Moraltheologie und Kasuistik, Teil 5: Das 2. Gebot

Die praktische moraltheologische Bildung der Katholiken muss dringend aufgebessert werden – ich hoffe, da werden meine Leser mir zustimmen. Und ich meine hier schon auch ernsthafte Katholiken. In gewissen frommen Kreisen wird man heutzutage ja, wenn man Fragen hat wie „Muss ich heute Abend noch mal zur Sonntagsmesse gehen, wenn ich aus Nachlässigkeit heute Morgen deutlich zu spät zur Messe gekommen bin?“ oder „Darf ich als Putzfrau oder Verwaltungskraft in einem Krankenhaus arbeiten, das Abtreibungen durchführt?“ oder „Wie genau muss ich eigentlich bei der Beichte sein?“ mit einem „sei kein gesetzlicher Erbsenzähler!“ abgebügelt. Und das ist nicht hilfreich. Gar nicht. Weil das ernsthafte Gewissensfragen sind, mit denen manche Leute sich wirklich herumquälen können. Und andere Leute fallen ohne klare Antworten in einen falschen Laxismus, weil sie keine Lust haben, sich ewig mit diesen Unklarheiten herumzuquälen und meinen, Gott werde es eh nicht so genau nehmen, und wieder andere in einen falschen Tutiorismus, wobei sie meinen, die strengste Möglichkeit wäre immer die einzig erlaubte.

 Auf diese Fragen kann man sehr wohl die allgemeinen moraltheologischen Prinzipien – die alle auf das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zurückgehen – anwenden und damit zu einer konkreten Antwort kommen. Man muss es sich nicht schwerer machen, als es ist. Und nochmal für alle Idealisten: „Das und das ist nicht verpflichtend“ heißt nicht, dass man das und das nicht tun darf oder es nicht mehr empfehlenswert oder löblich sein kann, es zu tun. Es heißt nur, dass die Kirche (z. B. in Gestalt des Beichtvaters) nicht von allen Katholiken verlangen kann, es zu tun.

 Zu alldem verweise ich einfach mal noch auf einen meiner älteren Artikel. Weiter werde ich mich gegen den Vorwurf der Gesetzlichkeit hier nicht verteidigen.

 Jedenfalls, ich musste öfters lange herumsuchen, bis ich zu meinen Einzelfragen Antworten gefunden habe, und deshalb dachte mir, es wäre schön, wenn heute mal wieder etwas mehr praktische Moraltheologie und Kasuistik betrieben/kommuniziert werden würde; aber manches, was man gerne hätte, muss man eben selber machen, also will ich in dieser Reihe solche Einzelfragen angehen, so gut ich kann, was hoffentlich für andere hilfreich ist. Wenn ich bei meinen Schlussfolgerungen Dinge übersehe, möge man mich bitte in den Kommentaren darauf hinweisen. Nachfragen sind auch herzlich willkommen. Bei den Bewertungen, was verpflichtend oder nicht verpflichtend, schwere oder lässliche oder überhaupt keine Sünde ist („schwerwiegende Verpflichtung“ heißt: eine Sünde, die wirklich dagegen verstößt, ist schwer), stütze ich mich u. a. auf den hl. Thomas von Aquin, ab und zu den hl. Alfons von Liguori, und auf Theologen wie Heribert Jone (1885-1967); besonders auf letzteren. Eigene Spekulationen werden (wenn ich es nicht vergesse) als solche deutlich gemacht. Alle diese Bewertungen betreffen die objektive Schwere einer Sünde; subjektiv kann es Schuldminderungsgründe geben. Zu wissen, ob eine Sünde schwer oder lässlich ist, ist für die Frage nützlich, ob man sie beichten muss, wenn man sie bereits getan hat; daher gehe ich auch darauf ein; in Zukunft muss man natürlich beides meiden.

Wer nur knappe & begründungslose Aufzählungen von christlichen Pflichten und möglichen Sünden sucht, dem seien diese beiden Beichtspiegel empfohlen. (Bzgl. dem englischen Beichtspiegel: Wenn hier davon die Rede ist, andere zu kritisieren, ist natürlich ungerechte, verletzende Kritik gemeint, nicht jede Art Kritik, und bei Ironie/Sarkasmus ist auch verletzende Ironie/Sarkasmus gemeint.)

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 (Der hl. Alfons von Liguori (1696-1787), der bedeutendste kath. Moraltheologe des 18. Jahrhunderts. Gemeinfrei.)

Alle Teile hier.

Das 2. Gebot richtet sich gegen die Verunehrung des Namens Gottes: „Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht missbrauchen.“ Der Name Gottes ist heilig, weil der, den er bezeichnet, heilig ist.

Bei diesem Gebot geht es um Meineide im Namen Gottes, den Bruch von Eiden, den Bruch von Gelübden, die man Gott gemacht hat, Blasphemie, den unehrfürchtigen Gebrauch des Gottesnamens, falsches Segnen und falsches Verfluchen.

Erst einmal zum Eid (in der Form von eidlichen Aussagen oder eidlichen Versprechungen):

Der Eid besteht darin, dass jemand Gott zum Zeugen der Wahrhaftigkeit einer Aussage oder der Ehrlichkeit und Einhaltung eines Versprechens macht („ich schwöre bei Gott, dass das wahr ist“, „so wahr mir Gott helfe“, „ich schwöre beim Himmel, dass ich das tun werde“). (Wenn jemand bei einem Heiligen oder auf die Bibel schwört, bezieht sich das indirekt auf Gott.) Der Name Gottes wird missbraucht, wenn jemand bei ihm etwas Gelogenes oder Zweifelhaftes beschwört (z. B. vor Gericht) und Ihn damit zum Zeugen für etwas Falsches machen will; oder bei Ihm etwas verspricht, das er nicht zu halten beabsichtigt; oder etwas, das er bei Ihm versprochen hat, nicht erfüllt. Meineid und Eidbruch sind an sich schwere Sünden.

Bei einer eidlichen Aussage ist auch eine Teilwahrheit, von der derjenige weiß, dass sie falsch ausgelegt werden wird (also eine Aussage mit „mentaler Reservation“, dazu mehr beim 8. Gebot), gegenüber Leuten ausgesprochen, die das Recht haben, die Wahrheit zu kennen, eine schwere Sünde. Gegenüber Leuten, die dieses Recht nicht haben, ist sie aus einem ernsten Motiv heraus erlaubt; wenn kein solches Motiv da ist, eine lässliche Sünde.

Den Eid zu gebrauchen, um Auskünfte zu beschwören, die zwar wahr sind, die man aber nicht weitergeben soll, wäre bei solchen Dingen wie geringfügigem Lästern, Angeberei o. Ä. lässliche Sünde, in schwerwiegenden Fällen, die auch so schwere Sünde wären (z. B. bei einem bedeutenden Geheimnis, das man kein Recht hat, weiterzugeben – natürlich gelten nicht alle Geheimnisse absolut, aber solche gibt es), wohl schwere Sünde.

Mit einem Eid zu versprechen, eine Sünde zu begehen, ist schwere Sünde, zumindest jedenfalls, wenn es sich bei der versprochenen Sache selbst um eine schwere Sünde handelt. Ein solcher Eid ist ungültig. Wenn man etwas unter Eid verspricht, sich aber später herausstellt, dass die Erfüllung in diesem Fall Schaden anrichten würde und eine Sünde wäre, verpflichtet der Eid natürlich auch nicht.

Der Versprechenseid verpflichtet unter schwerer oder lässlicher Sünde, je nachdem, ob es sich bei der versprochenen Sache um etwas Schwerwiegendes oder Unwichtiges handelt.

Manche christliche Gruppierungen wollen den Eid grundsätzlich verwerfen, weil Jesus in der Bergpredigt gesagt hat: „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, noch bei der Erde, denn sie ist der Schemel seiner Füße, noch bei Jerusalem, denn es ist die Stadt des großen Königs! Auch bei deinem Haupt sollst du nicht schwören; denn du kannst kein einziges Haar weiß oder schwarz machen. Eure Rede sei: Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.“ (Mt 5,33-37)

Aber das ist kein grundsätzliches Verbot des Eides, sondern meint eher, dass man nicht nur bei einem Eid zur Wahrhaftigkeit verpflichtet ist, sondern immer. Jesus sagt nicht, Schwören ist böse, sondern es kommt vom Bösen, wenn man (oft) schwört und dann meint, nur wahrhaftig sein zu müssen, wenn man schwört; und Er hebt ja ganz grundsätzlich das Alte Testament nicht auf, wenn Er darüber hinausgeht. Auch der hl. Paulus benutzt den Eid in seinen Briefen: „Ich rufe aber Gott zum Zeugen an bei meinem Leben, dass ich nur, um euch zu schonen, nicht mehr nach Korinth gekommen bin.“ (2 Kor 1,23) „Was ich euch hier schreibe – siehe, bei Gott, ich lüge nicht.“ (Gal 1,20) Im Katechismus heißt es dazu:

„2154 In Anlehnung an den hl. Paulus [Vgl. 2 Kor 1,23; Gal 1,20.] hat die Überlieferung der Kirche das Wort Jesu so verstanden, daß es den Eid dann, wenn er sich auf eine schwerwiegende und gerechte Sache (z. B. vor Gericht) bezieht, nicht verbietet. ‚Ein Eid, das ist die Anrufung des göttlichen Namens als Zeugen für die Wahrheit, darf nur geleistet werden in Wahrheit, Überlegung und Gerechtigkeit‘ (CIC, can. 1199, § 1).

2155 Die Heiligkeit des Namens Gottes verlangt, daß man ihn nicht um belangloser Dinge willen benutzt. Man darf auch keinen Eid ablegen, wenn er aufgrund der Umstände als eine Billigung der Gewalt, die ihn ungerechterweise verlangt, verstanden werden könnte. Wenn der Eid von unrechtmäßigen staatlichen Autoritäten verlangt wird, darf er verweigert werden. Er muß verweigert werden, wenn er zu Zwecken verlangt wird, die der Menschenwürde oder der Gemeinschaft der Kirche widersprechen.“

Drei Kriterien gelten also für einen Eid: Wahrheit, Überlegung, Gerechtigkeit. Man soll auch einen guten Grund haben, um zu schwören, weil man den Namen Gottes nicht leichtfertig anrufen soll (Überlegung). Wenn jemand ohne guten Grund schwört – aber hier nichts Falsches oder Zweifelhaftes beschwört (Wahrheit) oder etwas Sündhaftes verspricht (Gerechtigkeit) – ist das aber nur lässliche Sünde.

Der hl. Thomas sagt zur Auslegung dieser Stelle aus der Bergpredigt:

„Ich antworte, es könne ein Ding an sich etwas Gutes sein, demjenigen aber zum Übel gereichen, der sich dessen nicht geziemendermaßen bedient. So ist es etwas Gutes, das heilige Abendmahl zu nehmen; wer aber es unwürdig nimmt, der ißt und trinkt sich das Gericht. (1. Kor. 11.) So verhält es sich hier. Der Eidschwur ist an und für sich erlaubt etwas Gutes. Denn 1. ist sein Ursprung gut, da die Menschen der Glaube an die unfehlbare Wahrheit Gottes dazu gebracht hat, den Eid einzuführen; — 2. ist sein Zweck gut; denn der Eidschwur soll den Menschen Recht verschaffen und jeden Streit beenden, nach Hebr. 6. Wer aber ohne Not und ohne gebührende Ursache des Eidschwures sich bedient, dem gereicht er zum Übel. Denn das zeigt, daß der betreffende wenig Achtung vor Gott hat, da er Ihn leichthin zum Zeugen nimmt, was er sich nicht vermessen würde gegenüber einem anständigen Menschen. Es droht zudem einem solchem leichtsinnigen Schwören die Gefahr des Meineides; denn leicht fällt der Mensch im Sprechen: ‚Wer in seinen Worten nicht fehlt,‘ sagt Jakobus (3, 2.), ‚ist ein vollkommener Mann.‘ Deshalb heißt es Ekkli. 23.: ‚Dein Mund gewöhne sich nicht ans Schwören: denn viel wird darin gefehlt.'“ (Summa Theologiae II/II,89,2)

Und:

„Ich antworte; was nur gesucht wird, damit es einer gewissen Schwäche und einem Mangel abhelfe, kann nicht zu dem gezählt werden was an und für sich erstrebenswert ist, sondern nur als etwas Notwendiges wie die Medizin gesucht wird, um dem Kranken zu helfen. Der Eid wird gefordert, um der Schwäche des Menschen zu Hilfe zu kommen, deren der eine dem anderen nicht glaubt. Der Eid ist also nicht an sich erstrebenswert, sondern wie etwas für das menschliche Leben Notwendige und wer über die Grenzen des Notwendigen hinaus ihn gebraucht, mißbraucht denselben.“ (Summa Theologiae II/II,89,5)

Im Kodex des Kanonischen Rechtes (CIC) heißt es über eidliche Zeugenaussagen und Versprechen:

„Can. 1199 — § 1. Ein Eid, das ist die Anrufung des göttlichen Namens als Zeugen für die Wahrheit, darf nur geleistet werden in Wahrheit, Überlegung und Gerechtigkeit.

§ 2. Der Eid, den die Canones vorschreiben oder zulassen, kann durch einen Vertreter nicht gültig geleistet werden.

Can. 1200 — § 1. Wer freiwillig schwört, etwas tun zu wollen, ist aufgrund der besonderen Pflicht der Gottesverehrung gehalten zu erfüllen, was er durch den Eid bekräftigt hat.

§ 2. Ein aufgrund von arglistiger Täuschung, Zwang oder schwerer Furcht geleisteter Eid ist von Rechts wegen nichtig.

Can. 1201 — § 1. Der Versprechenseid folgt der Natur und den Bedingungen des Aktes, dem er beigefügt ist.

§ 2. Wenn der Eid einem Akt beigefügt wird, der unmittelbar zum Schaden anderer, zum Nachteil des öffentlichen Wohls oder des ewigen Heils führt, erfährt der Akt dadurch keine Bekräftigung.

Can. 1202 — Die durch Versprechenseid entstandene Verpflichtung entfällt:

1° wenn derjenige verzichtet, zu dessen Gunsten der Eid geleistet wurde;

2° wenn die beschworene Sache sich wesentlich ändert oder infolge veränderter Umstände entweder schlecht oder völlig indifferent wird oder schließlich einem höheren Gut entgegensteht;

3° wenn der Beweggrund oder die Bedingung, unter der der Eid etwa geleistet wurde, weggefallen bzw. nicht eingetreten ist;

4° durch Dispens oder Umwandlung nach Maßgabe des can. 1203.

Can. 1203 — Diejenigen, die ein Gelübde aufschieben, von ihm dispensieren oder es umwandeln können, haben diese Gewalt in gleicher Weise auch hinsichtlich des Versprechenseides; wenn aber die Dispens vom Eid anderen zum Nachteil gereicht und diese es ablehnen, auf die Einhaltung der Verbindlichkeit zu verzichten, kann allein der Apostolische Stuhl vom Eid dispensieren.

Can. 1204 — Der Eid ist eng auszulegen gemäß dem Recht und gemäß der Absicht des Schwörenden bzw., wenn dieser arglistig handelt, gemäß der Absicht dessen, dem der Eid geleistet wird.“

Zu Dispens und Umwandlung weiter unten bei dem, was für Gelübde gilt; „eng auszulegen“ heißt, dass man nur das tun muss, wozu der Eid eindeutig verpflichtet.

Hier behandelt der hl. Thomas außerdem ausführlich die Frage, ob man von jemand anderem einen Eid verlangen darf: Knapp gesagt ja, darf man, vor allem, wenn ein Amtsträger das anhand der Gesetze z. B. vor Gericht tut. Im privaten Kontext darf man von einem anderen einen Eid verlangen, auch wenn das nicht ideal ist, um sich sicherer zu sein, dass er die Wahrheit sagt; wenn man aber schon weiß, dass er falsch schwören wird, darf man ihn in diesem Fall nicht dazu treiben, einen Meineid zu leisten.

Ein fingierter Eid ist ungültig, aber für den, der ihn geleistet hat, kann es die Verpflichtung geben, den, den er damit getäuscht hat, zu entschädigen.

Dann geht es beim 2. Gebot, wie gesagt, um Gelübde. Während ein Eid gegenüber einem Menschen abgelegt werden und sich auf alles mögliche beziehen kann (Eid auf eine Verfassung, „ich schwöre dir bei Gott, dass ich dir bei xyz helfe“, usw. usf.), ist das Gelübde eine speziellere Form des Versprechens: ein Gott gemachtes Versprechen betreffs einer möglichen und guten Sache, die besser ist als ihr Gegenteil. Das Gelübde ist noch mehr als der Eid ein Akt der Gottesverehrung. Es gibt öffentliche, von vielen abgelegte, kirchlich regulierte Gelübde wie die Ordensgelübde, aber jemand kann sich auch durch ein privates Gelübde z. B. dazu verpflichten, eine bestimmte Wallfahrt zu machen.

Der hl. Thomas sagt über den Nutzen von Gelübden:

„Gott aber versprechen wir zu unserem eigenen Nutzen. Deshalb sagt Augustin I. c.: ‚In seiner Güte fordert Er das Ihm Gelobte, nicht weil Er dessen bedürfte; nichts wächst Ihm zu aus dem, was wir Ihm schulden. Aber die Ihm etwas schulden, die läßt Er wachsen in allem Guten. Was Ihm gegeben wird, das wird hinzugefügt zu dem, was Er uns entgilt.‘ Da wir also Gott etwas geloben zu eigenem Nutzen, damit nämlich unser Wille unverrückbar fest werde in dem, was zu thun heilsam ist; deshalb ist es nützlich, etwas zu geloben.“ (Summa Theologiae II/II,88,4)

Er sieht für den Nutzen von Gelübden drei hauptsächliche Gründe: 1) Das Gelübde ist ein Akt der Gottesverehrung; Fasten o. Ä. aufgrund eines Gelübdes ist verdienstvoller als ohne Gelübde, weil es Gott besonders geweiht wird. 2) Wer etwas gelobt, gibt Gott nicht nur dieses einzelne Werk an sich, sondern er nimmt sich selbst die Möglichkeit, sich in Zukunft wieder dagegen entscheiden; es ist also ein größeres Opfer. „So würde jemand seinem Freunde mehr geben, der ihm den ganzen Baum mitsamt den Früchten, als jener, der bloß die Früchte gäbe (Anselmus de Similitud. c. 84.).“ (Summa Theologiae II/II,88,6) 3) Das Gelübde hilft bei der Festigung des Willens im Guten.

Es gibt keine moralische Verpflichtung, irgendwelche Gelübde zu machen; aber gemachte sind bindend. „Es ist besser, wenn du nichts gelobst, als wenn du etwas gelobst und nicht erfüllst.“ (Kohelet 5,4)

Im CIC heißt es:

„Can. 1191 — § 1. Ein Gelübde, das ist ein Gott überlegt und frei gegebenes Versprechen, das sich auf ein mögliches und besseres Gut bezieht, muß kraft der Tugend der Gottesverehrung erfüllt werden.

§ 2. Wenn es nicht vom Recht verboten ist, sind alle fähig, Gelübde abzulegen, die den entsprechenden Vernunftgebrauch besitzen.

§ 3. Ein Gelübde, das aufgrund schwerer und unrechtmäßig eingeflößter Furcht oder aufgrund arglistiger Täuschung abgelegt wurde, ist von Rechts wegen nichtig.“

Und:

„Can. 1193 — Das Gelübde verpflichtet aufgrund seiner Natur nur denjenigen, der es ablegt.“

Zu einem Gelübde gehören, um es ausführlich zu erklären, also folgende Bedingungen:

  • Die Sache wird eindeutig gelobt, es handelt sich nicht um einen bloßen Vorsatz. War es ein ausdrückliches und festes, klares Versprechen, kein möglicherweise schwankendes Vornehmen, und vor allem: wollte man sich unter Sünde binden, z. B. auf diese Pilgerfahrt zu gehen?
  • Die Sache wird Gott versprochen (wer bei einem Heiligen o. Ä. gelobt, gelobt es normalerweise Gott quasi durch diesen Heiligen).
  • Derjenige ist sich bewusst, was er gelobt, also was das Wesen der Sache ist, die er gelobt; ein Beispiel: Jemand muss in etwa wissen, was die Ehe ist, bevor er Ehelosigkeit geloben kann. Auch wenn jemand sich über entscheidende Umstände irrt – z. B. einen bestimmten kurzen Pilgerweg gehen wollte, und dann merkt, dass der doppelt so weit ist, wie er dachte – muss er das Gelübde nicht erfüllen; das Gleiche gilt bei einem Irrtum über das entscheidende Motiv für das Gelübde, also wenn z. B. jemand ein Gelübde abgelegt hat für den Fall, dass ein Angehöriger wieder gesund wird, und dann herauskommt, dass der nur vorgetäuscht hat, krank zu sein. Alle einzelnen Nebenumstände einer Sache muss man aber nicht kennen, damit ein Gelübde gültig ist.
  • Derjenige ist mindestens desselben Vernunftgebrauchs fähig, der nötig ist, um eine schwere Sünde begehen zu können; Kleinkinder, geistig Behinderte, durch Alkohol oder Drogen in ihrem Vernunftgebrauch Eingeschränkte, Personen im Halbschlaf etc. können grundsätzlich keine Gelübde ablegen. Ältere Kinder grundsätzlich schon.
  • Die Sache ist für einen persönlich möglich, ist etwas moralisch Gutes (niemand kann sich zu einer Sünde verpflichten; und etwas Indifferentes zu geloben macht keinen Sinn) und ist besser als ihr Gegenteil (z. B. ist es besser, ein regelmäßiges Almosen zu geben als es nicht zu geben; es ist es besser, ehelos zu bleiben als zu heiraten); wenn man schon ein Gelübde macht, soll es einen auch zu etwas Höherem führen. Eine Sache kann entweder an sich oder durch die Umstände besser sein als ihr Gegenteil; z. B. kann es durch die Umstände besser werden, bestimmte Situationen zu vermeiden, die einen persönlich negativ beeinflussen, auch wenn sie an sich indifferent sind. „Möglich“ heißt nicht nur „physisch möglich“, sondern auch „moralisch möglich“; dieser Fachbegriff meint so etwas wie „praktisch sinnvollerweise durchführbar“. Wenn z. B. jemand gelobt hat, zur Werktagsmesse zu gehen, aber Bauchschmerzen oder eine ansteckende Grippe hat, wäre es ihm zwar physisch vielleicht möglich, sich in die Kirche zu schleppen, aber es wäre nicht „moralisch möglich“, weil zu unverhältnismäßig anstrengend (und bei der Grippe evtl. schädlich für andere Kirchgänger).
  • Wenn man merkt, dass ein Teil des Gelübdes erfüllbar und ein anderer nicht erfüllbar ist, kommt es darauf an, ob man den Gegenstand sinnvollerweise „teilen“ kann; wenn ja, muss der erfüllbare Teil noch erfüllt werden – wenn z. B. jemand gelobt hat, jeden Dienstag und Donnerstag zur Werktagsmesse zu gehen, und dann an eine Arbeitsstelle versetzt wird, an der er jeden Dienstag zu der Uhrzeit arbeiten muss, zu der die Messe stattfindet, kann er den einen Teil nicht mehr erfüllen, aber den anderen schon noch; am Donnerstag muss er also noch zur Werktagsmesse gehen. Wenn der erfüllbare und der unerfüllbare Teil eine Einheit bilden, gilt das nicht – wenn z. B. jemand eine Wallfahrt nach Jerusalem machen wollte, aber kein Visum für Israel bekommt, muss er nicht bis zu den israelischen Landesgrenzen pilgern und dann umkehren, sondern kann die Wallfahrt ganz lassen.
  • Wenn ein Gelübde mit einer bestimmten Bedingung abgelegt wird (z. B.: „ich gelobe, wenn ich gesund werde, diese Pilgerfahrt zu machen“), gilt es natürlich nur, wenn die Bedingung auch eintritt. Wer, weil er sein Gelübde bereut, bewusst verhindert, dass eine Bedingung eintritt, sündigt gegen sein Gelübde und muss diese Sünde bereuen und bekennen; aber wenn die Bedingung nicht da ist, muss er die Sache streng genommen trotzdem nicht mehr erfüllen.
  • Ein Gelübde ist ungültig, wenn es wegen ungerecht eingeflößter schwerer Furcht abgelegt wurde (gerechtfertigte Furcht ist dabei nicht gemeint; wenn jemand z. B. die in diesem Fall normale Angst hat, an seiner schweren Krankheit zu sterben, kann er ein gültiges Gelübde für den Fall seiner Heilung ablegen; aber wenn z. B. jemand einen bedroht („Wenn du nicht das Gelübde ablegst, tue ich dir das und das an“), kann das Gelübde nicht gültig sein).
  • Wenn jemand aus krankhafter Angst, aus irgendeiner psychischen Störung heraus meint, Gelübde ablegen zu müssen (was öfter bei Skrupulanten der Fall ist), ist das Gelübde nicht gültig. Hier Genaueres dazu, was Skrupulanten bei diesem Thema beachten müssen.
  • Mit einem Gelübde kann man nur sich selbst binden, nicht z. B. seine Kinder oder andere. (Aber wenn z. B. ein Ordensoberer gelobt, in seiner Ordensgemeinschaft etwas einzuführen, das einzuführen er die Autorität hat, müssen die anderen Ordensmitglieder natürlich wie immer gehorchen (wegen der allgemeinen Gehorsamsverpflichtung, nicht wegen dem Gelübde); auch, wenn jemand für sein Erbe bestimmte Bestimmungen gelobt, sind die, die das Erbe annehmen, dadurch gebunden; wenn jemand eine bestimmte Spende gelobt hat, aber stirbt, bevor er sie machen kann, müssen die Erben sie machen.)
  • Auch etwas sowieso schon moralisch Verpflichtendes (z. B. sonntäglicher Messbesuch) kann gelobt werden; man würde diese Sache noch einmal ausdrücklicher in die Gottesverehrung einbeziehen und die Bereitschaft zu ihr bestärken. Hier würde die Verpflichtungskraft dieser verpflichtenden Sache noch mal verstärkt, und es wäre dann nicht nur eine sonstige Sünde, sondern auch ein Gelübdebruch, sie von da an zu unterlassen. Aber hauptsächlich geht es bei Gelübden sinnvollerweise um die sog. Werke der Übergebühr, die an sich nicht moralisch verpflichtend sind.

Es gibt verschiedene Arten von Gelübden:

„Can. 1192 — § 1. Ein Gelübde ist öffentlich, wenn es im Namen der Kirche von einem rechtmäßigen Oberen entgegengenommen wird, anderenfalls ist es privat.

§ 2. Feierlich ist ein Gelübde, wenn es als solches von der Kirche anerkannt worden ist, anderenfalls ist es einfach.

§ 3. Persönlich ist ein Gelübde, wenn eine Leistung des Gelobenden versprochen wird; es ist dinglich, wenn irgendeine Sachleistung versprochen wird; gemischt ist es, wenn es sowohl persönlicher wie dinglicher Art ist.“

Ein Gelübde verpflichtet unter schwerer oder lässlicher Sünde, je nach der Intention des Gelobenden oder nach der gelobten Sache.

Man kann sich nicht unter schwerer Sünde verpflichten, etwas Unbedeutendes zu erfüllen (z. B.: ein Ave Maria sprechen, 5 Euro spenden); bei einer wichtigen Sache kann man sich je nach Intention unter schwerer oder lässlicher Sünde dazu verpflichten. Wenn man dazu keine bestimmte Intention hatte, gilt, dass eine wichtige Sache unter schwerer Sünde verpflichtet. (Wichtige Sachen sind Sachen, die die Kirche auch mal vorschreibt – z. B. zur Messe / zur Kommunion gehen, zur Beichte gehen, fasten (und bei denen man eben gelobt, sie öfter als vorgeschrieben zu erfüllen), oder solche, die etwas Großes zur Verherrlichung Gottes beitragen (z. B. Gelübde der ehelosen Keuschheit, der Armut, des Gehorsams), oder für einen selbst oder andere von großer Nützlichkeit sind (z. B. große Spenden).)

Bei der Interpretation eines Gelübdes, bei dem man sich vorher nicht in allen Einzelheiten überlegt hatte, was genau man geloben wollte, kann man der mildesten Interpretation folgen; wenn z. B. jemand versprochen hat, drei Wochen lang zu fasten, kann er sich an den Tagen, an denen die kirchlichen Fastenregeln Fastende sonst vom Fasten entschuldigen (z. B. an Sonntagen) vom Fasten entschuldigt sehen.

Wenn man ein Gelübde, für das man keinen bestimmten Zeitpunkt festgesetzt hatte, längere Zeit hinausschiebt, ist das nur lässliche Sünde, außer, wenn die realistische Gefahr besteht, dass der Wert des Gelübdes später verringert ist, oder es nicht mehr erfüllbar ist, oder man es vergisst.

Wenn man ein Gelübde länger nicht erfüllt hat und es dann nicht mehr möglich ist, es zu erfüllen, hört die Verpflichtung auf und man muss es prinzipiell auch durch kein anderes Gelübde ersetzen; trotzdem war das eine Sünde, die bereut werden muss; und was man noch erfüllen kann, muss man erfüllen. Der hl. Thomas schreibt:

„Wird das Gelobte unmöglich, so muß der betreffende thun was er kann, damit er wenigstens seinen guten Willen zeige. Wer also in einen Orden einzutreten gelobt hat, muß sein Möglichstes thun, um aufgenommen zu werden. Und hat er sich an erster Stelle zu keinem bestimmten Orden verpflichten wollen, so muß er, wenn ihm der Eintritt in dem einen Kloster verweigert wird, suchen, in ein anderes aufgenommen zu werden. Hat er aber sein Gelübde nur auf einen bestimmten Orden gerichtet wegen des Wohlgefallens an der da herrschenden Lebensart; so ist er zu Weiterem nicht verpflichtet, falls er daselbst keine Aufnahme findet. Ist es jedoch seine eigene Schuld, daß der Eintritt in einen Orden ihm unmöglich geworden, so muß er noch dazu diese seine Schuld bereuen und büßen; gleichwie die Jungfrau, welche, nachdem sie Jungfräulichkeit gelobt, verletzt worden, nicht nur das, was ihr möglich ist, thun, d. h. beständige Enthaltsamkeit beobachten, sondern auch wegen dessen, was sie durch die Sünde verloren, Buße thun muß.“ (Summa Theologiae II/II,88,3)

Die Verpflichtung eines Gelübdes kann in folgenden Fällen aufhören:

„Can. 1194 — Ein Gelübde erlischt durch Ablauf der Zeit, die als Endpunkt der Verpflichtung festgesetzt wurde, durch wesentliche Veränderung des versprochenen Gegenstandes, durch Wegfall bzw. Nichteintritt der Bedingung, von der das Gelübde abhängt, oder seines Beweggrundes, durch Dispens und durch Umwandlung.

Can. 1195 — Wer die Gewalt über den Gegenstand des Gelübdes hat, kann die Erfüllung der Verpflichtung so lange aufschieben, wie die Erfüllung des Gelübdes ihm zum Nachteil gereicht.

Can. 1196 — Außer dem Papst können aus gerechtem Grund von privaten Gelübden dispensieren, unter der Voraussetzung, daß die Dispens nicht wohlerworbene Rechte Dritter verletzt:

1° der Ortsordinarius und der Pfarrer alle ihnen Untergebenen wie auch die Fremden;

2° der Obere eines Ordensinstituts bzw. einer Gesellschaft des apostolischen Lebens, wenn sie klerikale Verbände päpstlichen Rechts sind, die Mitglieder, die Novizen und die Personen, die Tag und Nacht in der Niederlassung des Instituts bzw. der Gesellschaft leben;

3° diejenigen, denen der Apostolische Stuhl oder der Ortsordinarius die Dispensvollmacht übertragen hat.

Can. 1197 — Die durch ein privates Gelübde versprochene Leistung kann vom Gelobenden selbst in ein besseres oder gleichwertiges Gut umgewandelt werden; in eine mindere Leistung aber von dem, der die Dispensvollmacht nach Maßgabe des can.1196 hat.

Can. 1198 — Die vor einer Ordensprofeß abgelegten Gelübde bleiben so lange in der Schwebe, wie der Gelobende in dem Ordensinstitut bleibt.“

(Der Ortsordinarius ist i. d. R. der Bischof; Can. 1198 meint, dass jemand, der in einen Orden eintritt, durch früher abgelegte Gelübde nicht mehr verpflichtet ist, solange er in dem Orden bleibt.)

Wenn man ein privates Gelübde gemacht hat, das sich als unüberlegt herausstellt, kann man also den Pfarrer (Achtung: nicht jeden Priester, nur einen Pfarrer) bitten, einen zu dispensieren, d. h. davon zu entbinden, oder es einen durch etwas Geringeres ersetzen zu lassen; oder man ersetzt es einfach selbst durch ein gleichwertiges oder besseres Werk; bei öffentlichen, feierlichen Gelübden – wie den Ewigen Gelübden in einem Orden – geht es natürlich nicht so leicht.

Für Dispens von einem Privatgelübde braucht es einen „gerechten Grund“; das ist in der Kirchenrechtssprache eine Stufe unter dem „schwerwiegenden Grund“ und noch eine unter dem „sehr schwerwiegenden Grund“. Ein gerechter Grund ist nicht arg schwer zu finden, aber man darf nicht einfach ohne Grund um Dispens bitten. (Natürlich kann man das Gelübde immer einfach so durch ein besseres ersetzen, wenn man das will, aber keinen Grund für Dispens findet.)

Der hl. Thomas sagt über Dispense, dass solche, die offensichtlich ohne jeden Grund gegeben werden, denjenigen nicht von der moralischen Verpflichtung seines Gelübdes entschuldigen; im Zweifelsfall kann die zuständige Autorität aber dispensieren:

„Also würde in Dingen, die offenbar vorliegen und keinen Zweifel zulassen, die Dispens des Oberen von der Schuld nicht freisprechen; z. B. wenn der Obere dispensieren wollte jemanden vom Gelübde in einen Orden zu treten, während keinerlei Grund für die Dispens vorliegt. Erscheint aber ein Grund, welcher die Sache zum mindesten zweifelhaft macht, so kann der untergebene mit dem Urteile des Oberen sich begnügen, der da dispensiert oder das Gelübde umwandelt. Er darf aber nicht mit seinem eigenen Urteile sich begnügen, denn er vertritt nicht die Macht Gottes; es müßte denn das, was er gelobte, offenbar unerlaubt und ein Befragen des Oberen unmöglich sein.“ (Summa Theologiae II/II,88,12)

Und über Gelübde bzgl. Fasten u. Ä., die sich z. B. als gesundheitsschädlich herausstellen:

„Leidet die Natur offenbar sehr unter solchen Gelübden, so ist der Mensch zu ihrer Beobachtung nicht verpflichtet; auch wenn es ihm nicht freisteht, den Oberen um seinen Rat oder Dispens zu fragen. Die Gelübde, welche auf unnütze Dinge sich beziehen, sind vielmehr zu verlachen wie zu beachten.“ (Summa Theologiae II/II,88,2)

Wenn ein berechtigter Zweifel besteht, ob ein einfaches, privates Gelübde gültig / noch bindend ist, besteht keine Verpflichtung.

Dann noch zu weiteren Verwendungen des Gottesnamens:

Das Beschwören, lat. adiuratio, also jemanden mit Anrufung Gottes dazu bewegen wollen, etwas zu tun („ich beschwöre dich bei Gott, hilf mir!“, „ich verlange von dir in Gottes Namen, dass du das lässt!“) ist erlaubt aus einem angemessenen Motiv und wenn es ernsthaft gemeint ist (unernstes oder unbegründetes Beschwören ist aber nur lässliche Sünde), und natürlich wenn die Sache, die man erreichen will, moralisch erlaubt ist; auf diese Weise etwas Falsches erreichen zu wollen, ist zumindest dann, wenn es sich um etwas schwer Sündhaftes handelt, schwere Sünde. (Moralisch zwingen kann man jemanden damit an sich natürlich auch nicht.)

Auch der Exorzismus ist eine Art Beschwören – dem Dämon wird bei Gott befohlen (hier handelt es sich um einen Befehl, nicht eine Bitte wie bei Menschen), die von ihm belästigte Person zu verlassen – ; er ist allerdings nur beauftragten Priestern erlaubt; vgl. dazu diese Vorschrift im CIC:

„Can. 1172 — § 1. Niemand kann rechtmäßig Exorzismen über Besessene aussprechen, wenn er nicht vom Ortsordinarius eine besondere und ausdrückliche Erlaubnis erhalten hat.

§ 2. Diese Erlaubnis darf der Ortsordinarius nur einem Priester geben, der sich durch Frömmigkeit, Wissen, Klugheit und untadeligen Lebenswandel auszeichnet.“

Außerdem ist das 2. Gebot gerichtet  falsches Verfluchen („Gott strafe dich dafür, dass du mir bei dem Diebstahl in die Quere gekommen bist!“, „Ich hasse dich, Gott soll dich ewig verdammen!“). Fluchen, maledicere, „Schlechtes sagen, schlechtreden“ meint verdammen, Schlechtes wünschen, um Schlechtes beten. (Es kommt für die moralische Beurteilung nicht auf die Effektivität des Wunsches an (Gott erhört natürlich keine falschen Gebete), sondern auf den Wunsch an sich.)

Das falsche Verfluchen ist je nach der Schwere dessen, was es betrifft, und der Intention (überlegt oder unüberlegt etc.) schwere oder lässliche Sünde. (Ausdrücke wie „Soll dich doch der Teufel holen“ dürften oft nur lässliche Sünden sein, weil nicht ernst gemeint – wobei der Ausdruck an sich schon sehr falsch ist.)

Tatsächlich ist laut dem hl. Thomas aber nicht jedes „Verfluchen“ falsches Verfluchen. Er schreibt:

„Wenn jemand somit dem anderen Übles wünscht oder es befiehlt, insoweit dieses ein Übel, also sein Augenmerk auf das Übel selber als solches gerichtet ist, so ist in beiderlei Weise das Verwünschen oder Verfluchen unerlaubt; — und das nennt man im eigentlichen Sinne: Verfluchen. Wenn aber das Üble gewünscht wird unter dem Gesichtspunkte des Guten, so ist dies erlaubt; denn dann richtet sich die Hauptabsicht auf das Gute.

Nun kann man, wenn man Übles wünscht, sei es in befehlender oder wünschender Weise, dies unter dem Gesichtspunkte eines doppelten Gutes thun: 1. unter dem Gesichtspunkte des Gerechten; — und so verwünscht oder verflucht der Richter jenen, der eine gerechte Strafe tragen soll; oder die Kirche, insofern sie jemanden mit dem Anathem belegt; oder die Propheten, welche nach der Schrift, der Richtschnur des gerechten Willens Gottes gleichförmig, die Sünder verfluchen, obwohl dies auch als Vorhersagung aufgefaßt werden kann; — 2. unter dem Gesichtspunkte des Nützlichen, wie wenn man dem Sünder eine Krankheit oder Ähnliches wünscht, damit er besser werde oder wenigstens anderen zu schaden aufhöre.“ (Summa Theologiae II/II,76,1)

(Auch in einem anderen Abschnitt der Summa, wo er die Vergeltung, also das Zufügen eines Übels zur Strafe, an sich behandelt, erklärt Thomas sie dann – und nur dann – für gerechtfertigt, wenn sie auf etwas Gutes wie die Besserung des Sünders, die Verhinderung weiterer schlechter Taten durch ihn, die Aufrechterhaltung der Gerechtigkeit oder die Ehre Gottes gerichtet ist.)

Solches laut Thomas gerechtfertigtes Verfluchen kann man vielleicht eher ein „Gebet um Gerechtigkeit“ nennen; tatsächlich enthalten schon die sog. Fluchpsalmen in der Bibel Bitten an Gott, einem gegen ungerechte Bedränger zu Hilfe zu kommen und sie zu bestrafen. Nun sind zwar diese Psalmen im Alten Testament und werden im Neuen Bund gerne auch geistlich ausgelegt (Feinde = Sünde & Teufel statt bestimmte Menschen), aber sie gelten grundsätzlich trotzdem noch. Was immer falsch ist, ist 1) jemandem die ewige Verdammnis wünschen oder 2) jemandem Schaden um des Schadens willen wünschen; aber jemandem zu wünschen, dass er die gerechte Strafe bekommen soll, damit die Gerechtigkeit aufrechterhalten wird und er nicht mit einer Misshandlung der Unschuldigen davonkommt, kann sehr wohl gerechtfertigt sein.

Außerdem verbietet das 2. Gebot die Blasphemie (Gotteslästerung) und einen respektlosen Gebrauch des Namens Gottes.

Die wirkliche Blasphemie meint solche Ausdrücke wie „Ich hasse Gott“, „Gott ist ungerecht“, „Gott kann mir gestohlen bleiben“ (oder schlimmeres); auch eine Verächtlichmachung des Heiligen z. B. durch bestimmte Theaterstücke, Kunstwerke, Plakate u. Ä. ist Blasphemie. Ein Scherz mit irgendeinem Bezug auf heilige Dinge, bei dem es nicht darum geht, das Heilige verächtlich zu machen, ist keine Blasphemie („Wieso sind die Israeliten 40 Jahre durch die Wüste gewandert? Weil Männer nicht nach dem Weg fragen“). Bloße Gedanken mit blasphemischem Inhalt, denen man nicht mit dem Willen zustimmt, sondern die einem ungewollt in den Kopf kommen, sind keine Sünde. Die Gotteslästerung ist an sich schwere Sünde, aber laut Thomas können unüberlegt z. B. aus Schock geäußerte Blasphemien im Einzelfall nur lässliche Sünde sein (also wenn z. B. jemand bei einem Schicksalsschlag im Schmerz ohne nachzudenken sagt „Wie kann Gott nur so ungerecht sein!“).

Der unehrfürchtige Gebrauch des Gottesnamens / heiliger Namen ohne gotteslästerliche Absicht (s. Nr. 2149) aus Überraschung oder gerechtem Zorn („Himmelherrgottnochmal!“)  ist nur lässliche Sünde; ein solcher Gebrauch aus ungerechtem Zorn o. Ä. („Sakrament nochmal, jetzt lass mich doch in Ruhe!“), bei dem sich der Zorn aber nicht gegen Gott richtet, wäre normalerweise im Einzelfall auch lässliche Sünde, wenn auch eine der schwereren unter den lässlichen. (Noch weniger ist es blasphemisch, den Namen des Teufels im Zorn zu gebrauchen („Teufel nochmal“).) „Jesus, Maria und Josef, was ist da passiert!“ oder „Oh mein Gott!“ dürfte eher eine Art „informelles Gebet“ sein und damit keine Sünde; allerdings gibt es Länder, wo das als unehrfürchtig gilt (z. B. halten viele US-amerkanische Christen „Oh my God!“ oder „Jesus!“ für unehrfürchtig), und dort wäre es wohl besser, diese Ausdrücke zu unterlassen, um nicht falsch verstanden zu werden.

Insgesamt ist die Frage, wann unehrfürchtiger Gebrauch des Gottesnamens lässliche oder schwere Sünde ist, leider ein bisschen umstritten unter den Moraltheologen; manche stellen auch die Frage auf, ob eine unbekämpfte Angewohnheit, solche Ausdrücke zu verwenden, irgendwann schwere Sünde wird. Aber man kann wohl schon sagen: Der einzelne unbedachte Gebrauch heiliger Namen aus Zorn, Überraschung und ähnlichen Motiven, bei dem man nicht gegen Gott wettern will, sie nicht verwendet, speziell weil man etwas Heiliges in den Dreck ziehen will, und mit ihnen keine Blasphemie ausdrückt, ist lässliche Sünde.

In Can. 1369 heißt es:

„Wer in einer öffentlichen Aufführung oder Versammlung oder durch öffentliche schriftliche Verbreitung oder sonst unter Benutzung von sozialen Kommunikationsmitteln eine Gotteslästerung zum Ausdruck bringt, die guten Sitten schwer verletzt, gegen die Religion oder die Kirche Beleidigungen ausspricht oder Haß und Verachtung hervorruft, soll mit einer gerechten Strafe belegt werden.“

Den Namen Gottes vorschnell für eigene Ideen in Anspruch zu nehmen („Jesus würde bei der nächsten bayerischen Landtagswahl hundertprozentig nur die Freien Wähler wählen“) kann auch ein unehrfürchtiger Gebrauch des Namens Gottes sein; noch viel mehr gilt das für Dinge, von denen man durch die Offenbarung eindeutig weiß, dass sie Gott missfallen („Die Einführung des Frauenpriestertums wäre der Wille Gottes“); was natürlich nicht heißt, dass man sich nie auf Gott berufen darf. Abusus non tollit usum; der Missbrauch macht den Gebrauch nicht schlecht. „Ich denke, dass es Gott gefallen würde, wenn wir dieses gute Werk tun“ wäre selbstverständlich kein falscher Gebrauch des Gottesnamens.

Das 2. Gebot ist also nicht nur, wie oben erwähnt, gegen falsches Verfluchen, sondern auch gegen falsches Gutheißen im Namen Gottes und falsches Segnen gerichtet. Segnen, lat. benedicere heißt wörtlich „Gutes sagen, gutreden, Gutes wünschen, Gutes herabrufen“; und man darf nicht Gottes Segen auf etwas herabrufen, das Gott nicht gefällt. Ein Beispiel für falsches Segnen wäre, was in einzelnen Fällen in den USA schon vorgekommen ist, dass protestantische Pastoren Abtreibungskliniken segnen.

Ein solcher Gebrauch des Gottesnamens kann je nach Schwere der Angelegenheit schwere oder lässliche Sünde sein (bei dem Beispiel mit den Freien Wählern wohl eher lässliche, bei dem mit der Abtreibungsklinik schwere).

Es gibt in der Kirche öfter die Diskussion, ob man Paare, die in dauernder Sünde leben (z. B. wiederverheiratet-geschiedene oder homosexuelle Paare) segnen könnte, wobei manchmal das Argument „sie als Personen kann man ja segnen, auch ohne die Beziehung zu segnen“ kommt. Hier kommt es darauf an, ob das Argument denn wirklich gilt. Wenn eine wiederverheiratet-geschiedene Person sich bei einem Primizsegen oder Blasiussegen anstellt, bekommt sie  ganz eindeutig einfach den Segen als Person, alles in Ordnung; wenn sie den Pfarrer aber zu ihrem „Hochzeitstag“ einlädt und er dort sie und ihren Partner segnet, ist es wahrscheinlich, dass das von ihr oder anderen als Segen für ihre Beziehung verstanden wird, was nicht in Ordnung wäre. Oder wenn eine Pfarrei eine Messe mit angebotenem Segen speziell für Schwule und Lesben am Vorabend des Christopher-Street-Day veranstalten würde: Das würde von der Öffentlichkeit ziemlich sicher als implizites Gutheißen der Auslebung der homosexuellen Neigung empfunden werden und damit die Botschaft verkünden „Aha, endlich ändert sich die Kirche“ o. Ä. (Das wäre offensichtlich etwas völlig anderes als wenn ein Apostolat für enthaltsam lebende homosexuell empfindende Katholiken wie „Courage“ einen Gottesdienst veranstalten würde.)

26 Gedanken zu “Moraltheologie und Kasuistik, Teil 5: Das 2. Gebot

  1. >>und ist besser als ihr Gegenteil

    Das klingt logisch, aber interessehalber: steht das auch irgendwo?

    Also wenn einer z. B. mit dem Gedanken einer geistlichen Berufung gespielt hatte und dann unter dem Eindruck irgendeiner Sünde, in der er gefallen ist, gelobt, er (da zum ehelosen Leben unwürdig) würde ab sofort nach Kräften danach streben, einen Ehepartner zu finden, und jedenfalls weder in ein Ordensinstitut noch in ein Priesterseminar gehen. Kann ich mir schon vorstellen, daß das vorkommt…

    —–

    Wie ist es denn mit „Veränderung der Umstände“ und so?

    Also sagen wir, eine junge Frau gelobt in lobenswertem Überschwang, vielleicht sogar mit Erlaubnis eines geistlichen Begleiters, täglich in die Messe zu gehen. Nun tritt eine von folgenden Situationen ein:

    1. Sie heiratet und bekommt ein Kind (oder mehrere). Nun brauchen wir nicht darüber reden, daß sie natürlich dann vom Gelübde entschuldigt ist, wenn sie es am Sonntag wäre; aber was, wenn das Kind ein bißchen älter geworden ist, sie eigentlich schon wieder könnte, aber feststellt, daß der tägliche Meßbesuch halt mit dem Familienleben so nicht wirklich in Einklang zu bringen ist?

    2. Der kirchlichen Obrigkeit fällt ein, per Dekret den Zustand vor 1945 wiederherzustellen, also: Messe nur bis spätestens ein Uhr (vielleicht mit ein paar Ausnahmen), auch, damit das Volk wieder auf Dinge wie Vespern, Eucharistische Anbetungen und Maiandachten mehr aufmerksam werde. Nun könnte sie an fast allen Tagen eine Morgenmesse erreichen, aber sie hatte eigentlich das Gelübde in der Erwartung abgelegt, an fast allen Tagen eine Abendmesse erreichen zu können, und das frühe Aufstehen fällt ihr schon schwer.

    —–

    >>(Ausdrücke wie „Soll dich doch der Teufel holen“ sind normalerweise lässliche Sünden, weil gar nicht wirklich ernst gemeint.)

    Wo steht das?

    Es kommt ja nicht oft vor, aber ich wäre da strenger und würde das für eine wenigstens der Materie nach schwere Sünde halten, die beim praktizierend gläubigen Menschen, wenn sie denn überhaupt vorkommt, in der Regel auch subjektiv eine schwere Sünde sein wird. Es gehört sich schließlich, daß man weiß, was man da eigentlich sagt – und es ist ja auch nicht so, daß es an moralisch akzeptablen ähnlich kraftvollen Alternativen fehlen würde (z. B. „leck mich doch kreuzweis von vorn bis hint‘ am Arsch“).

    —–

    >>was jedenfalls immer falsch ist, ist 1) jemandem die ewige Verdammnis wünschen, 2) jemandem Schaden um des Schadens willen wünschen.

    2) ist klar. 1) entspricht jedenfalls offenkundig dem Anstand aller gläubigen Menschen („Strafe muß sein, aber ewige Verdammnis wünschen wir niemanden“), aber da das ja eine Artikelserie ist, wo man bei „ist eh klar“ ruhig nochmal nachfragen darf, trotzdem: steht das auch irgendwo? Oder ist auch eine Situation theoretisch denkbar, in der ein hinreichend provozierter Gläubiger wünschen dürfte, sein verbrecherischer Feind würde auf ewig in der Hölle landen?

    ——

    Zur Blasphemie: Was ist mit Völkern, die leider die Angewohnheit haben, eine echte Blasphemie (wie die unabgemilderte Form von dem, was abgemildert „porca miseria“ heißt) als Kraftausdruck zu verwenden? (Die armen Italiener. Die Kraftausdrücke der Bayern, Franzosen usw. fallen nur unter ungebührlichen Gebrauch des Gottesnamens, aber in Italien gibt es da eine echte Blasphemie.)

    „Jesus, Maria und Josef“ halte ich (in den üblichen Situationen) für keine Sünde, sondern für ein etwas informelles Gebet. Man will die Heilige Familie halt an seiner Überraschung teilhaben lassen.

    (Ich weiß schon, daß „Jesus!“ usf. in Amerika als so etwas gilt. Die sind aber auch nicht katholisch geprägt. – Es stellt sich dann natürlich die Frage, wie weit an sich aus, das dann schon, christlicher Gesinnung etablierte Volksbräuche, die genauso auch hätten ausbleiben können, unter Sünde verpflichten.)

    >>(Noch weniger ist es blasphemisch, den Namen des Teufels im Zorn zu gebrauchen („Teufel nochmal“).)

    Im strengen Sinn blasphemisch nicht; aber generell würde ich dazu sagen, daß ich es für weniger schlimm halte, den Herrgott auch in Formen anzurufen, die tatsächlich sündhaft sind („Himmelherrgottkruzifix“), als den Teufel. Natürlich mit der Ausnahme „pfui Teufel“, da sagt man ja, daß etwas so pfui sei wie der Teufel.

    —–

    Zum Thema „Segnen“: Was ist von der „Ausrede“ zu halten, man biete zwar bestimmten Personengruppen, die durch Sünde oder wenigstens Hingeneigtsein dazu gekennzeichnet sind, den Segen an, aber neinnein, man segne sie selbstverständlich nur als Personen und nicht die Sünde und nicht das Hingeneigtsein?

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    1. Okay, mal eins nach dem anderen 😀

      1) Zum Gelübde und dem „besser“:

      In Can. 1191 steht ja schon: „Ein Gelübde, das ist ein Gott überlegt und frei gegebenes Versprechen, das sich auf ein mögliches und *besseres* Gut bezieht“, und das mit dem „besser“ steht auch bei den ganzen Moraltheologen, bei denen ich nachgeschaut habe (Jone, Häring, Hörmann).

      Hörmann schreibt z. B.: „Schließl. trägt der Gegenstand des Gelübdes nur dann zu einer besonderen Ehrung Gottes, d.h. zu einem helleren Aufleuchten seiner Eigenart, bei, wenn er nicht etwas Besseres verhindert. Man ist nicht verpflichtet, ein Gelübde zu machen (‚Wenn du näml. davon absiehst, etwas zu geloben, haftet an dir keine Schuld‘, Dtn 23,23; vgl. Koh 5,4). Wenn man jedoch ein Gelübde macht, soll es sinnvoll sein, d.h. einen höheren Wert zum Inhalt haben. ‚Gut‘ und ‚Besser‘ sind dabei nach den konkreten Gegebenheiten des Gelobenden (Situation) zu bestimmen.“ https://www.stjosef.at/morallexikon/geluebd.htm

      Jone definiert das Gelübde folgendermaßen (erst mal auf Französisch, weil ich sein Buch nur in französischer Übersetzung zu einem erschwinglichen Preis bekommen habe; wo ich ihn in früheren Artikeln auf Deutsch zitiert habe, habe ich einzelne Kapitel im Internet gefunden) : „Le voeu est une promesse faite à Dieu avec une connaissance et une liberté suffisantes, et dont l’objet est une chose possible et meilleure ce qui lui est directement opposé“ (dann verweist er noch kurz auf das Kirchenrecht zu seiner Zeit); also auf Deutsch ungefähr: „Das Gelübde ist ein Gott mit genügendem Wissen und genügender Freiheit gemachtes Versprechen, dessen Objekt eine mögliche Sache ist, die auch besser ist als ihr direktes Gegenteil.“

      Wo er das mit dem „besser“ genauer ausführt, schreibt er: „L’objet du voeu peut être bon et meilleur que ce que lui est opposé directement soit en lui-même, soit en raison des circonstances.“ („Das Objekt des Gelübdes kann gut und besser als sein direktes Gegenteil sein entweder aus sich heraus oder durch die Umstände.“) Dann führt er ein paar Beispiele an, wo er auch schreibt: „De même, il est en soi meuilleur de ne pas se marier que de se marier et par conséquent le voeu de se marier est en soi invalide; mais si le mariage est nécessaire pour réparer un dommage ou pour éviter le péche, il est meilleur alors pour la personne en question de se marier et par suite le voeu correspondant est valide.“ („Gleichermaßen ist es an sich besser, nicht zu heiraten als zu heiraten, und dementsprechend ist das Gelübde, zu heiraten, an sich ungültig; aber wenn die Heirat nötig ist, um einen Schaden wiedergutzumachen oder die Sünde zu vermeiden, ist es für die fragliche Person besser, zu heiraten, und daraus folgend ist das entsprechende Gelübde gültig.“) Nach dieser Argumentation wäre also, so wie ich das jetzt verstehe, in deinem Beispiel das Gelübde, zu heiraten, ungültig; aber wenn z. B. einer ein Gelübde ablegt, eine Frau zu heiraten (wenn sie ja sagt), weil er sie geschwängert hat, oder weil sie schon öfter miteinander gesündigt haben und er das in Zukunft vermeiden will, dann wäre das gültig.

      – Crescentia.

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    2. 2) „Veränderung der Umstände“

      Hm, ich bin mir nicht sicher. Bei beiden Beispielen würde ich auf jeden Fall sagen, dass es ausreichender Grund für Dispens oder Umwandlung wäre, aber ob es schon reicht, das Gelübde einfach selbst auszusetzen? Ich würde dazu *tendieren*, zu sagen, dass es genügt; das Familienleben ist ja schon auch wichtig, und es ist eine größere Veränderung, Kinder zu haben.

      Beim ersten Beispiel wäre meine Frage auch: Hat sie, als sie das Gelübde abgelegt hat, vorgehabt, es auf jeden Fall durchzuziehen, auch später mit einer Familie, einem anderen Beruf o. Ä., oder hat sie es einfach nur – vielleicht kurzsichtig – mit Blick auf ihre damalige Situation abgelegt? Beim zweiten Beispiel sagst du ja schon, dass sie es mit Blick auf die Abendmesse abgelegt hat… Ich würde auch dazu tendieren, zu sagen, dass sie es in dem Fall nicht mehr erfüllen muss (zumindest solange z. B. die Kinder noch im Haus sind, es also nicht wieder ungefähr so wird wie vorher), weil sie es nicht abgelegt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass es auf die Weise schwieriger werden würde. (Jone, den ich ganz verlässlich finde, schreibt über mit einem Irrtum abgelegte Gelübde: „Quand l’erreur porte sur des circonstances accidentelles, les voeux publics sont toujours valides, car il y va de l’interêt général; quant aux voeux privés, ils sont invalides si la connaissance de cette circonstance aurait empêché de le faire, à moins qu’il ne s’agisse que de choses purement extérieures.“ Also: „Wenn der Irrtum akzidentelle Umstände (= Umstände, die nicht das Wesen der Sache angehen) betrifft, sind die öffentlichen Gelübde immer gültig, weil es hier um das Gemeinwohl [der Kirche] geht; was die privaten Gelübde betrifft, sind sie ungültig, wenn die Kenntnis dieses Umstandes einen daran gehindert hätte, sie abzulegen, wenigstens wenn es sich nur um rein äußerliche Dinge handelt.“ Ich bin mir nicht ganz sicher, was genau mit dem letzten Satz gemeint ist, oder ob ich etwas nicht richtig übersetzt oder nicht richtig verstanden habe, oder ob ein Setzerfehler in der französischen Ausgabe ist; danach kommt nämlich noch das Beispiel: „Pour ce dernier motif, on doit jêuner quand on a fait voeu de jêuner un jour où, justement, on est invité à déjeuner, même quand la prévision du déjeuner aurait empêche le voeu.“ („Aus diesem letzten Motiv muss man fasten, wenn man das Gelübde abgelegt hat, an einem Tag zu fasten, an dem man legitimerweise zum Essen eingeladen wird, auch wenn die Voraussicht auf das Essen das Gelübde verhindert hätte.“))

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      1. deswegen legt man gerade solche Gelübde wie „an dem und dem Tag fasten“ besser mit entsprechenden Caveats ab 🙂

        Ich denke selber auch nicht, daß das Gelübde in den Fällen selbst ausgesetzt werden könnte.

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    3. 3) Bei „soll dich doch der Teufel holen“ habe ich mich jetzt auch einfach mal auf Jone verlassen, der schreibt: „Des paroles comme: que le diable t’emporte, que le tonnerre de Dieu t’écrase, ne sont pas des blasphèmes, mais des imprécatons et d’ordinaire de simples péchés véniels, parce qu’elles ne sont pas dites avec une intention sérieuse.“ („Ausdrücke wie: soll dich doch der Teufel holen, soll dich der Donnerschlag Gottes treffen, sind keine Blasphemien, aber Verfluchungen, und normalerweise einfache lässliche Sünde, weil sie nicht mit ernsthafter Intention gesagt werden.“) Aber kann sein, dass man das beim praktizierend Gläubigen strenger sehen müsste. Ich weiß es nicht.

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    4. „Oder ist auch eine Situation theoretisch denkbar, in der ein hinreichend provozierter Gläubiger wünschen dürfte, sein verbrecherischer Feind würde auf ewig in der Hölle landen?“ Nein; das ergibt sich aus der Feindesliebe. Die Nächsten- und Feindesliebe hat sich auf alle zu beziehen, die noch fähig sind, die ewige Seligkeit zu erlangen, und verlangt, dass man bereit zur Verzeihung ist.

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    5. 5) Thema Blasphemie:

      Jone über die Blasphemie: „Il suffit qu’on se rende compte de l’importance de telles paroles et de tels signes; l’intention expresse d’attenter à l’honneur de Dieu n’est pas nécessaire.“ („Es genügt [dafür, dass etwas Blasphemie ist], dass man sich der Bedeutung dieser Ausdrücke und dieser Zeichen bewusst ist; die ausdrückliche Intention, die Ehre Gottes anzugreifen, ist nicht notwendig.“) Die italienischen Kraftausdrücke wären nach dieser Definition also Blasphemie.

      Ja, stimmt, es macht eher Sinn, „Jesus, Maria und Josef“ als informelles Gebet zu zählen, wie auch „Oh mein Gott“.

      Zu Amerika würde ich sagen, dass man dort wegen der Gefahr des Ärgernisses auf „Oh my God“ oder „Jesus!“ verzichten sollte (andere würden denken, man nimmt den Gottesnamen nicht ernst, begeht vielleicht sogar Blasphemie, würden sich evtl. dazu verleiten lassen, zu denken, das 2. Gebot wäre generell nicht so wichtig), und das vielleicht als lässliche Sünde zählen?

      Zum Teufel: „Teufel nochmal“ ist doch eigentlich ziemlich dasselbe wie „pfui Teufel“ oder? Man bringt etwas, worüber man sich ärgert, mit dem Teufel in Verbindung.

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      1. naja, formell ist „Teufel nochmal“ eine Anrufung des Teufels (als Kraftausdruck) und erscheint mir daher zumindest schlimmer als „Herrgótt nochmal“, was im Regelfall vom Tonfall usw. her (insbesondere mit dem „nochmal“ dahinter) eine Verwendung des Gottesnamens als Kraftausdruck und damit eine (läßliche) Sünde ist.

        „pfui Teufel“ dagegen ruft den Teufel nicht an, sondern vergleicht etwas mit ihm, sinngemäß. Deswegen meinte ich, daß da ein Unterschied ist.

        Zum Thema Ärgernis: huiuiui, an sich legitime Dinge nicht tun dürfen, weil Ärgernis, nervt mich immer besonders, deswegen sag‘ ich da lieber nichts… aber mag schon stimmen.

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    6. 6) „Was ist von der ‚Ausrede‘ zu halten, man biete zwar bestimmten Personengruppen, die durch Sünde oder wenigstens Hingeneigtsein dazu gekennzeichnet sind, den Segen an, aber neinnein, man segne sie selbstverständlich nur als Personen und nicht die Sünde und nicht das Hingeneigtsein?“

      Sehr guter Punkt, danke, dass du es erwähnst. Ich würde antworten:

      Es kommt darauf an, ob diese Ausrede denn *wirklich* gilt. Sagen wir, ein junger Priester feiert seine Heimatprimiz und dabei tauchen auch seine wiederverheiratet-geschiedene Tante & Onkel und sein schwuler Cousin samt Partner auf; die stellen sich wie alle beim Primizsegen an und bekommen ihn. Das wäre m. E. gerechtfertigt; hier werden wirklich, für alle wahrnehmbar, Personen, nicht Beziehungen gesegnet, und niemand fragt nach, ob irgendjemand aus Sicht der Kirche in öffentlicher schwerer Sünde lebt. (Wenn die Kirche verbieten würde, Leute, die in öffentlicher schwerer Sünde leben, überhaupt zu segnen, wäre das etwas anderes; aber das tut sie ja nicht; jedenfalls hab ich nach einem schnellen oberflächlichen Blick in den CIC nichts dazu gesehen und nie davon gehört, dass sie das täte.)

      Sagen wir weiter, etwas später fragen die wiederverheiratet-geschiedene Tante oder der schwule Cousin bei dem Priester nach, ob er nicht zu ihrem „Hochzeitstag“ kommen und einen Segen für sie sprechen könnte, nur für sie als Personen natürlich! Oder der Pfarrgemeinderat in seiner Gemeinde hat die Idee, einen Gottesdienst für Schwule und Lesben zu veranstalten, wo man einen Segen anbietet – natürlich nur für die Personen, nicht die Beziehungen! Das alles wäre falsch, weil es so wahrgenommen wird wie ein Segen für die Beziehung (Ärgernis); weil man speziell anlässlich der Beziehung / des Hingeneigtseins Segen anbietet.

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      1. (Etwas anderes wäre es freilich, wenn z. B. ein Apostolat wie „Courage“ in den USA (für enthaltsam lebende homosexuelle Katholiken) eine Feier veranstalten und ein Priester dazu kommen und den Segen spenden würde; hier wird ja nicht die Neigung gesegnet, sondern das fromme Leben trotz Neigung.)

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      2. Mit so einem Segen am „Hochzeitstag“ o. Ä. würde man ja auch vermitteln „Ach, schau mal her, der Pfarrer XYZ ist da ja viel toleranter als die Kirche sonst es bis jetzt noch ist“, und es *anderen* Priestern schwerer machen, etwas gegen besagte Sünden generell zu sagen, weil sie dann als die Bösen dastünden („der Pfarrer XYZ hat uns aber auch gesegnet und kein Wort zu meiner Scheidung gesagt!!“), und den Eindruck vermitteln, die Kirche würde sich schon noch allmählich in die Richtung bewegen, endlich ihre Lehre zu ändern (was eine der toxischsten Sachen für den Glauben überhaupt ist).

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  2. Zum Thema „etwas Indifferentes zu geloben gibt keinen Sinn“:

    Was, wenn eine ordensähnliche Gemeinschaft (wie es in der protestantischen, genauer: wiedertäuferischen Welt ja die Amischen tun) geloben würde, Strom nur nach Einzelfallgenehmigung des Kapitels und dann nur vom selbstbetriebenen Generator, Verbrennungsmotoren nur in Traktoren und dann in solchen ohne Gummireifen einzusetzen, usw. – im vollen Bewußtsein, damit keineswegs Sünden zu meiden, sondern im wesentlichen der eigenen Gemeinschaft ein Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen?

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    1. Das hat in dem Fall den Sinn „Stärkung der Gruppenidentität durch Alleinstellungsmerkmal“ 🙂

      also, wenn ich so drüber nachdenke, so ähnlich wie die an und für sich sinnfreie Pflichtmensur der schlagenden Verbindungen (gemäß ihrer heutigen Argumentation).

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    2. Und es hat anscheinend den Sinn, daß man den Traktor mit Gummireifen ja als Autoersatz benutzen könnte und damit einfach mal so wegfahren… Ohne wird’s auf der Straße schwierig (ist in Deutschland aus gutem Grund mW auch verboten). Und einfach mal so wegfahren ist bei denen ein ganz großes No-go im wahrsten Sinne des Wortes.

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  3. Hallo, eine Frage: Du hast oben Folgendes geschrieben: Wenn jemand aus krankhafter Angst, aus irgendeiner psychischen Störung heraus meint, Gelübde ablegen zu müssen (was öfter bei Skrupulanten der Fall ist), ist das Gelübde nicht gültig. Hier Genaueres dazu, was Skrupulanten bei diesem Thema beachten müssen. Nun wo steht das was hier zu beachten ist? Ich finde da keinen Link… Liebe Grüße

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