Zeitgenössische Wunder als Indizien für Jesus: Berichte von Juden und Heiden

Das 1. Jahrhundert nach Christus war eine ganz faszinierende Zeit, und aus dieser Zeit gibt es einige seltsame Berichte, und zwar nicht nur von den damaligen Christen. Hier habe ich mal ein paar zusammengestellt, die aus christlicher Perspektive interessant sind, aber nicht von Christen stammen.

Ich beanspruche alle diese Berichte nicht als Beweise, sondern als Indizien. Wer will, kann natürlich annehmen, hier handle es sich ganz oder teilweise um Hörensagen und Gerüchte; aber wer Wunder nicht a priori ausschließt (was ein vernünftiger Mensch ja nicht tun sollte, wenn er nicht zirkulär argumentieren will), muss sie zumindest als möglich gelten lassen, und schauen, ob sie sich in ein Gesamtbild fügen könnten.

Fangen wir gleich mal an:

1) Das rote Band:

Im jüdischen Talmud, einer über mehrere Jahrhunderte entstandenen und ziemlich umfangreichen Sammlung von Aussagen von Rabbinern (abgeschlossen wohl irgendwann in der Spätantike), heißt es, dass in den letzten 40 Jahren vor der Zerstörung des Tempels die Riten des Alten Bundes, die Tempelzeremonien, nicht mehr richtig funktionierten. Erst einmal die Stelle: In Joma 39b heißt es (ich habe im Internet nur eine englische Übersetzung der kompletten Originalstelle gefunden; unten meine ungefähre Übersetzung daraus ins Deutsche):

„The Sages taught: During the tenure of Shimon HaTzaddik, the lot for God always arose in the High Priest’s right hand; after his death, it occurred only occasionally; but during the forty years prior to the destruction of the Second Temple, the lot for God did not arise in the High Priest’s right hand at all. So too, the strip of crimson wool that was tied to the head of the goat that was sent to Azazel did not turn white, and the westernmost lamp of the candelabrum did not burn continually.

And the doors of the Sanctuary opened by themselves as a sign that they would soon be opened by enemies, until Rabban Yoḥanan ben Zakkai scolded them. He said to the Sanctuary: Sanctuary, Sanctuary, why do you frighten yourself with these signs? I know about you that you will ultimately be destroyed, and Zechariah, son of Ido, has already prophesied concerning you: ‚Open your doors, O Lebanon, that the fire may devour your cedars‘ (Zechariah 11:1), Lebanon being an appellation for the Temple“

Übersetzung:

„Die Weisen lehrten: Während der Zeit von Shimon HaTzaddik [als Hoherpriester] fiel das Los für Gott immer in die rechte Hand des Hohenpriesters; nach seinem Tod geschah das nur gelegentlich; aber während der vierzig Jahre vor der Zerstörung des Zweiten Tempels fiel das Los für Gott überhaupt nicht in die rechte Hand des Hohenpriesters. Ebenso wurde das Band aus roter Wolle, das an den Kopf der Ziege gebunden wurde, die nach Azazel geschickt wurde, nicht weiß, und die westliche Lampe am Kandelaber brannte nicht die ganze Zeit über.

Und die Türen des Allerheiligsten öffneten sich von selbst als Zeichen, dass sie bald von Feinden geöffnet werden würden, bis Rabban Yohanan ben Zakkai sie schimpfte. Er sagte zum Allerheiligsten: Allerheiligstes, Allerheiligstes, wieso erschreckst du dich selbst mit diesen Zeichen? Ich weiß von dir, dass du schließlich zerstört werden wirst, und Zachariah, der Sohn des Ido, hat über dich schon prophezeiht: ‚Öffne deine Türen, o Libanon, dass das Feuer deine Zedern fresse‘ (Zachariah 11,1); Libanon ist ein Name für den Tempel.“

40 Jahre vor der Zerstörung des Tempels: Das ist genau zu der Zeit, als Jesus gekreuzigt wurde und auferstand (wahrscheinlich im Jahr 30, da hier die Festtage wie in den Evangelien beschrieben fielen; der Tempel wurde im Jahr 70 zerstört). Ab Seiner Kreuzigung funktionierten also die Tempelzeremonien nicht mehr, wie sie sollten, und es gab Vorzeichen der Zerstörung des Tempels.

Die Ziege ist hier wichtig: Denn diese Ziege war der „Sündenbock“, dem symbolisch die Sünden der Menschen aufgelastet wurden und der dann in die Wüste geschickt wurde. Diese Form der symbolischen Sühnung scheint Gott nicht mehr wohlgefällig gewesen zu sein, nachdem Jesus die Sünden am Kreuz tatsächlich gesühnt hatte. Das rote Band, das die Sünden anzeigte, wurde nicht mehr weiß als Zeichen der Vergebung.

Tatsächlich bin ich über den Text eines Rabbiners, der gegen die Verwendung von Joma 39b durch christlich gewordene Juden argumentiert, auf diese Talmudstelle gestoßen. Es lohnt sich, die bei ihm angeführten jüdischen Gegenargumente anzuschauen:

  • Sein erstes Argument ist: Hier würden die Christen dem Talmud Autorität zugestehen, den sie sonst ablehnen. Das ist auch das schlechteste Argument: Das christliche Argument ist „sogar ihr selber gebt in euren Schriften, die teilweise ziemlich antichristlich sind, zu, dass die Tempelzeremonien nicht mehr funktionierten“, und nicht „das ist wahr, weil der Talmud so wunderbar ist“.
  • Das Hauptargument ist, dass das Wunder auch vorher schon öfter ausgeblieben war und generell als Strafe für die Sünden des jüdischen Volkes manchmal ausblieb: Das wäre in den letzten vierzig Jahren nichts Besonderes gewesen, da hätte es eben besonders viele innere Kämpfe, Anarchie, Mord und Totschlag gegeben. Da macht man es sich etwas sehr einfach: Denn das Wunder blieb hier eben endgültig aus; nicht als vorübergehende Strafe. Entweder wollte Gott eine sehr deutliche Strafe zeigen, die in der Zerstörung des Tempels kulminierte, oder Er wollte einfach zeigen, dass die alten Riten nicht mehr sein sollten (theoretisch wäre ja auch beides möglich). Das ist kein abschließender Beweis; es bleibt die theoretische Möglichkeit einer Strafe für etwas anderes; aber der Hinweis ist doch sehr deutlich und das Ganze einfach mit „Das kann doch genauso gut wegen etwas anderem gewesen sein“ wegzuwischen ist doch etwas zu einfach. Und wieso soll nicht beides zusammengekommen? Ein völlig zerstrittenes Volk, in dem Recht und Gesetz nicht mehr herrschen, und ein Volk, von dem Teile ihren eigenen Messias ablehnen, weil sie sich vor Ihm schämen müssten und Ihn nicht ertragen, und Er ihnen nicht die gewünschte weltliche Herrschaft gebracht hat – das passt schon zusammen. (Und nur um das klarzustellen, ich beziehe mich hier auf die damaligen Juden, die Jesus kannten und vor eine Entscheidung gestellt waren, nicht auf die heutigen, die Ihn meistens eben nicht kennen.)
  • Außerdem wird gesagt, dass man das Vorkommnis genauso gut so interpretieren könnte, dass Gott nicht die Juden, die Jesus nicht als Messias angenommen hatten, bestrafen wollte, sondern die Juden, die diesen falschen Propheten Jesus angenommen hatten. Eine ziemlich unlogische Argumentation: Denn dann hätte Gott doch gerade den Juden den Rücken gestärkt, die noch den Tempelzeremonien anhingen, indem er sie gut funktionieren ließe, statt denen, die in die Kirche gingen.
  • Dann heißt es noch: Wenn Tieropfer nicht mehr sein sollten, wieso würden diese Tieropfer dann im messianischen Zeitalter, in der Endzeit, zurückkehren, wie die Bibel (v. a. die letzten neun Kapitel von Ezechiel, z. B. Ez 43-44) sagen würde? Es ist seltsam, dass er das für ein totales „Gotcha!“ für Christen hält, die diese Kapitel bekanntlich nie so interpretiert haben.

So weit mal dazu; dazu passen außerdem:

2) Die Wunder vor der Eroberung Jerusalems:

In den Evangelien sagt Jesus mehrmals die Zerstörung des Tempels von Jerusalem voraus, die dann eben im Jahr 70 n. Chr. geschah. Der jüdische Historiker Flavius Josephus berichtet von zahlreichen Zeichen vor der Zerstörung Jerusalems und des Tempels; auch er berichtet von den sich selbst öffnenden Türen und von weiteren sehr außergewöhnlichen Vorzeichen:

„Auf solche Art ließ sich damals das unglückliche Volk von seinen Verführern und falschen Gottesgesandten gängeln, während es andererseits die Erscheinungen, welche die kommende Verödung prophezeiten, weder beachtete noch an ihre Bedeutung glaubte, sondern ganz so, als hätte ihm der Donner das Gehör verschlagen, und als wäre es ohne Augen und ohne Leben, die feierlichen Weisungen Gottes vollständig ignorierte. So erschien einmal über der Stadt ein Gestirn, das viele Aehnlichkeit mit einem großen Schwerte hatte, wie auch ein Komet, der ein ganzes Jahr hindurch am Himmel verblieb. Ein anderesmal – es war noch vor dem Abfall von Rom und vor dem Ausbruch der ersten kriegerischen Bewegung – als das Volk sich eben am achten des Monates Xanthikus zur Feier des Festes der ungesäuerten Brote versammelt hatte, da umfloss um die neunte Stunde der Nacht ein so gewaltiger Lichtglanz Altar und Tempelhaus, dass es heller Tag zu sein schien, was etwa eine halbe Stunde währte. Obwohl die Erscheinung in den Augen der Unkundigen als eine gute Vorbedeutung galt, so gaben ihr doch die Schriftkundigen sofort jene Erklärung, die durch die folgenden traurigen Ereignisse bestätigt worden ist. Bei demselben Feste geschah es, dass die von einer Person zur Opferung geführte Kuh mitten im Tempel ein Widderböcklein gebar.

 Auch die östliche Pforte des inneren Heiligthums, die ganz von Erz und von so enormer Schwere war, dass sie am Abend von zwanzig Männern nur mit Mühe zugemacht werden konnte, und die sowohl mit eisenbeschlagenen Querpfosten gesperrt, als auch noch mit senkrechten Riegeln versehen war, welche man in die aus einem einzigen Steine bestehende Schwelle sehr tief hineinstecken konnte, diese Pforte sah man auf einmal um die sechste Stunde der Nacht ganz von selbst sich öffnen. Die Wächter des Heiligthums liefen nun schnell mit der Meldung zum Tempelhauptmann, der sofort sich zur Pforte hinausbegab und erst mit vieler Mühe dieselbe wieder schließen konnte. Auch dieses hielten die Unerfahrenen für ein ganz herrliches Vorzeichen, da es nach ihnen nichts geringeres bedeutete, als dass Gott ihnen das Thor zu allen Gütern jetzt aufgesperrt habe. Die Einsichtigen jedoch fanden darin die Andeutung, dass Gott selbst nunmehr seinen Schutz vom Heiligthum zurückziehe und den Feinden zuliebe seine Thore aufmache, und stellten in ihren Kreisen das als bestimmtes Anzeichen der nahenden Verwüstung hin.

 Erst wenige Tage waren seit diesem Feste verstrichen, als sich am 21. des Monates Artemisius eine geisterhafte Erscheinung zeigte, die ganz unglaublich klingt. Wenn das, was ich erzählen werde, nicht in Kreisen von Augenzeugen seine Bestätigung hätte, und die Drangsale, die diesen Zeichen auf dem Fuße gefolgt sind, eine solche Vorbedeutung nicht geradezu herausfordern würden, könnte wohl das Ganze, wie ich fürchte, nur für eine abenteuerliche Fabel gehalten werden. Vor Sonnenuntergang wurden nämlich hoch in der Luft über dem ganzen Lande hin Kriegswagen und Heeresmassen sichtbar, welche durch die Wolken stürmten und die einzelnen Städte umschlossen. Weiter geschah es am sogenannten Pfingstfeste, dass die Priester, als sie nach ihrer Gewohnheit noch im nächtlichen Dunkel ins innere Heiligthum giengen, um ihren heiligen Dienst zu verrichten, zunächst ein Getrabe und Stampfen, wie sie erzählten, dann aber auch die Stimmen einer großen Menge vernommen, die da riefen: ‚Lasset uns von dannen ziehen!‘

 Noch schreckhafter, als die angeführten Zeichen, war das folgende: Vier Jahre vor dem Ausbruch des Krieges, zu einer Zeit, wo die Stadt noch im tiefsten Frieden und Glücke lebte, kam ein gewisser Jesus, ein Sohn des Ananus, von gemeiner Herkunft und seiner Beschäftigung nach ein Bauer, auf das Fest, an dem alle Juden nach alter Sitte zur Verherrlichung Gottes in Laubhütten wohnen, und begann urplötzlich im Heiligthum laut aufzuschreien: ‚Eine Stimme vom Aufgang, eine Stimme vom Niedergang, eine Stimme von den vier Winden, eine Stimme über Jerusalem und den Tempel, eine Stimme über Bräutigam und Braut, eine Stimme über das ganze Volk!‘ Diese Worte schrie er bei Tag und bei Nacht, in allen Straßen Jerusalems herumgehend. Einige angesehene Bürgersleute, erbost über das Geschrei des Unglücksraben, ließen den Mann aufgreifen und ihm eine starke Tracht Prügel verabreichen. Der Mensch verlor aber dabei weder ein Wort zu seiner Vertheidigung noch beschimpfte er die Personen, die ihn schlugen, sondern immer wieder kam nur derselbe Ruf über seine Lippen. Die obersten geistlichen Behörden, welche hinter der seltsamen Unruhe des Menschen eine höhere Macht zu erblicken glaubten, worin sie gewiss das Rechte trafen, stellten den Mann vor das Gericht des damaligen römischen Landpflegers, der ihn mit Geißelstreichen solange peitschen ließ, bis man auf seine Gebeine sehen konnte. Aber er flehte nicht, er weinte nicht, sondern in dem jämmerlichsten Tone, den er nur seiner Stimme geben konnte, begleitete er jeden Streich bloß mit den Worten: ‚Wehe, wehe Jerusalem!‘ Auf alle Fragen des Albinus – so hieß der damalige Landpfleger – wer er sei, und woher er stamme, und warum er denn immer so schreie, hatte er gar keine Antwort, dafür aber wiederholte er unausgesetzt den Klageruf über die Stadt, bis endlich Albinus auf Narrheit erkannte und den Mann entließ. Die folgende Zeit über bis zum Kriege näherte er sich weder einem Bürger, noch sah man ihn mit Jemand sprechen, sondern Tag für Tag, wie einem, der ein Gebet eingelernt hat, entquoll ihm nur die Klage: ‚Wehe, wehe Jerusalem!‘ Obwohl täglich von den Leuten geschlagen, hatte er nie einen Fluch für den, der ihn schlug, aber auch keinen Segen für den, der ihm zu essen gab: für alle hatte er immer nur dieselbe unheimliche, ominöse Antwort. Am lautesten erscholl sein Klagegeschrei an den Festtagen, und trotzdem er durch sieben Jahre und fünf Monate so schrie, ward er niemals heiser und niemals müde, bis er endlich die Belagerung Jerusalems und damit die Erfüllung seiner verhängnisvollen Prophezeiungen schaute. Jetzt erst kam er zur Ruhe und zwar so: Er gieng eben auf der Mauer herum und schrie mit einer mark- und beindurchdringenden Stimme sein ‚Wehe, wehe‘ über die Stadt und das Volk und den Tempel, als er zuletzt auf einmal hinzusetzte: ‚Wehe, wehe auch mir!‘ In demselben Augenblicke schnellte aus einer Balliste ein Stein auf, gerade auf ihn zu, und zerschmetterte ihn auf der Stelle, so dass sein Weheruf schon im Todesröcheln verhallte.“ (Jüdischer Krieg VI,5,3)

Das Ganze ist besonders interessant, da auch der römische Historiker Tacitus es in seinen fragmentarisch erhaltenen „Historien“ erwähnt:

„Prodigies had occurred, which this nation, prone to superstition, but hating all religious rites, did not deem it lawful to expiate by offering and sacrifice. There had been seen hosts joining battle in the skies, the fiery gleam of arms, the temple illuminated by a sudden radiance from the clouds. The doors of the inner shrine were suddenly thrown open, and a voice of more than mortal tone was heard to cry that the Gods were departing. At the same instant there was a mighty stir as of departure. Some few put a fearful meaning on these events, but in most there was a firm persuasion, that in the ancient records of their priests was contained a prediction of how at this very time the East was to grow powerful, and rulers, coming from Judaea, were to acquire universal empire. These mysterious prophecies had pointed to Vespasian and Titus, but the common people, with the usual blindness of ambition, had interpreted these mighty destinies of themselves, and could not be brought even by disasters to believe the truth.’“ (Historien, 5, 13)

Meine Übersetzung:

„Zeichen waren geschehen, bei denen dieses Volk, zum Aberglauben geneigt, aber alle religiösen Riten hassend, es nicht für gesetzmäßig hielt, sie durch Gaben und Opfer zu sühnen. Heerscharen, die in der Schlacht aufeinander trafen, waren am Himmel gesehen worden, der feurige Glanz von Waffen, der Tempel erleuchtet durch einen plötzlichen Glanz von den Wolken. Die Türen des inneren Schreins sprangen plötzlich auf, und eine Stimme von mehr als menschlicher Zunge wurde gehört, die rief, dass die Götter [sic] abzogen. Im selben Augenblick gab es eine mächtige Bewegung der Luft wie von einem Abzug. Einige wenige schrieben diesen Ereignissen eine schreckliche Bedeutung zu, aber die meisten waren fest davon überzeugt, dass in den alten Schriften ihrer Priester eine Vorhersage enthalten war, dass zu genau dieser Zeit der Osten mächtig werden sollte, und Herrscher, die aus Judäa kamen, ein universales Reich erhalten sollten. Diese geheimnisvollen Prophezeiungen hatten Vespasian und Titus gemeint, aber das gemeine Volk, mit der üblichen Blindheit der Ruhmsucht, hatte diese machtvollen Schicksale auf sich selbst bezogen, und konnten selbst durch Katastrophen nicht dazu gebracht werden, die Wahrheit zu glauben.“

Der Römer Tacitus, der als wahrer Polytheist auch den Göttern anderer Völker eine Wirksamkeit zuschreibt, ohne so ganz alles ernst zu nehmen, was diese anderen Völker glauben und tun, hielt also die Messias-Prophezeiungen für Vorhersagen über die römischen Kaiser Vespasian und Titus. In Wahrheit betrafen sie natürlich Jesus, und sein universales Reich ist die weltumspannende Kirche, und der Teil des jüdischen Volkes, der nach Ihm noch einen anderen Messias erwartete, betrog sich selbst. Aber jedenfalls erwarteten sie im 1. Jahrhundert noch die baldige Ankunft des Messias.

Die einzelnen Zeichen sind sehr interessant. Kriegswagen und Heeresmassen in der Luft: Das erinnert doch stark an den Ausspruch Jesu vor dem Hohenpriester: „Doch ich erkläre euch: Von nun an werdet ihr den Menschensohn zur Rechten der Macht sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen.“ (Mt 26,64) Natürlich bezieht sich das einerseits auf die Endzeit und das Jüngste Gericht, aber es könnte sich möglicherweise auch auf die Zeit der Zerstörung des Tempels beziehen; sicher waren auch einige Mitglieder des Hohen Rats, zu denen Jesus sprach, im Jahr 70 persönlich noch am Leben. Sie sahen dann solche Vorboten der Zerstörung – möglicherweise Jesus mit Engelscharen – am Himmel. Und alle drei Quellen – Talmud, Josephus und Tacitus – berichten davon, dass die Türen des Allerheiligsten sich von selbst öffneten, wodurch Gott wohl zeigte, dass Er den Tempel endgültig verließ, dass der Alte Bund ein Ende hatte.

Es ist auch interessant, was weiter mit dem zerstörten Tempel geschah.

3) Scheitern des Wiederaufbaus des Tempels unter Julian Apostata

Um 360 n. Chr., nachdem das Römische Reich zum großen Teil christlich geworden war, herrschte für kurze Zeit ein Kaiser, der als Christ aufgewachsen war, sich aber dann wieder dem Heidentum zugewandt hatte – eine ziemlich ungewöhnliche Konstellation in der damaligen Zeit. Julian Apostata („Julian der Abtrünnige“) verhängte ein paar Maßnahmen gegen Christen, förderte innerchristliche Streitigkeiten und versuchte die heidnischen Opfer wiederzubeleben, aber hatte insgesamt wenig Erfolg und starb früh bei einem Feldzug gegen die Perser.

Ein Projekt, an dem er sich versuchte, war der Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem, wohl einfach als Attacke gegen die Christen, die meinten, dass Gott die Opfer im Tempel nicht mehr wolle und deshalb seine Zerstörung zugelassen hatte. Der heidnische Historiker Ammianus Marcellinus, der Julian sehr wohlgesonnen war, schreibt:

„And although he weighed every possible variety of events with anxious thought, and pushed on with burning zeal the many preparations for his campaign, yet turning his activity to every part, and eager to extend the memory of his reign by great works, he planned at vast cost to restore the once splendid temple at Jerusalem, which after many mortal combats during the siege by Vespasian and later by Titus, had barely been stormed. He had entrusted the speedy performance of this work to Alypius of Antioch, who had once been vice-prefect of Britain.

But, though this Alypius pushed the work on with vigour, aided by the governor of the province, terrifying balls of flame kept bursting forth near the foundations of the temple, and made the place inaccessible to the workmen, some of whom were burned to death; and since in this way the element persistently repelled them, the enterprise halted.“ (Ammianus Marcellinus, Res Gestae XXIII,1,2-3)

Meine Übersetzung:

„Und obwohl er jede mögliche Art von Ereignissen mit besorgten Gedanken abwog, und mit brennendem Eifer die vielen Vorbereitungen für seinen Feldzug vorantrieb, wandte er seine Aktivität allem zu, und eifrig darauf bedacht, das Gedenken an seine Herrschaft durch große Werke zu erhalten, plante er, mit hohen Kosten den einst prachtvollen Tempel in Jerusalem wiederherzustellen, der nach vielen tödlichen Kämpfen während der Belagerung durch Vespasian und später durch Titus gerade erstürmt worden war. Er hatte die schnelle Erledigung dieses Werks Alypius von Antiochia anvertraut, der einmal Vizepräfekt von Britannien gewesen war.

Aber obwohl dieser Alypius das Werk mit der Hilfe des Gouverneurs der Provinz mit Nachdruck vorantrieb, brachen immer wieder schreckliche Feuerbälle bei den Fundamenten des Tempels hervor und machten den Ort unzugänglich für die Arbeiter, von denen manche in den Flammen starben, und da auf diese Weise die Elemente sie beharrlich hinderten, kam das Unterfangen zum Stillstand.“

Der Tempelneubau wurde also durch besonders heftige Naturgewalten, die sich keiner so recht erklären konnte, behindert. (Wenn man sich noch fragt, wieso Gott den Tod unschuldiger Bauarbeiter dabei zuließ, statt sie einfach nur mit den Flammen zu erschrecken: Jedem ist seine jeweilige Lebenszeit zugewiesen, und wenn die Bauarbeiter nicht dabei gestorben wären, dann vielleicht in der Nacht darauf bei einem Hausbrand. Ihr Tod an der Baustelle muss überhaupt keine Strafe für sie persönlich gewesen sein, es war vielleicht einfach nur an der Zeit für sie.)

So weit zu möglichen göttlichen Zeichen, die darauf hindeuten könnten, dass Gott die Riten des Alten Bundes nicht mehr wollte; jetzt zu einem anderen Thema.

4) Das Verschwinden der Orakel – „Der große Gott Pan ist tot“

Im Römischen Reich gab es zahlreiche Orakelstätten, bei denen ein Seher oder eine Seherin mit Göttern oder etwas niedrigeren übersinnlichen Wesen, daimones genannt, in Kontakt treten sollte, und von den Menschen über die Zukunft befragt werden konnte. Die antiken Christen waren überzeugt, dass hier gefallene Engel (reine Geistwesen, ursprünglich gut erschaffen), die sie dann auch als Dämonen bezeichneten, am Werk waren, die sich verehren ließen und dabei oft die Menschen in die Irre führten, oder dem Seher nur einen Teil der Wahrheit erzählten (wobei sie kein wirkliches Wissen über die Zukunft hatten, aber vieles gut im voraus schätzen konnten, weil sie eine größere Intelligenz und größeres Wissen als Menschen besitzen).

Zur Zeit Jesu schienen jedoch die Orakelstätten weniger und die Orakel weniger mächtig zu werden. Der griechische Schriftsteller Plutarch (ca. 45-125 n. Chr.) schrieb ein ganzes Buch über das Verschwinden der Orakel. Darin heißt es u. a.:

„Unto which Cleombrotus making no answer, but looking down to the ground, Demetrius took up the discourse, saying: You need not busy yourself in enquiries after the oracles in those parts, seeing we find the oracles in these parts to fail or (to speak better) to be totally silenced, except two or three; so that it would be more to the purpose to search into the cause of this silence. But we are more concerned in Boeotia, which, although formerly famous throughout all the world for oracles, is now like a fountain dried up, so that at present we find them dumb. For at this day there is no place in all Boeotia, unless in the town of Lebadea, where one can draw out any divination, all other parts being become silent and forsaken.“ (Plutarch, De defectu oraculorum 5)

Meine Übersetzung:

„Als darauf Cleombrotus keine Antwort gab, sondern zu Boden blickte, nahm Demetrius die Frage auf und sagte: ‚Du musst dich nicht damit beschäftigen, nach den Orakeln in diesen Gegenden nachzuforschen, da wir sehen, dass die Orakel in diesen Gegenden versagen oder (besser gesagt) vollkommen stumm geworden sind, außer zwei oder drei; sodass es eher Sinn macht, nach dem Grund für diese Stummheit zu suchen. Aber besonders betrifft das Boeotia, das, obwohl es früher in aller Welt berühmt für seine Orakel war, jetzt wie eine versiegte Quelle ist, sodass wir sie gegenwärtig stumm sehen. Denn dieser Tage gibt es keinen Ort in ganz Boeotia, außer in der Stadt Lebadea, wo man irgendeine Weissagung bekommt, all die anderen Gegenden sind still und verlassen geworden.“

In der Diskussion zwischen den anwesenden Philosophen wird vorgeschlagen, es liege an den Menschen, die die Götter mit unwürdigen Fragen nerven, oder einfach am Bevölkerungsrückgang, der nicht mehr so viele Orakel nötig mache, oder auch, die Orakel seien die Sache der daimones, nicht der Götter, und diese lebten nicht ewig wie die Götter und seien menschlichen Emotionen unterworfen, würden die Orakel manchmal verlassen.

Einer erzählt als Beweis für die Sterblichkeit der daimones dann folgende Geschichte, die sich zur Zeit des Tiberius zutrug, der zur Zeit der Kreuzigung Jesu Kaiser war:

„And as to their mortality, I have heard it reported from a person that was neither fool nor knave, being Epitherses, the father of Aemilianus the orator, whom some of you have heard declaim. This Epitherses was my townsman and a school-master, who told me that, designing a voyage to Italy, he embarked himself on a vessel well laden both with goods and passengers. About the evening the vessel was becalmed about the Isles Echinades, whereupon their ship drove with the tide till it was carried near the Isles of Paxi; when immediately a voice was heard by most of the passengers (who were then awake, and taking a cup after supper) calling unto one Thamus, and that with so loud a voice as made all the company amazed; which Thamus was a mariner of Egypt, whose name was scarcely known in the ship. He returned no answer to the first calls; but at the third he replied, Here ! here! I am the man. Then the voice said aloud to him, When you are arrived at Palodes, take care to make it known that the great God Pan is dead. Epitherses told us, this voice did much astonish all that heard it, and caused much arguing whether this voice was to be obeyed or slighted. Thamus, for his part, was resolved, if the wind permitted, to sail by the place without saying a word; but if the wind ceased and there ensued a calm, to speak and cry out as loud as he was able what he was enjoined. Being come to Palodes, there was no wind stirring, and the sea was as smooth as glass. Whereupon Thamus standing on the deck, with his face towards the land, uttered with a loud voice his message, saying, The great Pan is dead. He had no sooner said this, but they heard a dreadful noise, not only of one, but of several, who, to their thinking, groaned and lamented with a kind of astonishment. And there being many persons in the ship, an account of this was soon spread over Rome, which made Tiberius the Emperor send for Thamus; and he seemed to give such heed to what he told him, that he earnestly enquired who this Pan was; and the learned men about him gave in their judgments, that it was the son of Mercury by Penelope.“ (Plutarch, De defectu oraculorum 17)

Übersetzung:

„Und was ihre Sterblichkeit angeht, habe ich einen Bericht von einer Person gehört, die weder Dummkopf noch Gauner war, Epitherses, dem Vater von Aemilianus dem Redner, den einige von euch haben reden hören. Dieser Epitherses war mein Mitbürger und ein Schulmeister, der mir erzählte, dass er auf einer Reise nach Italien ein Schiff bestieg, das stark beladen war mit Gütern und Passagieren. Gegen Abend geriet das Schiff in eine Flaute bei der Inselgruppe der Echinaden, woraufhin ihr Schiff mit der Strömung fuhr, bis es in die Nähe der Paxi-Inseln getragen wurde; als plötzlich eine Stimme von den meisten Passagieren gehört wurde (die wach waren und nach dem Abendessen etwas tranken), die nach einem gewissen Thamus rief, und das mit so lauter Stimme, dass die ganze Gruppe erstaunt war; dieser Thamus war ein Seemann aus Ägypten, dessen Name auf dem Schiff kaum jemandem bekannt war. Er gab keine Antwort auf die ersten Rufe; aber nach dem dritten antwortete er: Hier! Hier! Ich bin es. Dann sagte die Stimme laut zu ihm: Wenn du in Palodes ankommst, mach es bekannt, dass der große Gott Pan tot ist. Epitherses sagte uns, dass diese Stimme alle, die sie hörten, sehr erstaunte, und viel Streit verursachte, ob diese Stimme befolgt oder ignoriert werden sollte. Thamus, was ihn anging, war entschlossen, wenn es der Wind erlaubte, an dem Ort vorbei zu segeln, ohne ein Wort zu sagen; aber wenn der Wind nachließ und Ruhe herrschte, zu sprechen und so laut er konnte zu rufen, was ihm aufgetragen war. Als sie nach Palodes kamen, wehte kein Wind, und das Meer war so ruhig wie Glas. Woraufhin Thamus, der auf dem Deck stand, mit seinem Gesicht zum Land, mit lauter Stimme seine Botschaft rief: Der große Pan ist tot. Kaum hatte er das gesagt, als sie einen schrecklichen Lärm hörten, nicht von einem, sondern von mehreren, die, so schien es ihnen, stöhnten und klagten mit einer Art von Erstaunen. Und da viele Leute auf dem Schiff waren, wurde bald die Nachricht davon in Rom verbreitet, was den Kaiser Tiberius nach Thamus schicken ließ; und er schien so ernst zu nehmen, was er ihm sagte, dass er ernsthaft nachforschte, wer dieser Pan war; und die gelehrten Männer in seinem Umfeld meinten in ihren Urteilen, dass er der Sohn Merkurs von Penelope war.“

Eine christliche Interpretation wäre, dass hier zwar niemand gestorben ist, aber der Dämon, der sich bisher als „Pan“ gezeigt hatte, machtlos geworden war, und dass er selbst in seiner Wut, oder dass ein guter Engel das Ende des Orakels verkündet hatte. Selbst wenn man diese spezielle Geschichte mit Thamus nicht ernst nehmen will, bliebe die Tatsache, dass die Wesen hinter den Orakeln generell an Macht verloren.

(Noch eine Anmerkung: Aus der Antike gibt es allgemein mehr Berichte als von heute darüber, dass Dämonen sich relativ offen zeigten. Der logischste Grund dafür wird – neben ihrem allgemeinen Machtverlust – die Taktik der Dämonen sein, die im einen Zeitalter die Leute eher zu Aberglauben und Satanismus, im anderen eher zu naiver Diesseitigkeit und Leugnung alles Übernatürlichen verleiten wollen. Freilich gibt es auch heute noch sehr schwer erklärbare Phänomene, die auf Dämonen hindeuten; aber das wäre ein Thema für ein anderes Mal.)

Wie gesagt: Das alles sind Indizien, keine Beweise. Nichtchristen werden sie wahrscheinlich als Mischung aus interessanten Zufällen, Hörensagen und Erfindungen wegwischen; wer schon vom Christentum überzeugt ist, wird entweder sein Urteil zurückhalten oder sie als zusätzliche Bestätigung sehen. Interessant zu kennen ist das alles aber allemal.

Ein paar Probleme am Feminismus

Es gibt ja auch unter Christen die Tendenz, nett zu seinen Mitmenschen sein zu wollen, und deswegen zu nett zu den Ideologien zu sein, denen diese Mitmenschen unglücklicherweise verfallen sind. Besonders auffällig ist das beim Feminismus. Ich habe schon einen sehr konservativen Kaplan, der immer Soutane trug, die erste Feministinnengeneration loben hören, ohne dass er Anlass gehabt hätte, sie überhaupt zu erwähnen. Irgendwie ist der Feminismus doch so etabliert, dass man irgendetwas Gutes an ihm sehen will. (Ich nehme mich da gar nicht aus, mir ging es früher auch öfter so.) Es gibt auch Christinnen (wirkliche Christinnen, nicht Liberale, die nur aus Gewohnheit noch einer Konfession angehören), die sich als christliche Feministinnen sehen und sich z. B. in der Pro-Life-Bewegung auf ein paar frühe Feministinnen berufen, die Abtreibungen noch abgelehnt haben – wobei man es bei manchen in den letzten Jahren beobachten konnte, dass sie immer feministischer und immer weniger christlich geworden sind.

Ich finde das alles jedenfalls gar nicht so unproblematisch, denn auch in den ersten Stadien des Feminismus waren viele falsche Ideen schon angelegt. Daher mal ein paar Probleme aufgezählt, die praktisch seit seiner Gründerzeit immer wieder auftauchen. (Ach ja, das noch an alle Feministinnen: Ihr könnt mich nicht als Pick-me-girl beleidigen, weil ich nämlich weder in einer Beziehung noch für eine Beziehung offen bin, ällabätsch.)

1) Der Feminismus hat nie wirklich die Frauen vertreten. Die Mehrheit der Frauen hat die jeweils aktuelle Generation von Feministinnen immer als komisch und übertreibend gesehen, oder sich einfach nicht für sie interessiert. Man sieht das gut daran, dass z. B. immer noch die Mehrheit der Frauen bei der Hochzeit den Namen des Mannes annimmt und Gendersprache ablehnt. Sicher: Die vorige Generation der Feministinnen hat immer so weit die Deutungshoheit gewonnen, dass man sagt „ja, damals war der Feminismus ja noch gut, aber jetzt…“ (Ungefähr so, wie man das auch bei der SPD macht.) Dabei haben auch im jeweiligen „Damals“ die meisten Frauen nicht viel vom Feminismus gehalten. Auch zur Zeit der Suffragetten, die hauptsächlich das Wahlrecht wollten, waren die meisten Frauen erst mal dagegen – nicht, weil sie sich selbst für total blöd hielten, sondern z. B. aus solchen Gründen, wie dass Politik etwas Unweibliches sei, oder Frauen sich ihre Überparteilichkeit bewahren sollten. (Der Punkt war eben auch, dass sie das Wahlrecht und andere politische Rechte nicht als grundlegende Menschenrechte sahen, ohne die man erniedrigt war, sondern als bürgerliche Rechte, die je nach Nützlichkeit vergeben wurden oder nicht.) Das heißt nicht, dass man nichts gut finden kann, wofür sich Feministinnen irgendwann mal eingesetzt haben – ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn, und keine Ideologie könnte länger bestehen und Leute anziehen, wenn sie völlig böse wäre. Es heißt nur, dass man auch ein bisschen skeptisch gegenüber den ersten Generationen von Feministinnen sein sollte. Auch die Suffragetten hatten oft unschöne Ideen (z. B. „freie Liebe“) oder haben politische Gewalt eingesetzt (zumindest in England). Und was ihre zentrale Idee angeht: Man kann schon der Meinung sein, dass auch die weibliche Perspektive in der Politik was nützen könnte, aber auch die typische Parteipolitikerin scheint keine Vertreterin der meisten Frauen zu sein.

Aber wie auch immer: die meisten Frauen haben sich eben immer eher auf ihr Privatleben konzentriert und die Feministinnen ignoriert oder sie genervt toleriert und die Feministinnen haben dadurch die Deutungshoheit gewonnen, und das ist ein Problem.

2) Der Feminismus muss zwangsläufig Kinder als Problem sehen; denn Kinder sind es, die Frauen ungleich machen. Kern des Feminismus ist es ja, dass Frauen gleich sein sollen wie Männer; was als typisch weiblich gilt, wird tendenziell als Schande empfunden, und wegen wirklicher Nachteile, die Frauen nun mal haben, ist man verbittert. Ein solcher Nachteil sind die ganzen Probleme mit Schwangerschaft, Stillen und Geburt. Männer sind nur am angenehmen Teil der Fortpflanzung beteiligt, und können sich dann auch viel leichter aus der Verantwortung stehlen, und hier stampft der Feminismus mit dem Fuß auf und sagt „will auch“. Dabei müssen zwangsläufig Kinder unter die Räder geraten. Manche Feministinnen schrecken hier zurück, aber die wirklich überzeugten lassen dann eben die Kinder unter die Räder geraten.

Es ist einfach so: Kinder erfordern Zeit und Anstrengung, und einen Teil dieser Anstrengung erfordern sie notwendigerweise von ihrer Mutter. Und weil Feministinnen es nicht dulden wollen, dass sie einen Nachteil haben, den Männer nicht haben, müssen Frauen das Recht auf Abtreibung haben. Und wenn Kinder doch geboren werden, müssen sie auch irgendwohin; also heißt es eben Kinderkrippe so bald wie möglich und dann Ganztagskindergarten und Ganztagsschule.

(Interessanterweise kommen ja von Feministinnen, die Pro-Lifer angreifen, manchmal solche Argumente wie „wenn es für Frauen keinen Ausweg aus einer Schwangerschaft geben soll, dann für Männer auch nicht“ – als ob sie keine Ahnung haben, dass die meisten Pro-Lifer ja Christen sind, die wollen, dass der Mann die Frau erst mal heiratet und dann auch sein Leben lang für sie und die Kinder da ist, oder, wenn eine Ehe für die beiden wirklich keine gute Idee wäre, sich trotzdem auch um seine unehelichen Kinder kümmert.)

Die Alternative wäre einfach, es so zu machen wie früher, und Mütter gerade für ihre Mutterrolle zu ehren, auch von Kindern Respekt für ihre Mutter zu erwarten, und ihnen andere Anstrengungen (z. B. Berufstätigkeit) eher zu ersparen, aber das wollen Feministinnen natürlich gerade nicht.

3) Der Feminismus hat eigentlich auch keinen Platz für Männer. Sie stören immer irgendwo. Und während kleine Ungleichheiten zulasten von Frauen (z. B. dass typische Frauenberufe tendentiell schlechter bezahlt sind) als Beweis der patriarchalen Unterdrückung genommen werden, werden Ungleichheiten zulasten von Männern ausgeblendet (z. B. dass mehr Männer obdachlos, Selbstmordopfer oder Opfer von Arbeitsunfällen sind). Feministinnen behaupten z. B. öfter, wenn das und das ein Männerproblem statt ein Frauenproblem wäre, hätte „die Gesellschaft“ (wer auch immer das ist) schon lange alles mögliche dagegen unternommen, wobei nicht erklärt wird, wieso die Gesellschaft dann gegen tatsächliche Männerprobleme nicht immer so viel unternimmt. Und auch als Frau, die nichts mit dem Feminismus zu tun hat (wie ich), ist man meistens doch genug von ihm beeinflusst, dass man, wenn es um solche Probleme gehen soll, immer auch betonen muss, dass es natürlich auch Frauenprobleme gibt usw. usf.

Man merkt es z. B. auch in vom Feminismus beeinflussten Filmen, dass es ständig eine starke Frau geben muss, die einen eingebildeten oder unfähigen Mann übertrumpft. Nicht, dass man das nicht mal haben kann; aber das Gegenteil (die unfähige Frau) wäre genauso legitim. Und ein paar gute männliche Figuren zum Ausgleich wären auch nicht schlecht. Auch wenn Feministinnen (manchmal) erklären, dass der Feminismus eine bessere Welt für Männer und Frauen schaffen soll, hat man am Ende doch das Gefühl, es ist eher eine gewisse Verbitterung gegenüber Männern da.

Bei ihnen merkt man eine gewisse Schizophrenie gegenüber dem anderen Geschlecht. Einerseits erklären sie, dass Männer sich mehr Weiblichkeit zutrauen, Schwäche zeigen und über ihre Gefühle reden sollen, andererseits behandeln sie Männer, die Schwäche zeigen, verächtlich und unterstellen ihnen z. B. ein kleines Geschlechtsorgan und sonstige Minderwertigkeitskomplexe. Wenn jemand eine dicke Frau beleidigt, ist das Fatshaming und sie wunderschön; wenn jemand einen dicken Mann beleidigt, ist das verdient und er ein Loser, der wahrscheinlich bei Mama im Keller wohnt (statt dass man einfach gerecht wäre und Übergewicht weder als gut und schön noch als Rechtfertigung für Beleidigungen und Mobbing sehen würde).

Auch die Männer, die sich selber als Feministen sehen und z. B. laut erklären, wie sehr sie selbstbewusste Frauen unterstützen, wirken auf mich irgendwie immer wie Außenseiter unter Feministinnen. Und ich habe nicht mal das Gefühl, dass die Feministinnen solche Männer selber besonders toll finden – eher den Eindruck, dass sie sie auch ein bisschen verachten, und im Geheimen doch männlichere Männer attraktiver finden, die sich nicht so anbiedern. Diese männlichen Feministen wirken auch manchmal ein bisschen creepy; als ob sie sich bei Frauen einschleimen, um leichter mit unschönen Verhaltensweisen durchzukommen, und z. B. auf pro-Abtreibung machen, weil sie keine Lust auf Unterhaltszahlungen im Fall der Fälle haben.

Dabei macht es der Feminismus für die große Masse der Männer schwieriger, eine ganz normale gesunde Männlichkeit zu finden. Die netten Männer neigen dann zu zu viel Nachgiebigkeit gegenüber den Feministinnen, und diejenigen, die das Gelaber von Frauen einen Scheißdreck schert, sind dann im Vergleich die, die auf einmal attraktiver und männlicher wirken, auch wenn ihr Charakter vielleicht nicht der beste ist. Es ist kein Wunder, dass in Zeiten des Feminismus „Shades of Grey“ ein Verkaufsschlager geworden ist, während unsere Urgroßmütter es mehr als abscheulich gefunden hätten, sich auf diese Weise erniedrigen zu lassen, und so ein Buch in den Kohleofen geworfen hätten. So etwas wie Väterlichkeit, Führungsstärke, Mut wird quasi als obsolet behandelt, und dann sehnt man sich am Ende nach einer extrem pervertierten Form davon.

Der Feminismus ist eine egalitäre Idee – d. h. Gerechtigkeit wird mit Gleichheit gleichgesetzt, jede Ungleichheit (auch auf derselben Ebene) wird zur Ungerechtigkeit, und Hierarchie kann man sowieso vergessen. Aber wenn keine offiziellen Hierarchien mehr zugelassen werden, entstehen nur pervertierte Hierarchien, wobei sich Soziopathen inoffiziell das Sagen aneignen, ohne Pflichten zu übernehmen.

Der Feminismus lässt es nicht mal mehr zu, dass Männer sich beschützerisch gegenüber Frauen verhalten, und dann verwechseln junge Mädchen, die sich doch nach einem beschützerischen Mann sehnen, manchmal auch das Besitzdenken aus gewissen unfeministischen „Migrationshintergrund“-Kulturen mit Schutz und Liebe.

4) Der Feminismus kann nie zugeben, dass Frauen ihre typischen Fehler haben. Da gibt es nun mal welche. Frauen lästern öfter, praktizieren mehr Zickereien hintenrum und können manipulativ sein. Frauen sind auch angepasster und konformistischer – gut, das bedeutet auch mehr Verträglichkeit. Vielleicht kommt es einfach daher, dass Frauen immer schwächer waren und sich wohl oft notgedrungen anpassen mussten. Wenn Männer eher gerade aus Trotz dagegen sind, knicken Frauen leichter ein. Aber jedenfalls gibt es nun mal typische Frauenfehler, und auch Frauen, die einfach sehr schlechte Menschen sind, egal, ob ihre Fehler typisch für ihr Geschlecht sind oder nicht. Der Feminismus stellt oft genug noch Tyranninnen als emanzipierte Powerfrauen dar, oder zumindest als tragische Figuren, denen man ihre Verbrechen auf keinen Fall so übel nehmen darf wie männlichen Tyrannen. Wahrscheinlich würden Feministinnen Herodias, die Frau des Herodes, die für die Enthauptung Johannes des Täufers sorgte, als mutige Frau sehen, die sich gegen die Stigmatisierung ihrer Patchworkfamilie wehrt.

Dieses Nichtzugebenkönnen sieht man jedenfalls auch bei Christen, gerade in der Pro-Life-Bewegung. Da betont man z. B. sehr die Fälle, in denen Frauen vom Kindsvater zur Abtreibung gedrängt werden und irgendwie hilflos und in die Enge getrieben sind. Man will schließlich jeden mit christlicher Nächstenliebe behandeln und nicht zu schnell verurteilen. Diese Fälle gibt es natürlich oft genug, das sollte man definitiv nicht unterschlagen, aber es gibt z. B. auch Fälle, in denen eine Frau gegen den Willen ihres Partners abtreibt, oder abtreibt, obwohl er ihr sagt, sie hätte seine Unterstützung, wenn sie es behalten will; und das sollte man auch nicht ganz ausblenden. Nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer in solchen Situationen können irgendwie hilflos oder hin- und hergerissen sein. In der Beratungsarbeit bekommt man bei Pro-Life-Organisationen wahrscheinlich eher die Fälle mit, in denen die Frau eigentlich nicht wirklich abtreiben will; vielleicht liegt es daran. Aber Frauen sind generell Wesen mit eigenem Verstand, die für ihre eigenen Verbrechen verantwortlich sind, und es meistens auch besser wissen könnten. Und auch Frauen können narzisstische Psychopathinnen sein. Es gibt auch (sicher nicht oft, aber in einzelnen Fällen) Frauen, die abtreiben, weil sie sich an ihrem Exfreund rächen wollen, oder Abtreibung quasi als nachträgliches Verhütungsmittel sehen.

Männliche Ansprüche oder Erwartungen an Frauen sind für Feministinnen absolut tabu – sogar dann, wenn es um absolut grundlegende normale Erwartungen geht, z. B. dass ein Mann sich von seiner Freundin trennen würde, wenn sie ihn betrügen, ihm ein Kuckuckskind unterjubeln oder sich einen Onlyfans-Account zulegen würde, auf dem sie Nacktfotos und -videos von sich verbreitet. Da heißt es dann eher „schau mal, was in eurer Beziehung gefehlt hat, sodass sie es bei jemand anderem gesucht hat“ oder „bist du so unsicher, dass du es nicht erträgst, dass deine Freundin selbstbestimmt und selbstbewusst mit ihrer Sexualität umgeht“. Ganz heikel wird es, wenn z. B. christliche Männer eine Frau vorziehen würden, die vor der Ehe Jungfrau ist (oder wenn nicht, dann zumindest verwitwet oder so was). Aus christlicher Sicht ist das natürlich kein Muss für eine Beziehung, aber doch was Gutes, und zwar bei Männern wie bei Frauen, und es ist bei Männern wie bei Frauen normal, dass man es schön findet, wenn der jeweils andere noch nichts mit anderen hatte. (Und wie bei allen guten Eigenschaften wäre es auch legitim, wenn einer es als Kriterium für eine Beziehung nehmen würde – wie es auch legitim wäre, wenn eine Frau sagen würde „ich will keinen übergewichtigen Mann“ oder „ich will nur einen Mann, der einen stabilen Job hat und mit dem ich bald eine Familie gründen könnte“. Das schließt nicht aus, dass sie es sich doch anders überlegen würde, wenn sie sich total in einen arbeitslosen Akademiker verlieben würde, aber auch wenn sie es sich nicht anders überlegen würde, wäre das legitim. Leute dürfen ihre Präferenzen haben, und das ist auch keine Herabsetzung von Leuten, die diesen Präferenzen nicht entsprechen.)

5) Der Feminismus tut ständig so, als wären Tugenden wie Bescheidenheit, Rücksichtnahme, Zurückhaltung, Höflichkeit, Anstand, Mütterlichkeit nur Unterdrückungsmechanismen des bösen Patriarchats. Dabei sind sie schlicht und einfach gut. Es ist nichts besonders Lobenswertes daran, laut, nervig oder fordernd zu sein. Ok, manchmal muss man es sein, das schon. Aber nicht ständig. Und öfter muss man auch fest und prinzipientreu sein, ohne deswegen unverschämt und nervig zu werden. Und wenn eine Vierzehnjährige bescheiden und zurückhaltend ist, ist das etwas Gutes und nichts, das sie sich abtrainieren soll. Man kann übrigens gleichzeitig bescheiden und zurückhaltend sein und sich deswegen nicht von jedem beeinflussen oder einschüchtern lassen; das lässt sich auch üben.

Es ist auch krass, wie Feministinnen jedes Idealbild einer Mutter oder Großmutter angreifen, weil damit andere Mütter herabgewürdigt werden würden – als ob man mit dem Vorbild eines Nationalspielers die normalen Jungs im FSV daheim herabwürdigen würde.

6) Feministinnen reden oft von Wahlfreiheit, aber machen die nicht so feministisch wirkende Wahl manchmal unmöglich (und manchmal bloß verächtlich). Z. B. sind Feministinnen sehr schnell dabei, Hausfrauen als ehrgeizlose, langweilige, unselbstständige Wesen herabzustufen. In den USA wurde es wegen dieses feministischen Einsatzes früh üblich, dass beide Elternteile arbeiten gingen und Kinder sehr früh in Krippen gegeben wurden, und das Resultat war: Die Reallöhne sind so weit gesunken, dass viele Amerikaner sich die Alleinverdienerfamilie nicht mehr leisten können; Arbeitgeber konnten sich eben auf die Doppelverdienerfamilie einstellen und mussten den Vätern keinen gerechten Familienlohn mehr zahlen. In Deutschland ist diese Entwicklung auch im Gang, nur etwas verzögert. Vergleichsweise wenige 30jährige mit kleinen Kindern werden es jetzt noch wagen, nicht wenigstens Teilzeit arbeiten zu gehen, sobald das Kind im Kindergarten ist, einfach, weil man so komisch angeschaut wird.

Darauf könnten Feministinnen jetzt sagen: Dafür waren in Zeiten des Patriarchats andere Wahlen außer Hausfrau & Mutter unmöglich. Worauf ich sagen würde: Nicht so ganz. Auch in früheren Zeiten gab es Nonnen, berufstätige alte Jungfern, intellektuelle Frauen und Künstlerinnen. Gut, einiges war schwieriger; es gab lange zwar Schulen und berufliche Schulen, aber keine Universitäten für Frauen. Und natürlich: Bei verheirateten Frauen mit Kindern (zumindest solchen, die keine Dienstboten und Kindermädchen hatten) wurde es erwartet, dass sie sich um Haushalt und Kinder kümmerten und alles andere nachrangig war. Aber das war auch angemessen; Kinder brauchen jemanden, der sich um sie kümmert, und damals war der Haushalt auch sehr viel Arbeit. Dafür wurde es auch von den Männern erwartet, auf dem Feld oder in der Werkstatt zu arbeiten und das Geld für die Familie heimzubringen; das war auch nicht immer eine tolle Selbstverwirklichung. (Genauso wie heute eigentlich.) Und seien wir mal ehrlich, das Hausfrauendasein hat seine guten und schlechten Seiten. Man muss ständig Wäsche waschen und putzen, aber kann auch ein bisschen kreativ werden beim Kochen, Backen, Dekorieren und der Gartenarbeit. Und Kinder sind nun mal sehr süß.

Außerdem, sind Frauen in den typischen Frauenberufen wie Erzieherin, Krankenschwester und Altenpflegerin denn emanzipierter als Frauen, die mit ihren eigenen Kindern spielen, ihre eigenen kranken Kinder betreuen, und ihre eigenen Eltern pflegen? Interessanterweise sind laut Umfragen die Frauen allgemein auch in den letzten Jahrzehnten nicht glücklicher geworden; so viel scheint die feministischere Lebensweise nicht gebracht zu haben.

Der Feminismus über- und unterfordert Frauen auch gleichzeitig. Einerseits hieß es v. a. früher immer, Frauen könnten gleichzeitig tolle Mütter und Karrierefrauen sein. Andererseits, weil auch Feministinnen nun mal merken mussten, dass der Tag nur 24 Stunden hat, und entweder das eine oder das andere zu kurz kommt, gilt es jetzt praktisch schon als böse, irgendwelche Erwartungen an Mütter zu haben.

7) Der Feminismus hat im Bereich der Sexualität viele Hemmungen und Tabus abgebaut, die Frauen und Männer beide vor Verletzungen geschützt haben. Sexuelle Liberalisierung funktioniert einfach nicht. Z. B. waren es (auch) Feministinnen, die für die damals so genannte freie Liebe eintraten, für erleichterte Scheidung und dergleichen. Damit haben sie es aber auch für Männer leichter gemacht, z. B. ihre Frau zu verlassen, sobald sie 42 ist und Dehnungsstreifen und Krampfadern hat, und eine Jüngere sich bietet. Männer – zumindest attraktive Männer – haben auf sexuellem Gebiet natürliche „Vorteile“ (nicht wirklich Vorteile, denn die leichtere Möglichkeit, das Falsche zu tun, ist kein wirklicher Vorteil); es bringt nichts, hier mit ihnen konkurrieren zu wollen. Während Frauen, wenn sie jung sind und wirklich promiskuitiv sein wollen, sehr leicht Partner finden können, hat diese Attraktivität ein früheres Verfallsdatum; ein Mann kann dagegen auch mit 45 noch attraktiv aussehen und eine jüngere Frau finden, die es vielleicht auch ganz nett findet, dass er schon eine höhere Position und ein bisschen Geld hat.

Überhaupt macht die feministische Liberalisierung in diesem Bereich keinen rechten Sinn. Denn einerseits wird gesagt, Frauen sollen selbstbestimmt sein, Kontrolle haben, usw., andererseits geht es ja normalerweise um Sex mit männlichen Partnern, wobei man zwangsläufig Kontrolle an den Mann abgibt, der irgendwie auch der patriarchale Feind ist.

8) Es gibt ja auch die Radikalfeministinnen, die z. B. Männer so sehr ablehnen, dass sie lieber für generelles Lesbentum sind. Hier kann jeder sehen, dass das nun mal einfach nicht der menschlichen Natur entspricht, und die allermeisten Frauen nicht mitmachen werden. Es gibt auch Radikalfeministinnen, die weniger weit gehen, und z. B. Sex zwischen Männern und Frauen gestatten, aber Vaterschaft für eine böswillige und unnötige Erfindung halten. Die These ist in etwa: In der Steinzeit wussten die meisten Männer doch gar nicht, welche Kinder ihre waren (es wurde wohl einfach wild durcheinandergevögelt); die Frauen waren selbstständig und die Kinder haben ihnen allein gehört; die Männer haben bloß als Onkel ihre Schwestern unterstützt. (Diese Feministinnen sehen immerhin Mutterschaft etwas positiver, aber wollen eben das Matriarchat.) Man könnte jetzt genauer ausführen, wieso diese Anthropologie der reinste Schwachsinn ist, aber der normale Mensch wird sich das schon denken können, wenn er sieht, wie sog. „offene Beziehungen“ in der Praxis aussehen. Sex bindet Leute aneinander, allein schon hormonell, und es geht nie ohne Eifersucht und Verletzungen ab, wenn man versucht, dieses exklusive Band auseinanderzureißen. Allgemeine freie „Liebe“ hat nie funktioniert und wird nie funktionieren.

Und hier wieder: Die meisten Frauen würden dabei einfach nicht mitmachen wollen. Weil sie nun mal doch Männer anziehend finden und irgendwie Romantik wollen statt bloß anonymen Sex. So wie sie auch zumindest ein, zwei Kinder süß finden, und irgendwie weiblich sein wollen statt geschlechtslos.

Der Punkt ist ja letztlich auch der: Gott hat Männer und Frauen gemacht, und wenn Er schon zwei Geschlechter gemacht hat, ist es logisch, dass es da auch von Ihm gewollte Unterschiede geben wird. Als Christin kann man eigentlich schwer Feministin sein.

Moraltheologie und Kasuistik, Teil 11c: Das 5. Gebot – Pflichten gegen Tiere und Umwelt

Die praktische moraltheologische Bildung der Katholiken muss dringend aufgebessert werden – ich hoffe, da werden meine Leser mir zustimmen. Und ich meine hier schon auch ernsthafte Katholiken. In gewissen frommen Kreisen wird man heutzutage ja, wenn man Fragen hat wie „Muss ich heute Abend noch mal zur Sonntagsmesse gehen, wenn ich aus Nachlässigkeit heute Morgen deutlich zu spät zur Messe gekommen bin?“ oder „Darf ich als Putzfrau oder Verwaltungskraft in einem Krankenhaus arbeiten, das Abtreibungen durchführt?“ oder „Wie genau muss ich eigentlich bei der Beichte sein?“ mit einem „sei kein gesetzlicher Erbsenzähler!“ abgebügelt. Und das ist nicht hilfreich. Gar nicht. Weil das ernsthafte Gewissensfragen sind, mit denen manche Leute sich wirklich herumquälen können. Und andere Leute fallen ohne klare Antworten in einen falschen Laxismus, weil sie keine Lust haben, sich ewig mit diesen Unklarheiten herumzuquälen und meinen, Gott werde es eh nicht so genau nehmen, und wieder andere in einen falschen Tutiorismus, wobei sie meinen, die strengste Möglichkeit wäre immer die einzig erlaubte.

 Auf diese Fragen kann man sehr wohl die allgemeinen moraltheologischen Prinzipien – die alle auf das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zurückgehen – anwenden und damit zu einer konkreten Antwort kommen. Man muss es sich nicht schwerer machen, als es ist. Und nochmal für alle Idealisten: „Das und das ist nicht verpflichtend“ heißt nicht, dass man das und das nicht tun darf oder es nicht mehr empfehlenswert oder löblich sein kann, es zu tun. Es heißt nur, dass die Kirche (z. B. in Gestalt des Beichtvaters) nicht von allen Katholiken verlangen kann, es zu tun.

 Zu alldem verweise ich einfach mal noch auf einen meiner älteren Artikel. Weiter werde ich mich gegen den Vorwurf der Gesetzlichkeit hier nicht verteidigen.

 Jedenfalls, ich musste öfters lange herumsuchen, bis ich zu meinen Einzelfragen Antworten gefunden habe, und deshalb dachte mir, es wäre schön, wenn heute mal wieder etwas mehr praktische Moraltheologie und Kasuistik betrieben/kommuniziert werden würde; aber manches, was man gerne hätte, muss man eben selber machen, also will ich in dieser Reihe solche Einzelfragen angehen, so gut ich kann, was hoffentlich für andere hilfreich ist. Wenn ich bei meinen Schlussfolgerungen Dinge übersehe, möge man mich bitte in den Kommentaren darauf hinweisen. Nachfragen sind auch herzlich willkommen. Bei den Bewertungen, was verpflichtend oder nicht verpflichtend, schwere oder lässliche oder überhaupt keine Sünde ist („schwerwiegende Verpflichtung“ heißt: eine Sünde, die wirklich dagegen verstößt, ist schwer), stütze ich mich u. a. auf den hl. Thomas von Aquin, ab und zu den hl. Alfons von Liguori, und auf Theologen wie Heribert Jone (1885-1967); besonders auf letzteren. Eigene Spekulationen werden (wenn ich es nicht vergesse) als solche deutlich gemacht. Alle diese Bewertungen betreffen die objektive Schwere einer Sünde; subjektiv kann es Schuldminderungsgründe geben. Zu wissen, ob eine Sünde schwer oder lässlich ist, ist für die Frage nützlich, ob man sie beichten muss, wenn man sie bereits getan hat; daher gehe ich auch darauf ein; in Zukunft muss man natürlich beides meiden.

Wer nur knappe & begründungslose Aufzählungen von christlichen Pflichten und möglichen Sünden sucht, dem seien diese beiden Beichtspiegel empfohlen. (Bzgl. dem englischen Beichtspiegel: Wenn hier davon die Rede ist, andere zu kritisieren, ist natürlich ungerechte, verletzende Kritik gemeint, nicht jede Art Kritik, und bei Ironie/Sarkasmus ist auch verletzende Ironie/Sarkasmus gemeint.)

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/19/St_Alphonsus_Liguori.jpg

 (Der hl. Alfons von Liguori (1696-1787), der bedeutendste kath. Moraltheologe des 18. Jahrhunderts. Gemeinfrei.)

Alle Teile hier.

In den letzten beiden Teilen ging es um die Unversehrtheit von Menschen; heute zur nichtmenschlichen Welt.

Bei diesem Thema muss man eins beachten: Einen Schaden zu verursachen ist nicht immer dasselbe wie eine Sünde zu begehen. Auf Handlungen mit Doppelwirkung (einer guten, gewollten Wirkung, und einer nicht gewollten, nur in Kauf genommenen Nebenwirkung) bin ich ja in dieser Reihe schon mehrmals eingegangen (u. a. hier). Ein Arzt, der einem Patienten ein Medikament mit Nebenwirkungen gibt, nimmt dadurch auch die ungewollten Nebenwirkungen in Kauf, aber die Handlung ist trotzdem gut, weil der Patient von seiner Krankheit geheilt wird. Dasselbe gilt z. B. für Autofahren, Heizen, etc: Dadurch kommen Stickoxide in die Luft, die leicht gesundheitsschädlich sind, aber diese leichte Schädigung darf man in Kauf nehmen, weil sich Menschen in einer funktionierenden Gesellschaft nun mal von A nach B bewegen müssen, im Winter Wärme brauchen, etc. Das gilt übrigens schon von der Steinzeit an, als Menschen anfingen, ihr Essen über rauchendem Feuer zu kochen. Es ist auch keine Sünde, das Auto statt den Bus zu nehmen, weil der Unterschied, den der einzelne Mensch hier macht, lächerlich gering ist.

Vieles, was man unter „Umweltschäden“ einordnet, ist eigentlich ein Schaden an anderen Menschen. Wer z. B. giftige Abfälle in einem Wald ablädt, von wo aus sie ins Grundwasser gelangen könnten, gefährdet dadurch nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern vor allem auch andere Menschen. Dasselbe gilt für die Verwendung gesundheitsschädlicher Pestizide o. Ä. Hier kommt es immer darauf an, wie groß der Schaden ist, ob er vermieden werden kann, aus welchem Grund man ihn in Kauf nehmen würde. Illegal Gifte ins Grundwasser zu leiten, damit man nicht die Entsorgungskosten zahlen muss, dürfte schon eine schwere Sünde sein; möglicherweise leicht gesundheitsschädliche Pestizide zu verwenden, weil sonst die Ernte von Insekten gefressen werden würde, ist dagegen recht unbedenklich.

Dann zu eigentlichen Schäden an Tieren. Tiere haben zwar auch ihren eigenen Wert, aber einen geringeren als Menschen, und sind grundsätzlich der Verfügbarkeit für den Menschen unterworfen. (Wie man auch in den ersten Kapiteln von Genesis lesen kann. „Alles, was sich regt und lebt, soll euch zur Nahrung dienen. Das alles übergebe ich euch wie die grünen Pflanzen.“ (Gen 9,3) Das ist so, und dafür müssen wir uns auch nicht schämen. Hier mehr zur Begründung; ich muss ja nicht alles zweimal sagen.) Theologen haben oft vertreten, dass Tiere eigentlich keine Rechtssubjekte sein könnten und deswegen keine strengen Rechte gegenüber Menschen haben könnten und dass Tierquälerei eher deswegen schlecht sei, weil es widervernünftig sei, unnötige Schmerzen zuzufügen, und weil man sich dadurch an Grausamkeit gewöhne. Ich bin mir nicht sicher, ob das ganz richtig ist; ich halte es für relativ einsichtig, dass es an sich falsch ist, ein Tier unnötig zu quälen. Einen Grashalm zu zerrupfen kann einen auch an Zerstörungswut gewöhnen, aber das würde man deswegen nicht besonders stark verurteilen. Tierquälerei dagegen wird generell als schlimmer gesehen. Man könnte evtl. auch sagen, dass Tiere einfach geringere Rechte als Menschen haben – wobei das wieder andere denkerische Probleme bereitet, weil man dann wieder sagen müsste, dass Tiere ihre gegenseitigen Rechte untereinander verletzen, wenn sie sich gegenseitig fressen etc. Man kann Tieren keine Pflichten auferlegen, da fragt es sich, ob man ihnen Rechte geben kann.

Tiere haben jedenfalls keinen solchen Endzweck wie Menschen, da sie nicht fähig sind, Gut oder Böse zu wählen, Verdienste zu erwerben, und am Ende Gott zu schauen. (Bei Menschen kann das jeder, auch der, bei dem die Ausübung dieser seelischen Fähigkeiten in diesem Leben noch durch ein unterentwickeltes oder krankes Gehirn gehemmt ist.) Aber egal, von welcher Theorie aus man herangeht, es gilt folgendes:

  • Tiere unnötig zu quälen ist eine Sünde, deren Schwere von der Schwere der Quälerei abhängt
  • Es dürfte vermutlich auch eine Sünde sein, ganze Tierarten auszurotten, weil man dadurch die Vielfalt von Gottes schönem Garten nachhaltig schädigt; hier ist aber nie nur einer allein schuld und die Schuld des einzelnen daher gemindert (und man muss in Betracht ziehen, dass auch auf natürliche Weise immer wieder Arten ausgestorben sind)
  • Tiere zu schlachten, um sie zu essen, ist vollkommen in Ordnung
  • Tiere zu töten, weil sie einen schädigen (z. B. weil Wölfe in einer dicht besiedelten Gegend Schafe reißen, oder weil Ratten Krankheiten übertragen) ist auch ohne weiteres erlaubt
  • Tiere zu jagen (weil man gerne jagt, weil Rehfleisch gut schmeckt, weil die Rehpopulation unter Kontrolle gehalten werden soll, o. Ä….) ist ebenso erlaubt; eigentlich ist die Jagd sogar besser als die Schlachtung in der Landwirtschaft, weil man hier Tiere zum Essen tötet, die ein absolut artgerechtes Leben hatten; dementsprechend ist es auch erlaubt, Pelze gejagter Tiere zu tragen. Freilich dürfte man nicht so viel jagen, dass die Wildpopulation gefährdet ist.
  • Die Arbeit als Landwirt, Metzger, Jäger, Kürschner, Pelzhändler, Kammerjäger o. Ä. ist also ohne weiteres erlaubt
  • Medizinische Experimente an Tieren sind erlaubt, weil ihre eventuellen Rechte nachrangig gegenüber den Rechten der kranken Menschen sind, und man ohne Tierversuche schwerlich Medikamente entwickeln kann
  • Tiere in der Landwirtschaft nicht artgerecht zu halten ist ein Übel, aber dürfte nicht immer eine Sünde sein; die Versorgung der Menschen mit ausreichend Lebensmitteln hat Vorrang. Soweit möglich, sollte dieses Übel aber nach und nach abgestellt werden.
  • Tiere im Zoo oder im Zirkus zu halten ist wahrscheinlich an sich keine Sünde.
  • Windräder zur Stromversorgung zu bauen, an denen Vögel anstoßen und getötet werden, ist keine Sünde.
  • Stierkämpfe sind fragwürdig; sie waren auch einmal kirchenrechtlich verboten. (Hier muss die Gefahr für den Torero auch betrachtet werden.)

Die Frage, ob Tierseelen nach dem Tod weiterleben / Tiere am Jüngsten Tag wiederauferstehen könnten, oder ob sie einfach ihr kleines Leben haben, das dann vorbei ist, ist theologisch übrigens nicht ganz geklärt; es gibt mehr Theologen, die letzteres sagen würden, aber ersteres zu denken ist m. W. nicht verboten. (Wenn sie weiterleben/auferstehen würden, würden sie sehr sicher ein ähnliches Leben wie jetzt haben, nur ohne Leid, d. h. ein natürliches Glück erleben wie im irdischen Paradies vor dem Sündenfall, nicht das übernatürliche Glück der Anschauung Gottes wie Menschen.)

Was dann die Pflanzenwelt angeht: Pflanzen haben sicher keine Rechte; sie haben aber einen Wert, einen Wert an sich und einen für die Menschen, die eine schöne Pflanzenwelt genießen können. Der Erhalt einer schönen Natur ist daher auch wieder vor allem um der Menschen willen gut.

Die Welt ist ein von Gott anvertrauter Garten, den Menschen auch gestalten dürfen. Die Natur muss nicht als ungestörte Wildnis gelassen werden, wir haben sehr wohl das Recht, sie zu gestalten, zu formen. Aber dabei soll man ihre Schönheit herausbringen und nicht zerstören. In einem Land, das genug Platz hat, ist es sinnvoll, wenn neben landwirtschaftlichen und anderweitig gestalteten Flächen auch Platz für Naturschutzgebiete gelassen wird.

Handlungen wie z. B. ein bisschen Abfall im Wald liegen zu lassen dürften lässliche Sünden sein.

Beim Tier- und Umweltschutz spielt außerdem die Frage nach dem Gehorsam gegenüber Gesetzen hinein. Solange die Gesetze nicht relativ klar unvernünftig/unverhältnismäßig sind, muss man ihnen auch gehorchen und Zuwiderhandeln ist lässliche oder schwere Sünde je nach Fall (i. d. R. wohl lässliche). Der Umweltschutz ist ein Gebiet, auf dem viele kleine Handlungen zusammen größere Auswirkungen haben, obwohl die einzelne Handlung an sich sehr unbedeutend ist, deswegen ist das auch ein Gebiet, auf dem gesetzliche Regelungen notwendig sind, damit alle oder zumindest fast alle bestimmte Handlungen vermeiden. Wenn es aber in einem Bereich keine Gesetze gibt, muss man als Einzelner nicht unbedingt eine Handlung vermeiden, die man insgesamt verbieten würde, wenn man Gesetzgeber wäre; denn die Einzelhandlung ist und bleibt eben sehr unbedeutend, und man wird mit seinem Vorbild normalerweise nicht dafür sorgen, dass auch alle anderen diese Handlung jetzt vermeiden. (Wenn man sich z. B. denkt „Ich würde einen autofreien Sonntag einführen“ – was m. E. nicht sinnvoll wäre -, muss man nicht von da an selbst an jedem Sonntag das Auto stehen lassen.) Auch dafür, dass die natürlichen Ressourcen reichen, dass man nach und nach Technologien entwickelt, die endliche Ressourcen wie Öl und Kohle ersetzen können, sind Regierungen, Großkonzerne, Forscher verantwortlich, nicht der einzelne.

Es kann aber natürlich auch unsinnige Gesetze geben, oder solche, die die Lasten ungerecht verteilen, denen man nicht gehorchen muss.

Beim Thema Umwelt geht es außerdem ständig um den Klimawandel. CO2 ist eigentlich kein „luftverschmutzendes“ Gas – es ist gesundheitlich unschädlich und geruchlos, und Pflanzen brauchen es zum Wachstum. Das einzige Problem wäre der Treibhauseffekt. Da bei diesem Thema vieles umstritten ist und die Frage nach dem richtigen Handeln vor allem von den Fakten abhängt (wie viel Einfluss hat der Mensch, wie schädlich wäre eine Erwärmung, was kann man noch verhindern, hilft Verzicht mehr oder vielleicht doch eher Entwicklung von CO2-armen Technologien, sollte man den Klimawandel bekämpfen, indem man mehr Kernkraftwerke baut, die kein CO2 ausstoßen, oder sind hier die anderen Risiken der Kernkraft wieder vorrangig?) kann man von theologischer Seite aus nicht viel dazu sagen. Hier können Katholiken unterschiedlicher Ansicht sein – was nicht heißt, dass es nicht eine richtige Lösung gäbe, die man suchen sollte, nur, dass man nicht anderen Katholiken Sünde vorwerfen kann, wenn sie zu anderen Ergebnissen gelangt sind.

Was man aber sagen kann: Vorsicht ist sicher nicht schlecht, auch wenn ein schädlicher Effekt noch nicht 100%ig gesichert ist, aber das einzelne Land hat immer nur einen begrenzten Einfluss, und eine Erwärmung wäre es ganz sicher nicht wert, eine totale Klimadiktatur einzuführen. (Insbesondere da die befürchteten Folgen eben mehr Hitzetote im Sommer und Ernterückgänge in manchen Regionen (bessere Ernten in anderen) sind, und nicht das Aussterben der Menschheit. 3°C mehr heißt eben wirklich nur 3°C mehr; d. h. wenn es im Durchschnitt irgendwo im Sommer 25-30°C hatte, und im Extremfall mal 39°C, wird es dann eben 28-33°C haben, und im Extremfall mal 42°C. Unangenehmer, aber aushaltbar.) Der einzelne hat hier sowieso einen so extrem geringen Einfluss (wenn man rechnet, dass Deutschland für 2% des CO2-Ausstoßes weltweit verantwortlich ist, macht das pro Kopf hierzulande 0.000000025% oder 1/4.000.000.000 (ein Viermilliardstel)), dass schwere Sünden wohl kaum möglich sind, und es schwer werden dürfte, auch nur eine lässliche Sünde zu begehen (außer vielleicht durch Verletzen eines gerechten Gesetzes zur Reduktion von CO2). Übrigens haben Deutsche zwar pro Kopf einen überdurchschnittlichen CO2-Ausstoß im Vergleich zu den Bewohnern anderer Länder, aber keinen stark überdurchschnittlichen; wir liegen etwa auf demselben Level wie die Mongolei und nicht sehr viel höher als China.

Mit anderen Worten: Es ist keine Sünde, einfach nur aus Bequemlichkeit mit dem Auto statt mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren. Hier bewegen wir uns im Bereich von Werken der Übergebühr.

Was Überbevölkerungspanik angeht:

  • Diejenigen, die Hungersnöte für den Fall von Überbevölkerung vorhersagten, hatten immer Unrecht; die landwirtschaftlichen Methoden schritten einfach schnell genug voran. Zurzeit könnte die Erde 12 Milliarden Menschen ernähren, und die Landwirtschaft entwickelt sich immer noch weiter.
  • Es ist extrem viel wert, einen neuen Menschen in die Welt zu setzen, da ist es ziemlich vernachlässigbar, dass er auch CO2 ausstoßen wird.
  • Gerade in Ländern mit zu wenig Kindern ist es gerade im Gegenteil sehr vorbildlich, mehr Kinder zu bekommen, damit die Gesellschaft nicht kollabiert.
  • In Ländern, in denen es wirklich viele Kinder gibt und es daher als Resultat auch mal hohe Jugendarbeitslosigkeit und ähnliche Probleme geben kann, ist es trotzdem an sich gut, Kinder in die Welt zu setzen, und die Situation der einzelnen Familie sollte eher den Ausschlag geben als die politische Gesamtsituation. Freilich kann eine Familie in dieser Situation entscheiden, dass sie lieber nur 3 statt 7 Kinder will. Aber Kinderkriegen ist trotzdem gut.
  • Menschen sind keine Parasiten an „der Erde“, sondern ihre einheimischen Bürger.

Gentechnik, mit deren Hilfe z. B. Goldener Reis entwickelt werden konnte, ist von katholischer Seite aus nicht grundsätzlich abzulehnen, z. B. weil man damit „an Gottes Schöpfung herumpfuschen“ würde; Gentechnik ist nur schnellere Züchtung, und Menschen ist es erlaubt, auf solche Weise auf die Schöpfung einzuwirken, besonders, wenn es darum geht, gefährliche Unter- und Mangelernährung zu bekämpfen und Leben zu retten. Freilich ist es auch jedem erlaubt, erst einmal vorsichtig mit neuen Züchtungen zu sein und genauere Infos über Langzeitwirkungen abzuwarten.

Moraltheologie und Kasuistik, Teil 11b: Das 5. Gebot – Pflichten gegen fremdes Leben

Die praktische moraltheologische Bildung der Katholiken muss dringend aufgebessert werden – ich hoffe, da werden meine Leser mir zustimmen. Und ich meine hier schon auch ernsthafte Katholiken. In gewissen frommen Kreisen wird man heutzutage ja, wenn man Fragen hat wie „Muss ich heute Abend noch mal zur Sonntagsmesse gehen, wenn ich aus Nachlässigkeit heute Morgen deutlich zu spät zur Messe gekommen bin?“ oder „Darf ich als Putzfrau oder Verwaltungskraft in einem Krankenhaus arbeiten, das Abtreibungen durchführt?“ oder „Wie genau muss ich eigentlich bei der Beichte sein?“ mit einem „sei kein gesetzlicher Erbsenzähler!“ abgebügelt. Und das ist nicht hilfreich. Gar nicht. Weil das ernsthafte Gewissensfragen sind, mit denen manche Leute sich wirklich herumquälen können. Und andere Leute fallen ohne klare Antworten in einen falschen Laxismus, weil sie keine Lust haben, sich ewig mit diesen Unklarheiten herumzuquälen und meinen, Gott werde es eh nicht so genau nehmen, und wieder andere in einen falschen Tutiorismus, wobei sie meinen, die strengste Möglichkeit wäre immer die einzig erlaubte.

 Auf diese Fragen kann man sehr wohl die allgemeinen moraltheologischen Prinzipien – die alle auf das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zurückgehen – anwenden und damit zu einer konkreten Antwort kommen. Man muss es sich nicht schwerer machen, als es ist. Und nochmal für alle Idealisten: „Das und das ist nicht verpflichtend“ heißt nicht, dass man das und das nicht tun darf oder es nicht mehr empfehlenswert oder löblich sein kann, es zu tun. Es heißt nur, dass die Kirche (z. B. in Gestalt des Beichtvaters) nicht von allen Katholiken verlangen kann, es zu tun.

 Zu alldem verweise ich einfach mal noch auf einen meiner älteren Artikel. Weiter werde ich mich gegen den Vorwurf der Gesetzlichkeit hier nicht verteidigen.

 Jedenfalls, ich musste öfters lange herumsuchen, bis ich zu meinen Einzelfragen Antworten gefunden habe, und deshalb dachte mir, es wäre schön, wenn heute mal wieder etwas mehr praktische Moraltheologie und Kasuistik betrieben/kommuniziert werden würde; aber manches, was man gerne hätte, muss man eben selber machen, also will ich in dieser Reihe solche Einzelfragen angehen, so gut ich kann, was hoffentlich für andere hilfreich ist. Wenn ich bei meinen Schlussfolgerungen Dinge übersehe, möge man mich bitte in den Kommentaren darauf hinweisen. Nachfragen sind auch herzlich willkommen. Bei den Bewertungen, was verpflichtend oder nicht verpflichtend, schwere oder lässliche oder überhaupt keine Sünde ist („schwerwiegende Verpflichtung“ heißt: eine Sünde, die wirklich dagegen verstößt, ist schwer), stütze ich mich u. a. auf den hl. Thomas von Aquin, ab und zu den hl. Alfons von Liguori, und auf Theologen wie Heribert Jone (1885-1967); besonders auf letzteren. Eigene Spekulationen werden (wenn ich es nicht vergesse) als solche deutlich gemacht. Alle diese Bewertungen betreffen die objektive Schwere einer Sünde; subjektiv kann es Schuldminderungsgründe geben. Zu wissen, ob eine Sünde schwer oder lässlich ist, ist für die Frage nützlich, ob man sie beichten muss, wenn man sie bereits getan hat; daher gehe ich auch darauf ein; in Zukunft muss man natürlich beides meiden.

Wer nur knappe & begründungslose Aufzählungen von christlichen Pflichten und möglichen Sünden sucht, dem seien diese beiden Beichtspiegel empfohlen. (Bzgl. dem englischen Beichtspiegel: Wenn hier davon die Rede ist, andere zu kritisieren, ist natürlich ungerechte, verletzende Kritik gemeint, nicht jede Art Kritik, und bei Ironie/Sarkasmus ist auch verletzende Ironie/Sarkasmus gemeint.)

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/19/St_Alphonsus_Liguori.jpg

 (Der hl. Alfons von Liguori (1696-1787), der bedeutendste kath. Moraltheologe des 18. Jahrhunderts. Gemeinfrei.)

Alle Teile hier.

In Teil 11a ging es um allgemeine Prinzipien bzgl. Leben und körperlicher Unversehrtheit, und Pflichten gegen das eigene Leben; jetzt zu Pflichten gegen fremdes Leben.

Dass Mord schlecht ist, gilt als Binsenweisheit; aber in manchen Fällen dann doch nicht mehr (s. Abtreibung). Und es gibt ja auch alle möglichen denkbaren Dilemmasituationen, z. B. in Kriegen. Daher zuerst einige Prinzipien; der Moraltheologe Heribert Jone schreibt:

„I. Allgemeine Prinzipien. 1. Direkte Tötung eines Unschuldigen ist immer unerlaubt.

Es ist deshalb verboten, Kranke zu töten, damit sie nicht länger leiden; den Tod der Mutter, die sicher sterben muß, zu beschleunigen, um das Kind, das sie unter dem Herzen trägt, taufen zu können. – Ärzten ist es verboten, den Kranken zu Versuchszwecken eine gefährliche Medizin zu geben, die auch den Tod zur Folge haben kann. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Kranke durch kein anderes Mittel mehr zu retten ist und irgendwie seine Zustimmung zur Anwendung dieses Mittels gibt. Ähnliches gilt von chirurgischen Operationen. – Herzstich oder Öffnung der Pulsader vornehmen, damit jemand nicht scheintot begraben werde, ist unter schwerer Sünde verboten. […]

Auch im Interesse des Staates darf man niemals einen Unschuldigen direkt töten. Wenn nämlich auch die einzelnen Menschen ‚Glieder‘ des Staates sind, so darf man mit ihnen doch nicht verfahren, wie man mit den Gliedern des eigenen Körpers verfahren darf, die man im Notfall zur Heilung des Körpers amputieren darf Vgl. n. 209. Die Glieder des menschlichen Körpers, z. B. Hand und Auge, sind nämlich nur da im Interesse des Ganzen (des menschlichen Körpers). Losgetrennt von ihm haben sie keinen besonderen, eigenen Zweck. Der Einzelmensch aber hat, auch wenn er vom Staate losgetrennt ist, seiner Natur nach einen eigenen, besonderen Zweck, er hat ein persönliches Endziel. (Vgl. n. 212.) Der Einzelmensch ist nicht auf das Wohl des Staates hingeordnet, wie die Glieder des Körpers auf das Wohl des Ganzen hingeordnet sind. Während die Glieder für den Körper da sind, ist der Mensch nicht für den Staat da, sondern der Staat ist für den Menschen da.

2. Indirekte Tötung eines Unschuldigen ist an sich ebenfalls unerlaubt, kann aber aus einem entsprechenden Grunde erlaubt sein.

Über den Begriff der indirekten Tötung vgl. Nr. 207.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, 17. Aufl., Paderborn 1961, S. 171f., Nr. 211)

Es ist, wie schon in Teil 11a gesagt, keine Sünde, Schwerkranken nicht mehr alle vielleicht sehr anstrengenden und aufwendigen Behandlungen zuzumuten; wenn sie diese Behandlungen aber wollen, sollen sie sie auch bekommen; Nahrung, Wasser und Atemluft darf man niemandem verweigern; Euthanasie, Sterbehilfe, Selbstmordbeihilfe sind schwere Sünde. Aber siehe dazu (und zu den Themen Organspende, Risikoverhalten, Gesundheitsschädigung, Schönheitsoperationen, Sterilisation etc.) eben Teil 11a.

Bzgl. der indirekten Tötung (vgl. auch hier Teil 11a): Es ist z. B. erlaubt, im Krieg Rüstungsbetriebe, Eisenbahnlinien etc. zu bombardieren, auch wenn man voraussieht (aber nicht will), dass dabei auch Unschuldige sterben können. Es ist aber falsch, gezielt Wohnviertel zu bombardieren, mit dem Ziel, möglichst viele Zivilisten zu töten, damit der Feind schneller den Mut verliert und aufgibt. Es ist erlaubt, ein Flugzeug abzuschießen, das Terroristen entführt haben und in ein Gebäude lenken wollen; denn hier will man den Tod der Menschen im Flugzeug nicht, hofft, dass sie vielleicht den Absturz überleben, und würde das Flugzeug auch abschießen, wenn nur die Terroristen darin säßen. Es ist erlaubt, auf Terroristen zu schießen, die sich hinter menschlichen Schutzschilden verstecken und einen von da aus angreifen, auch wenn man Gefahr läuft, diese Menschen zu treffen; denn deren Tod ist dann die Schuld der Terroristen, von denen man sich nicht erpressen lässt. So ist es z. B. erlaubt, das Feuer zu erwidern, wenn Terroristen ihre Raketen aus einem Wohnhaus heraus abschießen. Es ist erlaubt, um ein bekanntes Gedankenspiel aufzunehmen, einen Zug, der auf eine Gruppe Menschen (die nicht wegrennen können) zurast, auf ein anderes Gleis zu lenken, auf dem sich nur ein Mensch befindet, auch wenn der dann sterben muss, denn man wollte einfach den Zug von der größeren Gruppe weglenken und hätte das auch getan, wenn sich kein Mensch auf dem anderen Gleis befunden hätte. Es wäre aber falsch, wenn es kein zweites Gleis gäbe, einen dicken Mann auf das Gleis zu stoßen, damit sein Körper den Zug aufhält und er die anderen Menschen nicht mehr überfährt, denn hier wäre sein Tod gezielt als Mittel zum Zweck eingesetzt.

Es kommt letztlich immer darauf an: Würde man die Handlung auch vollziehen, wenn niemand dadurch sterben würde, und gibt es einen verhältnismäßigen Grund, um diesen ungewollten Tod in Kauf zu nehmen (z. B. dass sonst mehrere andere sterben würden)? Zu Handlungen mit Doppelwirkungen habe ich hier allgemein etwas geschrieben.

Jede direkte Tötung eines unschuldigen Menschen – d. h. eines lebenden Exemplars unserer Spezies – ist immer schwere Sünde. Dafür ist es völlig gleichgültig, wie alt dieser Mensch ist, wie er aussieht, ob er Bewusstsein und Verstand hat oder nicht. Denn jeder Mensch hat eine unsterbliche Seele, die ewig leben soll, und spätestens dann in der Ewigkeit wird er seine Fähigkeiten (Vernunft, Wille) auch entfalten können, auch wenn sie im irdischen Leben durch ein krankes oder unterentwickeltes Gehirn gehemmt waren. Und Gott hat als Vorbereitungszeit auf das ewige Leben jedem Menschen seine genaue Lebenszeit bemessen. Das Dasein jedes Menschen hat auch noch einen Zweck, auch wenn er selbst nichts mehr tun kann und z. B. nur noch im Koma liegt oder sehr schwer behindert ist. Auf jeden Fall kann sein Dasein andere zu Mitgefühl und Hilfe bringen, und wenn jemand noch bei Bewusstsein leidet, kann sein Leiden sehr verdienstvoll für ihn sein.

Wegen alldem ist es auch immer falsch, ein ungeborenes Kind zu töten. Das gilt auch schon, wenn es erst aus ein paar Zellen besteht; denn auch diese Zellen stellen einen zusammengehörigen, lebendigen Organismus mit allen seinen volllständigen Genen dar, einen Organismus, der belebt ist, also eine Seele hat, auch wenn sie ihre Fähigkeiten noch nicht entfalten kann. Wenn ein Kind schon einige Wochen alt ist, das Herz schlägt, die Organe angelegt sind, es möglicherweise Schmerzen spürt, ist das ein erschwerender Umstand, aber Abtreibung ist nicht erst dann falsch.

Das gilt, egal welche Gründe es für die Abtreibung gibt. Man muss nur mal alle Fälle durchspielen, mit dem einzigen Unterschied, dass das Kind schon geboren wäre: Würde man ein geborenes Kind töten, weil seine Mutter erst 15 ist und mit ihm nicht zurechtkommt? Würde man ein geborenes Kind töten, weil seine Mutter psychisch krank ist? Würde man ein geborenes Kind töten, weil es durch eine Vergewaltigung gezeugt worden wäre? Aber mehr Argumente zum Thema Abtreibung hier.

(Anmerkung am Rande: In früheren Zeiten war man sich in der Kirche zwar einig, dass Abtreibung in jedem Stadium eine schwere Sünde ist und ein Leben verhindert, von dem Gott will, dass es eine Zukunft hat, aber in einem späteren Stadium der Schwangerschaft standen härtere kirchenrechtliche Strafen darauf (interessanterweise übrigens mehr für die Abtreiber als die Schwangere selbst). Der Grund dafür war, dass man kein genaues Wissen über die Entstehung des Lebens hatte und teilweise der Theorie des Aristoteles folgte, nach der die Beseelung des Kindes nach 40 oder 80 Tagen stattfinde; dahinter stand so ungefähr die Vorstellung, dass sich erst langsam das Menstruationsblut mit dem Samen vermischt und ein Kind geformt wird, und dann die Seele hinzukommt, was dann dafür sorgt, dass die Mutter es sich auch bewegen spürt usw. Inzwischen weiß man dagegen, dass schon am ersten Tag ein lebender Organismus da ist, d. h. dass dieser Organismus ein Lebensprinzip, eine Seele hat, die ihn zusammenhält. Aber selbst wenn man es nicht genau wüsste, wäre im Zweifelsfall davon auszugehen, dass da ein vollwertiger Mensch ist; so wie man auch nicht in die Büsche schießen darf, wenn dort nur vielleicht ein Mensch steht, dürfte man auch nicht ein Kind töten, wenn es nur vielleicht ein Mensch wäre.)

Es ist daher ein Verbrechen gegen das 5. Gebot:

  • Die Pille oder die Pille danach oder andere hormonelle Verhütungsmittel (Spirale, Hormonpflaster, Drei-Monats-Spritze etc.) zu nehmen/anzuwenden, die nicht nur den Eisprung verhindern/verzögern, sondern auch, wenn das nicht geklappt hat, in einzelnen Fällen die Einnistung (Nidation) eines schon existierenden Embryos in der Gebärmutter verhindern könnte; das ist zumindest, wenn man häufig unter solchen Bedingungen Sex hat, fahrlässige Tötung (Verhütungsmittel, die sicher nicht frühabtreibend sind, z. B. Kondome, sind auch falsch, aber aus anderen Gründen; hier wird zumindest niemand getötet).
  • künstliche Befruchtung machen zu lassen, bei der in der Regel mehrere Embryonen kreiert und die überflüssigen weggeworfen oder länger eingefroren, zur Forschung verwendet und dann weggeworfen werden
  • als Forscher mit Embryonen oder deren Zellen zu forschen – ja, auch mit Zelllinien, die ursprünglich von Kindern stammen, die schon vor Jahrzehnten getötet wurden, und weitergezüchtet wurden. Hier handelt es sich nicht nur um Mord, sondern auch um Leichenschändung. (Es ist allerdings aus einem ernsthaften Grund erlaubt, als Patient Medikamente/Impfungen zu nehmen, die in solchen Zellen herangezüchtet oder an solchen Zellen getestet wurden; sie sind nun mal da und man konnte die Leichenschändung nicht verhindern. Es wäre freilich andauernde Leichenschändung und quasi Kannibalismus, Medikamente zu nehmen, deren Wirkstoff direkt diese Zellen wären, d. h. sich mit embryonalen Stammzellen behandeln zu lassen. Interessanterweise sind allerdings Stammzellen, die von erwachsenen Menschen gewonnen werden, mittlerweile vielversprechender und embryonale bieten auch ein Krebsrisiko und werden eher vom Körper abgestoßen; mit beidem wird erst geforscht.)
  • ein Kind abtreiben zu lassen, egal in welchem Stadium der Schwangerschaft, und egal aus welchem Grund, oder dazu zu raten oder zu helfen. Auch die Ausstellung eines Beratungsscheins, der zur Abtreibung berechtigt, ist falsch; Katholiken, die Schwangeren durch Beratung helfen wollen, können daher nur in Beratungsstellen ohne Scheinausstellung arbeiten (z. B. Pro Femina, Caritas). Es ist allerdings keine Sünde, in einem normalen Krankenhaus zu arbeiten, wo auch Abtreibungen stattfinden, oder in einem Gesundheitsamt, das Beratungsscheine ausstellt, wenn man nicht z. B. als Krankenschwester selbst bei Abtreibungen assistieren muss.
  • ohne verhältnismäßigen Grund etwas zu tun, das dem Kind schaden könnte (z. B. in der Schwangerschaft regelmäßig zu rauchen und zu trinken, oder ohne dringende Notwendigkeit Medikamente zu nehmen, die dem Kind schaden könnten). Frauen, die nicht schon schwanger sind, sondern nur schwanger sein könnten, weil sie verheiratet sind und den Sex nicht auf die unfruchtbaren Zeiten beschränken und man eine Schwangerschaft ja nicht sofort bemerkt, sollten mit solchen Medikamenten, Alkohol usw. auch vorsichtig sein. Weil allerdings Ärzte manchmal übervorsichtig sind und schwangeren Frauen z. B. unnötigerweise Schmerzmittel verweigern, ist hier die Seite Embryotox von der Charité Berlin sehr nützlich, auf der man viele Informationen über alle möglichen Medikamente findet, und ob sie ungeborenen Kindern schaden können.

Dann wäre da die Frage nach möglicherweise nidationshemmenden (frühabtreibenden) Medikamenten, also wenn z. B. eine Frau die Pille nimmt, nicht um zu verhüten, sondern um eine Endometriose zu behandeln. Bei einer unverheirateten Frau, die keinen Sex hat, wäre das natürlich völlig problemlos, die Frage stellt sich bei verheirateten Frauen. Ich war hier eher skeptisch, ob das gerechtfertigt werden kann. Jemand, der mehr medizinische Ahnung hat als ich, hat mir inzwischen erklärt, dass eine Endometriose oft schon unfruchtbar macht und deswegen praktisch kein Risiko mehr da sei, dass bei der Einnahme der Pille auch ein Kind stirbt; und dann wird die Pille ja genommen, um die Endometriose zu unterdrücken, damit man, wenn sie abgesetzt wird, evtl. doch schwanger werden kann. Das dürfte also doch gerechtfertigt sein. (Bei solchen gynäkologischen Krankheiten ist es auch gerechtfertigt, irgendwann die Gebärmutter oder Eierstöcke zu entfernen, wenn man keine Kinder mehr bekommen will.) Im Zweifelsfall jedenfalls besser gute Gynäkologen und Priester fragen als Hobbytheologinnen im Internet!

Noch einmal Jone (wobei seine medizinischen Beispiele sicher teilweise veraltet sind und es heute andere Methoden gibt, aber er macht die Prinzipien klar):

„II. Tötung des Fötus 1. Direkte Tötung des Fötus ist immer schwer sündhaft (ein Mord).

Selbst um das Leben der Mutter zu retten, ist es deshalb nicht erlaubt, das lebende Kind zu zerkleinern, z. B. durch Kraniotomie, Embryotomie usw. – Ebenso ist Abtreibung der Leibesfrucht immer unter schwerer Sünde verboten, auch wenn sonst Kind und Mutter sterben müssen. […] Übrigens kann in den meisten Fällen erlaubterweise durch den Kaiserschnitt und ähnliche Operationen geholfen werden. – Schwer sündhaft ist auch alles, was geschieht in der Absicht, eine Abtreibung zu erreichen, selbst wenn diese Wirkung nicht eintritt. – Das Verbot, ein Kind im Mutterschoß direkt zu töten, beruht auf denselben Gründen, wie das Verbot, irgendeinen andern unschuldigen Menschen direkt zu töten. Jeder Mensch hat nämlich ein persönliches, ewiges Endziel: das ewige Glück in der Anschauung Gottes. Jeder Mensch hat auch die Pflicht, nach diesem Endziel zu streben während der ganzen ihm von Gott geschenkten Lebenszeit. Damit der Mensch diese Pflicht erfüllen kann, hat ihm Gott ein Recht auf sein Leben gegeben. Auf dieses Recht kann der Mensch nicht verzichten. Da ferner dieses Recht nicht von den Eltern ist, nicht vom Staate, noch von irgendeiner anderen menschlichen Autorität, deshalb kann auch niemand in dieses Recht eingreifen und einem Unschuldigen das Leben direkt nehmen zur Erreichung seiner Zwecke. Folglich kann auch kein Mensch und keine menschliche Autorität jemandem ein Recht auf die direkte Tötung eines Unschuldigen geben. Auch kein ärztlicher, eugenischer, sozialer, ökonomischer Gesichtspunkt kann die direkte Vernichtung des Lebens eines Unschuldigen rechtfertigen. Auch der beste Zweck (z. B. die Rettung der Mutter) heiligt die schlechten Mittel nicht. Wer ferner behauptet, daß man zur Rettung der Mutter (also im Interesse des Privatwohls) das Kind im Mutterschoße direkt töten darf, der muß auch – wenn er konsequent sein will – sagen, daß man auch im Interesse des Gemeinwohls einen unschuldigen Menschen direkt töten darf. Die Lehre von der Erlaubtheit der Vernichtung eines ‚unwerten Lebens‘ ist nur die logische Konsequenz von der Lehre, es sei erlaubt, das Kind im Mutterschoß zu töten. Es ist nur eine glückliche Inkonsequenz, wenn viele von denjenigen, die es für erlaubt halten, im Interesse des Privatwohls (der Mutter) einen Unschuldigen direkt zu töten, es nicht für erlaubt halten, im Interesse des Allgemeinwohls (des Staates) ein ‚unwertes Leben‘ direkt zu vernichten.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 172f., Nr. 212)

Indirekte Tötung ist gewöhnlich verboten, kann aber aus schwerwiegenden Gründen erlaubt sein.

Frauen in anderen Umständen sündigen schwer, wenn sie ohne hinreichenden Grund etwas tun, das voraussichtlich Abtreibung verursacht. – Bei tödlicher Krankheit aber darf eine Mutter eine Arznei nehmen, auch wenn diese Arznei nicht nur Genesung bewirkt, sondern auch Abtreibung. Dabei ist aber vorausgesetzt, daß es gegen diese Krankheit keine andere Arznei gibt, und daß die Genesung nicht erst aus der Abtreibung folgt. – Ebenso ist es erlaubt, eine kranke Gebärmutter zu entfernen, auch wenn damit zugleich der Fötus entfernt wird, vorausgesetzt, daß dies das einzige Mittel ist, um das Leben der Mutter zu retten. [Hier ist z. B. ein Fall von Gebärmutterkrebs gemeint.] Unter denselben Bedingungen scheint man durch Eihautstich das Fruchtwasser ablassen zu dürfen, wenn der schwangere Uterus irreponibel im kleinen Becken eingeklemmt ist, um so die Möglichkeit der Reposition zu schaffen. Dies scheint erlaubt, weil hier die Rettung der Mutter nicht folgt aus der Abtreibung, sondern aus der Reposition des Uterus; in anderen Fällen ist deshalb der Eihautstich zur Rettung der Mutter nicht gestattet. – Ebenso scheint man bei extrauteriner Schwangerschaft das krankhafte Gebilde entfernen zu dürfen, das für die Mutter lebensgefährlich ist, auch wenn der Fötus mitentfernt wird, vorausgesetzt, daß man die Mutter nicht mehr anders retten und nicht länger mit einem Eingriff warten kann. Ähnlich scheint man handeln zu dürfen im Zweifel, ob es sich um eine Geschwulst oder extrauterine Schwangerschaft handelt, und wenn man ohne Lebensgefahr der Mutter nicht länger warten kann. Nie aber ist es erlaubt, z. B. durch Elektrizität einen etwa vorhandenen Fötus zu töten. – Arzneien, die nur selten eine Abtreibung bewirken, darf man nehmen, auch wenn keine dringende Lebensgefahr vorhanden ist.

3. Herbeiführung einer Frühgeburt ist aus einem entsprechenden Grunde erlaubt, weil bei einer Frühgeburt das Kind auch getrennt von der Mutter lebensfähig ist.

Wenn es ohne große Gefahr für die Mutter geschehen kann, muß man mit der Einleitung der Frühgeburt warten, bis es moralisch sicher ist, daß das Kind außerhalb des Mutterschoßes leben kann. Wenn aber das Leben der Mutter in großer Gefahr steht, darf mit der Einleitung der Frühgeburt begonnen werden, sobald es wahrscheinlich ist, daß das Kind lebensfähig ist.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 173f., Nr. 213)

Eine extrauterine Schwangerschaft meint eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter. Hier muss man unterscheiden: Bei Fällen von Bauchhöhlenschwangerschaft gab es tatsächlich schon Kinder, die überlebt haben. Bei einer Eileiterschwangerschaft dagegen ist es so gut wie nicht möglich, dass das Kind überlebt, weil der Eileiter reißen würde, was auch für die Mutter lebensgefährlich wäre. (Es gibt extrem seltene Fälle, in denen der Eileiter gerissen ist, ohne dass das Probleme gemacht hat, und das Kind in die Bauchhöhle ausgewichen ist und dann auch überlebt hat, z. B. Ronan Ingram.)

Auch hier ist es nicht erlaubt, das Kind direkt zu töten, aber den Eileiter mit ihm zu entfernen wäre erlaubt, denn hier wird ein krankes Organ entfernt, das das Leben der Mutter gefährdet, und der Tod des Kindes nur in Kauf genommen. Der rechtfertigende Grund ist vorhanden, da man auf der einen Seite den natürlichen Tod des Kindes und Lebensgefahr für die Mutter hat und auf der anderen Seite die indirekte Tötung des Kindes.

(Wenn man in irgendeiner Situation auf der einen Seite nur Lebensgefahr für A und auf der anderen Seite die indirekte Tötung von B hätte, dürfte man die indirekte Tötung von B nicht vornehmen, sondern müsste den möglichen natürlichen Tod von A in Kauf nehmen. Nur wenn die Schäden, wenn man die indirekte Tötung nicht vornimmt, überwiegen (oder wenn sie zumindest gleich groß sind), also z. B. weil beide sterben würden, dürfte man sie vornehmen.)

Eine Frage ist noch, ob es erlaubt wäre, das Kind selbst aus dem Eileiter zu entfernen und den Eileiter im Körper der Mutter zu lassen, ohne das Kind dabei z. B. zu zerstückeln oder mit Methotrexat zu töten, auch wenn es außerhalb des Körpers der Mutter sterben wird. An sich wäre das irgendwo schon eine Tötung (wie eine normale Abtreibung), denn jemanden in eine Umgebung zu versetzen, in der er unmöglich leben kann, ist Töten, auch dann, wenn man ihn aus einer Umgebung holt, in der er aller Voraussicht nach bald gestorben wäre. Aber man kann dagegen sagen: Aber wenn es möglich wäre, würde man das Kind ja in die Gebärmutter setzen oder z. B. in eine künstliche Gebärmutter, sobald diese entwickelt sind, also will man seinen Tod eigentlich nicht, und man löst hier eine krankhafte Verbindung, die eigentlich an dieser Stelle nicht da sein sollte. Es könnte dementsprechend eher unter indirekte Tötung fallen, wie z. B. der in Teil 11a erwähnte Fall, wenn sich jemand aus einem hohen Fenster eines brennenden Gebäudes stürzt, und den einen sicheren Tod dem anderen sicheren Tod vorzieht. Ich will hier aber nichts als gesichert behaupten.

Andere Situationen mit Lebensgefahr der Mutter treten zum Glück fast immer in späten Stadien der Schwangerschaft auf, wenn das Kind außerhalb des Mutterleibes mit der modernen Medizin überleben kann. Wenn aber doch in einer solchen Situation einmal die Mutter sterben würde, oder beide sterben würden, weil man nicht bereit war, ein nicht lebensfähiges Kind herauszuholen, wäre niemand schuld daran, denn es wäre schlicht und einfach ein natürlicher Tod, den man nicht verhindern konnte. Mutter und Kind haben beide genau dasselbe Lebensrecht; man darf nicht den einen töten oder auch nur indirekt seinen sicheren Tod verursachen, um den nur möglichen natürlichen Tod des anderen zu verhindern. (Das sieht man klar, wenn man Gedankenspiele mit geborenen Menschen anstellt: Wäre es erlaubt, einen Ebola-Kranken im Dschungel auszusetzen, wo er sicher sterben wird, weil man dadurch den möglichen Tod anderer Menschen, die er anstecken könnte, verhindern könnte? Natürlich nicht.) Es gab auch schon immer wieder Situationen, in denen eine Mutter in einer solchen Situation nicht abtreiben wollte, und entgegen der Prognosen überlebt hat; Ärzte sind eben auch nicht unfehlbar.

Ein totes Kind aus dem Körper der Mutter herauszuholen ist offensichtlich erlaubt; hier nur ein kurzer praktischer Hinweis, dass es manchmal vorkommen kann, dass Ärzte vorschnell meinen, keinen Herzschlag zu hören und gleich zur Geburtseinleitung raten, und man in einem solchen Fall meistens noch lieber eine zweite Untersuchung machen lassen oder eine zweite Meinung einholen sollte.

Fehlgeborene Kinder verdienen ebenso Respekt vor ihrem Leichnam und eine Bestattung wie jeder andere Tote.

Soweit zur Tötung von Unschuldigen; jetzt zu Verletzung & Verstümmelung:

„III. Verstümmelung eines Unschuldigen ist in ähnlicher Weise unerlaubt, wie die Selbstverstümmelung unerlaubt ist (Vgl. n. 209). […]

Mit Zustimmung des Patienten aber kann man bei Krebs usw. auch eine Amputation vornehmen. Dagegen kann jemand seine Zustimmung für eine Verstümmlung nicht geben zur Förderung des wissenschaftlichen Fortschrittes. Vgl. auch die Ausführungen oben I n. 1 über die Medizin zu Versuchszwecken.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 174, Nr. 213)

Was die medizinische Forschung angeht, ist es natürlich erlaubt, an normalen Studien unter den üblichen Sicherheitsvorkehrungen teilzunehmen.

Was Körperverletzung angeht: Wenn z. B. streitende Kinder sich gegenseitig ein bisschen schubsen oder hauen, wäre man im Bereich der lässlichen Sünde; wenn es um ständiges Mobbing, Zusammenschlagen, häusliche Gewalt oder Ähnliches geht, wäre es ziemlich sicher schon Todsünde. Erst recht Todsünde wäre es, wenn der mögliche Tod des Opfers in Kauf genommen wird (z. B. bei Tritten gegen den Kopf).

Was ist mit dem Thema Körperstrafen, die ja früher üblich waren? (Ich meine hier Körperstrafen, die Schmerzen zufügen, aber keinen bleibenden Schaden hinterlassen, z. B. Schläge auf den Hintern.) Hier gilt, dass Eltern/Vormünder und der Staat das Recht, solche Strafen anzuwenden, grundsätzlich haben, aber genauso gut auch andere Strafen anwenden können; an staatliche Verbote dieser Strafen wie in Deutschland sollte man sich allerdings halten. (Übrigens wird staatlicherseits z. B. in Singapur die Prügelstrafe noch angewendet – meiner Ansicht nach wahrscheinlich sogar eine angenehmere Strafe als Gefängnis, da schnell erledigt.) Menschen, auch Kinder und Jugendliche, können nun mal auch einiges ziemlich Falsches tun; was wäre mit einem 13jährigen, der ein kleineres Kind mobbt, einen Hund zu Tode quält, ein Familienerbstück der Eltern ins Klo wirft, um ihnen etwas heimzuzahlen, oder seine Lehrerin mit einem Messer bedroht? Strafe muss nun mal sein, damit er überhaupt wieder ein Gespür dafür bekommt, was richtig und was falsch ist, und ich halte das Argument, Körperstrafen würden Kinder nur daran gewöhnen, Gewalt als akzeptabel zu sehen, für ungefähr so stichhaltig wie das Argument, wenn man ihnen das Handy wegnimmt und ihnen Hausarrest erteilt, würde sie das nur daran gewöhnen, dass Stehlen und Freiheitsberaubung okay wären. Man kann allerdings auch als Katholik der Meinung sein, solche Strafen sollten in der Praxis nicht angewandt werden / verboten sein, z. B. weil Eltern die Verletzlichkeit ihrer Kinder unterschätzen könnten.

Was ist mit Triage, d. h. damit, dass man, wenn man nur begrenzte Ressourcen hat, manche Kranke oder Verletzte nicht behandelt? Das kann manchmal eine Unvermeidlichkeit sein – z. B. wenn nur ein Krankenwagen an einem Unfallort mit vielen Verletzten ist. In einem solchen Fall muss man sich den schwerer Verletzten zuerst widmen (offensichtlich ist eine offene Wunde wichtiger als ein paar Kratzer), aber wenn man zwei Schwerverletzte hat, von denen einer bei Behandlung gute Überlebenschancen und der andere geringe hat, ist es klüger, zuerst den mit den besseren Chancen zu behandeln. Hier wird aber in jedem Fall niemand getötet; man wählt zwischen zwei guten Handlungen (den einen oder den anderen behandeln), von denen man nicht beide gleichzeitig tun kann. Das ist dann eine tragische Situation, aber es ist eigentlich kein moralisches Dilemma.

Es wäre ganz offensichtlich falsch, wenn man z. B. sagen würde, „wer selber schuld an einer Verletzung/Krankheit ist, bekommt keine Behandlung“, auch wenn man ihn behandeln könnte.

Soweit also zur Tötung von Unschuldigen. Dann schreibt Jone folgendes über die Tötung eines Schuldigen:

„I. Ein Verbrecher darf getötet werden, wenn gerichtlich der Beweis erbracht wurde, daß es moralisch sicher ist, er habe ein schweres Vergehen begangen, auf das vom Staate im Interesse des Allgemeinwohls die Todesstrafe gesetzt ist, und wenn dann jemandem vom Staate der Auftrag gegeben wurde, das Todesurteil zu vollstrecken.

Lynchjustiz ist deshalb verboten. – Polizisten usw. dürfen einen zum Tode verurteilten Verbrecher, der flieht, nur dann erschießen, wenn sie dazu den Auftrag haben. – Ein Soldat auf Posten darf auf Befehl des Staates auf jemanden schießen, der trotz der Warnung nicht stehen bleibt; er muß aber darauf sehen, daß er ihn nur verwundet, nicht tötet. – Ähnliches gilt von Grenzbeamten, wenn Schmuggler trotz der erfolgten Warnung fliehen. – Vor der Hinrichtung muß dem Verbrecher Zeit gegeben werden, die heiligen Sakramente zu empfangen. Will er sie nicht empfangen, so darf er doch hingerichtet werden.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 175, Nr. 214)

Die Todesstrafe ist ja inzwischen in der Kirche sehr umstritten. Papst Johannes Paul II. meinte, man solle sie nur anwenden, wenn der Staat sich nicht auf andere Weise vor Verbrechern schützen könnte, und Papst Franziskus ist (wenn auch oft vage formuliert) noch stärker dagegen. Historisch hat die Kirche allerdings immer gesagt, dass die Todesstrafe rechtmäßig sein kann, und zwar nicht nur als gemeinschaftliche Selbstverteidigung, sondern einfach auch als Strafe (auch früher gab es ja sichere Gefängnisse/Kerker, sodass die damaligen Staaten zumindest in einigen Fällen nicht auf die Todesstrafe angewiesen gewesen wären); sie hat auch von Häretikern wie den Waldensern verlangt, die Legitimität von Todesstrafe und gerechtem Krieg anzuerkennen und den totalen Pazifismus abzulehnen, wenn sie wieder zur Kirche zurückkehren wollten. Hier sind die nicht auf unfehlbare Weise (d. h. nicht ex cathedra) getätigten Äußerungen von zwei oder drei neueren Päpsten also nicht ausschlaggebend.

Der Punkt an einer Strafe ist ja, dass dem Verbrecher in verhältnismäßiger Weise etwas zugefügt werden soll, was in etwa seinem Verbrechen entspricht, damit die Gerechtigkeit wiederhergestellt ist. Z. B. wäre eine Geldstrafe für Ladendiebstahl, eine Gefängnisstrafe für Entführung verdient. Eine Strafe ist dann gut, wenn sie verdient ist; nicht nur zur Abschreckung oder zur Besserung des Täters. Abschreckung und Besserung sind legitime Nebenzwecke, aber sie dürfen nicht die Hauptzwecke werden. Denn wenn man die Wiederherstellung der Gerechtigkeit als Hauptzweck ganz abschaffen würde und nur noch auf Abschreckung und Besserung schauen würde, könnte das zu so einigen Ungerechtigkeiten führen. Nicht nur in dem Sinn, dass man manche Verbrecher, die eine schwere Strafe verdient hätten, nur kurz zum Psychologen schicken könnte, sondern auch in dem Sinn, dass man Kleinkriminelle ewig einsperren könnte, bis der zuständige Psychologe sie für ausreichend gebessert hält, oder dass man jemanden auf härtere Weise als verdient bestrafen könnte, um andere abzuschrecken. Man darf nur dann und höchstens in dem Maß strafen, wie jemand es verdient hat, und dann ist Strafe auch etwas Gutes, und sollte in etwa dem entsprechen, was derjenige eben durch die Tat verdient hat. Über diese Strafzwecke heißt es übrigens auch im Katechismus der Katholischen Kirche: „Die Strafe soll in erster Linie die durch das Vergehen herbeigeführte Unordnung wiedergutmachen. Wird sie vom Schuldigen willig angenommen, gilt sie als Sühne. Zudem hat die Strafe die Wirkung, die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Personen zu schützen. Schließlich hat die Strafe auch eine heilende Wirkung: sie soll möglichst dazu beitragen, daß sich der Schuldige bessert.“ (KKK, Nr. 2266)

Und weil die Schwere der Todesstrafe in etwa der Schwere mancher Verbrechen – insbesondere des Mordes, aber auch der Vergewaltigung, der schweren Verstümmelung, des Kindesmissbrauchs o. Ä. – entspricht, ist sie gerechtfertigt. Das ist nicht Rache, sondern Gerechtigkeit.

Das entspricht auch dem Zeugnis der Bibel. Beim Bund mit Noah heißt es: „Wer Blut eines Menschen vergießt, um dieses Menschen willen wird auch sein Blut vergossen. Denn als Bild Gottes hat er den Menschen gemacht.“ (Gen 9,6) Hier wird also die Todesstrafe für Mörder gerade mit der Menschenwürde der Opfer begründet. Auch Paulus schreibt im Neuen Testament, dass der Staat durch Gottes Willen „das Schwert trägt“ (Röm 13,4), d. h. von Gott die Autorität erhalten hat, Strafen wie die Todesstrafe an Verbrechern zu vollstrecken, und Jesus zitiert in positiver Weise gegenüber den Pharisäern ein Beispiel für die Todesstrafe aus dem Mosaischen Gesetz (nämlich für schwere Misshandlung der Eltern).

Das Recht auf Leben ist ein Recht, das (wie z. B. das Recht auf Freiheit) verwirkt werden kann, und die Todesstrafe widerspricht auch nicht der Menschenwürde; es entspricht gerade der Menschenwürde, dass ein Verbrecher die volle Verantwortung für seine Taten, die er aus freiem Willen getan hat, akzeptiert und Sühne leistet.

Selbstverständlich muss ein Verbrechen klar bewiesen sein, dem Verurteilten Gelegenheit zur Beichte gegeben werden usw. Dass er, wenn er sich nicht bekehrt, trotzdem hingerichtet werden darf, liegt einfach daran, dass jemand, der sich sogar im Angesicht des Todes nicht bekehrt, sich wahrscheinlich auch in vierzig Jahren im Gefängnis nicht bekehren würde, und dass sonst jeder Verbrecher der Todesstrafe entgehen könnte, indem er Reuelosigkeit demonstriert. Wenn er wirklich nicht bereuen will, ist er selbst dafür verantwortlich.

Man muss als Katholik nicht für die praktische Anwendung der Todesstrafe sein (ich persönlich halte ihre Anwendung allerdings aus diversen praktischen Gründen für gar keine schlechte Idee), man muss sich auch nicht dafür einsetzen, sie in seinem jeweiligen Land wieder einzuführen oder beizubehalten, aber sie völlig verdammen darf man nicht. Wer sich für dieses Thema genauer interessiert und sich sicher sein will, dass die Kirche das wirklich so lehrt, dem sei das Buch „By man shall his blood be shed. A Catholic defense of capital punishment“ von Edward Feser und Joseph Bessette empfohlen.

Lynchjustiz (egal, ob die Täter so weit gehen, den mutmaßlichen Verbrecher zu töten, oder ihn nur anderweitig bestrafen, z. B. verprügeln) ist Sünde, weil ein Verbrecher ein Recht auf einen anständigen Prozess hat und nur die staatliche Autorität von Gott ermächtigt ist, nachträglich zu strafen (während Notwehr gegen eine gegenwärtige Gefahr jedem erlaubt ist). Es fragt sich allerdings, ob, wenn es keine Regierung mehr gibt, in einem Zustand der Anarchie, auch die Bürger selber ein Gericht einrichten und einen Prozess abhalten könnten. Das muss man wahrscheinlich bejahen, denn wenn kein Staat da ist, fällt die Souveränität wieder an das Volk zurück. In dem Fall sollte freilich nicht gerade der Geschädigte den Richter stellen, es müsste auch einen fairen Prozess geben etc.

Dann zum Thema Notwehr:

„II. Ein ungerechter Angreifer darf getötet werden, wenn sämtliche im folgenden aufgezählte Voraussetzungen gegeben sind.

1. Die Güter, die verteidigt werden, müssen einen großen Wert haben.

Als solche Güter gelten: Das Leben, die Unversehrtheit der Glieder, die Keuschheit, auch zeitliche Gütr von großem Wert. – Bei der Verteidigung zeitlicher Güter von geringem Wert kann der Angreifer nur dann getötet werden, wenn er dem Eigentümer, der sie verteidigt, nach dem Leben strebt. – Wie das eigene Leben und die eigenen Glücksgüter, so darf man auch das Leben und die Güter anderer verteidigen.

2. Der Angreifer muss ein actualis und iniustus aggressor sein. [D. h. ein gegenwärtiger und ungerechter Angreifer. Ein nachträglicher Racheakt ist nicht erlaubt, auch nicht die Verteidigung gegen jemanden, der sich z. B. nur seinen rechtmäßigen Besitz zurückholen will, oder dessen bloße Anwesenheit einen gefährdet (z. B. bei einem ansteckenden Kranken), ohne dass er einen irgendwie angreift. Deshalb ist es auch keine Notwehr, wenn man bei Lebensgefahr für die Mutter ein ungeborenes Kind tötet, denn das Kind ist ohne eigene Schuld einfach da und tut nichts, um jemanden anzugreifen.]

Trifft dies zu, dann ist die erwähnte Verteidigung auch gestattet gegen Eltern, Vorgesetzte, Kleriker.

a) Actualis aggressor ist vorhanden, wenn es sich um einen augenblicklichen oder unvermeidlich bevorstehenden Angriff handelt.

Die Verteidigung ist also erlaubt, wenn der andere den Dolch oder Revolver zielt, das Gewehr anlegt, den Hund auf jemanden hetzt, seinen Helfershelfer herbeiruft, nicht aber, wenn es sich nur um einen drohenden oder befürchteten Angriff handelt. – Ist der Angriff bereits vorüber, dann wäre die Tötung nicht mehr Notwehr, sondern Rache. […] Aus demselben Grunde ist es auch verboten, nachträglich seine Ehre gegen vorhergegangene Real- oder Verbalinjurien durch Tötung des Beleidigers zu verteidigen. – Anders ist es selbstverständlich, wenn ein Dieb mit einer großen Summe Geldes flieht.

b) Aggressor iniustus ist vorhanden, wenn der Angriff wenigstens materiell ungerecht ist.

Deshalb darf man in der Notwehr auch einen Irrsinnigen oder Betrunkenen töten.

3. Die Verteidigung muß geschehen cum moderamine inculpatae tutelae, d. h. man darf den Angreifer nicht mehr schädigen, als es unbedingt zur Verteidigung nötig ist.

[…] Kann der Angreifer durch Verwundung unschädlich gemacht werden, so darf man ihn nicht töten. Wegen der großen Aufregung, in der sich der Angegriffene befindet, wird er aber nur selten schwer sündigen durch Überschreiten der Grenzen einer gerechten Notwehr.

Anmerkung. Eine Pflicht, auf diese Weise sein eigenes Leben zu verteidigen, besteht für gewöhnlich nicht.

Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Angegriffene entweder für das allgemeine Wohl notwendig ist oder im Stande der Todsünde sich befindet, so daß er im Falle des Todes ewig verlorengeht. – Andere (Gattin, Kinder, Eltern, Geschwister) kann man aus Pietät gegen einen ungerechten Angriff verteidigen müssen. Von Amts wegen können Polizeidiener usw. zur Verteidigung anderer verpflichtet sein.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 175f., Nr. 215)

Dass nicht nur gegen jemanden, der einen ermorden, sondern auch gegen jemanden, der einen vergewaltigen, entführen, versklaven oder verstümmeln will, im Notfall tödliche Notwehr erlaubt ist, sollte relativ unumstritten sein; aber manche werden vielleicht Anstoß daran nehmen, dass sie auch bei einem Einbrecher/Dieb erlaubt sein soll, der etwas Wertvolles stiehlt. „Sollte man das Leben eines anderen für weniger wert erachten als den eigenen Besitz?“ könnte jemand fragen. Aber das trifft den Sachverhalt nicht ganz. Erstens können auch Besitztümer eben sehr wichtig für jemanden sein; nehmen wir mal an, einem Armen in einem Dritte-Welt-Land werden alle seine Ersparnisse gestohlen. Außerdem kann man einfach den Spieß umdrehen und sagen: Einem Dieb, der sein Diebesgut nicht fallen lässt, auch wenn er mit einer Waffe bedroht wird, ist offensichtlich das Diebesgut mehr wert als sein eigenes Leben. Da ist er selbst schuld. Einen Taschendieb, der einem zwanzig Euro geklaut hat, darf man freilich nicht erschießen.

Austin Fagothey schreibt dazu:

„Der Mensch hat ein Recht nicht nur auf das Leben selbst, sondern auf ein menschliches Leben, ein normales und anständiges Leben, das zu einem rationalen Wesen passt. Das Recht des Menschen auf Leben wäre wenig wert, wenn er nicht auch sein Recht verteidigen dürfte, dieses Leben auf eine Weise zu leben, die einem Menschen zukommt. Dieses Recht beinhaltet den Besitz gewisser Güter, die das Leben lebenswert machen, Güter, die manche Autoren dem Leben gleichwertig nennen. Gewalt darf angewendet werden, um diese Güter zu verteidigen, auch bis hin zur Tötung des ungerechten Angreifers, unter denselben Bedingungen, die auf die Verteidigung des Lebens selbst zutreffen. Solche Güter, die dem Leben gleichstehen, sind:

(1) Glieder und Sinne

(2) Freiheit

(3) Keuschheit

(4) Materielle Güter von großem Wert

Die ersten drei sollten offensichtlich sein wegen ihrer persönlichen Natur. Viele würden lieber sterben, als sich solchen Übeln wie Vergewaltigung, Geisteskrankheit, Blindheit oder Versklavung zu unterwerfen, und, ob sie das würden oder nicht, wieso sollte irgendjemand einem Unmenschen nachgeben müssen, der versucht, sie einem aufzuzwingen? Materielle Güter, selbst von großem Wert, können zuerst unverhältnismäßig im Vergleich zum Nehmen von menschlichem Leben wirken, aber der soziale wie auch der persönliche Aspekt müssen beachtet werden, und das Wohl der Gesellschaft verlangt, dass die Menschen sicher im Besitz ihres Eigentums sind. Gewaltakte, ob gegen jemandes Person oder gegen jemandes Eigentum, können nicht ungehindert in der Gesellschaft zugelassen werden, und als letzter Ausweg können sie nur durch Gegengewalt gehindert werden. Der Angreifer kann sein Leben leicht retten, indem er seine Aggression aufgibt.“ (Austin Fagothey, Right and Reason, 2. Aufl., St. Louis 1959, S. 293)

Selbstverteidigung ist auch gegenüber einem Verrückten erlaubt, der nicht realisiert, was er tut, denn der andere ist nicht verpflichtet, seine Rechte verletzen und sich töten zu lassen, weil der Angreifer verrückt ist; das Lebensrecht des Angreifers tritt hier zurück, auch wenn er wenig dafür kann.

Polizisten haben die Pflicht, andere auf eine solche Weise zu verteidigen, wenn nötig; Väter haben diese Pflicht gegenüber ihren Kindern, etc., aber der durchschnittliche Mensch hat diese Pflicht nicht gegenüber jedem Fremden. Wenn man auf der Straße einen Messerangriff sieht, hat man die Pflicht, die Polizei zu rufen, aber nicht, sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, indem man eingreift – auch wenn es sehr heldenhaft wäre und man vielleicht auch andere dazu bringen könnte, mit einem zusammen einzugreifen.

„Selbstverteidigung“ eines Verbrechers gegen Gefängniswärter, die ihn einsperren wollen, ist natürlich nicht erlaubt; denn diese Wärter sind keine ungerechten Angreifer.

Wenn man sicher wüsste, dass jemand einen Mordplan gegen einen schmiedet und ausführen will, und man keine andere Verteidigungsmöglichkeit hat (z. B. indem man die Polizei ruft), wäre es auch erlaubt, demjenigen zuvorzukommen; allerdings nicht, wenn er nur gedroht hat oder man etwas vermutet, denn Drohungen werden oft nicht ausgeführt und Vermutungen können falsch sein. Wenn man aus bloßem Verdacht jemanden töten dürfte, hätten wir bald eine unschöne Gesellschaft, so hart es auch ist, wenn jemand z. B. unter Drohungen eines Stalkers leben muss und ständig Vorkehrungen für mögliche Notwehrsituationen treffen muss.

Dann zu einem anderen Thema, dem Duell, das heute eigentlich nur noch die schlagenden Studentenverbindungen betrifft:

„I. Begriff. Unter Duell versteht man einen Einzelkampf, der auf Verabredung unternommen wurde mit Waffen, die geeignet sind, jemanden zu töten oder schwer zu verwunden.

Ein Einzelkampf ist vorhanden, wenn einer gegen einen oder wenige gegen wenige kämpfen. – Die Verabredung bezieht sich auf Zeit, Ort und Waffen. – Demnach liegt kein Duell vor, wenn zwei im augenblicklichen Zorn sich an einen bestimmten Platz begeben und dort schlagen. Eine schwere Verwundung ist eine schwer sündhafte Verwundung. Ein Kampf mit Stöcken oder Ruten ist demnach kein Duell. Wohl aber fallen die studentischen Mensuren unter den Begriff eines Duells (S. C. C. 13. (20.) Juni 1925).

II. Erlaubtheit des Duells. 1. Auf öffentliche Autorität hin ist das Duell erlaubt im Interesse des Allgemeinwohls, das durch einen Krieg großen Schaden leiden würde. [Hier ist gemeint, dass zwei Kriegsparteien sich einigen, statt einer Schlacht ein Duell zwischen zwei Kämpfern austragen zu lassen, und das Ergebnis dann als Kriegsergebnis zu akzeptieren, wie es im Mittelalter vorkommen konnte.]

Zur Sühne für eine Beleidigung, zur Beilegung von privaten Streitigkeiten usw. ist das Duell auch auf öffentliche Autorität hin nicht erlaubt.

2. Auf private Autorität hin ist das Duell schwer sündhaft.

Dies gilt auch, wenn sich jemand nur duelliert, um den größten Übeln zu entgehen, z. B. Verlust seiner Stellung und seines Lebensunterhaltes.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 177, Nr. 216; es geht dann noch weiter mit den kirchenrechtlichen Strafen für Duellanten, aber das bezieht sich auf das alte Kirchenrecht.)

D. h. im Endeffekt für heutige Katholiken vor allem, dass sie nicht Mitglied in einer schlagenden Studentenverbindung sein können, denn hier wird mit scharfen Waffen gekämpft, die auch Verletzungen verursachen können, unabhängig davon, wie viel Schaden genau die Duellanten anrichten wollen. Das wäre schwere Sünde. Der sportliche Fechtkampf ist unbedenklich; hier sind erstens die Waffen weniger gefährlich, zweitens die Sportler besser geschützt und drittens die Intention eine andere.

Duelle wegen Ehrverletzungen sind eben auch deshalb verboten, weil sie keine geeignete Verteidigung sind, sondern eher Rache; die Unwahrheit einer Verleumdung wird nicht dadurch erwiesen, dass der Verleumdete den Verleumder im Duell tötet.

Auch der hl. Alphons schreibt übrigens über Duelle, dass sie weder als Gottesurteile bei Gerichtsverfahren erlaubt sind noch aus persönlicher Feindschaft oder sonstigen Gründen:

„1. Ein Duell ist nicht erlaubt, um Wahrheit oder Gerechtigkeit zu erkunden, oder zur Reinigung vom Objekt eines Verbrechens, oder um ein Gerichtsverfahren zu beenden, weil es trügerisch ist, ja ein abergläubisches Mittel zu diesem Zweck, da selbst einer, der unschuldig an einem Mord ist, es tun und leiden könnte […]

2. Auch nicht aufgrund von Feindschaft oder um eine Verletzung zu rächen oder um seine Mannhaftigkeit zu zeigen oder aus Vergnügen.“ (St. Alphonsus Liguori, Moral Theology, Band II, aus dem Lateinischen übersetzt von Ryan Grant, Post Falls 2017, S. 447. Meine Übersetzung aus dem Englischen.)

Außerdem schreibt er, dass es auch Sünde wäre, ein Schein-Duell auszufechten, wegen des Ärgernisses (d. h. des schlechten Beispiels) für andere, und ebenso, einen Verleumder, der einen eines Verbrechens beschuldigen will, zu einem Duell herauszufordern, und erwähnt noch einen Sonderfall: „Es ist auch erlaubt, [ein Duell] zu akzeptieren, wenn jemand einen sowieso töten will, aber einem eine Waffe zugesteht, so dass man das Schicksal testen kann. Das ist nur eine Verteidigung, angenommen dass man es nicht auf andere Weise vermeiden kann.“ (St. Alphonsus Liguori, Moral Theology, S. 448)

Dann schreibt Jone über den Krieg:

„I. Erlaubtheit des Krieges. Sowohl der Verteidigungs- als auch der Angriffskrieg kann erlaubt sein, wenn ein gerechter Grund da ist, der wichtig genug ist, so große Übel zuzulassen, wie sie mit dem Kriege verbunden sind.

Die Erlaubtheit des Krieges überhaupt ergibt sich aus der Tatsache, daß es gestattet ist, sich gegen einen ungerechten Angreifer zu verteidigen oder seine Rechte auch mit Gewalt geltend zu machen, wenn keine höhere Autorität da ist, welche sie schützt. Vorausgesetzt ist aber immer, daß man auf andere Weise (z. B. durch Verhandlungen) sein Recht nicht erhalten kann.

[Anmerkung: Ein Angriffskrieg könnte z. B. erlaubt sein, um einem sicheren Angriff des anderen Staates zuvorzukommen, oder weil der andere Staat eindeutig Terrorgruppen Unterschlupf gewährt, die einen angreifen wollen, oder weil in diesem Staat ein Völkermord passiert und eine humanitäre Intervention nötig ist, oder weil er vor zwei Jahren ein Gebiet widerrechtlich an sich gerissen hat, das man ihm wieder nehmen will o. Ä. An sich kann man einfach sagen, dass immer eine bedeutende Verletzung der Gerechtigkeit durch die Gegenseite nötig ist, um einen Krieg zu rechtfertigen, ob er dann am Ende direkt wie ein Verteidigungs- oder wie ein Angriffskrieg aussieht.]

II. Teilnahme am Krieg. Ist der Krieg sicher erlaubt, dann kann jedermann am Kriege als Soldat teilnehmen. – Besteht Zweifel an der Gerechtigkeit des Krieges und kann der Zweifel nicht gelöst werden, dann dürfen die schon vorher angeworbenen Soldaten kämpfen, ebenso die Untertanen, die vom Staate zur Teilnahme verpflichtet werden. [Der Grund dafür ist, dass es vorrangig Aufgabe des Staates ist, der auch alle Informationen von Geheimdiensten usw. hat, die Gerechtigkeit des Krieges festzustellen.] – An einem offenbar ungerechten Krieg darf sich niemand beteiligen.

Einem Privatmann wird es unter den modernen Verhältnissen praktisch fast immer unmöglich sein, einen etwaigen Zweifel über die Gerechtigkeit des Krieges zu lösen. – Wer gezwungen an einem offenbar ungerechten Kriege teilnimmt, darf den Feind weder verwunden noch töten, außer derselbe wollte ihn töten, obwohl er sich ergibt.

III. Bei der Kriegsführung ist alles erlaubt, was zur Erreichung des Zieles notwendig oder nützlich ist, vorausgesetzt, daß es nicht durch göttliches Recht oder durch das Völkerrecht verboten ist.

Es ist deshalb erlaubt, einen Hinterhalt zu legen oder sonst eine Kriegslist zu gebrauchen. Das Völkerrecht verbietet, daß solche, die nicht Soldaten sind, sich irgendwie an den Kämpfen beteiligen; daß gefangene Soldaten nur deshalb getötet werden, weil sie Feinde sind; daß Privateigentum geplündert werde. Die Wertsachen, welche die Gefallenen bei sich haben, gehören den Erben, wenn sie ermittelt werden können. Kontributionen, um sich zu bereichern, sind unerlaubt. Gestattet aber ist es, Kriegsleistungen zu fordern, wie sie auch die Landesregierung fordern könnte. Mit Erlaubnis des Vorgesetzten dürfen daher die Soldaten derartige Dinge auch Privatleuten wegnehmen.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 178f., Nr. 218f.) (Hier ist gemeint: Wenn man ein feindliches Gebiet besetzt hat, darf man von der Bevölkerung dort etwas für den Unterhalt der Armee fordern, damit ihr nicht die Lebensmittel ausgehen o. Ä., so wie der Staat, dessen Gebiet man besetzt hat, von seinen Bürgern Steuern verlangen könnte.)

Krieg ist generell deswegen nicht an sich schlecht, weil Staaten das Recht auf Selbsterhaltung haben, und daher Verletzungen ihrer Rechte abwehren dürfen. Wenn der Pazifismus korrekt wäre, hieße das, dass sich ein Staat seinen Aggressoren einfach beugen müsste und nicht einmal Druckmittel gegen sie hätte.

Um die Kriterien für den gerechten Krieg noch einmal zusammenzufassen:

  • Gerechter Grund (z. B. ungerechter Angriff des anderen Staates)
  • Gerechte Absicht (z. B. nur den Angriff abzuwehren und zukünftige Angriffe zu verhindern, nicht auch noch das andere Volk auszurotten; Gerechtigkeit, nicht Rache oder Hass)
  • Gerechte Kriegsführung (keine Kriegsverbrechen)
  • Kriegserklärung durch die gerechte Autorität

Was das letzte Kriterium angeht: Ein General darf z. B. nicht selber einfach zum Krieg aufbrechen und Fakten schaffen, wenn das Staatsoberhaupt es noch mit Diplomatie richten will. Es fragt sich aber, ob in Abwesenheit einer funktionierenden Regierung auch der von den Kämpfern selbst begonnene Partisanenkrieg o. Ä. rechtmäßig wäre. Austin Fagothey schreibt dazu:

„Guerillakrieg im Sinn von Überfällen, die von keiner rechtmäßigen Regierung autorisiert wurden, kann nicht gerechtfertigt werden. Aber Guerillataktiken können in einem von der legitimen Autorität erklärten Krieg verwendet werden, insbesondere in vom Feind besetzten Regionen. Sogar die Tatsache, dass eine Regierung sich einem ungerechten Angreifer ergeben hat, bedeutet nicht, dass alle Widerstandsbewegungen im Untergrund aufhören müssen, weil sie keine richtige Berechtigung haben, denn sie haben legitimerweise begonnen und können mit der Hoffnung auf ausländische Hilfe weitermachen. Als die Regierung abgetreten ist, ist die Souveränität wieder dem Volk zugefallen, das nun implizit die Widerstandsführer als seine zeitweiligen Anführer anerkennt. Aber wenn jede Erfolgschance verloren ist und das Volk seine Unterstützung zurückgezogen hat, würden Guerillakämpfer Banditen werden.“ (Austin Fagothey, Right and Reason, S. 563) M. E. müsste man dann auch sagen, wenn der Widerstand noch nicht begonnen hat, bevor die Regierung kapituliert hat, dürfte er trotzdem hinterher beginnen, weil die Souveränität auch da wieder dem Volk zugefallen ist, das den Guerillakrieg autorisieren kann. Anders sieht es aus mit Guerillakrieg, wenn noch eine funktioniernde Regierung da ist, die z. B. mit dem Feind Frieden schließen will, während die Guerillakrieger das für ein schändliches Nachgeben halten und einfach weiterkämpfen.

Es wurde gesagt, dass für den Krieg ein gerechter Grund nötig ist, z. B., dass der andere Staat sich gerade Gebiete unter den Nagel gerissen hat, die man wieder zurückholen und deren Bevölkerung man befreien will, oder dass der andere Staat einen direkt angreift. Mittelalterliche Theologen nennen manchmal auch den strafenden Krieg einen gerechten Krieg; evtl. könnte es laut dieser Theorie gerechtfertigt sein, einen Angriff zu führen, weil man z. B. Kriegsverbrecher (aus einem vorigen Krieg) der anderen Seite fassen und bestrafen will. Angesichts der großen Übel jedes Krieges dürfte es aber heutzutage wohl kaum je klug oder verhältnismäßig sein, allein aus diesem Grund einen neuen Krieg zu beginnen. (Man könnte unter mittelalterlichen Verhältnissen z. B. an einen kleinen Feldzug denken, um einen Raubritter endlich zu fassen und vor Gericht zu stellen. Das wäre dann ja allerdings auch ein Verteidigungskrieg gegen noch weitere zu erwartende Angriffe, nur mit dem zusätzlichen Zweck der Bestrafung.)

Der Grund für den Krieg muss immer ein verhältnismäßiger sein, d. h. die Übel des Krieges müssen die ohne Krieg erwartbaren Übel aufwiegen, und der Krieg muss das letzte Mittel sein.

Dann stellt sich noch die Frage nach den Mitteln. Besondere Schwierigkeiten bereitet hier die Atombombe, die immer ein riesiges Gebiet zerstört und mit der man nicht wirklich auf militärische Ziele zielen und Wohngebiete in Ruhe lassen kann. Deswegen kann sie eigentlich kaum gerechtfertigt werden, auch nicht zu Abschreckungszwecken, denn abschrecken kann man nur mit etwas, das man im Notfall auch einsetzen würde; kein Staat reagiert auf bekanntermaßen leere Drohungen. Ein bedrohter Staat müsste eher stattdessen besonders stark in konventionelle Waffen und Abwehrsysteme investieren. Man kann ein paar Gedankenspiele durchgehen (könnte man eine Atombombe verwenden, wenn der Feind seine wichtigsten Zentren der Waffenherstellung in einem bestimmten Gebiet hat, und man mit der Atombombe alle diese Zentren auf einmal zerstören könnte?), aber am Ende spricht doch das meiste dafür, dass es immer falsch ist, sich Atombomben anzuschaffen. Ähnlich sieht es bei der biologischen Kriegsführung aus, d. h. wenn man neue Krankheiten in die Welt setzt. Diese Krankheiten lassen sich  nicht kontrollieren und treffen Soldaten und Zivilisten gleichermaßen, ergo Kriegsverbrechen.

Staatslenker sind damit beauftragt, den Frieden zu wahren, der nicht nur Abwesenheit bewaffneter Auseinandersetzungen, sondern die „Ruhe in der Ordnung“ ist.

Für Soldaten in einem gerechten Krieg wäre die Desertation eine Sünde, es sei denn, es ist klar, dass jede Hoffnung, noch zu siegen, vergebens ist.

Wie sieht es zuletzt mit dem Tyrannenmord aus? Der wäre, ähnlich wie ein Putschversuch, eine Rebellion allgemein wohl nur im schlimmsten Notfall erlaubt. Siehe dazu auch Teil 10b.

Dann das Thema Hass und Zorn: Dazu, inwiefern die Nächstenliebe den Hass verbietet und was das praktisch bedeutet, habe ich hier schon geschrieben. Ein gewisses Grundmaß an Wohlwollen und Vergebungsbereitschaft ist jedem gegenüber Pflicht; auch wenn sich das gut damit verträgt, z. B. einen Verbrecher in verhältnismäßiger Weise bestraft sehen zu wollen oder mit jemandem, dem man nicht vertrauen kann, nichts mehr zu tun haben zu wollen. Der Zorn ist dann schlecht, wenn er ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig ist; und dann gut (nicht nur neutral, sondern gut), wenn er gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Wenn große Ungerechtigkeiten einen gar nicht stören würden, wäre das schlecht. Freilich ist es keine Sünde, wenn man nicht wegen jeder Ungerechtigkeit, von der man in der Zeitung liest, ständig aufgebracht ist; man kann sich nicht auf alles Unrecht in der Welt konzentrieren und muss sich auch über das Gute freuen. Aber einen gewissen Zorn sollte jeder normale Mensch kennen.

Was Beleidigungen, Verleumdungen etc. angeht: Dazu beim 8. Gebot.

Zuletzt noch bzgl. der Achtung vor Sterbenden und Toten: Sterbenden muss Gelegenheit zum Empfang der Sterbesakramente gegeben werden. Tote Körper müssen ehrfürchtig behandelt und angemessen bestattet werden. Eine Autopsie ist allerdings zulässig und jemand darf auch seine Einwilligung geben, seinen Körper nach seinem Tod der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen; diejenigen, die ihn sezieren, müssen seinen Körper freilich so würdevoll wie möglich behandeln. Es stellt sich auch die Frage, ob man Leichen (z. B. Moorleichen, Mumien etc.) in Museen ausstellen darf; wie lange die Betreffenden schon tot sind, spielt keine Rolle, und sie hatten sich nicht vorgestellt, dass Archäologen später ihr Grab öffnen. Besser wäre es sicher, sie nach der Erforschung wieder zu bestatten und nur Nachbildungen ins Museum zu stellen. Die traditionelle christliche Weise der Bestattung ist die Erdbestattung; die Feuerbestattung wurde ursprünglich von Säkularisten eingeführt, die damit auch dem Glauben an die Auferstehung des Leibes widersprechen wollten. (Natürlich wird auch ein verbrannter Leib auferstehen; es geht um Symbolik.) Inzwischen hat die Kirche die Feuerbestattung allerdings auch erlaubt, wenn man sie nicht aus einem solchen Grund durchführt. Allerdings ist eine Erdbestattung zweifellos angemessener, und es ist nicht gut, wenn jemand sich z. B. aus Geldnot für eine Feuerbestattung entscheiden muss.

Moraltheologie und Kasuistik, Teil 11a: Das 5. Gebot – Pflichten gegen das eigene Leben

Die praktische moraltheologische Bildung der Katholiken muss dringend aufgebessert werden – ich hoffe, da werden meine Leser mir zustimmen. Und ich meine hier schon auch ernsthafte Katholiken. In gewissen frommen Kreisen wird man heutzutage ja, wenn man Fragen hat wie „Muss ich heute Abend noch mal zur Sonntagsmesse gehen, wenn ich aus Nachlässigkeit heute Morgen deutlich zu spät zur Messe gekommen bin?“ oder „Darf ich als Putzfrau oder Verwaltungskraft in einem Krankenhaus arbeiten, das Abtreibungen durchführt?“ oder „Wie genau muss ich eigentlich bei der Beichte sein?“ mit einem „sei kein gesetzlicher Erbsenzähler!“ abgebügelt. Und das ist nicht hilfreich. Gar nicht. Weil das ernsthafte Gewissensfragen sind, mit denen manche Leute sich wirklich herumquälen können. Und andere Leute fallen ohne klare Antworten in einen falschen Laxismus, weil sie keine Lust haben, sich ewig mit diesen Unklarheiten herumzuquälen und meinen, Gott werde es eh nicht so genau nehmen, und wieder andere in einen falschen Tutiorismus, wobei sie meinen, die strengste Möglichkeit wäre immer die einzig erlaubte.

 Auf diese Fragen kann man sehr wohl die allgemeinen moraltheologischen Prinzipien – die alle auf das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zurückgehen – anwenden und damit zu einer konkreten Antwort kommen. Man muss es sich nicht schwerer machen, als es ist. Und nochmal für alle Idealisten: „Das und das ist nicht verpflichtend“ heißt nicht, dass man das und das nicht tun darf oder es nicht mehr empfehlenswert oder löblich sein kann, es zu tun. Es heißt nur, dass die Kirche (z. B. in Gestalt des Beichtvaters) nicht von allen Katholiken verlangen kann, es zu tun.

 Zu alldem verweise ich einfach mal noch auf einen meiner älteren Artikel. Weiter werde ich mich gegen den Vorwurf der Gesetzlichkeit hier nicht verteidigen.

 Jedenfalls, ich musste öfters lange herumsuchen, bis ich zu meinen Einzelfragen Antworten gefunden habe, und deshalb dachte mir, es wäre schön, wenn heute mal wieder etwas mehr praktische Moraltheologie und Kasuistik betrieben/kommuniziert werden würde; aber manches, was man gerne hätte, muss man eben selber machen, also will ich in dieser Reihe solche Einzelfragen angehen, so gut ich kann, was hoffentlich für andere hilfreich ist. Wenn ich bei meinen Schlussfolgerungen Dinge übersehe, möge man mich bitte in den Kommentaren darauf hinweisen. Nachfragen sind auch herzlich willkommen. Bei den Bewertungen, was verpflichtend oder nicht verpflichtend, schwere oder lässliche oder überhaupt keine Sünde ist („schwerwiegende Verpflichtung“ heißt: eine Sünde, die wirklich dagegen verstößt, ist schwer), stütze ich mich u. a. auf den hl. Thomas von Aquin, ab und zu den hl. Alfons von Liguori, und auf Theologen wie Heribert Jone (1885-1967); besonders auf letzteren. Eigene Spekulationen werden (wenn ich es nicht vergesse) als solche deutlich gemacht. Alle diese Bewertungen betreffen die objektive Schwere einer Sünde; subjektiv kann es Schuldminderungsgründe geben. Zu wissen, ob eine Sünde schwer oder lässlich ist, ist für die Frage nützlich, ob man sie beichten muss, wenn man sie bereits getan hat; daher gehe ich auch darauf ein; in Zukunft muss man natürlich beides meiden.

Wer nur knappe & begründungslose Aufzählungen von christlichen Pflichten und möglichen Sünden sucht, dem seien diese beiden Beichtspiegel empfohlen. (Bzgl. dem englischen Beichtspiegel: Wenn hier davon die Rede ist, andere zu kritisieren, ist natürlich ungerechte, verletzende Kritik gemeint, nicht jede Art Kritik, und bei Ironie/Sarkasmus ist auch verletzende Ironie/Sarkasmus gemeint.)

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/19/St_Alphonsus_Liguori.jpg

 (Der hl. Alfons von Liguori (1696-1787), der bedeutendste kath. Moraltheologe des 18. Jahrhunderts. Gemeinfrei.)

Alle Teile hier.

Beim 5. Gebot – „Du sollst nicht morden“ – geht es um die Pflichten gegen das menschliche Leben und die körperliche Unversehrtheit; es verbietet nicht nur Mord und Totschlag, sondern auch Verstümmelung, Körperverletzung, Entehrung von Toten etc., und im Endeffekt auch Hass und unmäßigen Zorn. (Die Mäßigung generell kann man auch unter diesem Gebot fassen, wenn man will.) Man kann in diesem Zusammenhang auch die Frage nach dem Leben von Tieren und dem Umgang mit der Umwelt stellen.

Der Grundsatz ist: Gott ist der Herr über das menschliche Leben. In drei Ausnahmefällen „delegiert“ er sein Recht darüber an Menschen, nämlich:

  • im Fall von Notwehr/Nothilfe an jeden, der den Angreifer abwehrt, insoweit das Töten notwendig ist
  • im Fall der Todesstrafe an den Staat
  • im Fall des gerechten Krieges an den sich im Recht befindenden Staat / dessen einzelne Soldaten

Das Recht auf Leben ist ein Recht, das verwirkt werden kann, aber eben nur durch eigene schwerwiegend falsche Handlungen, wenn man z. B. einen anderen mit einer tödlichen Waffe angreift. Aber grundsätzlich hat Gott jedem Menschen seine Lebenszeit zugewiesen, in der er sich bewähren soll, und weder man selbst noch andere haben sie zu beenden. Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit haben einen grundlegenden, aber instrumentalen Wert; man braucht sie, um irgendetwas anderes zu tun. Dass Gott das Recht hat, das Leben zu beenden heißt nicht einfach nur „es gehört Ihm, und was man nur verliehen hat, darf man wieder wegnehmen“, sondern eher: Das Leben ist sowieso nur etwas Vorläufiges, die eigentliche Bestimmung kommt in der Ewigkeit, und Gott weiß, wann es am besten ist, die Bewährungszeit zu beenden und den Menschen in sein eigentliches Schicksal aufzunehmen.

Das heißt nicht, dass der Tod nichts Schlechtes mehr ist. Er bedeutet das Auseinanderreißen von Leib und Seele und das ist etwas, das es eigentlich ohne den Sündenfall nicht hätte geben sollen. Trotzdem erkennt die Seele eben nach dem Tod Gott wirklich und geht an ihren eigentlichen Bestimmungsort (Himmel – evtl. mit Umweg über das Fegefeuer – oder Hölle), und am Jüngsten Tag wird der Tod völlig wiedergutgemacht werden, indem auch die Körper auferstehen und sich mit den Seelen wiedervereinen, sodass die Menschen wieder vollständige Menschen sind.

Da Gott dem Menschen das Leben gegeben hat – oder besser gesagt: konstant „gibt“ -, ist man auch verpflichtet, in vernünftigem Maß auf seine Gesundheit zu schauen und sich nicht absichtlich z. B. zu Tode zu saufen oder unnötige Todesrisiken einzugehen.

Daher jetzt genauer zu Pflichten gegen das eigene Leben; und in den nächsten zwei Artikeln zu Pflichten gegen fremdes Leben und dem Umgang mit Tieren und Umwelt.

Auch gegenüber dem eigenen Leben, hat man, wie gesagt, Pflichten. Der Selbstmord ist an sich schwere Sünde, aber man wird in Betracht ziehen müssen, dass Selbstmörder für gewöhnlich schwer psychisch krank sind und nicht ausreichend Kontrolle über ihre Handlungen haben, und eher Hilfe, Medikamente und treue Freunde als Ermahnungen brauchen. (Übrigens wurde dem hl. Pfarrer von Ars einmal offenbart, dass ein Selbstmörder vor dem Todeseintritt noch bereut hatte und nun zeitlich begrenzt im Fegefeuer war, nicht in der Hölle; ähnliches wird man in anderen Fällen erhoffen können. Früher war es kirchenrechtlich verboten, Selbstmörder auf kirchlichen Friedhöfen zu beerdigen, aber der hl. Alphons von Liguori schreibt über dieses Verbot: „Die Canones der Kirche verbieten das. Nichtsdestotrotz sind sie nicht in Bezug auf jene zu verstehen, die dies aus Raserei, Wahnsinn, oder unter extremer Traurigkeit leidend oder von Wahnvorstellungen gestört tun, oder von jemandem, der sicher vor seinem Tod daran gelitten hat. Und wenn es sicher wäre, dass ein Mensch sich selbst getötet hat, und unsicher, ob er das aus freier Entscheidung getan hat, ist ihm in der Praxis das heilige Begräbnis zu verwehren, da aufgrund der äußerlichen Tat angenommen wird, er habe frei gehandelt, außer das Gegenteil kann aus den Umständen geschlossen werden.“ (St. Alphonsus Liguori, Moral Theology, Band II, aus dem Lateinischen übersetzt von Ryan Grant, Post Falls 2017, S. 404. Meine Übersetzung aus dem Englischen.))

Trotzdem ist Selbstmord an sich falsch; und in manchen Fällen sind die Leute sehr wohl schuldig – z. B. wenn man ruhig plant, dass man Euthanasie in Anspruch nehmen will, wenn man nicht mehr selbstständig und gesund genug ist, weil man auf keinen Fall von anderen abhängig sein will, oder wenn man sich (was in manchen Kulturen üblich war) umbringt, um einen Ehrverlust zu vermeiden. Freilich: Die subjektive Schuld kann auch dann gemindert sein, weil viele Leute die Vorstellung internalisiert haben, dass man über sein eigenes Leben entscheiden darf und nicht auf der Erde ist, um einen Zweck zu erfüllen. Trotzdem ist es an sich falsch, wie eine Desertation falsch ist, oder wie es falsch ist, ein anvertrautes Gut zu zerstören; oft wird man damit auch der eigenen Familie Leid zufügen.

Der Moraltheologe Heribert Jone schreibt:

„I. Direkte Tötung seiner selbst ist schwere Sünde, wenn es auf eigene Autorität hin geschieht.

Es ist auch verboten, in der Absicht sich zu töten, einen Akt vorzunehmen, aus dem per accidens [als Nebenwirkung möglicherweise] der Tod folgt, z. B. stark rauchen, trinken usw., um sich das Leben abzukürzen. – […] Ein vom Staate rechtmäßig gefälltes Todesurteil im Auftrage des Staates an sich selbst vollziehen, ist wahrscheinlich erlaubt. [Hier dürfte an solche Fälle gedacht sein, wie sie z. B. in der Antike vorkamen, wenn Todesurteile dadurch vollzogen wurden, dass der Verurteilte Gift trinken musste.]

II. Indirekt sich töten ist an sich verboten, kann aber aus einem entsprechend schwerwiegenden Grunde erlaubt sein.

Indirekt tötet jemand sich selbst, wenn er den Tod zwar durchaus nicht beabsichtigt, aber mit Wissen und Willen eine Handlung vornimmt, aus der nicht nur die beabsichtigte gute Wirkung, sondern auch der Tod folgt. Dabei ist aber vorausgesetzt, daß die gute Wirkung aus der Handlung wenigstens gleich unmittelbar folgen kann wie der Tod.

Es ist daher erlaubt, sich von einem hohen Punkte herabzustürzen, um dem Feuertode zu entgehen, besonders wenn noch irgendeine Hoffnung besteht, mit dem Leben davonzukommen. Ähnlich darf eine Frau handeln, um sich aus den Händen eines Wüstlings zu retten, der sie ergreifen und vergewaltigen will. – Ebenso ist es im Kriege erlaubt, ein Festungswerk oder ein Schiff in die Luft zu sprengen, um dem Feinde zu schaden, auch wenn man voraussieht, daß man dabei selbst den Tod findet.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, 17. Aufl., Paderborn 1961, S. 168f., Nr. 207)

Es wäre dementsprechend auch erlaubt, sich vor eine Kugel zu werfen, damit sie nicht einen Freund trifft, etc. Bei diesen Dingen geht es aber um Erlaubtes; verpflichtend ist all das nicht, es ist nur eben kein verbotener Selbstmord. Verbotener Selbstmord wäre es aber tatsächlich, sich z. B. im Kriegsfall selbst umzubringen, um nicht den feindlichen Truppen in die Hände zu fallen und möglicherweise gefoltert oder vergewaltigt zu werden; hier ist das, was man beabsichtigt, ja der Tod; er ist nicht nur eine Nebenwirkung, die man gern vermieden hätte. Hier würde man Gott vorgreifen, der immer noch etwas mit einem vorhaben kann und einen evtl. auch aus der Situation retten könnte. Selbstmordattentate sind genauso falsch, auch wenn wir den Fall eines gerechten Krieges annehmen. (Samson aus dem Alten Testament wäre wohl ein Sonderfall, da wir annehmen können, dass er mit göttlicher Autorisation handelte, da Gott für ihn ein Wunder wirkte.)

„III. Sich einer Lebensgefahr aussetzen ist nur aus einem hinreichenden Grunde gestattet.

Der Grund muß um so wichtiger sein, je näher die Lebensgefahr ist. Sich ohne hinreichenden Grund einer entfernteren Lebensgefahr aussetzen ist nur läßliche Sünde. – Erlaubt ist die Pflege der Pestkranken auch auf die Gefahr hin, dabei den Tod zu finden. Dachdecker usw. dürfen sich den Gefahren aussetzen, die mit der Ausübung ihres Berufes verbunden sind. Gefangene dürfen eine lebensgefährliche Flucht wagen, um der Hinrichtung oder lebenslänglicher Kerkerhaft zu entgehen. – Verboten ist die Vornahme gefährlicher seiltänzerischer Kunststücke nur aus Gewinnsucht. Infolge persönlicher Geschicklichkeit kann aber die Gefahr zu einer entfernteren gemacht worden sein, so daß wenigstens keine schwere Sünde vorliegt. – Hierher gehören auch unsinnige Wetten, große Mengen von Speisen oder Getränken zu sich zu nehmen.

IV. Verkürzung der Lebenszeit auch um mehrere Jahre oder Schädigung der Gesundheit durch Übernahme einer bestimmten Lebensweise oder bestimmter Arbeiten ist aus einem entsprechenden Grunde erlaubt.

Deshalb ist die Arbeit gestattet an Hochöfen, in Bergwerken, in Glasschleifereien, in gewissen chemischen Fabriken usw. Ebenso ist es erlaubt, vernünftige Bußübungen auf sich zu nehmen. – Wer durch ungeordneten Genuß von Speise und Trank sein Leben voraussichtlich etwas verkürzt, begeht dadurch eine läßliche Sünde. Bedeutende Abkürzung des Lebens und Ruinierung der Gesundheit, z. B. durch ungeordneten Gebrauch von Morphium oder Kokain, ist aber schwere Sünde (vgl. auch Nr. 110).“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 169f., Nr. 208)

Hier noch allgemein zu Drogen, Alkohol und dergleichen: Zunächst einmal sind alle Substanzen, mit denen man sich den Verstand wegsäuft oder -kifft deswegen schlecht: Weil man sich selbst eben der Vernunft beraubt, die gerade das ist, was Menschen auszeichnet, und weil es unter der menschlichen Würde und verantwortungslos ist, sich in einen unkontrollierten Zustand, in dem man vielleicht Dinge tut, die man sonst nie getan hätte, zu versetzen. Hier ist das Ausmaß der Droge wichtig; Alkohol ist deshalb erst nach einer gewissen Menge schlecht, Cannabis schneller. Sich wirklich zu betrinken ist deswegen sogar schwere Sünde. (Ganz unabhängig davon, wie schädlich das langfristig ist.) Es ist aber keine Sünde, z. B. ein normales Grillfest mit etwas Bier zu veranstalten oder auf seiner Hochzeit Alkohol servieren zu lassen, auch auf die Gefahr hin, dass ein Gast sich richtig betrinken wird, denn hier sind die Gäste schlicht und einfach selbst verantwortlich und die meisten werden gemäßigt trinken; es wäre möglicherweise eine, eine Party mit viel Alkohol zu veranstalten, wo erwartet wird, dass sich einige stark betrinken, und insbesondere wäre es eine, den Gästen selber immer noch mehr auszuschenken, auch wenn sie schon halb betrunken sind, z. B. weil man es lustig findet, einen betrunken zu machen.

Die Mäßigung ist generell eine wichtige Tugend; daher ist z. B. auch unmäßiges Essen eine Sünde (in aller Regel eine lässliche).

Es ist keine Sünde, sich ein Narkosemittel geben zu lassen, oder ein Schmerzmittel zu nehmen, das einen benebelt, etc.; hier gibt es einen rechtfertigenden Grund dafür. Das gilt auch für Schmerzmittel, die richtige Drogen sind, z. B. Morphium oder Cannabis, wenn keine anderen Mittel helfen.

Noch einmal Jone:

„Unmäßigkeit ist das ungeordnete Verlangen nach Speise und Trank.

a) Unmäßigkeit im Essen ist an sich nur eine lässliche Sünde ex genere suo [ihrer Art nach].

Dies gilt an sich auch, wenn jemand ißt bis zum Erbrechen. Aus anderen Gründen (z. B. Schädigung der Gesundheit, Ärgernis [schlechtes Vorbild]) aber kann jemand schwer sündigen (vgl. auch Nr. 208).

b) Unmäßigkeit im Trinken, die unmittelbar den Verlust des Vernunftgebrauchs bewirkt, ist eine schwerere Sünde als Unmäßigkeit im Essen.

α) Trunkenheit bis zum teilweisen Verlust des Vernunftgebrauches ist nur eine lässliche Sünde.

Sie kann aber eine schwere Sünde werden wegen Ärgernis, Schaden für die Gesundheit oder die Familie usw.

β) Trunkenheit bis zum völligen Verlust des Vernunftgebrauches ist eine schwere Sünde, wenn sie ohne hinreichenden Grund verursacht wird.

Völliger Verlust des Vernunftgebrauches ist anzunehmen, wenn man Gut und Bös nicht mehr unterscheiden kann, oder sich nachher nicht mehr an das erinnert, was man in der Trunkenheit getan oder gesagt hat, oder wenn man etwas tut, das man im nüchternen Zustande niemals getan hätte.

Ein hinreichender Grund, sich vorübergehend des Vernunftgebrauches zu berauben, ist z. B. die Heilung von Cholera oder die Errettung von einer Vergiftung. Kein hinreichender Grund ist die Vertreibung einer melancholischen Stimmung.

Einen anderen völlig betrunken zu machen, ist ebenfalls schwer sündhaft. Doch gibt es auch hier Entschuldigungsgründe, z. B. wenn man den anderen dadurch an einer schweren Sünde hindern könnte. Noch eher ist es erlaubt, dem anderen Gelegenheit zu geben, sich zu betrinken, z. B. bei einem Feste.

c) Da Morphium, Opium, Chloroform usw. ebenfalls vorübergehend den Vernunftgebrauch nehmen können, so gilt von diesen narkotischen Mitteln dasselbe, was von berauschenden Getränken gilt.

α) In kleineren Mengen und nur vorübergehend narkotische Mittel zu gebrauchen, ist eine läßliche Sünde, wenn es ohne hinreichenden Grund geschieht. Es ist aber erlaubt, wenn ein hinreichender Grund vorliegt (z. B. Beruhigung der Nerven, Vertreibung von Schlaflosigkeit).

Ein derartiger Gebrauch wird aber schwer sündhaft, wenn daraus eine Sucht nach narkotischen Mitteln entsteht, die noch schwerer heilbar ist als Trunksucht und der Gesundheit noch mehr schadet.

β) In großen Mengen narkotische Mittel zu nehmen, so daß man den Vernunftgebrauch verliert, ist an sich eine schwere Sünde. Aus einem entsprechenden Grunde aber ist es erlaubt.

Ein solcher Grund ist vorhanden bei Operationen, damit der Kranke die damit verbundenen großen Schmerzen nicht fühlt, oder damit er bei der Operation sich ruhig verhält. Auf ähnliche Weise darf man auch bei schmerzlichen Krankheiten dem Leidenden durch Anwendung solcher Mittel Linderung verschaffen.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 82f., Nr. 110)

Außerdem kommt hier aber eben die langfristige Gesundheitsschädigung ins Spiel; deswegen sind die harten Drogen generell noch mal schwere Sünde (außer eben, jemand leidet unter chronischen Schmerzen, die er ohne Morphium nicht mehr aushält). Ab und zu geringe Mengen Alkohol zu trinken ist unter diesem Gesichtspunkt keine Sünde. Ab und zu eine Zigarette zu rauchen, ist keine Sünde; mehrere am Tag zu rauchen vermutlich eine lässliche.

Als drittes wären die staatlichen Gesetze bzgl. Drogen einzuhalten.

Dann noch zum Riskieren des eigenen Lebens: Extremsportler können hier in den Bereich der Sünde, auch der schweren Sünde, gelangen (z. B. wenn jemand ungesichert an einer gefährlichen Felswand klettert, weil er den Nervenkitzel sucht); aber generell ist das Betreiben von Sportarten, bei denen immer mal wieder Unfälle und Verletzungen passieren, keine Sünde. Man kann nicht alle Gefahren meiden, und sportliche Leistung und Spaß sind gut. Eine leicht erhöhte Risikobereitschaft kann einfach lässliche Sünde sein.

Solche Dinge wie Russian Roulette sind ganz offensichtlich Todsünde. Mutproben sind lässliche oder schwere Sünde, je nachdem wie gefährlich sie sind.

Vorsicht im Straßenverkehr ist durch das 5. Gebot auch geboten; hier betrifft die Gefahr ja meistens sowohl einen selbst als auch andere. Auch hier wieder: Leichte Unvorsichtigkeit lässliche Sünde, schwere Unvorsichtigkeit schwere Sünde. Wer als alter Mensch merkt, dass er nicht mehr sicher fahren kann, hat auch die Pflicht, nicht mehr zu fahren.

Priester sind generell auch unter Lebensgefahr (z. B. bei einer Seuche) verpflichtet, den ihnen Anvertrauten die Sakramente der Taufe und der Beichte zu spenden; andere Sakramente dürfte man freilich aufschieben, und bei der Spendung des Sakraments wären Vorsichtsmaßnahmen wie Schutzkleidung angemessen.

Was die „vernünftigen Bußübungen“ angeht, von denen Jone erwähnt, dass sie gesundheitsschädlich sein könnten: Es gibt ja die Geschichten von Heiligen, die z. B. extrem viel gefastet oder die Nacht über gebetet und kaum geschlafen haben. Als normaler Christ sollte man damit sehr vorsichtig sein und sich nicht gleich zu viel zutrauen; das kann auch geistlich gefährlich werden und entweder zu Hochmut oder Entmutigung führen. Solche Dinge wie gelegentliches Fasten, Knien auf hartem Boden, einmal in der Woche ohne Kopfkissen schlafen, o. Ä. sind leichte, normale Bußübungen, die man sicherlich machen darf. Für mittelschwere Bußübungen (die Jone evtl. meint) sollte man sich aber lieber mit dem Beichtvater absprechen. Es ist gut, ein paar Schwierigkeiten und Unbequemlichkeiten auf sich zu nehmen, um sich mit dem Leiden Jesu zu vereinen und sich daran zu gewöhnen, auf etwas zu verzichten; das ist quasi wie Training beim Sport. Das darf nicht selbstzerstörerisch werden, und wer sich z. B. schon aus Selbsthass ritzt, sollte so etwas lieber langsam angehen. Aber hier ist jedenfalls generell ein rechtfertigender Grund vorhanden.

Austin Fagothey schreibt über das Riskieren des Lebens:

„Es gibt ein gewöhnliches, entferntes und mögliches Risiko dabei, Auto zu fahren oder Flugzeug zu fliegen, aber man darf es zum bloßen Vergnügen tun. Auf rutschigen Straßen zu fahren oder bei schlechtem Wetter zu fliegen ist viel gefährlicher und erfordert einen besseren Grund. Die Verhältnisse können so schlecht werden, dass kein Fahren oder Fliegen mehr erlaubt ist, außer vielleicht um ein Leben zu retten, und dann müssen wir sehen, wie gefährdet dieses Leben ist.

Um jemand anderen vor dem sicheren Tod zu retten dürfen wir uns dem sicheren Tod aussetzen. Eine solche Handlung ist normalerweise erlaubt, aber wird nur unter besonderen Bedingungen verpflichtend. Diejenigen, die, entweder von Natur aus oder durch Vertrag, Verantwortung für das Leben anderer tragen, können und müssen manchmal größere Risiken auf sich nehmen, um ihre Anvertrauten zu schützen. Ehemänner werden sich für ihre Frauen opfern und Eltern für ihre Kinder, dem Antrieb der Natur folgend, dass die Starken die Schwachen beschützen sollten. Soldaten, Seeleute, Polizisten, Feuerwehrleute, Ärzte, Krankenschwestern und andere mit ähnlichem Beruf sind durch Vertrag, ausdrücklich oder implizit, auch bei der ärgsten Gefahr an ihre Verpflichtungen gebunden.

Je mehr eine Handlung oder ein Beruf der Gesellschaft nützt, desto gefährlicher darf er sein, ohne die Verhältnismäßigkeit zu verlieren. […] Gefährliche Arbeit mit Radium kann gerechtfertigt sein in der Hoffnung, Krebs zu heilen, aber nicht, um leuchtende Zifferblätter zu zeichnen. Akrobaten […] ist es nur moralisch erlaubt, ihren Beruf auszuüben, weil ihr Geschick die Gefahren zu entfernten macht.“ (Austin Fagothey SJ, Right and Reason, 2. Aufl., St. Louis 1959, S. 299)

Jone schreibt weiter:

„V. Selbstverstümmelung ist nur gestattet zur Rettung des Lebens.

Selbstverstümmelung ist gewöhnlich eine schwere Sünde. Entfernung eines unbedeutenden Teiles, der zudem keine wichtigen Lebensfunktionen hat (z. B. Ohrläppchen) ist nur eine läßliche Sünde. – […] Vasektomie, Entfernung der Gebärmutter und der Ovarien [Eierstöcke] ist schwer sündhaft, wenn es geschieht zur Verhinderung der Nachkommenschaft. – Bei Krebs, Blutvergiftung und dergl. aber ist die Amputation eines Gliedes erlaubt.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 170, Nr. 209)

Hier stellt sich noch die Frage: Was ist mit Schönheitsoperationen? Wenn es darum geht, z. B. einen Defekt wie eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zu behandeln, der eigentlich krankhaft ist, deutlich stört und dafür sorgen kann, dass jemand ausgegrenzt wird, ist ein geringes Risiko durch eine OP sicher vertretbar; dasselbe dürfte für die Behandlung von extremem Übergewicht (das ja auch gesundheitlich gefährlich ist) durch eine Magenverkleinerung gelten, wenn die Risiken entsprechend abgewogen worden sind. Wenn es um die Korrektur eines normal und gesund geformten Körpers geht, z. B. durch eine Nasen-OP, ist die Entscheidung schwieriger. An sich ist besseres Aussehen kein verbotenes Ziel, aber eine Operation bringt auch immer Risiken mit sich. Meiner Einschätzung nach dürfte das Risiko in den meisten Fällen nicht groß genug sein, dass es schwere Sünde wird, aber ganz unbedenklich wirkt es auch nicht. Vielleicht normalerweise lässlich, aber erlaubt, wenn jemand psychisch besonders unter seinem Aussehen leidet.

Die Sterilisation ist, wie oben gesagt, eine Verstümmelung, da sie eine zentrale Fähigkeit des Menschen abschaltet; Kinder zu haben ist etwas Wichtiges. Sie darf auch nicht vom Staat gegenüber Unschuldigen befohlen werden, um z. B. zu verhindern, dass Behinderte sich fortpflanzen, oder dass Überbevölkerung entsteht. Hier ergäbe sich nur noch die Frage: Wäre sie als Strafe für Sexualstraftäter erlaubt, die hier selbst ein Recht verwirkt haben? Prinzipiell wäre hier die bloße Sterilisation schlicht und einfach ungeeignet, weil sie den Sexualtrieb nicht ausschaltet; die chemische oder physische Kastration wäre dagegen möglich und theoretisch erlaubt (natürlich bei schweren Verbrechen wie Vergewaltigung und Kindesmissbrauch – nicht bei Catcalling oder ungefragtem Versenden von Penisbildern), wenn ein Staat sich dafür entscheidet. In manchen Staaten ist es schon nötig, wenn ein solcher Sexualstraftäter Bewährung will, dass er chemische Kastration, d. h. stark libidosenkende Medikamente, akzeptiert. In einzelnen Ländern, z. B. Polen und Moldawien, ist die chemische Kastration auch als Strafe möglich.

Sogenannte „geschlechtsangleichende Operationen“ bei Transpersonen, also wenn z. B. einer Frau die Brüste entfernt werden, oder einem Mann die Geschlechtsteile entfernt werden und eine künstliche Wunde zwischen den Beinen geschaffen wird, sind immer verbotene Verstümmelungen.

Ohrlochstechen, Tattoos, Piercings usw. sind keine Sünde.

Jone schreibt weiter:

„VI. Sich den Tod wünschen ist in Unterordnung unter Gottes Willen aus einem entsprechenden Grunde erlaubt.

Ein solcher Grund ist das Verlangen nach der Anschauung Gottes oder die Bewahrung vor einem überaus großen irdischen Unglück oder Leid (z. B. eine überaus schmerzliche und langdauernde Krankheit). – Wegen der gewöhnlichen Beschwerden des Lebens im Ernste sich den Tod wünschen ist schwere Sünde.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 170, Nr. 209)

Das ist eigentlich recht tröstlich: Wenn das Leben schwer erträglich wird, darf man nicht Gott vorgreifen und sich selber töten, aber man darf Ihm sehr wohl sein Leid klagen und Ihn bitten, einen bald zu holen.

Über die Sorge für das eigene Leben schreibt er:

„VII. Zur Erhaltung des Lebens und der Gesundheit muß man auch die ordentlichen Mittel anwenden.

Zu den ordentlichen Mitteln gehört vor allem entsprechende Nahrung. Deshalb ist Hungerstreik eine schwere Sünde, wenn jemand dabei wirklich die Absicht hat, eher zu verhungern als auf die Erreichung seines Zieles zu verzichten. Zu den ordentlichen Mitteln gehören ferner: entsprechende Kleidung, Wohnung, körperliche Erholung; ebenso Anwendung entsprechender Arzneien und Heilmittel, vorausgesetzt, daß sie für den Kranken nicht zu teuer sind; ferner Heranziehung eines Arztes. Dabei ist immer vorausgesetzt, daß es sich nicht um eine leichtere Krankheit handelt, die auch von selbst heilt, und daß begründete Hoffnung vorhanden ist, daß der Arzt oder die Arznei helfen kann.

Außerordentliche Mittel zur Erhaltung des Lebens anwenden ist für gewöhnlich nicht Pflicht. Deshalb müssen auch sehr reiche Leute nicht entlegene Länder oder Bäder aufsuchen, noch die berühmtesten Ärzte kommen lassen, auch dann nicht, wenn sie sonst sterben müßten. Ebenso ist an sich niemand verpflichtet, sich einer schwierigen chirurgischen Operation zu unterziehen. – Eine Ausnahme findet nur statt, wenn jemand seiner Familie oder dem Staate sehr notwendig ist, und der Erfolg moralisch gewiß ist. Nur in einem solchen Falle scheint der Vater oder der Obere jemandem auch befehlen zu können, sich der Operation zu unterziehen.“ (Heribert Jone, Katholisch Moraltheologie, Nr. 210, S. 170f.)

Man kann sich eben auch selbst töten, indem man etwas Bestimmtes nicht mehr tut, z. B. nicht mehr isst, und das ist ebenso falsch wie der direktere Selbstmord. Aber gefährliche/beschwerliche außergewöhnliche Mittel sind eine Sache der Freiwilligkeit.

Das alles heißt auch, dass man einem alten Menschen nicht mehr sämtliche Behandlungsmöglichkeiten zumuten muss (z. B. Operationen), aber die Ernährung (auch über Schläuche) und die Luftzufuhr abzubrechen, wäre schwere Sünde, denn Atemluft, Flüssigkeit und Nahrung sind normale Pflege, keine außerordentlichen Behandlungen. Das darf man also auch nicht für sich in einer Patientenverfügung festlegen. (Eine Ausnahme besteht, wenn der Körper gar keine Nahrung mehr aufnehmen kann; dann darf man die sinnlos gewordene künstliche Ernährung abbrechen.)

(Katholisches medizinisches Personal darf sich nicht daran beteiligen, so jemanden durch Nahrungsentzug etc. zu töten, aber muss nicht versuchen, es zu verhindern, was sowieso in aller Regel vergeblich wäre.)

Aktive Sterbehilfe und Beihilfe zum Selbstmord sind beide schwere Sünden, ebenso wie Euthanasie ohne die Zustimmung des Kranken. Es ist allerdings keine Sünde, Menschen, die voraussichtlich bald sterben werden, starke Schmerzmittel zu geben, die ihren Tod möglicherweise ungewollt beschleunigen könnten (unter der Voraussetzung, dass man sie ihnen gibt, um die Schmerzen zu lindern, und nicht, weil man hofft, den Tod zu beschleunigen).

Aber es ist nicht ganz so einfach, wenn der Kranke komplett betäubt werden soll, damit er gar nichts mehr von seinem Tod mitbekommt:

„Im Interesse eines schmerzlosen Todes […] den Kranken durch derartige Mittel zu betäuben, ist im allgemeinen unerlaubt.

Erlaubt ist aber ein solches Verfahren bei einem Kranken, der auf den Tod gut vorbereitet ist, wenn Gefahr besteht, daß er sonst noch in Sünden fällt. Manche Autoren halten ein solches Verfahren auch noch für erlaubt, wenn dadurch ungewöhnlich große Schmerzen gelindert werden sollen, und man mit Grund die Zustimmung des Sterbenden voraussetzen kann. – Nach allgemeiner Ansicht aber ist es nicht erlaubt, wenn dadurch nur die gewöhnlichen Beängstigungen behoben werden sollen, die mit dem Todeskampf verbunden sind. Verlangt der Kranke im guten Glauben danach, und ist keine Hoffnung, daß er sich belehren läßt, so soll man ihm seinen guten Glauben nicht nehmen.

Unerlaubt aber ist ein solches Verfahren immer, wenn der Kranke auf den Tod nicht vorbereitet ist und Hoffnung besteht, er werde sich noch vorbereiten.“ (Heribert Jone, Katholische Moraltheologie, S. 83f., Nr. 110)

Mit dem Tod ist eben nicht alles aus und die noch möglichst bewusste Vorbereitung darauf ist wichtig, deswegen sollte man einem Kranken nicht die Möglichkeit dieser Vorbereitung nehmen.

Die Frage nach dem Hirntod und der Organspende kommt hier auch noch auf. Hirntote können ja noch atmen, schwitzen, etc., aber haben keine Chance mehr, sich wieder zu erholen, und im Normalfall werden sie in kurzer Zeit völlig tot sein. (Wobei es manchmal Fehldiagnosen gab und mutmaßlich Hirntote wieder aufgewacht sind.) Ich halte es jedoch für sehr klar, dass Hirntote sich eben erst im Sterbeprozess befinden und noch nicht tot sind (auch wenn sie bald tot sein werden), dass die Seele (die anima, die den Körper belebt, „animiert“), ihn noch nicht verlassen hat, auch wenn ein Organ (das Gehirn) schon abgeschaltet hat.

Generell darf man erst dann Organe entnehmen, wenn jemand sicher tot ist, nicht wenn er sich erst im Sterbeprozess befindet. (Organspende ist ja nur bei Hirntoten möglich, deren restlicher Körper noch nicht abgeschaltet hat, und weil die meisten Menschen zuerst herztot und dann erst hirntot sind, statt umgekehrt, gibt es einen solchen Mangel an Spenderorganen.) Wer also nicht völlig davon überzeugt ist, dass der Hirntod der Tod ist (und das sind oft auch die Befürworter der Organspende nicht, und auch das medizinische Personal fühlt sich oft sehr unwohl bei Organentnahmen), darf sich nicht als Organspender zur Verfügung stellen, als Arzt keinem Hirntoten Organe entnehmen, und selbst als Kranker keine Organe von Hirntoten annehmen. Wenn jemand hirntot ist, muss man allerdings nicht mehr sämtliche irgendwie möglichen intensivmedizinischen Maßnahmen ergreifen, um diesen Zustand noch zu erhalten und den endgültigen Tod hinauszuzögern.

Bei einer schwangeren Hirntoten muss man das allerdings; es gab Fälle, in denen ein Körper noch ein paar Monate am Leben erhalten werden konnte, so dass ein gesundes Baby geboren wurde. Hier gibt es eine Verpflichtung, das Leben des Babys zu erhalten.

Wenn der Hirntod sicher der Tod wäre, wäre Organspende ein Akt der Nächstenliebe, aber keine Pflicht; denn es gibt kein Anrecht auf den Körper eines anderen, auch nicht auf den toten Körper; die Integrität des Leichnams und der respektvolle Umgang mit ihm ist auch ein Wert. (Vor allem, da auch die Körper am Jüngsten Tag in veränderter Weise auferstehen und sich mit den Seelen wieder vereinen werden. Ein Spenderorgan wird dann übrigens zum ursprünglichen Körper gehören.)

Die Organspende bei Lebenden von nicht lebenswichtigen Organen (z. B. Niere) ist ein Akt der Nächstenliebe, aber auch nie eine Pflicht, auch dann nicht, wenn es z. B. um eine Spende für ein Familienmitglied geht; denn ein anderer hat kein Recht darauf, dass man seinen Körper gewissermaßen verstümmelt und sich einer Operation unterzieht, ohne dass es die eigene Gesundheit erfordert.

Blutspende und Knochenmarkspende sind ebenfalls Akte der Nächstenliebe, und ebenfalls keine Pflicht.

Essstörungen (Magersucht, Bulimie) wären an sich Sünde, aber hier ist der freie Wille oft ja nicht oder nur eingeschränkt vorhanden. Dasselbe gilt, wenn jemand sich ritzt.

Es gibt keine allgemeine Pflicht, z. B. immer nur gesund zu essen und dreimal die Woche Sport zu machen, auch wenn das sicher schön und gut ist und einem selber sehr gut tun kann; und man kann es mit der Sorge um die eigene Gesundheit auch übertreiben (z. B. Hypochonder).

Der Synodale Weg und die „Sexualmoral“

Der Schismatische Weg hat mal wieder eine neue Etappe zu Ende gebracht, und zwar eine mit vielen Lächerlichkeiten und, wie soll man sagen, Idiotien. Man will in der Synodalversammlung Enthaltungen als Nein-Stimmen zählen, um nicht von Evangelisierung reden zu müssen (das nennt sich Demokratie!) und eine knappe Mehrheit stimmt dafür, zu diskutieren, so wörtlich „ob es das Priesteramt überhaupt braucht“. (Woran man mal wieder sehen kann, dass z. B. auch die Befürworter des Frauenpriestertums kein Frauenpriestertum wollen, sprich keine zölibatären Frauen, deren wichtigster Lebensinhalt es ist, das Messopfer darzubringen.) Am Ende wird die Versammlung beschlussunfähig, weil so viele schon gegangen sind.

Was ich mich hauptsächlich bei alldem frage, ist: Was machen eigentlich die guten Bischöfe, Voderholzer und Oster usw.? Vermutlich meinen sie noch, durch Mitmachen und Abstimmen einen guten Einfluss auszuüben und Schlimmes zu verhindern. Aber damit verleihen sie dem Ganzen eine Grundlegitimität, und geben der ganzen Öffentlichkeit den Eindruck: Offensichtlich kann man in der katholischen Kirche über das alles diskutieren, die kann sich wohl doch ändern. Wenn ein paar gute Bischöfe einfach erklären würden, dass sie das ganze – an sich illegale und unbedeutende – Getue des sog. Synodalen Weges nicht anerkennen, in ihrem Bistum nichts davon umsetzen werden, und sich keinen Petitionen an den Papst anschließen, wäre das sehr viel nützlicher als jede Mitwirkung.

Aber jetzt zu einem speziellen Thema: Die Synodalversammlung hat auch mit großer Mehrheit einen sehr hochtrabenden Text über die „Sexualmoral“ angenommen, und es lohnt sich, den ein bisschen genauer anzusehen. Am Anfang beginnen die Synodalen damit, so halb einzugestehen, dass sie nichts zu sagen haben, aber dann doch wieder zu erklären, dass sie gefälligst Macht wollen:

„Die Synodalversammlung ist sich bewusst, dass viele der vorgeschlagenen Neuakzentuierungen wesentlich in die Lehrkompetenz des Bischofs von Rom fallen und deshalb nicht von der Kirche in Deutschland vorgenommen werden können. In diesem Sinne legt sie dem Papst die nachfolgenden Überlegungen und Voten vor und bittet ihn eindringlich, sie als ortskirchlichen Ausdruck der Mitverantwortung aller Getauften und Gefirmten für das Wohl der einen Kirche Christi zu prüfen und aufzugreifen. Die Synodalversammlung ist sich aber auch bewusst, dass die vom Papst letztzuverantwortende Lehre ihre Plausibilität und Sinnhaftigkeit wesentlich in den kirchlichen Gemeinden und Gemeinschaften vor Ort und vor allem im Leben jedes einzelnen Menschen unter Beweis stellen muss. Von dieser Verantwortung kann niemand dispensieren oder dispensiert werden. Der Synodale Weg versucht, die diesbezüglichen Erfahrungen und Überlegungen für die katholische Kirche in Deutschland zu bündeln. In diesem Sinne nimmt die Ortskirche in Deutschland verbunden mit den Ortskirchen weltweit und dem Bischof von Rom ihre Verantwortung für das dreifache Amt Christi wahr: im Amt des Heiligens, im Amt des Leitens und im Amt des Lehrens (LG 32).“

Sprich: Ja, wir wissen, entscheiden darf eigentlich nur der Papst (wobei sie wissen könnten, dass auch der Papst die Lehre nicht ändern darf), aber eigentlich sind wir doch die Ortskirche, und alle Macht geht vom Volke aus, also haben wir eigentlich mehr zu sagen. (Dass niemand sie gewählt hat, ist natürlich irrelevant.)

Es ist der übliche Modus operandi seit knapp sechzig Jahren: Wir tun so, als hätten wir noch den katholischen Glauben und würden Rom irgendwie anerkennen, aber machen in der Praxis einfach, was hier gerade üblich ist, und reden wortreich drumherum. Das hatten wir schon mit der Königsteiner Erklärung von 1968.

Ein Problem an diesen Kirchenleuten: Sie wirken zuerst mal sehr lebensfern – in etwa so lebensfern wie eben die deutschen Bischöfe von 1968, die entgegen der Enzyklika Humanae Vitae verlautbaren ließen, manchmal müssten sich Ehepaare vielleicht eingehend prüfen, ob sie in Notsituationen die Verwendung von künstlichen Verhütungsmitteln nicht doch mit ihrem Gewissen vereinbaren könnten, während in den Kommunen schon die sog. freie Liebe zelebriert wurde. Aber dann scheint diese Lebensferne wieder nur eine Tarnung zu sein und sie scheinen nicht viel anderes zu wollen als Pornoproduzenten. Es gibt Leute, die sich an die Lehre halten, und Leute, denen sie egal ist; es gibt wenige, die sich so halb an sie halten.

Gehen wir doch mal ein paar Abschnitte durch:

„Im falsch verstandenen Bemühen, die kirchliche Lehre hochzuhalten, kam es in der Pastoral immer wieder zu unbarmherzigen Haltungen, die Leid über Menschen gebracht haben, insbesondere über ledige Mütter und außerehelich geborene Kinder, über Menschen in vorehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften, über homosexuell orientierte Menschen und über Geschiedene und Wiederverheiratete.“

Die Grundthese ist hier: Es sorgt für Leid, die Lehre aufrechtzuerhalten; und im Umkehrschluss: es kann für kein Leid sorgen, die Lehre aufzugeben. Und genau das ist falsch. Die Lehre, dass Sex & Kinder zusammengehören und in die Ehe gehören, hat gerade viel Leid verhindert, das wir jetzt haben.

Unehelich geborene Kinder oder Kinder geschiedener Eltern haben immer darunter zu leiden, dass sie mit ihren Eltern keine wirkliche Familie bilden und sie von Wohnung zu Wohnung gereicht werden, und ihre Eltern dann auch irgendwelche neuen Partner anbringen. Und weil Scheidung nicht mehr etwas für Notfälle und skandalbehaftete Filmstars ist, hat jeder normale Grundschüler irgendwo die Angst: Was wenn sich meine Eltern scheiden lassen? Auch die Ehepartner selber müssen immer die Angst haben, dass der andere sie verlassen könnte, weil es für ihn irgendwie nicht mehr passt. Wenn Scheidung von vornherein keine Option ist, ist einfach ein anderes Vertrauensverhältnis da. Der Punkt ist ja der: Nach katholischem Verständnis entsteht durch die Eheschließung eine neue Familie, und die ist mindestens so unauflöslich wie die leibliche. Unter schlimmen Umständen kann man sein Kind weggeben müssen – z. B. in eine Schule für verhaltensauffällige Kinder, oder zu Pflegeeltern oder Verwandten, weil man selbst zu krank ist, um für es zu sorgen – oder den Kontakt zu seinen Eltern abbrechen, aber das ist das letzte Mittel, sie bleiben trotzdem die eigenen Kinder bzw. Eltern und man kann sich nicht einfach irgendwen anders zu Kindern/Eltern erklären, und idealerweise ist die Trennung nicht von Dauer. Ebenso sollte eine Trennung von Eheleuten das letzte Mittel sein, z. B. weil der eine den anderen betrügt oder misshandelt, und auch dann bleibt er der Ehepartner, und niemand anders kann diese Stelle einnehmen.

Jungen stoßen im Durchschnitt mit 11 Jahren auf Internetpornos, und die sind wirklich nicht harmlos. Ekelhafte und gesundheitlich gefährliche Sexualpraktiken, von denen unsere Großeltern noch gar nicht gewusst hätten, sind heute viel normalisierter. Jedes Jahr erklären sich neue Rekordzahlen von Jugendlichen für transgender, weil das bei aller Verwirrung irgendwie eine Identität und etwas Besonderes bietet, und wenn sie nach ein paar Jahren wieder detransitionieren wollen, ist ihr Körper schon ruiniert durch Hormone und vielleicht schon verstümmelnde Operationen.

Wie sollte/könnte/würde eine ideale katholische Gesellschaft z. B. damit umgehen, wenn eine Frau unehelich schwanger wird oder ein Paar unehelich zusammenlebt? Nun, m. E. ungefähr so, wie sie damit umgehen sollte, wenn jemand kleinkriminell wird, oder aus Faulheit arbeitslos ist, oder wegen seines unverschämten Benehmens in der Probezeit aus seinem Job rausgeschmissen wird. Es ist absolut unstrittig, dass man das nicht zu tun hat, man tut auch ihm gegenüber nicht so, als würde man es irgendwie gutheißen, aber vor allem, wenn es in der Vergangenheit liegt, hält man es ihm nicht andauernd vor, und es ist kein das Leben ruinierender Weltuntergang.

Und wenn wir mal ehrlich sind, auch eine Frau, die 1920 im ländlichen Bayern unehelich schwanger wurde (was gar nicht so selten war), hatte noch eine ganz gute Chance, dass, wenn der Kindsvater sie nicht heiratete, sie irgendwann noch einen anderen Mann fand, und musste nicht ihr ganzes Leben lang schief angesehen werden. Das hier war nie Afghanistan.

Und man muss nun mal auch sagen, dass die Menschen damals auch Verantwortung für ihr eigenes Leben hatten und wussten, was sie taten. Einer Frau damals war bewusst, dass es billig und verantwortungslos ist, sich vor der Ehe herzugeben. (Was Leute heute überhaupt nicht realisieren, wofür sie freilich meistens nichts können. Heute müssen sich ja eher die rechtfertigen, die Sex vor der Ehe verweigern. Aber heute hätten z. B. auch noch die allermeisten Leute, vorsichtig ausgedrückt, Hemmungen, in Pornos mitzuspielen oder sich auf Gruppensex einzulassen. Dass bei diesem Thema nicht alles gleichgültig ist, spürt man schon.) Übrigens war es auch damals keineswegs so, dass nur den Frauen ihre Vergehen angelastet wurden – z. B. konnte eine Frau Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn ein Mann sie mit einem falschen Heiratsversprechen verführt hatte.

Konnte es vorkommen, dass jemand ungerecht war zu einer ledigen Mutter? Natürlich konnte es das. Aber sicher nicht so oft, wie es heute vorkommt, dass Leute ungerecht sind zu Kindern von geschiedenen Eltern, denen implizit oder explizit klargemacht wird, dass sie sich nicht über das Auseinanderreißen ihrer Familie zu beklagen haben, weil ihre Eltern nun mal eine Selbstfindungsphase brauchen. Bei der Durchsetzung aller gesellschaftlichen Ansprüche und Tabus kann es zu Ungerechtigkeiten kommen; die Frage ist, welche Ansprüche an sich gerecht sind und wie man die auf möglichst gerechte Weise durchsetzt.

Und eine extreme Ungerechtigkeit, besser gesagt ein extremes Verbrechen, sollte man nicht außer Acht lassen: Abtreibung. Vor 100 Jahren gab es auch schon einige Ärzte, die (oft sogar legalerweise) Abtreibungen aus medizinischen oder sog. eugenischen Gründen vornahmen, oder die heimlich Geld mit illegalen Abtreibungen an unehelich Schwangeren verdienten. Aber es wurden nicht 100.000 Kinder im Jahr allein in Deutschland abgetrieben.

Und was ist jetzt mit den Homosexuellen? Nun, hier muss man einfach klipp und klar sagen: Solche Handlungen entsprechen nicht dem Wesen und Zweck der Sexualität, entsprechen nicht der menschlichen Natur. Auch die Neigung entspricht dem nicht, wobei für die jemand nichts kann – sie ist eher wie eine ungewollte Verletzung. Homosexualität schließt notwendigerweise die Offenheit für neues Leben aus, und zumindest Schwule (anders als Lesben) haben meistens extrem viele Partner und führen, auch wenn sie „verheiratet“ sind, in aller Regel eine offene Ehe. Die Liberalen in der Kirche tun immer so, als ginge es um reine, überirdische Liebe, wenn sogar die, für deren Liebe sie sich einsetzen wollen, eher ein Recht auf Sex wollen.

Aber weiter im Text:

„Insbesondere die Lehre die den Geschlechtsverkehr nur im Rahmen einer rechtmäßigen Ehe und nur in der ständigen Offenheit zur Zeugung von Nachkommen für ethisch legitim erachtet, hat zu einem weitgehenden Bruch zwischen Lehramt und Gläubigen geführt.“

Man beachte: An solchen Stellen wird immer „Nachkommen“ o. Ä. gesagt, nie einfach Kinder. Es soll ja irgendwie kalt-mechanisch klingen, wie die Phrase von „Gebärmaschinen“ (als gäbe es irgendetwas weniger Maschinenhaftes als Mutterschaft). Dabei ist die katholische Lehre sehr einfach einsichtig: Liebe sollte offen für Kinder sein (wenn ein Ehepaar Kinder von vornherein komplett ausschließen will, ist ihre Ehe ungültig), Kinder sollten aus Liebe entstehen (und nicht z. B. als Unfall bei einem One-Night-Stand oder im Labor durch künstliche Befruchtung). Unterschlagen wird natürlich auch die Erlaubtheit von NFP, sprich, dass Ehepaare, die gerade aus einem guten Grund mit dem nächsten Kind warten wollen und sich dabei einig sind, vorerst nur in den unfruchtbaren Zeiten des weiblichen Zyklus miteinander schlafen können, weil Gott für die menschliche Natur auch solche unfruchtbaren Zeiten festgelegt hat.

„Damit drohen andere wichtige Akzente der Frohen Botschaft Gottes vollends verdunkelt zu werden, die für die menschenwürdige Gestaltung der Sexualität befreiend wirken könnten.“

Menschenwürde nach katholischer Lesart schließt freilich die Unzucht gerade aus, weil das etwas dem Menschen Unwürdiges ist. Was entspricht mehr der Würde und Vernunftbegabung des Menschen: seine Triebe, die auch mal entarten können, zu kontrollieren und nur mit einem Menschen, dem man wirklich vertraut und an den man sich gebunden hat, zu schlafen, oder mit jedem ins Bett zu gehen, wenn man gerade Lust drauf hat? „Wer aber Unzucht treibt, versündigt sich gegen den eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!“ (1 Kor 6,18-20)

„Nimmt man heute die kirchliche Sexuallehre in den Blick, tritt eines ihrer Grundprobleme unübersehbar zu Tage: ihre tiefe Umstrittenheit.“

Im alten Rom war es auch „umstritten“, ob man Kinder nicht doch auf der Müllkippe aussetzen darf.

Nachdem zusammengefasst wird, was alles von der Kirche verurteilt wird, heißt es:

„In der Logik dieser Verurteilung sind diese sexuellen Handlungsweisen als sündhaft anzusehen und potentiell mit der Bedrohung der christlichen Heilszusage und des Gnadenstandes verbunden.“

Sprich: Es stellt sich gar nicht die Frage, ob Gott hier vielleicht irgendwas zu verurteilen haben könnte, nein; alle Warnungen, die andere Christen aussprechen, sind eigenmächtige Drohungen, hinter denen keine Realität steht. Die Synodalen sind eigentlich funktionale Atheisten, oder besser gesagt Götzendiener. Ihr Gott befindet sich letztlich in ihrem Gehirn und tut und denkt genau das, was sie wollen.

Es wird sodann gesagt, die kirchliche Lehre sei nicht „nachvollziehbar“ – als ob der Durchschnittsmensch je die Begründungen dafür gehört hätte – und „Erkenntnisse der Human- und Sozialwissenschaften“ werden erwähnt – welche das sein sollen, bleibt offen.

Sexualmoral wird als „Kontrolle“ bezeichnet:

„Die kirchliche Sexualmoral wird in der Wahrnehmung vieler Gläubiger als Instrument eingesetzt, um subtile oder offensichtliche Macht über die Lebensführung von Menschen ausüben zu können. Subtil verläuft die Macht, wenn sie etwa über die Fokussierung der Beichte auf das Sexualleben erheblichen Druck auf die Beichtenden ausübt und ein lehramtskonformes Sexualleben gleichsam zum Schlüssel der Erfahrung sakramentlicher Vergebung und Versöhnung stilisiert.“

Blöde Frage, aber: Was genau für eine Macht hat mein Beichtvater über mich dadurch, dass ich zum Beispiel schmutzige Fantasien meide? Als eine, die, im Gegensatz zu den Synodalen vermutlich, regelmäßig beichtet, habe ich übrigens noch bei keinem Priester irgendwelche unschicklichen Fragen zum Thema „Sexualmoral“ erlebt.

„Offensichtliche Macht wird ausgeübt, wenn von kirchlichen Dienstnehmer:innen die Einhaltung der Sexualmoral als Lackmustest für ihre Loyalität zum kirchlichen Dienstgeber gewichtet und ihre gravierende Verletzung mit schweren Sanktionen bis hin zur Kündigung des Dienstverhältnisses geahndet wird.“

Denn die Kirche kann natürlich nicht von einer Pastoralreferentin oder einem Religionslehrer verlangen, dass sie das vorleben, was sie anderen im Auftrag der Kirche beibringen sollen, wofür sie sie bezahlt wrden.

Um noch so zu tun, als würden sie der kirchlichen Lehre wenigstens für „früher“ eine gewisse Berechtigung zugestehen, schreiben sie dann:

„Menschheitsgeschichtlich war und ist die Ehe eine überlebenswichtige Institution: Sie regelte die Zugehörigkeit zu einer Familie und damit elementare Versorgungsansprüche und Versorgungspflichten. Darin lag und liegt die Bedeutsamkeit eindeutig zuordenbarer Kinder. Der Einbruch in solche elementaren Solidarbeziehungen durch die außereheliche Zeugung hätte erhebliche Konsequenzen. Schon von daher muss das strikte Verbot des Ehebruches eine Grundnorm einer Gemeinschaft sein, die ein auskömmliches und verlässliches Leben ihrer Mitglieder absichern will. In diesem Sinne sind nicht nur das grundsätzliche Verbot des Ehebruchs im Dekalog (Ex 20,14; Dtn 5,18), sondern auch die zahllosen biblischen Verurteilungen von Unzucht und ähnlichem aus der besonderen Bedeutung der Ehe unmittelbar einsichtig.“

Hier fragt man sich doch, ob diese Leute jemals irgendwelche normalen Menschen kennengelernt haben. Ich wage zu behaupten, dass auch heutige Männer nicht gerne ein Kuckuckskind untergejubelt bekommen, und zwar nicht vor allem, weil sie pragmatischerweise genau wissen wollen, für wessen Unterhalt sie verantwortlich sind. Wie kann man in Ehebruch nicht einen absolut grundsätzlichen Vertrauensbruch sehen?

Übrigens ist die katholische Sexualmoral auch heute eigentlich noch lebenswichtig für die Menschheit. Man sieht ja, was für soziale Probleme auf eine Gesellschaft zukommen, wenn keiner mehr Kinder kriegt. Wenn die Rentner heute schon Flaschen sammeln, was machen sie dann erst in dreißig Jahren?

„So wird verständlich, dass sich in der biblischen Tradition nur wenige ausdrückliche Aussagen zu konkreten sexuellen Handlungen finden. Das gilt gerade auch für Jesus Christus. Er sieht sich voll und ganz in der Tradition seiner jüdischen Glaubensgemeinschaft, die sich deutlich gegen andere altorientalische Fruchtbarkeitskulte mit ihrer teilweisen Vergötterung der Sexualität absetzt.“

Es ist zwar schön, dass man eine halbherzige Verurteilung der Tempelprostitution noch schafft, aber es könnte auch bekannt sein, dass Jesus zur Tempelprostitution nie ein ausdrückliches Wort gesagt hat, aber sehr wohl ganz ausdrücklich Unzucht und Ehebruch beide unter die schweren Sünden zählt (Mk 7,21f.) schon Gedankensünden gegen die Ehe verurteilt (Mt 5,27-30), und dass es ihm wohl kaum um reinen Pragmatismus ging, wenn er das pragmatische Gesetz des Mose verschärfte und Scheidung mit Wiederheirat für grundsätzlich falsch erklärte (Mk 10,2-12; Mt 5,31f.; Mt 19,3-12).

Sie versuchen sich anschließend an Gelaber über die Gottebenbildlichkeit des Menschen und die Arten der Liebe, das wohl schön hochgestochen-theologisch klingen soll und in dem auch ein paar altgriechische Begriffe untergebracht werden. „Ihrer Würde entspricht es, auch in der sexuellen Kommunikation einen voll-personalen Selbstausdruck zu vollziehen und den der anderen Person empfangen zu können. Es begegnen sich nie nur Leiber oder Seelen. Sondern ein leibseelisches Ich und ein leibseelisches Du zeigen einander, wie sehr sie je mit und für die andere Person da sein wollen.“ Usw. Natürlich könnte man auch aus solchem umständlichen Gelaber die korrekte Moral ableiten, aber das will man ja nicht; man braucht es einfach als Ablenkungsmanöver.

Dann geht es an den Teil mit den eigentlichen Voten. Das erste Thema lautet „Sexualität als Geschenk und als Gestaltungsauftrag Gottes“, und erst einmal kommt wieder viel Gelaber über Freiheit, die nicht beliebig sei, usw., und man ahnt, wo die Reise hingeht: „Die Gebote Gottes sind nicht beliebig – für keinen Lebensbereich -, auch nicht für die lebensdienliche und darin Gott gefällige Gestaltung menschlicher Sexualität. Das je konkret zu erkennen und in die Erfordernisse der persönlichen Lebensgestaltung zu übersetzen, bedarf es aber der höchstpersönlichen Einsicht. […] In unserer Kirche
werden freilich die Akzente, worin diese verantwortliche Freiheit von Christ*innen konkret be-
steht, unterschiedlich gesetzt.“

Votum 1 lautet dann im Endeffekt:

„Wir verstehen menschliche Sexualität als von Gott geschenkte, grundsätzlich positive Lebenskraft. Sie ist wesentlicher Teil der personalen Identität jedes Menschen und seiner Lebensgestaltung. Die Frohe Botschaft Gottes umfasst das ganze Menschsein. Deshalb ist auch die Sexualität von ihrer Verheißung erfasst. Wir wollen daher alle Getauften und Gefirmten ermutigen, die Gestaltung ihrer Sexualität aus dem neuen Sein in Christus (vgl. 2 Kor 5,17) zu leben. Das kann – je nach Lebensstand und Lebensphase – Unterschiedliches bedeuten: Zölibatär oder allein lebende Menschen werden ihre Sexualität legitimer Weise anders gestalten als Jugendliche, homosexuelle Paare oder Eheleute. Die verantwortungsvolle Gestaltung ist Ausdruck menschlicher Freiheit und wichtiger Teil der personalen Identität. Sie mindert die Gefahr von Missbrauch und Gewalt, vor der gerade auch die Gestaltung menschlicher Sexualität steht. Für alle Sexualität gilt: Sie muss immer die Würde der betroffenen Personen als Ausdruck der Ebenbildlichkeit Gottes achten. Zur Würde gehört das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Sie zu unterstützen und in ihrer Bindung an das moralisch Gute zu stärken gehört ebenso zum Grundauftrag der Kirche wie die Achtung der sexuellen Identität – unabhängig des Alters oder der jeweiligen sexuellen Orientierung.“

Mit anderen Worten: Langwieriges Gerede um ein „ich will das aber anders“ zu verpacken.

Im nächsten Votum geht es um „geschlechtliche Identität“ und „sexuelle Orientierung“:

„Jede personale Identität ist in Entwicklung. Auch die Sexualität entwickelt sich über die Lebensspanne hinweg. Unverzichtbares Gestaltungsprinzip von Sexualität ist die wechselseitige, liebende Achtung der Würde des Gegenübers wie der Würde der eigenen Person. Eine solche Achtung gilt es auch jeder Form geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung entgegenzubringen. Sowohl sexuelle Orientierung als auch geschlechtliche Identität sind das Ergebnis eines höchstpersönlichen Wachstumsprozesses, den festzustellen der betreffenden Person obliegt. Deshalb verbietet sich alle Formen von Diskriminierung und Forderungen ihrer nicht medizinisch indizierten Manipulation, z.B. durch Konversionstherapien.“

Mit anderen Worten: Du darfst jede „sexuelle Identität“ haben; aber wenn du sie wieder ändern willst, hast du Pech gehabt.

Votum 3 zum Thema „Die Vielseitigkeit menschlicher Sexualität ernstnehmen“ lautet dann:

„Sexualität gehört zu den leiblichen und geistigen Sprachen des Menschen. Sie macht Liebe und Zuneigung […] konkret erfahrbar und weist nicht selten über sich hinaus auf das Transzendente und Göttliche menschlicher Existenz. […] Genitale Sexualität ist eine sehr wichtige, keinesfalls aber die einzige Gestalt sexueller Berührung. […] Alle Ausdrucksformen und Dimensionen prägen die Identität jedes Menschen mit.“

Wie man halt so drum herum redet, wenn man Blowjobs und Selbstbefriedigung rechtfertigen will.

Als nächstes geht es darum, dass Fruchtbarkeit nicht nur biologisch sei, sondern sich auch in anderem zeige, und es geht darum, wieso nicht nur NFP (jetzt wird NFP schließlich erwähnt), sondern auch Pille etc. zu rechtfertigen seien:

„Dem wird entgegengehalten, dass die Sexualisierung in manchen Teilen der Gesellschaft kaum auf die Entkopplung von Fruchtbarkeit und Geschlechtsakt zurückgeführt werden können. Diese hätten vielmehr ihre Wurzeln in einer sozial-ökonomischen Fehlentwicklung, die selbst den Menschen zur Ware macht. Gerade die Verpflichtung auf sogenannte natürliche Methoden der Verhütung könne die Zahl ungewollter Schwangerschaften und damit das Risiko der Tötung menschlichen Lebens durch Schwangerschaftsabbruch dramatisch in die Höhe treiben.“

Mit anderen Worten, sexuelle Objektivierung liegt in Wahrheit am Kapitalismus, und brave katholische Paare treiben ja sicher ständig ihre Kinder ab, wenn NFP mal nicht funktioniert, was Paare, die sich auf die Pille verlassen, nie tun. Angesichts dieser Chuzpe weiß man nicht mehr so ganz, was man noch sagen soll.

Als nächstes wird behauptet „Das Untrennbarkeitsdiktum hat sich in der Lehre der katholischen Kirche erstmals in der Enzyklika Humanae vitae (1968) geltend gemacht“ – mit anderen Worten, es wird offen gelogen, als ob es keine vorherigen Verurteilungen von Kondomen und coitus interruptus gegeben hätte. Votum 4 lautet am Ende:

„Sexualität ist in vielfacher Hinsicht eine lebensspendende Kraft. Ein besonderer Aspekt dieser Fruchtbarkeit ist die Zeugung neuen Lebens. Die Fruchtbarkeit menschlicher Sexualität besitzt immer auch eine soziale Dimension. Sie konkretisiert ihre Offenheit für neues Leben in der Übernahme von persönlicher Verantwortung für die Erziehung und Förderung aufwachsender junger Menschen. Zweifellos besitzen auch gleichgeschlechtliche und weitere Paare, die zwar kein neues Leben zeugen können, aber Kinder aufziehen, das Potenzial für ein Leben, das auch in dieser Hinsicht fruchtbar ist. Auch zölibatär lebende oder alleinstehende Personen verfügen grundsätzlich über dieses Potential.
Die christlich gelebte Ehe ist ein angemessener, ja bevorzugter Ort, alle Dimensionen der Fruchtbarkeit zu integrieren. Sie selbst schöpft aus der Offenheit für diese Fruchtbarkeit. Das bedeutet aber nicht, dass ausnahmelos jede geschlechtliche Vereinigung diese Offenheit biologisch realisieren muss. Die Eheleute selbst stehen vor der Aufgabe, die grundsätzliche Offenheit in ihre verantwortete Elternschaft gewissenhaft zu integrieren.“

Jetzt sagt halt einfach, wir wollen Kondome.

Thema Nr. 5 hat als Überschrift „Die Fruchtbarkeit homosexueller Partnerschaften“. Der kirchlichen Lehre gegenüber „wird geltend gemacht, dass sich die ‚natürliche Finalität‘ menschlicher Sexualität nicht in der biologischen Zeugung neuen Lebens erschöpfe, sondern gerade in der leiblichen Ausdruckhandlung personaler Liebe bestehe“. Wie sagt man es am besten: Nicht alles, was Menschen aus Triebhaftigkeit heraus tun, hängt auch mit Liebe zusammen, und nicht jede Weise, wie Menschen ihre Geschlechtsorgane irgendwohin stecken, ist Ausdruckshandlung von Liebe.

„Zudem stelle sich die Frage, welche sexuellen Ausdrucksformen homosexueller Liebe unter das Verdikt des ‚objektiv ungeordnet‘ fallen (nur genitale oder auch alle anderen Sprachformen) und ob man ernstlich das Einfrieren eines zentralen Identitätsmerkmals einer Person fordern könne, nur weil sie bestimmte normativen Erwartungen nicht erfülle, ohne dabei sich oder eine andere Person zu schädigen.“ Die Frage ist ganz einfach zu beantworten: Ja, auch das homosexuelle Verliebtsein ist ungeordnet, weil Verliebtsein auf die Ehe vorbereiten soll; die tiefe, freundschaftliche, geordnete Liebe, die es auch zwischen zwei Männern geben kann, ist von vollkommen anderer Art.

Die Synodalen verweisen auf die Unterscheidung zwischen Neigung und Handlung durch das Lehramt und schreiben dann: „Andere hingegen werten die Unterscheidung zwischen Veranlagung und Handlung als eine unzulässige Spaltung der betreffenden Person und verweisen auf die große Bedeutung gelebter Sexualität für die meisten Menschen, die keinesfalls per se diskreditiert und unterbunden werden dürfe.“ Mit anderen Worten: Ohne Sex fällt man quasi tot um. Dementsprechend dürfte man auch Leuten, die sich in verheiratete Menschen vergucken, nicht das Ausleben ihrer Liebe verbieten, und Leuten, die sich in ihre Schwestern vergucken, nicht den Inzest. Das ist gar nicht so hypothetisch; den meisten Leuten fällt es inzwischen tatsächlich schwer, ihre instinktive Ablehnung von Inzest theoretisch zu begründen, denn wenn das beide Seiten so wollen und sich lieben… Aber Inzest zerstört gesunde Familienverhältnisse, wie Homosexualität das gesunde Verhältnis zum eigenen und anderen Geschlecht zerstört.

Am Ende versucht man es noch mit einer scheinheiligen Geste in Richtung der Konservativen: „Der Respekt gebührt freilich auch jenen Menschen, die gleichgeschlechtlich empfinden, die zugleich aber nach der kirchlichen Lehre leben wollen und ebenfalls Begleitung durch die Kirche wünschen. Eine solche Begleitung soll gewährt werden. Sie zielt nicht auf therapeutische Konversion, sondern auf Akzeptanz einer selbstbestimmten Lebensentscheidung des geistlich begleiteten Menschen. Die seelsorgliche Begleitung von homosexuellen Gläubigen soll grundsätzlich auf die positive Integration der sexuellen Orientierung in die Person abzielen und nicht das Verdrängen oder Unterdrücken der sexuellen Orientierung fördern. Der Verzicht auf bestimmte Formen sexueller Praxis kann bei Menschen aller sexuellen Orientierungen Ausdruck einer bewusst entschiedenen zölibatären Lebensform sein – unabhängig von den unterschiedlichen Motiven, die zu dieser Entscheidung führen oder sie erforderlich machen. Als christlicher Lebensentwurf beinhaltet Enthaltsamkeit notwendig das Moment der Freiheit.“

Mit anderen Worten: Wenn irgendwelche Schwulen jetzt unbedingt zölibatär leben wollen, wollen wir ihnen das ja gar nicht verbieten – sie sollen aber bitte nichts versuchen, was ihre Neigung ändern würde, und auf keinen Fall so ganz auf Sexualität verzichten („Verdrängung“); ein bisschen muss man sich schon noch über solche Neigungen definieren, auch wenn man die Imitation des Geschlechtsakts nicht vollzieht. (Kurze Anmerkung zu Konversionstherapien: Solche Therapien haben offenbar, wo das probiert wird, sehr unterschiedliche Erfolge, und können manchen – je nach Ursache der Neigung – sehr wohl helfen. Allerdings lässt sich wohl nicht viel Sicheres dazu sagen, weil ja jede ergebnisoffene Forschung in dieser Richtung ein absolutes Tabu ist. Nun sind solche Therapien nicht nötig, um als homosexueller Katholik lehramtstreu zu leben, man kann auch mit ungeänderter Neigung enthaltsam leben; aber es ist grausam, schon den Versuch verbieten zu wollen, wenn solche Therapien manchen homosexuellen Katholiken den Weg zu einer glücklichen heterosexuellen Ehe bahnen könnten.)

Votum 5 lautet am Ende:

„Die Grundsätze und Kriterien einer christlich gelebten Sexualität – Achtung der Selbstbestimmung und verantwortlich gelebte Sexualität sowie Treue, Dauerhaftigkeit, Ausschließlichkeit und Verantwortung füreinander in Beziehungen – gelten auch für homosexuelle Menschen. Homosexualität ist kein Ausschlusskriterium für den Zugang zu Weiheämtern. Ein prinzipieller Ausschluss zeugt von einer Defizitorientierung, die keinen sachlichen Anhalt hat. Sogenannte Konversionsbehandlungen und ähnliche Angebote, die auf die Desintegration der personalen Identität in Bezug auf die geschlechtliche Identität oder die sexuelle Orientierung abzielen und somit die Gesundheit und den Glauben von homosexuellen sowie transgeschlechtlichen Menschen gefährden, sind strikt abzulehnen und zu unterbinden.“

Man beachte auch die Wortwahl bzgl. der Kriterien: Dauerhaftigkeit wird noch genannt, Unauflöslichkeit nicht mehr. Ausschließlichkeit wird interessanterweise auch noch genannt; man fragt sich, wie sich wohl die Menschen, die Polyamorie betreiben, mit dieser Ausgrenzung fühlen?

Die Überschrift zu Thema Nr. 6 lautet „Sexuelle Lust in ihrer Schönheit lebensdienlich gestalten“, und ich glaube, man muss nicht so prüde sein, wie ich das bin, um ein bisschen peinlich berührt zu sein. Ich glaube, viele Menschen würden lieber alles mögliche andere tun, als Gremienkatholiken aus der Boomergeneration langatmig über Lust reden zu hören, als wären sie verhinderte Softpornoschreiber. Kostprobe gefällig?

„Lust lässt sich als sinnliche Antriebskraft menschlichen Lebens auffassen, die einerseits ein motivationsförderliches und darin lebenswichtiges Wohlgefühl stimuliert, sich andererseits nur bedingt bewusst gestalten und in ihrem innewohnenden, überschießenden Potential begrenzen lässt. […] Lust und mit ihr Sexualität werden weniger als triebgebundene Erregung wahrgenommen, deren überschießendes Potential durch Triebabfuhr entlastet werden müsste, sondern als Vollzug einer leiblich erfahrbaren Energie, die sich der Anziehungskraft des Eros verdankt und damit dem Wohlgefühl leiblich erspürter Nähe Ausdruck verschafft.“

Die Erotik ist bei diesen Herrschaften ja quasi mit Händen zu greifen.

Ein bisschen vorsichtig sind die Damen und Herren noch:

„Wie alle Sinngehalte menschlicher Sexualität ist auch die sexuelle Lust nicht frei von Ambivalenz. Sie kann durch das stimulierte erotische Wohlgefühl Anerkennung und Geborgenheit vermitteln. Sie kann zum bloßen Objekt eigener Lusterfahrung instrumentalisiert werden, etwa durch einen ungezügelten Konsum von Pornographie.“

Wer wird denn hier die Pornosüchtigen diskriminieren wollen? Ich meine, wenn man den Grundsätzen des Synodalen Weges folgen würde, müsste man es auch für zu verbietende Konversionstherapie halten, Pornosüchtigen zu helfen, damit aufzuhören.

Die Überschrift zu Punkt Numero 7 lautet dann „Sexualität als Beziehung zu sich selbst wie zu Anderen“, und man denkt sich schon: oh weia. Dementsprechend heißt es dann auch: „Wie jede Form sexueller Beziehung und Praxis ist auch die selbststimulierende Sexualität (Masturbation) ambivalent. Sie eröffnet einerseits die Möglichkeit, sich in der Leiblichkeit selbst zu entdecken, zu erleben und die Dimensionen der Sexualität von Lust, Identität und Transzendenz zu erfahren. […] Selbststimulierende Sexualität ist keine Form reiner Selbstverliebtheit, sondern eine weitere wichtige Form menschlicher Sexualität neben zwischenmenschlichen Beziehungen. […] Für alle Menschen kann die selbststimulierte lustvolle Erfahrung des eigenen Körpers ein wichtiger Baustein der Annahme ihrer selbst sein.“

Thema Nr. 8 nennt sich dann „Christlich gelebte Ehe und verbindliche Partnerschaften aus dem Zuspruch Gottes gestalten“. Nach dem üblichen einleitenden Gelaber kommt natürlich die Sprache auf die Wiederverheiratet-Geschiedenen, die man zur Kommunion zulassen solle. „Es stellt sich weiterhin die Frage, wie die Kirche Menschen in solchen neuen Partnerschaften, von denen sich viele aus ihrem Glauben heraus danach von Herzen sehnen, die barmherzige Zuwendung Gottes durch seinen Segen erfahrbar machen kann.“ Mit anderen Worten: Ob Gott selbst das segnen will, muss gar nicht mehr diskutiert werden; Er ist ein Automat, bei dem sich jeder seinen Segen abholen kann. Das gleiche natürlich in Bezug auf unverheiratete und homosexuelle Paare.

Dann kommt Thema Nr. 9, „Gewissenhafte Gestaltung eigener Sexualität inmitten der Gemeinschaft der Glaubenden“, wobei sich als allererstes auf die Königsteiner Erklärung berufen wird. Gewissensfreiheit und so. Das Gelaber erspare ich mal meinen Lesern. Nr. 10, „Zur Freiheit des Wagnisses unbedingter Liebe befreit“, redet von Brüchen, und Wagnissen, und noch mehr Schlagworten, und warnt vor einer sog. Idealisierung (die natürlich im Verlauf dieses Textes gar nirgends zu finden war).

Was sollen wir nun dazu sagen? Tja, manche Menschen können sehr viel labern, wenn sie ihre absolute Ablehnung der kirchlichen Lehre in kirchliche Begriffe kleiden wollen, um sich endlich bei der Welt beliebt zu machen, und mal erklären wollen, dass sie ja wohl gefälligst Sex haben und das schön finden, jawoll! Und in all dem Gelaber bringen sie kein einziges Argument dafür unter, was z. B. der Vorteil für manche dabei sein soll, schon vor der Ehe miteinander zu schlafen.

Letztlich zeigt ja schon ihr Symbol, wohin es geht: Weg vom Kreuz, weg von Jesus.