stelle einfach für einen Kompromiss zwischen einer historisch korrekten Darstellung und der „Schwarzen Legende“ entschieden. Vermutlich ist das schon besser als nichts, aber Anlass zu wirklicher Zufriedenheit ist es nicht. Allerdings ist es ein gutes Beispiel für die Tatsache, dass Menschen im Allgemeinen widerlegte liebgewordene Vorurteile eher nur so halb aufgeben.

Übrigens findet Hernando durch seine Tätigkeit als Übersetzer heraus, wer Karim verraten hat: Ein Moriske namens Cristóbal Escandalet, der neu in der Stadt ist, und der für seinen Verrat offenbar reich entlohnt worden ist. Hernando erzählt Hamid davon und daraufhin macht Hamid sich heimlich auf, um dem Verräter seine gerechte Strafe zu erteilen: Er tötet Cristóbal Escandalet auf offener Straße, und nachdem er dann selbst von einem Büttel, der ihn festnehmen will, schwer verletzt wird, gelingt es ihm noch, sich in den Fluss, der durch die Stadt fließt, zu stürzen. Es wird nicht entdeckt, wer er war und wer seine Angehörigen sind, was mich nun wirklich wundert. Eine Leiche aus einem Fluss kann man schließlich bergen, und dann müssten sich in der Stadt doch Leute finden, die sagen können, wer Hamid war, womit auch ein Verdacht auf Hernando fallen würde… aber das geschieht offenbar nicht, weil es nicht in den Verlauf der Handlung passen würde. Die Situation für die Morisken von Córdoba beruhigt sich wieder.

Es geht weiter im Jahr 1581. Während Hernando einen Transport von Zuchtpferden in eine andere Gegend Spaniens begleitet, erkennt Ibrahim endlich eine Gelegenheit, seine lang gehegten Pläne in die Tat umzusetzen. Er hat bei einem seiner Raubzüge Frau und Kind eines spanischen Adligen in seine Gewalt gebracht und verlangt bei den Verhandlungen mit dessen Abgesandten, dass der Adlige ihm hilft, Hernando und dessen Familie aus Córdoba zu entführen und Ubaid, der nach dem Tod des Monfíes-Anführers jetzt selbst zu deren Anführer aufgestiegen ist, zu töten; ansonsten würde er die Gefangenen töten lassen. Also lässt der Adlige Ibrahim heimlich ins Land schleusen, schickt Männer aus, die Fatima, Aischa, Shamir, Francisco und Inés nachts aus ihrem Haus in Córdoba entführen (es wird als Tat von Monfíes dargestellt und die christlichen Nachbarn kommen den Morisken natürlich nicht zu Hilfe) und in ein einsames Landgasthaus bringen, in dem Ibrahim wartet. Auch Ubaid, den andere Männer des Adligen und einige angeheuerte Banditen in den Bergen gefangen genommen haben, wird dorthin gebracht und Ibrahim tötet ihn brutal und lässt seine Leiche in der Nähe verstecken. Dann nimmt er Fatima, ihre Kinder und seinen Sohn Shamir mit nach Tetuan und lässt Aischa, die ihm nicht besonders wichtig ist, zurück, damit sie Hernando berichtet, was mit den anderen geschehen ist. Er ist extrem wütend darüber, Hernando nicht erwischt zu haben.

Als Aischa jedoch nach Córdoba zurückgekehrt ist, berichtet sie Abbas stattdessen, dass Ubaid und seine Räuber die Familie entführt und Fatima und die Kinder in den Bergen getötet hätten, und als Abbas Hernando von dem Pferdetransport zurückgeholt hat, wiederholt sie vor ihrem Sohn dieselbe Geschichte, um zu verhindern, dass der sich auf den Weg nach Tetuan macht und von Ibrahim getötet wird. Da Hernando nun der Verzweiflung nahe ist und Tag für Tag vergeblich in die Sierra Morena reitet, um die Leichen seiner Familie und Ubaids Bande zu finden und an den Räubern Rache zu nehmen, sucht Aischa schließlich selbst wieder nach Ubaids Leiche, und sorgt dafür, dass sie auf einer Landstraße gefunden wird. Als man in Córdoba von dessen Tod erfährt, findet Hernando allmählich wieder zu etwas Frieden. Gegen Abbas jedoch hegt er einen Groll, weil der, entgegen einem Versprechen, Hernandos Familie nicht beschützen konnte, während Hernando fort war.

Wenig später bekommt Hernando Probleme mit einem Grafen, da ein Zuchtpferd aus dem Marstall, das für diesen bestimmt war, zu Tode gekommen ist, und muss kurzzeitig Kirchenasyl in der Kathedrale suchen. Dort betet er nachts heimlich die islamischen Gebete, wie er es Fatima einst versprochen hat. Schließlich begegnet er in der Kathedrale überraschend einem Herzog namens Don Alfonso de Córdoba, und es stellt sich heraus, dass dieser der Gefangene war, dem er im Krieg einst zur Flucht vor dem Korsaren Barrax verholfen hat. Der Herzog stellt ihn unter seinen Schutz und lässt ihm seine besondere Gunst zukommen, und damit endet Teil II.

Jetzt noch kurz zu einer interessanten Stelle in diesem Teil des Romans. Die Reformation wird in Teil II ein paar Mal kurz erwähnt; man erfährt, dass die Inquisition Protestanten verfolgt und dass z. B. eine Schrift Calvins in spanischer Übersetzung kursiert. Einmal, kurz vor dem Inquisitionsprozess im Jahr 1579, unterhält Hernando sich mit Don Julián über die Gemeinsamkeiten zwischen Protestantismus und Islam, und an dieser Stelle schreibt Falcones: „Die Kritik am Papst und am Ablasshandel, die Behauptung, dass jeder Gläubige die Heilige Schrift unabhängig von seiner Stellung innerhalb der Kirche auslegen dürfe, und die kritische Haltung zur Vorherbestimmung waren Gemeinsamkeiten der beiden Religionen, die gegen die Angriffe der katholischen Kirche zu kämpfen hatten.“ (S. 427) Na ja, ich weiß ja nicht genau, wie das mit der Auslegung der Heiligen Schrift im Islam so aussieht, ob man da eher der Ansicht ist, dass man gebildet sein müsste, um den Koran verstehen zu können, oder eher meint, dass der Koran zu jedem spreche, aber… „kritische Haltung zur Vorherbestimmung“?

„KRITISCHE HALTUNG ZUR VORHERBESTIMMUNG“??? Will der mich hier verarschen?

Man muss zugeben, der Protestantismus und der Islam ähneln sich in ihrer Sicht auf das Thema Vorherbestimmung (wobei ich die islamische Sicht nicht so gut kenne wie die protestantische und mich daher mit definitiven Aussagen über sie mal lieber zurückhalte), und sehen beide die katholische Sicht auf dieses Thema kritisch. So könnte man Falcones’ Satz auslegen, wenn man sich sehr, sehr viel Mühe geben würde, eine Auslegung zu finden, die der Wahrheit entspricht. Aber wie versteht man den Satz, wenn man ihn ganz normal liest?

Der Katholizismus würde eine Prädestination lehren und der Protestantismus und der Islam sie ablehnen. So wird der Satz von den Lesern verstanden werden, und eine solche Behauptung ist einfach eine Lüge. Das Ganze wirkt besonders ironisch, wenn man bedenkt, dass einen Absatz weiter oben Calvins Institutio Christianae religionis erwähnt wird.

Für alle, die es noch nicht wissen: Der Calvinismus lehrt mit aller Klarheit eine Prädestination der Menschen zu Himmel oder Hölle, die in Gottes unergründlichem Ratschluss begründet liegt und nicht von den guten oder schlechten Taten eines Menschen abhängig ist. Wenn Gott entschieden hat, dich in die Hölle zu werfen, hat er das eben entschieden, und du kannst nichts dagegen tun. Wenn er entschieden hat, dich in den Himmel aufzunehmen, kannst du auch nichts tun, wodurch du das Heil wieder verlieren würdest. Luther lehrte Ähnliches wie Calvin, wenn auch weniger klar, und freundlicher formuliert; auch er sah den freien Willen als illusorisch an, wie man in seiner Schrift „Vom unfreien Willen“ nachlesen kann. Der Islam scheint nach meinem Eindruck auch eher zu lehren, dass Allah den Willen des Menschen lenke und sein Schicksal vorherbestimme; wobei ich mich da, wie gesagt, nicht so genau auskenne. Der Katholizismus jedenfalls lehrt, dass der Mensch einen freien Willen hat, der vor Gott etwas zählt. Katholische Lehrdokumente, z. B. die des Trienter Konzils (1545-1563), verwenden das Wort „Prädestination“ (Vorherbestimmung) gelegentlich auch, aber in einem anderen Sinn: Gottes Vorauswissen und Vorherbestimmung schließen immer die freien Entscheidungen der Menschen mit ein. Niemand ist unabhängig von seinen Taten für Himmel oder Hölle vorherbestimmt. Wenn man mir nicht glaubt, hier zwei Kanones aus dem „Dekret über die Rechtfertigung“ des Trienter Konzils von 1547: „Kan. 6. Wer sagt, es stehe nicht in der Macht des Menschen, seine Wege schlecht zu machen, sondern Gott wirke die schlechten Werke so wie die guten, nicht nur, indem er sie zuläßt, sondern auch im eigentlichen Sinne und durch sich, so daß der Verrat des Judas nicht weniger sein eigenes Werk ist als die Berufung des Paulus: der sei mit dem Anathema belegt.“ „Kan. 17. Wer sagt, die Gnade der Rechtfertigung werde nur den zum Leben Vorherbestimmten zuteil, alle übrigen aber, die gerufen werden, würden zwar gerufen, aber nicht die Gnade empfangen, da sie ja durch die göttliche Macht zum Bösen vorherbestimmt seien: der sei mit dem Anathema belegt.“. Zitiert nach: Denzinger, Heinrich u. Hünermann, Peter (Hrsg.): Enchiridion symbolorum definitionum et declarartionum de rebus fidei et morum – Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, 46. Aufl., Freiburg im Breisgau 2009.

Bravo, Ildefonso Falcones. Die Aussage, Islam und Protestantismus wären sich einig in einer „kritische[n] Haltung zur Vorherbestimmung“ wäre mit ihrer Verdrehungskunst wirklich einem Jesuiten aus einem Schauerroman des 19. Jahrhunderts würdig.

Eine weitere Stelle will ich noch kurz erwähnen, weil ich sie einfach lustig fand: „’Aber warum sollen wir dabei zusehen, wie unsere Glaubensbrüder und -schwestern verurteilt werden?’ fragte Hernando verständnislos.“ (S. 365; hier will Abbas ihn bewegen, zum Autodafé mitzukommen) Gendersprache Anno 1573! Okay, vielleicht klingt die Formulierung im spanischen Original ja nicht ganz so nach offiziellem Formular oder vom Blatt abgelesenem Predigttext.

Und das war’s auch schon wieder. Im nächsten Teil wird es dann noch mal deutlich „Da-Vinci-Code“-mäßiger, da wird nämlich ein verstecktes altes Manuskript entdeckt…

Update: Weiter geht’s hier.

2 Gedanken zu “Die Pfeiler des Glaubens, Teil 3: Falcones wird (vorübergehend) zum Gesinnungsethiker und die Inquisition verfolgt Ketzer

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