Wer wissen will, was es mit dieser Reihe auf sich hat, möge bitte diese kurze Einführung hier lesen; knapp gesagt: ich habe Zitate aus christlichen Schriften vom Jahr 95 bis ca. 200 n. Chr. gesammelt, um einen Eindruck von der frühen Kirche zu vermitteln. (In der Einführung findet sich eine Liste mit allen herangezogenen Werken mitsamt ihrer Datierung.)
Alle bisher veröffentlichten Teile gibt es hier.
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Bibelstellen zum Vergleich (Auswahl): Von den frühchristlichen Schriftstellern selbst werden oft herangezogen: Joh 1, Joh 14, Joh 16, als Hinweise aus dem AT Spr 8,22-31, Gen 1,26, Gen 19,24, Ps 45,7, Ps 33,6, Ps 110,1, in Bezug auf den hl. Geist Apg 2. Außerdem gäbe es z. B. Mt 28,19f.
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Hier seien kurz ein paar wichtige Punkte der katholischen Dreifaltigkeitslehre zusammengefasst: Gott ist ein Wesen in drei Personen; alle bestehen von Ewigkeit her. Der Sohn ist gezeugt, nicht geschaffen, vom Vater; der Heilige Geist geht aus dem Vater und dem Sohn hervor. Es handelt sich um ewige Abhängigkeiten, ewige Hervorgänge, wie ein Arm am Körper hängt, ohne dass der Körper jemals ohne den Arm existiert hat. Der Vater ist Gott, der Sohn ist Gott, der Heilige Geist ist Gott; es ist nur ein Gott. Die Personen sind real unterschieden, nicht nur verschiedene Bezeichnungen für den einen Gott; trotzdem ist nur ein Gott, nicht drei Götter; Gott ist in sich Gemeinschaft, und Er ist vollkommen einfach und ungeteilt. Alle Vergleiche, die man dafür heranziehen kann, sind immer unvollständig und irgendwo falsch.
(Schaubild. Gemeinfrei.)
In den Anfangszeiten der Kirche findet man das noch stärker, was man heute auch findet: Der Heilige Geist wird gerne mal etwas vernachlässigt (trotzdem finden sich auch ein paar Stellen über Ihn); die meisten hier gesammelten Stellen befassen sich deswegen nur mit dem Verhältnis von Gott Sohn zu Gott Vater. Viele gehen von Joh 1 aus, wo Jesus als das „Wort“ / die „Vernunft“ / die „Weisheit“ (griechisch Logos) des Vaters bezeichnet wird, und zitieren auch Hinweise aus dem AT, wie etwa Spr 8,22-31.
Die Dreifaltigkeitslehre, die v. a. auf den großen Konzilien des 4., 5., 6. Jahrhunderts ausformuliert und geklärt wurde, ist hier noch etwas verschwommener und weniger genau in Worte gefasst, aber implizit findet sich derselbe Glaube und manchmal findet man ihn auch in denselben Worten ausgedrückt. Eine gewisse Unklarheit besteht allerdings bei der Frage, ob Gott der Sohn genauso ewig wie der Vater ist oder nicht; hier finden sich beide Meinungen, manche Autoren scheinen sich dessen auch nicht ganz im klaren zu sein. Daher jetzt ein paar Stellen.
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Athenagoras beschreibt Gott, den Sohn, und die Dreifaltigkeit folgendermaßen; er macht auch klar, dass der Sohn keinen Anfang in der Zeit hatte:
„Denn nach unserer Lehre existiert ein Gott und ein Sohn, sein Wort, und ein Heiliger Geist, die hinsichtlich der Macht ein einziges Wesen sind, der Vater, der Sohn, der Geist; denn der Sohn ist des Vaters Verstand, Wort, Weisheit und der Geist ist Ausfluß wie Licht von Feuer“ (Athenagoras, Bittschrift für die Christen 24)
„Daß wir also keine Atheisten sind, ist von mir hinlänglich dargetan. Denn jener eine ist unser Gott, der da ungeworden und ewig ist, unsichtbar, unwandelbar, unbegreiflich, unfaßbar, nur mit Verstand und Vernunft erkennbar, von Licht und Schönheit, von Geist und Kraft in unaussprechlich hohem Grade umgeben, von dem durch sein Wort das All geschaffen und geordnet ist und regiert wird. Indes kennen wir auch einen Sohn Gottes. Halte es ja niemand für lächerlich, daß Gott einen Sohn habe! Denn unsere Gedanken über Gott Vater und Sohn weichen gar sehr von den Mythen der Dichter ab, die die Götter nicht im mindesten besser sein lassen als die Menschen; der Sohn Gottes ist das Wort (Logos) des Vaters als vorbildlicher Gedanke und schöpferische Kraft; denn nach ihm und durch ihn ist alles gemacht; Vater und Sohn sind eins. Da der Sohn im Vater und der Vater im Sohne ist durch die Einheit und Kraft des Geistes, so ist der Sohn Gottes der Gedanke (Nus) und das Wort (Logos) des Vaters. Sollte Euch aber bei Eurer überlegenen Einsicht die Frage belieben, was der Ausdruck Sohn bedeutet, so will ich Euch in Kürze folgendes antworten: Er ist dem Vater das Erst-Erzeugte, nicht als ob er geworden wäre; denn von jeher hatte Gott als ewiger Gedanke selbst das Wort in sich, da er nie ohne das Wort ist; sondern der Sohn ist hervorgegangen, um für alles Körperliche, das anfangs noch als qualitätslose Naturmasse ohne alles Leben existierte, wobei die dichteren Teile noch mit den leichteren vermischt waren, vorbildlicher Gedanke und schöpferische Kraft zu sein. Hiermit stimmt auch der prophetische Geist überein: ‚Der Herr‘, sagt er, ‚hat mich erzeugt im Anfang seiner Wege für seine Werke‘1). Indes ist nach unserer Lehre auch der Heilige Geist, welcher sich in den Propheten wirksam erweist, ein Ausfluß Gottes, ausfließend und zurückkehrend wie ein Sonnenstrahl. Wer sollte sich da noch auskennen, wenn er Leute, die einen Gott Vater und einen Gott Sohn und einen Heiligen Geist bekennen und nachweisen, daß dieselben mächtig sind in der Einigung und verschieden in der Ordnung, als Atheisten verschreien hört?“ (Athenagoras, Bittschrift für die Christen 10)
„Wir hingegen, die wir uns darüber klar geworden sind, daß das Erdenleben nur weniges und geringes wert ist, die wir uns einzig von der Erkenntnis des wahren Gottes und seines Wortes leiten lassen (nämlich von der Erkenntnis, welches die Einheit des Sohnes mit dem Vater, welches die Gemeinschaft des Vaters mit dem Sohne ist, was der Geist ist, was die Einigung solcher Größen und der Unterschied der Geeinigten ist, nämlich des Geistes, des Sohnes und des Vaters)“ (Athenagoras, Bittschrift für die Christen 12)
(Dreifaltigkeit, Botticelli. Gemeinfrei.)
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Bei Irenäus finden sich einige sehr schöne und klare Stellen zum Verhältnis von Gott Sohn und Gott Vater:
„Wenn aber jemand uns fragen sollte: Wie ist also der Sohn vom Vater hervorgebracht? dann antworten wir ihm: Seine Emanation oder Geburt oder Aussprechung oder Eröffnung oder, wie immer man seine unaussprechliche Geburt nennen möge, weiß niemand, weder Markion, noch Valentinus, noch Saturninus, noch Basilides, noch die Engel oder Erzengel oder Fürsten und Herrschaften, sondern nur der Vater, der hervorbrachte, und der Sohn, der gezeugt wurde. Da also seine Geburt unaussprechlich ist, so übernehmen die, welche sich bemühen, seine Geburt und Hervorbringung zu beschreiben, sich selbst, indem sie versprechen, das Unaussprechliche auszusprechen.“ (Ireäus, Gegen die Häresien II,28,6)
Irenäus nennt den Sohn und den Geist Gottes „Wort“ und „Weisheit“, die zu Ihm selbst gehören, und sagt klar, dass der Sohn gleich ewig mit dem Vater ist:
„Sondern nur einer ist Gott und Schöpfer, er, der über alle Hoheit und Macht und Herrschaft und Kraft erhaben ist; er ist der Vater, er der Gott, er der Schöpfer, der Urheber, der Bildner, der durch sich selbst, d. h. durch sein Wort und durch seine Weisheit, Himmel und Erde und Meere und alles, was in ihnen ist, gemacht hat. Er ist der Gerechte und Gute, der den Menschen gebildet hat, der das Paradies gepflanzt hat, der die Welt erschaffen und die Sintflut gesandt hat, der den Noe gerettet hat. Er ist der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, der Gott der Lebenden, den das Gesetz verkündet, die Propheten verheißen, Christus offenbart, die Apostel predigen, die Kirche bekennt. Er ist durch sein Wort, welches sein Sohn ist, der Vater unsers Herrn Jesus Christus, durch ihn offenbart und zeigt er sich allen, denen er sich offenbart, denn es erkennen ihn die, denen der Sohn es offenbart hat. Indem aber der Sohn gleich ewig mit dem Vater ist, offenbart er immer und von Anbeginn den Vater den Engeln und den Erzengeln und den Mächten und Kräften und allen, denen Gott es offenbaren will.“ (Irenäus, Gegen die Häresien II,30,9)
„Weder der Herr, noch der Heilige Geist, noch die Apostel hätten den, der nicht Gott war, jemals Gott ohne Vorbehalt und Einschränkung genannt, wenn er nicht Gott in Wahrheit wäre, noch hätten sie ihrerseits jemand als Herrn bezeichnet außer dem allerhöchsten Gott Vater und seinem Sohn, der die Herrschaft über die ganze Schöpfung von seinem Vater empfing, wie geschrieben steht: ‚Es sprach der Herr zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis daß ich lege deine Feinde zum Schemel deiner Füße‘1 . D. h. der Vater sprach mit dem Sohne und gab ihm zum Erbe die Heiden und unterwarf ihm alle seine Feinde. Da nun der Vater Herr ist und der Sohn in Wahrheit Herr, so bezeichnet der Heilige Geist mit Recht beide als Herren. Und wenn die Schrift wiederum bei der Zerstörung Sodomas sagt: ‚Und es regnete der Herr über Sodoma und Gomorrha Feuer und Schwefel von dem Herrn des Himmels‘2 , so bezeichnet sie hier ebenfalls den Sohn, der mit Abraham gesprochen hat und von dem Vater die Gewalt empfangen hatte, die Sodomiter wegen ihrer Gottlosigkeit zu bestrafen. Ähnlich heißt es: ‚Dein Thron, o Gott, steht in Ewigkeit. Ein Szepter der Gerechtigkeit ist das Szepter Deines Reiches. Du liebtest die Gerechtigkeit und haßtest das Unrecht, deshalb hat Dich, o Herr, Dein Gott gesalbt‘3 . Beide nämlich bezeichnete der Heilige Geist als Gott, den Sohn, der gesalbt wird, und den Vater, der salbt. […]
Kein anderer also, wie gesagt, heißt Gott oder wird Herr genannt als jener allerhöchste Gott und Herr, der auch zu Moses sprach: ‚Ich bin, der ich bin. Sage also den Söhnen Israels: Der, welcher ist, hat mich zu euch gesandt‘1 . Sein Sohn ist Jesus Christus, unser Herr, der die zu Söhnen Gottes macht, die an seinen Namen glauben. Und abermals spricht der Sohn zu Moses, wenn es heißt: ‚Ich bin herabgestiegen, dieses Volk zu erretten‘2 . Denn er ist es, der herabstieg und hinaufstieg, die Menschen zu erlösen. Durch den Sohn also, der im Vater ist und in sich den Vater hat, der da ist, hat sich Gott geoffenbart, indem der Vater für den Sohn Zeugnis ablegt und der Sohn den Vater verkündigt. In diesem Sinne spricht Isaias: ‚Und ich bin Zeuge, spricht Gott der Herr, und der Sohn, den ich erwählt habe, damit ihr erkennet und glaubet und einsehet, daß ich es bin‘3 .“ (Irenäus, Gegen die Häresien III,6,1-2)
„Denn daß überhaupt keiner aus den Söhnen Adams schlechthin Gott genannt oder Herr geheißen wird, das haben wir aus den Schriften nachgewiesen. Alle aber, die nur ein wenig um die Wahrheit sich kümmern, können sehen, daß er allein von allen Menschen, die jemals gewesen sind, im eigentlichen Sinne als Gott und Herr und ewiger König und Eingeborener und fleischgewordenes Wort von allen Propheten und Aposteln und dem Geiste selber bekannt wird. Dies Zeugnis über ihn würden die Schriften nicht ausstellen, wenn er ähnlich wie alle ein bloßer Mensch gewesen wäre. Beide göttlichen Schriften bezeugen aber seine vor allem einzige glorreiche Geburt aus dem ewigen Vater und ebenso seine glorreiche Geburt aus der Jungfrau, und daß er als Mensch ohne Schönheit6 sein und leiden werde, daß er sitzen werde auf dem Füllen der Eselin7 , daß er mit Essig getränkt werden8 ; und im Volke verspottet werden würde9 und in den Tod hinabsteigen, und daß er zugleich der heilige Herr und wunderbare Ratgeber10 und schön von Gestalt und der starke Geist sein werde, über den Wolken kommend als erster Richter des Weltalls11 , dies alles haben von ihm die Schriften verkündet.
Wie er nämlich Mensch war, um versucht zu werden, so war er auch das Wort, um verherrlicht zu werden. Das Wort ruhte, damit er versucht, verunehrt, gekreuzigt werden und sterben konnte; es tat sich aber mit dem Menschen zusammen, damit er siegen, ausharren, sich liebreich erweisen, auferstehen und in den Himmel auffahren konnte. Dieser Sohn Gottes also ist unser Herr und das Wort des Vaters und der Sohn des Menschen. Denn insofern er aus Maria, die von Menschen abstammte und daher selbst ein Mensch war, sein Dasein empfing, ist er der Sohn des Menschen geworden. Deswegen gab auch der Herr selbst uns das Zeichen in der Tiefe und in der Höhe oben1 , das der Mensch nicht verlangt hatte, weil er gar nicht hoffte, daß eine Jungfrau, die wirklich Jungfrau war, schwanger werden und einen Sohn gebären könne. Und dieser ihr Sohn war der ‚Gott mit uns‘, stieg herunter auf die Erde2 und suchte das verlorene Schaf3 , das doch sein eigenes Geschöpf war, und stieg hinauf in die Höhe, um seinem Vater den Menschen, den er gefunden hatte, anzubieten und zu empfehlen, und stand selber als erster von den Toten auf, damit, wie das Haupt, so auch der ganze übrige Leib des Menschen, der das Leben empfangen hatte, nach der für seinen Ungehorsam festgesetzten Zeit der Verdammnis auferstehe, durch die innigste Verbindung erstarkend und gekräftigt4 durch das Zutun Gottes, indem jedes Glied seinen eigenen und passenden Platz am Körper hat. Denn viele Wohnungen sind bei dem Vater5 , wie auch viele Glieder am Körper.“ (Irenäus, Gegen die Häresien III,19,2-3)
„Ihm hatte der Vater alles unterworfen, und von allen empfing er das Zeugnis, daß er wahrer Mensch und wahrer Gott ist, vom Vater, von dem Geiste, von den Engeln, von dem Schöpfer selbst, von den Menschen, von den abtrünnigen Geistern, von den Dämonen, von dem Feinde und zuletzt selbst von dem Tode. So wirkt der Sohn von Anfang bis zum Ende für den Vater, und ohne ihn kann niemand Gott erkennen. Die Kenntnis des Vaters ist der Sohn, und der Sohn wird erkannt im Vater und durch den Sohn offenbart. Deswegen sprach der Herr: ‚Niemand erkennt den Sohn als der Vater, noch den Vater als der Sohn und wem immer der Sohn es offenbart haben wird.‘ […] Denn von Anfang an steht der Sohn seinem Geschöpfe bei, offenbart den Vater allen, denen er will, und der Vater offenbart, wann er will, und wie er will, und deswegen ist in allem und bei allem ein Gott Vater, ein Wort der Sohn, und ein Geist und ein Heil für alle, die an ihn glauben.“ (Irenäus, Gegen die Häresien IV,6,7)
„In seiner Größe also können wir Gott nicht erkennen, denn unmöglich ist es, den Vater zu messen. In seiner Liebe aber, die uns durch das Wort zu Gott hinführt, werden wir, wenn wir ihm gehorchen, immer besser verstehen, daß Gott so groß ist und durch sich selbst alles beschlossen, erwählt und ausgeschmückt hat und alles umfängt. Somit auch diese Welt hienieden. […] Auch bedurfte Gott keiner solchen Hilfe, um das zu machen, was er bei sich beschlossen hatte, gleich als ob er selbst keine Hände hätte. Denn immer ist bei ihm das Wort und die Weisheit, der Sohn und der Geist, durch die und in denen er alles aus freiem Willen und Entschluß geschaffen hat. Zu ihnen spricht er auch: ‚Laßt uns den Menschen machen nach unserm Bild und Gleichnis‘2 , indem er aus sich selbst die Substanz der Geschöpfe und ihre Idee und ihre schöne reale Gestalt hernahm.“ (Irenäus, Gegen die Häresien IV,20,1)
„Hierher wurden von Gott im Hl. Geist die Propheten gesandt. Sie mahnten das Volk und wandten es zum allmächtigen Gott ihrer Väter zurück. In ihnen erstanden die Herolde der Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus, des Sohnes Gottes. Denn sie zeigten an, daß sein Leib aus dem Geschlechte Davids sprossen werde, damit er dem Fleische nach in langer Stammfolge ein Sohn Davids sei, welcher ein Sohn Abrahams gewesen war, dem Geiste nach aber der Sohn Gottes, der aus dem Vater hervorgegangen war, gezeugt vor der Schöpfung der ganzen Welt.“ (Irenäus, Erweis der Apostolischen Verkündigung 30)
„Gott alles zu glauben ist Pflicht und geziemend. Denn Gott ist wahr in allem, auch darin, daß es einen Sohn Gottes gibt und daß derselbe nicht nur existierte, bevor er in der Welt erschien, sondern auch schon, bevor die Welt wurde.“ (Irenäus, Erweis der apostolischen Verkündigung 43)
„Also ist Herr der Vater und Herr der Sohn, und Gott der Vater und Gott der Sohn; denn wer von Gott erzeugt ist, ist Gott. Und in dieser Weise wird nach Dasein und Kraft seines Wesens ein Gott erwiesen, nach dem Vorgange und der Vollführung unserer Erlösung aber Sohn und Vater. Denn da der Vater für alles Gewordene unsichtbar und unnahbar ist, so bedurfte es für diejenigen, welche [künftig] zu Gott gelangen sollten, der Hinführung zur Unterwerfung vor dem Vater durch den Sohn1 . Deutlich spricht in hellerem Glanze auch David so von Vater und Sohn: ‚Dein Thron, o Gott, ist und bleibt von Ewigkeit zu Ewigkeit. Du liebst die Gerechtigkeit und hassest das Unrecht. Deshalb hat dich Gott gesalbt mit dem Öle der Freude mehr als deine Genossen‘2 . Denn weil der Sohn Gott ist, empfängt er vom Vater den Thron des ewigen Reiches und das Salböl mehr als seine Genossen. Das Öl der Salbung aber ist der Geist. Mit ihm ist er gesalbt. Seine Genossen aber sind die Propheten, die Gerechten, die Apostel und alle, welche teilnehmen an seinem Reiche, d. h. seine Jünger.“ (Irenäus, Erweis der apostolischen Verkündigung 47)
Über den Heiligen Geist schreibt Irenäus:
„Diesen Geist erbat David für das menschliche Geschlecht, indem er sprach: ‚Und mit Deinem Urgeiste befestige mich!‘1 Daß dieser nach der Himmelfahrt des Herrn auf die Jünger am Pfingstfeste herabgestiegen sei2 und allen Völkern den Eintritt zum Leben eröffnete und das Neue Testament erschloß, berichtet Lukas. Deshalb lobpriesen sie auch in dem Zusammenwehen aller Sprachen Gott, indem der Geist die auseinanderwohnenden Stämme zur Einheit zurückführte und die Erstlinge aller Völker dem Vater darbot. Deshalb versprach der Herr auch, den Tröster zu senden3 , der uns an Gott anpassen sollte. Wie nämlich aus dem trockenen Weizen ein Teig nicht werden kann ohne Feuchtigkeit, noch ein Brot, so konnten wir viele nicht eins werden in Christo Jesu ohne das Wasser, das vom Himmel kommt. Und wie die trockene Erde, wenn sie keine Feuchtigkeit empfängt, auch keine Frucht bringt, so würden auch wir, die wir von Haus aus trockenes Holz sind, niemals das Leben ohne den ‚Gnadenregen‘4 von oben als Frucht bringen. Denn unsere Leiber haben durch jenes Bad, das zur Unvergänglichkeit dient, die Einheit empfangen, unsere Seelen aber durch den Geist. Daher ist auch beides nötig, da beides hinführt zum Leben in Gott. Erbarmte sich doch der Herr über jenes ehrvergessene samaritanische Weib, das bei einem Manne nicht blieb, sondern mit vielen herumbuhlte, und zeigte und versprach ihr das lebendige Wasser, damit sie fürder nicht dürste und trachte nach Anfeuchtung mit dem Mühewasser, wenn sie in sich habe den Trank, der da quillt zum ewigen Leben5 . Dieses Geschenk, das der Herr von seinem Vater empfing, gab er auch denen, die an ihm Anteil haben, indem er auf die gesamte Erde den Heiligen Geist sandte.“ (Irenäus, Gegen die Häresien III,17,2)
„Und daß das Wort, d. h. der Sohn, immer bei dem Vater war, haben wir vielfach dargetan. Daß aber auch die Weisheit, d. h. der Geist, bei ihm vor aller Schöpfung war, sagt er durch Salomon: ‚Gott hat durch die Weisheit die Erde gegründet, den Himmel bereitet durch die Klugheit. Durch seinen Geist brachen die Abgründe hervor und die Wolken träufelten Tau‘1 .Und wiederum; ‚Der Herr schuf mich am Anfang seiner Wege zu seinen Werken, vor der Ewigkeit gründete er mich, im Anfang, bevor er die Erde machte, bevor er die Abgründe festlegte, und bevor die Wasserquellen hervorgingen und die Berge befestigt wurden, vor allen Hügeln erzeugte er mich‘2 . Und wiederum: ‚Als er den Himmel bereitete, war ich bei ihm, und als er die festen Quellen des Abgrundes machte, als er die starken Fundamente der Erde legte, war ich bei ihm helfend. Ich war es, mit dem er sich freute, täglich aber freute ich mich vor seinem Angesichte zu jeder Zeit, als er sich freute über die Vollendung des Erdkreises, und er ergötzte sich unter den Menschenkindern‘3 .“ (Irenäus, Gegen die Häresien IV,20,3)
Er schreibt über die Dreifaltigkeitslehre:
„Denn der Name Christus bedeutet den, der salbt, und der gesalbt worden ist, und die Salbung selbst, in der er gesalbt wurde. Es salbte aber der Vater, gesalbt wurde der Sohn in dem Geiste, der die Salbung ist, gemäß dem Worte des Isaias, der da spricht: ‚Der Geist des Herrn ist über mir, deswegen hat er mich gesalbt‘10 . Damit weist er hin auf den Vater, der salbt, den Sohn, der gesalbt wurde und den Geist, welcher die Salbung ist.“ (Irenäus, Gegen die Häresien III,18,3)
„Denn Gott vermag alles. Ehemals wurde er im Geiste prophetisch geschaut, dann durch den Sohn, wie es angenommenen Kindern zukommt, schließlich wird er gesehen werden im Himmelreiche als Vater. Denn der Geist bereitet den Menschen vor im Sohne Gottes, der Sohn führt ihn hin zum Vater, der Vater aber schenkt ihm Unverweslichkeit zum ewigen Leben, das jedem deswegen zuteil wird, weil er Gott schaut. Denn wie die, welche das Licht schauen, in dem Lichte sind und an seinem Glanze teilnehmen, so sind die, welche Gott schauen, in Gott und haben teil an seiner Herrlichkeit. Diese Herrlichkeit aber macht sie lebendig, denn das Leben empfangen, die Gott schauen. Und auf diese Weise macht sich der Unfaßbare und Unbegreifbare und Unsichtbare sichtbar, begreifbar und faßbar für die Gläubigen, damit er lebendig macht, die ihn durch den Glauben fassen und schauen. Denn wie seine Größe unerforschbar ist, so ist seine Güte unaussprechbar, durch die er sich sehen läßt und Leben verleiht denen, die ihn sehen. Denn zu leben ohne das Leben ist unmöglich; die Subsistenz des Lebens aber kommt her von der Teilnahme an Gott. An Gott aber teilnehmen, heißt ihn schauen und seine Güter genießen. […]
Einige nämlich von ihnen [den Propheten] sahen den prophetischen Geist [=Heiligen Geist] und seine Wirkungen, die sich in die verschiedenen Charismen ergossen. Andere die Ankunft des Herrn und sein Walten von Anbeginn, durch welches er den Willen des Vaters im Himmel und auf Erden vollzog. Andere wieder die Herrlichkeit des Vaters, wie sie den Zeiten angepaßt war und den Menschen, die sie sahen und hörten und fortan hören sollten. So also offenbarte sich Gott. Denn in all diesem offenbart sich der Vater, indem der Geist wirkt, der Sohn dient, der Vater bestätigt, der Mensch aber zum Heile vollendet wird.“ (Irenäus, Gegen die Häresien IV,20,5-6)
„Der Vater nämlich, der die Schöpfung und sein Wort trägt, und das Wort, das vom Vater getragen wird, gibt den Geist allen, wie der Vater es will: dem einen, das nur erschaffen ist, daß es existiert, dem andern, das aus Gott geboren ist, daß es angenommen wird an Kindesstatt. So ergibt sich ein Gott Vater, der über alles und durch alles und in allem ist. Über allem nämlich ist der Vater, und er selbst ist das Haupt Christi; durch alles ist das Wort, und dies ist das Haupt der Kirche; in uns allen aber ist der Geist, und dieser ist ‚das lebendige Wasser‘1 , das der Herr ‚allen gibt, die an ihn recht glauben‘2 und ihn lieben und wissen, daß ‚ein Vater, der da ist über allem und durch alles und in uns allen‘3 . Hierfür zeugt auch Johannes, der Schüler des Herrn, der in seinem Evangelium also spricht: ‚Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dies war im Anfang bei Gott. Alles ist durch dasselbe gemacht worden, und ohne dasselbe ist nichts gemacht worden‘4 . […] Denn der wahre Weltenschöpfer ist das Wort Gottes, d. h. unser Herr, der in den letzten Zeiten Mensch geworden ist. Obwohl er in der Welt ist, umfaßt er unsichtbarer Weise alles, was gemacht ist, und ist eng verbunden mit der gesamten Schöpfung, da das Wort Gottes alles leitet und ordnet, und deshalb kam er sichtbarer Weise und wurde Fleisch und hing am Holze, um alles in sich zu rekapitulieren.“ (Irenäus, Gegen die Häresien V,18,2-3)
„Der Sachverhalt, der sich ergibt, ist also folgender: [Es ist] Ein Gott, der ungewordene Vater, unsichtbar, Schöpfer von allem; kein anderer Gott steht über ihm, noch ist ein anderer Gott unter ihm. Gott ist ein vernünftiges Wesen und hat deswegen das Gewordene durch das [Vernunft-] Wort erschaffen. Auch ist Gott Geist und hat somit alles durch den Geist geordnet, wie der Prophet sagt: ‚Durch das Wort des Herrn sind die Himmelsfesten geschaffen worden1 , und durch seinen Geist all ihre Kraft‘2 . Da also das Wort schafft d. h.3 die Körper wirkt und dem Hervorgegangenen Bestand verleiht, während der Geist die Kräfte in ihrer Verschiedenheit ordnet und gestaltet, so wird mit Recht4 das Wort der Sohn, Geist aber die Weisheit Gottes genannt. Auch der Apostel desselben, Paulus, sagt darüber passend: ‚Ein Gott, der als Vater über allen ist und der mit allen und in uns allen ist‘5 . Denn über allen ist er als Vater; mit allen ist er als Wort, da durch dasselbe alles vom Vater ins Werden trat, in uns allen jedoch ist er als Geist, der da ruft: ‚Abba, Vater‘6 und den Menschen zum Ebenbild Gottes gestaltet. Nun zeigt der Geist das Wort und deswegen verkündeten die Propheten den Sohn Gottes, während das Wort den Geist wehen macht, und deshalb ist er selbst der Sprecher der Propheten und führt den Menschen zum Vater zurück.
Und das ist die rechte Ordnung unseres Glaubens, die Grundlage des Gebäudes und die Sicherung des Weges: Gott der Vater, ungeworden, unendlich, unsichtbar, ein Gott Schöpfer des Alls. Das zunächst ist das erste Hauptstück unseres Glaubens. Das zweite Hauptstück sodann ist das Wort Gottes, der Sohn Gottes, Christus Jesus unser Herr, welcher den Propheten erschienen ist gemäß der Gestalt ihrer Weissagungen1 und nach den Bestimmungen der Vorsehung des Vaters, er, durch den alles geworden ist. Derselbe wurde auch am Ende der Zeiten Mensch unter den Menschen, um alles vollkommen zu vollenden; er wurde sichtbar und körperlich, um den Tod zu besiegen und das Leben zu zeigen2 und Gemeinschaft und Frieden zwischen Gott und den Menschen zu bewirken. Das dritte Hauptstück dann ist der Hl. Geist, durch den die Propheten weissagten, und die Väter die göttlichen Dinge lernten, die Gerechten vorangingen auf dem Weg der Gerechtigkeit, und der in der Fülle der Zeiten aufs neue über die Menschheit ausgegossen ward auf der ganzen Erde, die Menschen für Gott neu zu schaffen.
Deshalb wird bei unserer Wiedergeburt die Taufe durch diese drei Stücke vollzogen, indem der Vater uns zur Wiedergeburt begnadigt durch seinen Sohn im Hl. Geiste. Denn diejenigen, welche den Hl. Geist empfangen und in sich tragen, werden zum Worte, d. h. zum Sohne geführt. Der Sohn hinwieder führt sie zum Vater und der Vater macht sie der Unvergänglichkeit teilhaft. Also kann man ohne den Geist das Wort Gottes nicht sehen und ohne den Sohn kann niemand zum Vater kommen1 . Denn das Wissen des Vaters ist der Sohn. Das Wissen vom Sohne Gottes aber [erlangt man] durch den Hl. Geist; den Geist aber gibt nach dem Wohlgefallen des Vaters der Sohn als Spender an diejenigen, welche der Vater will und wie er es will.“ (Irenäus, Erweis der Apostolischen Verkündigung 5-7)
(Die Dreifaltigkeit in einer mittelalterlichen Buchmalerei. Gemeinfrei.)
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Auch bei Justin dem Märtyrer finden sich mehrere Stellen über das Verhältnis von Gott Sohn zu Gott Vater. Manche Stellen könnten so verstanden werden, als hätte die Existenz des Sohnes (des Logos) irgendwann begonnen und es habe eine Zeit gegeben, in der Er noch nicht war; andererseits sagt Justin auch, dass der Logos bereits „vor aller Schöpfung in ihm [Gott Vater] war“.
„Es ist aber der Logos die erste Kraft nach Gott, dem Vater des All, und sein Sohn; auf welche Weise er Fleisch geworden und als Mensch geboren worden ist, werden wir im folgenden zeigen.“ (Justin, 1. Apologie 32)
„Der Vater des Alls hat, weil ungezeugt, keinen ihm beigelegten Namen. Denn wenn jemand einen Namen erhält, so ist der Namengeber älter als er. Vater, Gott, Schöpfer, Herr und Gebieter sind keine Namen, sondern nur Titel, die von seinen Wohltaten und Werken hergenommen sind1. Sein Sohn aber, der allein im eigentlichen Sinne sein Sohn heißt2, der Logos, der vor aller Schöpfung in ihm war und der gezeugt wurde, als er im Anfange alles durch ihn schuf und ordnete3, wird Christus genannt, weil er gesalbt wurde und Gott durch ihn alles ordnete, ein Name, der ebenfalls einen unerkennbaren Begriff umschließt, sowie auch die Bezeichnung ‚Gott‘ kein Name, sondern nur eine der Menschennatur angeborene Vorstellung eines unerklärbaren Wesens ist. ‚Jesus‘ aber hat Namen und Begriff eines Menschen und Erlösers. Denn, wie wir schon gesagt haben (I 23), er ist Mensch geworden, nach dem Willen Gottes des Vaters zur Welt gekommen für die gläubigen Menschen und zum Sturze der Dämonen, wie ihr noch jetzt aus dem ersehen könnt, was vor euren Augen geschieht. Haben doch viele von den Unsrigen, nämlich von den Christen, eine ganze Menge von Besessenen in der ganzen Welt und auch in eurer Hauptstadt, die von allen anderen Beschwörern, Zauberern und Kräutermischern nicht geheilt worden waren, durch Beschwörung im Namen Jesu Christi, des unter Pontius Pilatus Gekreuzigten, geheilt und heilen sie noch, indem sie die Dämonen, welche die Menschen festhalten, außer Kraft setzen und vertreiben4.“ (Justin, 2. Apologie 5)
Im Alten Testament habe der Sohn, nicht der Vater, zu Mose und den Propheten gesprochen:
„Die Juden lehren alle heute noch, der namenlose Gott habe zu Moses geredet. Darum hat der prophetische Geist durch den früher erwähnten Propheten Isaias scheltend, wie oben gesagt (c. 37), zu ihnen gesprochen: ‚Ein Ochs kennt seinen Besitzer und ein Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat mich nicht erkannt und mein Volk mich nicht begriffen‘1. Und auch Jesus Christus hat, als die Juden nicht erkannten, was Vater und was Sohn sei, gleichfalls scheltend zu ihnen gesagt: ‚Niemand kennt den Vater als der Sohn und niemand den Sohn als der Vater und wem der Sohn es geoffenbart hat‘2. Gottes Logos aber ist sein Sohn, wie wir früher gesagt haben (c. 21-23). Auch Engel [Bote] und Gesandter wird er genannt; denn er verkündet, was zu wissen nottut, und wird gesandt, um alles zu melden, was von Gott geoffenbart wird, wie denn unser Herr auch selbst sagte: ‚Wer mich hört, der hört den, der mich gesandt hat‘3. Und das wird auch aus den Schriften des Moses erhellen, in denen folgendes gesagt ist: ‚Es sprach zu Moses ein Engel Gottes in einer Feuerflamme aus dem Dornbusche und erklärte: Ich bin der Seiende, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks, der Gott Jakobs, der Gott deiner Väter. Geh hinab nach Ägypten und führe mein Volk heraus‘4. Was folgt, könnt ihr, wenn ihr wollt, aus jenen Schriften erfahren; denn es ist nicht möglich, hier alles anzuführen, Aber diese Worte dienen zum Beweise, daß Jesus Christus Gottes Sohn und Gesandter ist, der zuerst Logos war und bald in Feuersgestalt, bald ohne körperliche Gestalt5, jetzt aber, nach Gottes Willen für das Menschengeschlecht Mensch geworden, alle die Leiden auf sich genommen hat, die ihm auf Anstiften der Dämonen die verblendeten Juden angetan haben. […] Die Juden glauben, immer habe der Vater des Alls mit Moses gesprochen, während doch der Sohn Gottes, der auch sein Bote und Gesandter heißt, mit ihm sprach; mit Recht wird ihnen daher sowohl durch den prophetischen Geist [so bezeichnet Justin den Hl. Geist] als auch durch Christus selbst der Vorwurf gemacht, daß sie weder den Vater noch den Sohn erkannt haben. Denn die den Sohn zum Vater machen, laden den Vorwurf auf sich, daß sie weder den Vater kennen noch wissen, daß der Vater des Alls einen Sohn hat, der als Gottes Logos und Erstgeborener auch Gott ist. Früher ist dieser in Feuersgestalt und auch unkörperlich dem Moses und den übrigen Propheten erschienen; jetzt aber in den Zeiten eurer Herrschaft ist er, wie wir früher gesagt haben (c. 46), nach des Vaters Willen zum Heile seiner Gläubigen durch eine Jungfrau Mensch geworden und hat Verachtung und Leiden auf sich genommen, um durch sein Sterben und Auferstehen den Tod zu besiegen.“ (Justin, 1. Apologie 63)
In einem Dialog mit dem Juden Tryphon geht Justin genauer auf das Thema ein. An einer Stelle argumentiert er, dass klar erwiesen ist, dass Jesus der Messias ist, und Er dann auch Gottes Sohn sein muss (da Er das selbst behauptet hat und als Messias kein Lügner oder im Irrtum sein kann):
„Tryphon entgegnete: ‚[…] Deine Behauptung, der genannte Christus sei als Gott von Ewigkeit, habe aber dann sich herbeigelassen, Mensch zu werden und geboren zu werden, und er sei nicht Mensch von Menschen, scheint mir nicht nur unfaßbar, sondern geradezu töricht zu sein.‘
Ich erwiderte daraufhin: ‚Ich weiß es, daß die Lehre widersinnig zu sein scheint, vor allem eurem Volke; denn nicht die Anordnungen Gottes, sondern, wie Gott selbst laut verkündet2, die Anordnungen eurer Lehrer habt ihr stets zu verstehen und zu beobachten gewünscht. Fürwahr, Tryphon‘, sagte ich, ‚es bleibt nunmehr dabei, daß Jesus der Christus Gottes ist3, wenn ich auch nicht beweisen könnte, daß er, der Sohn des Weltschöpfers, als Gott präexistierte, und daß er durch die Jungfrau geboren und Mensch geworden ist. Da der Beweis ganz und gar gegeben ist, daß Jesus der Christus Gottes ist, wer immer er auch sein mag, so darf doch, wenn ich nicht beweisen würde, daß er präexistierte, und daß er gemäß dem Willen des Vaters gleich uns als Mensch in leidender, fleischlicher Natur geboren werden wollte, nur in diesem Punkte mir ein Irrtum nachgesagt werden. Aber nicht recht ist es, zu leugnen, daß Jesus der Christus ist, wenn es auch scheinen möchte, daß er als Mensch von Menschen geboren wurde, und wenn auch dargetan würde, daß er zum Christus (erst) erwählt wurde. Es gibt nämlich, meine Freunde‘, sagte ich, ‚unter eurem Volke Leute, welche zwar zugeben, daß Jesus der Christus ist, aber behaupten, er sei ein Mensch von Menschen gewesen. Ihre Ansicht teile ich nicht. Auch dürften die wenigsten meiner Gesinnungsgenossen so behaupten; denn eben Christus hat uns befohlen, nicht menschlichen Lehren zu folgen, sondern der Predigt der seligen Propheten und der Lehre Christi selbst.'“ (Justin, Dialog mit Tryphon 48)
„Nun will ich versuchen, euch zu überzeugen von meiner Behauptung, es stehe unter dem Weltschöpfer noch ein anderer Gott und Herr, von ihm werde auch Erwähnung getan, und er werde Engel genannt, weil er den Menschen verkünde, was der Weltschöpfer, über dem kein anderer Gott steht, denselben verkünden will.“ (Justin, Dialog mit Tryphon, 56,4)
„‚Meine Freunde!‘ fuhr ich fort, ’noch ein anderes Zeugnis will ich euch aus der Schrift geben: Vor allen Geschöpfen als Anfang hat Gott aus sich eine vernünftige Kraft1 erzeugt, welche vom Heiligen Geiste auch Herrlichkeit des Herrn2, ein andermal Sohn3, dann Weisheit4, bald Engel, bald Gott, bald Herr und Logos5 genannt wird, und welche sich selbst als ersten Feldherrn6 bezeichnet, da sie in Gestalt eines Menschen Josua, dem Sohne des Nave, erschien. Alle Attribute kommen derselben nämlich zu, weil sie dem väterlichen Willen dient, und weil sie aus dem Vater durch das Wollen erzeugt worden ist.
Doch sehen wir denn nicht ähnliche Vorgänge auch bei uns? Wenn wir nämlich ein Wort (λόγος) aussprechen, erzeugen wir ein Wort, ohne damit etwas zu verlieren, ohne daß also die Vernunft (λόγος) in uns weniger wird. So sehen wir auch, daß ein Feuer, wenn an ihm ein anderes entsteht, nicht deshalb, weil an ihm etwas entzündet worden ist, verringert wird, daß es vielmehr ein und dasselbe bleibt; das an ihm entzündete Feuer erscheint jenem gleich, und doch hat es jenes nicht verringert, an dem es entzündet wurde7.
Zeuge soll mir sein das Wort der Weisheit, welches selbst Gott ist, vom Vater des Weltalls erzeugt, welches Logos, Weisheit, Kraft und Herrlichkeit des Erzeugers ist. Durch Salomo sprach er die Worte8 : ‚Wenn ich euch das verkündet habe, was täglich geschieht, will ich daran denken, von dem Ewigen zu erzählen. Der Herr erschuf9 mich als Anfang seiner Wege für seine Werke. Vor der Zeit, im Anbeginn, ehe er die Welt erschuf und die Abgründe erschuf, ehe die Wasserquellen hervorbrachen und die Berge aufgestellt wurden, hat er mich gesetzt; vor allen Hügeln erzeugt er mich. Gott hat gemacht das Land, die unbewohnten Gegenden und die bewohnten Höhen unter dem Himmel. Als er den Himmel bereitete, war ich bei ihm; als er seinen Thron über den Winden errichtete, als er die oberen Wolken festigte und die Quellen der Tiefe ausglich, als er die Festigkeit gab dem Fundament der Erde, war ich bei ihm, um zu ordnen. Ich war es, mit dem er sich freute. Täglich freute ich mich zu jeder Zeit vor ihm, da er sich freute über die Vollendung des Erdkreises und sich freute an den Menschenkindern. Nun, mein Sohn, höre jetzt auf mich! Selig der Mann, der auf mich hören wird, und der Mensch, der meine Wege einhalten wird, der täglich vor meinen Toren wacht und an den Pfosten meiner Eingänge acht hat; denn meine Ausgänge sind Ausgänge des Lebens. Bereitet ist ihm Wohlgefallen beim Herrn. Wer dagegen wider mich sündigt, verfehlt sich gegen seine Seele, und wer mich haßt, liebt den Tod.'“ (Justin, Dialog mit Tryphon 61)
„Daß die erwähnte Kraft, welche von dem prophetischen Worte – wie oft gezeigt worden ist – Gott und Engel genannt wird, nicht gleich dem Sonnenlichte nur dem Namen nach (für sich) besteht, sondern tatsächlich für sich existiert, habe ich im vorhergehenden3 kurz auseinandergesetzt, da ich erklärte, diese Kraft sei vom Vater durch dessen Macht und Willen erzeugt worden, nicht jedoch sei sie abgetrennt worden, so daß das Wesen des Vaters geteilt worden wäre gleich allem andern, das dann, wenn es geteilt und getrennt wird, nicht dasselbe ist wie vor der Trennung. Auch hatte ich das Beispiel angeführt; wenn wir auch sehen, daß die Feuer, welche an einem andern entzündet wurden, eigene Feuer sind, so wird doch jenes Feuer, an welchem viele entzündet werden können, keineswegs weniger, es bleibt im Gegenteil dasselbe.“ (Justin, Dialog mit Tryphon 128,4)
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Auch bei Theophilus von Antiochia gibt es einige interessante Stellen. Bei der Auslegung der Schöpfungsgeschichte erwähnt Theophilus den Begriff „Dreieinigkeit“:
„Auf dieselbe Weise sind auch die drei Tage, welche der Schöpfung der Lichter vorangingen, ein Sinnbild der Dreieinigkeit: Gottes, seines Wortes und seiner Weisheit. Das vierte Sinnbild ist das des Menschen1, der des Lichtes bedarf, so daß nun da sind: Gott, sein Wort, seine Weisheit, der Mensch. Deswegen wurden auch am vierten Tage die Lichtgestirne erschaffen.“ (Theophilus, An Autolykus II,15)
„Und zwar lehrten sie uns erstens in voller Übereinstimmung, daß Gott das Weltall aus dem Nichts erschaffen. Denn nichts existierte neben Gott, sondern er selbst war sein Raum, war sich selbst vollkommen genug und war da vor allen Zeiten. Er wollte aber den Menschen schaffen, um von ihm erkannt zu werden; für diesen also bereitete er die Welt zu. Denn der Gewordene ist vieler Dinge bedürftig, der Ewige aber ist bedürfnislos. Es zeugte also Gott mit seiner Weisheit sein Wort, das er in seinem eigenen Innern beschlossen trug1, indem er es vor allen Dingen aus sich hervortreten ließ. Dieses Wort nun gebrauchte er als Mittel aller seiner Schöpfungen und erschuf alles durch dasselbe2. Dies Wort heißt ‚der Anfang‘, weil es das Prinzip und der Herr aller Dinge ist, die durch dasselbe sind geschaffen worden. Dies Wort also, das da ist der Geist Gottes3, das Prinzip (aller Dinge), die Weisheit und Kraft des Allerhöchsten, war es, das auf die Propheten herabkam und durch sie die Offenbarungen über die Erschaffung der Welt und die übrigen Dinge redete. Denn die Propheten waren noch nicht, als die Welt entstand, aber die Weisheit Gottes, die in ihm ist, und das hl. Wort Gottes, das ewig bei ihm wohnt, waren schon4. Eben aus diesem Grunde spricht es auch durch den Propheten Salomon: ‚Als er den Himmel zubereitete, war ich bei ihm, und als er den Grund der Erde fest machte, war ich bei ihm und ordnete mit‘5.“ (Theophilus, An Autolykus II,10)
„Du wirst mir nun einwerfen: ‚Du behauptest, es gehe nicht an, daß Gott im Raume eingeschlossen (gedacht) werde; und wie kannst du jetzt sagen, daß er im Paradiese umherwandelte?‘ Höre, was ich erwidere! Gott, der Vater aller Wesen, ist unbegrenzbar und befindet sich in keinem Raum; denn ‚es gibt keine Stätte seiner Ruhe‘1. Sein Wort aber, durch welches er alles gemacht hat, das da ist seine Kraft und seine Weisheit, übernahm die Stelle des Vaters und Herrn aller Dinge, und dieses ist es, das an der Stelle Gottes im Paradiese erschien und mit Adam redete. Denn auch die Hl. Schrift belehrt uns, daß Adam sagte, er habedie Stimme gehört. Was ist aber die Stimme anderes als das Wort Gottes, welches auch sein Sohn ist? nicht auf die Weise, wie die Dichter und Mythographen die Söhne der Götter erzeugt werden lassen, durch fleischliche Vermischung, sondern so, wie die Wahrheit das Wort darstellt, als ewig im Herzen Gottes beschlossen2. Denn bevor irgend etwas erschaffen wurde, hatte er dieses zum Ratgeber, da es sein eigener Gedanke und seine Weisheit ist. Als aber Gott die Dinge alle, die er zu erschaffen beschlossen hatte, erschaffen wollte, da erzeugte er dieses Wort als ausgesprochenes, den Erstgeborenen jeglicher Kreatur, nicht, daß er dieses Wortes verlustig wurde, sondern so, daß er es zeugte und in Ewigkeit mit seinem Worte beisammenblieb. Darauf fußt auch die Lehre der hl. Schriften und der mit dem Geist Gottes erfüllten Männer, von denen einer, Johannes, sagt: ‚Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott‘3, womit er ausspricht, daß im Anfang nur Gott und das Wort in ihm da war. Hierauf sagt er: ‚Und Gott war das Wort; alles ist durch ihn gemacht‘. Das Wort ist also Gott und von Gott gezeugt. Und dies Wort schickt der Vater des Alls, wenn er will, nach irgendeinem Platze im Raum, und vom Vater geschickt erscheint es dort, wird gesehen und gehört und befindet sich so im Raume.“ (Theophilus, An Autolykus II,22)
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Tatian schreibt folgendes; er schreibt dem Logos offenbar einen zeitlichen Anfang zu:
„Gott war im Anfang; der Anfang aber ist nach unserer Überlieferung die Kraft des Logos (des ‚Wortes‘)1. Der Herr aller Dinge, der zugleich die Hypostase (der Urgrund) des Alls ist2, war nämlich zu der Zeit, da es noch keine Schöpfung gab, allerdings allein: insofern aber jegliche Kraft alles Sichtbaren und Unsichtbaren bei ihm war, bestanden eben auch alle Dinge schon bei ihm vermöge der Kraft des Logos3. Erst durch einen Willensakt Gottes, dessen Wesen einfach ist, trat der Logos hervor, aber nicht zwecklos ging er von ihm aus und ward des Vaters erstgeborenes Werk4: wir wissen, daß er der Anfang der Welt ist. Seine Geburt erfolgte durch Teilung, nicht durch Abtrennung; denn was man abschneidet, ist von dem Ersten, zu dem es gehörte, für immer geschieden, das aber, was man teilt, wird nur wie in einer Hauswirtschaft da und dorthin gegeben, ohne denjenigen ärmer zu machen, von dem es genommen ist. Wie nämlich von einer Fackel viele Feuer entzündet werden, das Licht der ersten Fackel aber durch das Anzünden vieler anderer Fackeln nicht vermindert wird, so hat auch das Wort, indem es aus der Kraft des Vaters hervorging, seinen Erzeuger nicht des Wortes beraubt. Denn auch ich rede und ihr hört und doch wohl werde ich, der Redende, indem mein Wort zu euch übergeht, keineswegs des Wortes beraubt, sondern indem ich meine Stimme von mir gebe, ist es mein Vorsatz, die ungeordnete Materie in euch zu ordnen. Und wie der im Anfang gezeugte Logos seinerseits unsere Welt sich selber erzeugt hat, indem er die Materie bildete, so verbessere auch ich, der ich zur Nachahmung des Logos wiedergeboren und zur Aufnahme der Wahrheit geschaffen bin, die Unordnung der mitgeborenen Materie5. Denn nicht anfangslos ist die Materie wie Gott, noch hat sie etwa ihrer Anfangslosigkeit wegen gottgleiche Macht; sie ist vielmehr geschaffen worden und von keinem anderen geschaffen, als allein von dem Schöpfer aller Dinge.“ (Tatian, Rede an die Bekenner des Griechentums 5)
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Interessant zum Vergleich mit dem, was von vielen christlichen Autoren über Jesus, den Logos, geschrieben wird, ist die Vorstellung des jüdischen Philosophen Philo von Alexandria (gest. vermutlich zwischen 40 und 50 n. Chr.) vom „Logos“, einer Kraft oder einem Mittlerwesen Gottes.