Dinge, die ich gelernt habe

Es gibt immer wieder Dinge, bei denen man sich denkt: Hätte ich das und das doch früher gewusst oder jedenfalls verinnerlicht. Aber auch solche, bei denen man sich sagt: Bin ich froh, dass ich das früh genug beigebracht bekommen habe. Quasi diese Lebensweisheiten, die einem immer wieder helfen.

Mir ging es z. B. so bei folgenden Dingen:

  • Tägliches, konzentriertes Beten ist WIRKLICH wichtig. WIRKLICH WIRKLICH WIRKLICH. Und wenn es nur fünf Minuten sind. Wenn man etwas vernachlässigt, sollte es nicht das Gebet sein.
  • Vielen Menschen geht es wirklich nicht gut, und man sieht es ihnen nicht unbedingt an.
  • Es dauert lange, bis man Menschen wirklich kennt – sowohl ihre guten als auch ihre schlechten Eigenschaften.
  • Man muss sich nicht zu allem eine Meinung bilden. Wenn man nicht genug gesicherte Informationen hat, kann man auch einfach abwarten und Tee trinken.
  • Vorurteile sind manchmal böswillige Verleumdungen, und manchmal einfach Erfahrungswerte. Gruppen von Menschen erwerben sich genauso einen Ruf wie Einzelmenschen.
  • Man muss sich nicht entschuldigen dafür, auf Nummer sicher zu gehen, auch wenn man sich denkt, andere könnten dann denken, man vertraut ihnen nicht. Wenn sie wollen, dass man sich sicher fühlt, nötigen sie einen nicht zu vorschnellem Vertrauen.
  • Es ist wirklich besser, geringste Fortschritte zu machen als gar keine.
  • Man hat absolut keine Verpflichtung, es sich schwerer zu machen als nötig.
  • Es ist sehr wichtig, Menschen zu haben, die einem sagen, wenn man was falsch macht. Man braucht keine Freunde, die einem ständig in alles hineinreden, aber sehr wohl Freunde, die immer ehrlich mit einem sind, und die einen auf Fehler ansprechen.
  • Christen sind im Durchschnitt wirklich merklich netter und vertrauenswürdiger und eine angenehmere Gesellschaft als Nichtchristen – man erkennt den Baum tatsächlich an seinen Früchten. Und man muss sich trotzdem nicht wundern, dass sie alle ihre Fehler haben, und auch nicht darüber, unter ihnen ein paar Arschlöcher oder Nervensägen und vereinzelt Verbrecher zu finden.
  • Die meisten Menschen sind nicht sehr böswillig – wirklich nicht -, aber sehr beeinflussbar und nicht immer verlässlich und manchmal gemein und dumm.
  • Treue und Ehrlichkeit sind extrem wichtig, und dazu gehört auch die Verschwiegenheit; Dinge, die andere nicht wissen müssen, kann man auch einfach für sich behalten. Man muss nicht alles mit irgendwelchen Bekanntschaften bereden oder im Internet ausbreiten. Umgekehrt kann man selber auch auf Neugier verzichten; man muss nicht alles von anderen wissen, auch wenn es harmlos ist.
  • Wenn man was will, sollte man es einfach sagen, statt so zu tun, als wollte man es gar nicht, um zuvorkommend gegenüber anderen zu sein – wenn alle jeweils sagen, was sie am liebsten hätten, kann man dann einen Kompromiss finden oder einer kann immer noch sagen, dass er es ok findet, zu verzichten. Aber sich gegenseitig von vornherein mit der Rücksichtnahme überbieten zu wollen und nichts Klares zu sagen ist nicht hilfreich und selbst eine Art von Eitelkeit.
  • Man sollte generell nie von anderen erwarten, dass sie die eigenen Gedanken lesen können. Lieber einfach offen sein und davon ausgehen, dass andere Leute begriffsstutzig sind.
  • Wille und Tat sind immer wichtiger als das Gefühl. Wenn man bei etwas Gutem ein Gefühl der Unlust hat, aber es trotzdem tut, ist es erst recht verdienstvoll. Wenn man bei etwas Schlechtem ein schlechtes Gefühl hat, aber es trotzdem tut, wird die Tat nicht weniger schlimm.
  • Es ist eine ganz blöde Idee, etwas, das man als sinnvoll erkannt hat, nicht zu tun, nur weil nervige Menschen, von deren Meinung man nichts hält, einem raten, es zu tun.
  • Unsere Vorfahren waren ganz normale Menschen, und oft normaler als wir.
  • Vagheit und Zweideutigkeit ist oft schlimmer als Lüge.
  • Klischeehafte Aussagen wie „Gott hat alles in der Hand“ und „Gottes Wege sind unergründlich“ sind sehr viel tröstlicher als manche meinen, jedenfalls wenn sie nicht nur so dahingesagt werden, sondern jemand sie wirklich so meint. Weil sie nun mal stimmen. Vielleicht tut es manchen Leuten besser, wenn andere einfach still für sie da sind und sich nicht an tröstenden Worten versuchen, aber ich finde solche klischeehaften Tröstungen sehr hilfreich.
  • Wenn die Medien v. a. seit der Sexuellen Revolution einem einreden wollen, der Familie zu misstrauen und sein Glück ohne sie zu suchen, hat sich das in der Praxis meistens wie eine Missbrauchstaktik zur Isolierung von den Menschen, denen man wirklich am Herzen liegt, ausgewirkt; wie es bei Sekten und Triebtätern eben für gewöhnlich passiert. Eine liebende Familie gehört zu den wichtigsten Dingen, die man haben kann. (Deswegen ist es auch so extrem schlimm, wenn man eine nicht liebende Familie hat.)
  • Scheidung-und-Wiederheirat ist wirklich vom Teufel und macht so vieles kaputt, auch wenn viele das nicht realisieren, wenn sie sich scheiden lassen. Eine Ehe begründet eine Familie, und die lässt sich nicht einfach auseinanderreißen.
  • Viele Freundschaften (oder besser: Kameradschaften) sind zeitlich begrenzt; man versteht sich gut, und macht Dinge zusammen, wenn man sich oft sieht, und man unterstützt und hilft sich vielleicht auch, auch in wichtigen Dingen, aber wenn man nicht mehr zusammenkommt, verliert sich das. Das ist auch in Ordnung; Kameradschaft ist auch etwas sehr Gutes. Aber es ist noch nicht dasselbe wie die besonderen Freundschaften, wo man wirklich vertraut wird und bewusst den Kontakt hält, und die sollte man sehr schätzen.
  • Ärzte sind ziemlich oft oberflächliche Pfuscher, die sich keine Mühe machen wollen, weshalb man auch immer darauf drängen sollte, dass sie etwas machen, sowohl in Bezug auf wirkliche Symptomlinderung als auch in Bezug auf die Wurzel des Problems, und zweite Meinungen einholen sollte; Heilpraktiker sind vor allem ahnungslos und auch keine wirklich Alternative.
  • Sozialpädagogen und Journalisten ist nicht zu trauen, fast so wenig wie Politikern.
  • Linke, Atheisten und Abtreibungsbefürworter (ja, genau diese Gruppen) haben sehr wenig Probleme mit Halbwahrheiten und extremen Verdrehungen und manchmal auch einfach offenen Lügen; und auch Menschen aus nichteuropäischen Kulturen, auch wenn sie keine linken Atheisten sind, lügen leicht mal offen bei Kleinigkeiten. Und das kann einen wirklich zur Weißglut bringen.
  • Wer nicht logisch denken will, den wird man auch nicht dazu bringen, indem man ihm die Logik immer wieder vorkaut; und wer einen missverstehen will, wird einen auch missverstehen.
  • Und zuletzt: Wir können fröhlich und stark sein, denn Gott ist mit uns.

Und jetzt die Frage an die Leser: Was wären eure Lebensweisheiten oder Erfahrungen? So etwas sammelt man ja gerne.

Papst Franziskus und geistliche Misshandlung

Ich weiß, ich habe mich hier schon öfter über den derzeitigen Papst aufgeregt, aber ab und zu will man über manche Aspekte noch mal was sagen.

Manche Menschen werden die Symptome kennen, wenn sie von einem Chef oder einer Mutter oder einem Schwiegervater ständig schlecht behandelt werden: Emotionale Misshandlung. Solche Leute verhalten sich etwa so:

  • sie geben einem ständig das Gefühl, minderwertig zu sein
  • sie setzen einen vor anderen herunter
  • sie machen „Witze“ über einen, und wenn man nicht lacht, heißt es, „stell dich nicht so an, war doch nur ein Witz“
  • man kann es ihnen nie recht machen
  • ihre Wutausbrüche sind manchmal unvorhersehbar und man ist um sie herum ständig wachsam, um sie nicht zu reizen
  • sie benennen einen mit Schimpfnamen
  • sie verbreiten Verleumdungen über einen; das kann auch so aussehen, dass, wenn man anfängt, ihr Verhalten nicht mehr einfach hinzunehmen, sie verbreiten, man wäre verrückt und empfindlich und würde sich immer sofort angegriffen fühlen, wenn sie einem helfen wollen usw.
  • sie wollen einen einschüchtern, z. B. mit lautem Herumschreien, oder durch Drohungen, oder indem sie etwas zerstören, das einem wichtig ist
  • sie hören gar nicht zu, wenn man mit ihnen reden will, behandeln einen verächtlich, setzen die Anliegen, die einem wichtig sind, herunter
  • sie lügen einen so oft an, leugnen z. B., in einem früheren Streit etwas gesagt zu haben, bis man selber ganz verunsichert wird und sich fragt, ob man verrückt wird („Gaslighting“)
  • sie kontrollieren einen und treffen alle Entscheidungen; wenn man z. B. nicht sofort ans Handy geht, wenn sie anrufen, überhäufen sie einen hinterher mit Vorwürfen
  • sie versuchen, einen emotional zu erpressen
  • sie zeigen einem die kalte Schulter, ignorieren einen, weigern sich, einem irgendwelche Zeichen der Zuneigung zu zeigen, wenn man nicht tut, was sie wollen
  • wenn man sie dann mal brauchen würde, helfen sie einem nicht, sondern erklären, man sei selber verantwortlich, oder ignorieren einen einfach
  • sie halten einen von den Leuten fern, denen man tatsächlich wichtig ist
  • gelegentlich haben sie gute Phasen, sind gut gelaunt, aber man weiß nie so recht, wie lange das dauert

Dabei ist ein Streit natürlich nicht gleich emotionale Misshandlung. Fast alle Menschen sind ab und zu launisch, ungerecht, genervt oder werfen jemandem ein Schimpfwort an den Kopf. Und manchmal sind harte Worte und dergleichen auch angebracht. Wenn der Sohn das Auto zu Schrott gefahren hat, ist es wohl kaum emotionaler Missbrauch, wenn seine Mutter ihn gehörig ausschimpft; wenn die 15jährige Tochter mit einem älteren Typen ausgeht, der schon mal im Jugendknast saß, haben die Eltern jedes Recht, ihr diesen Umgang zu verbieten und sie in nächster Zeit strenger zu kontrollieren.

Es kommt auf das größere Muster an. Emotionale Misshandlung ist ständig und ungerecht. Es sind nicht immer alle Symptome vorhanden, aber die Symptome häufen sich. Solche Leute haben es auf bestimmte einzelne Personen abgesehen, behandeln andere vielleicht viel besser (z. B. die Mutter, die eine ihrer beiden Töchter ständig lobt und vorzieht, und die andere ständig herabsetzt). Das Opfer fühlt sich ständig unglücklich und minderwertig. Emotionale Misshandlung ist nicht immer leichter zu ertragen als körperliche; manchmal wünschen sich Opfer, lieber geschlagen als so behandelt zu werden, oder werden sowohl geschlagen als auch emotional misshandelt, und finden die Schläge weniger schlimm.

So, und jetzt vergleichen wir das mal damit, wie Franziskus (und seine Anhänger! denn natürlich stellen sich die Leute in der Weltkirche auf dieses Klima ein, und manche nutzen die Gelegenheit zum Mobbing) seit Jahren Traditionalisten und Konservative behandeln:

  • Er schimpft in etlichen öffentlichen Predigten über uns, egal, ob der Anlass gerade passt oder nicht, und verleiht uns Schimpfnamen („rigide“, „Klerikalisten“, „Formalismus“, „geistiges Heidentum“).
  • Er ignoriert die Leute, die ihm nicht passen, und geht nicht auf ihre Anliegen ein; die können nur böswillig sein. Die Dubia-Kardinäle haben bis heute keine Antwort bekommen; Kardinal Zen – der es in Hongkong mit Chinas brutaler Diktatur zu tun hat – bekommt keine Audienz, während er in Rom ist.
  • Dagegen zieht Franziskus seine Lieblinge vor, auch solche, die sich Finanzskandale oder sexueller Übergriffe schuldig gemacht haben, z. B. Bischof Zanchetta aus seinem Heimatland Argentinien, für den er sogar einen neuen Posten im Vatikan geschaffen hat (und der inzwischen in Argentinien zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, die er aber als Hausarrest absitzen darf). Vor den Medien stellt er sich gern als Bekämpfer von Missbrauch dar – in der Realität sieht es völlig anders aus.
  • Er bestraft uns hart (wofür eigentlich?), während er den Progressiven alles durchgehen lässt. Wir bekommen durch Traditionis Custodes gesagt, dass wir die Messe nicht mehr so feiern dürfen, wie sie über tausend Jahre lang gefeiert wurde, und ein Priester, der die Messe auf einer Luftmatratze im Meer feiert, also billigend in Kauf nimmt, dass der Leib des Herrn im Wasser landen kann, bekommt von seiner Diözese höchstens ein leichtes „Dududu, das macht man aber nicht“ zu hören. Katholiken, die unbedingt zur Messe wollen, sind das Problem; aber Gotteslästerer darf man nicht verurteilen.
  • Er erlaubt keine Kritik. Sobald jemand Franziskus kritisiert, wird ihm von dessen Anhängern vorgeworfen, er habe keine Papsttreue, sei eigentlich nicht mal mehr richtig katholisch – und das von Leuten, die meistens seit Jahrzehnten für Kondome und Frauenweihe werben. Kardinäle, die nicht begeistert genug auf Linie sind, werden schnell von ihren Posten im Vatikan abgesetzt; Burke und Müller können ein Lied davon singen (und Kardinal Müller erklärte auch später noch seine Loyalität zu Papst Franziskus).
  • Gaslighting: Man versucht, uns glauben zu machen, es wäre völlig normal, wenn Franziskus mit zweideutigen Aussagen solche grundlegenden Lehren wie die Unauflöslichkeit der Ehe infragestellt, das sei nur eine Weiterentwicklung, und das habe es schon immer gegeben.

Häufig gibt sich das Opfer von Misshandlung selbst die Schuld oder sucht nach mildernden Umständen und Entschuldigungsgründen für den Täter. So auch unsere Seite: „Na ja, aber schaut mal, diese radikalen Traditionalisten sind echt so unfreundlich zu Franziskus, wir müssen ihm trotzdem unsere Ehrfurcht zeigen…“ Es gibt keinen Anlass, sich so zu verhalten. Nicht wir verhalten uns falsch, er tut das; und wenn manche Leute seine schlechten Eigenschaften schon früh bemerkt haben und für ihn vielleicht auch etwas schnell harte Worte hatten, dann rechtfertigt das trotzdem nicht sein Verhalten.

Man redet sich auch schön, was der Täter noch mehr oder weniger gut macht. „Papst Franziskus ist immerhin klar gegen Abtreibung, hat das sogar mit Auftragsmord verglichen!“ Das erinnert daran, wenn sich ein Kind mit blauen Flecken am ganzen Körper denkt, hey, wenigstens wirft mich mein Vater nicht auf die Straße hinaus und verbietet mir nicht, mir Essen aus dem Kühlschrank zu holen. Banale Selbstverständlichkeiten bejubelt man nur, wenn man erleichtert ist, dass die Situation nicht noch schlimmer ist.

In der Überschrift habe ich von geistlicher Misshandlung, nicht einfach von emotionaler Misshandlung gesprochen. Geistliche Misshandlung ist eine schlimmere Form davon. Da wird z. B. nicht nur mit Liebesentzug, sondern auch mit der Hölle gedroht, oder dem Schisma, oder beidem. Wer Amoris Laetitia nicht feiert, ist quasi schon ein Schismatiker; wer „rigide“ ist, verweigert sich dem Heiligen Geist. Was Franziskus sagt, ist ein göttliches Orakel; ganz egal, dass der Papst gemäß der Kirchenlehre nicht dazu da ist, neue Lehren zu erfinden, sondern einfach nur dazu, die Überlieferung zu bewahren. Liberale geben sich schadenfreudig und hacken auf die Konservativen ein, mit Argumenten, die sie vorher nie verwendet hätten. „Dem Papst gehorcht man“, „ihr hört nicht auf das Wirken des Heiligen Geistes“, etc. blabla – wie das eben bei geistlicher Manipulation aussieht. (Nein, von Gehorsam und Hölle zu reden ist nicht gleich Manipulation, das sage ich gar nicht, es ist oft genug gerechtfertigt und eine gut gemeinte Warnung; aber hier geht es um die unehrliche und böswillige Verwendung der Argumente.)

Misshandlung geht auch oft einher mit Vernachlässigung. Und „geistliche Vernachlässigung“ ist eigentlich ein ziemliches Understatement dafür, was seit 2013 abgelaufen ist. Gläubige sind verwirrt und ratlos und werden eher noch von der Kirche weggetrieben und der Papst kümmert sich nicht darum, irgendeinen Menschen zu Jesus zu bringen.

Bei Franziskus ist es sehr extrem. Aber auch die vorigen Päpste waren in dieser Hinsicht nicht komplett schuldlos. Auch sie haben ein gewisses Maß an Misshandlung durch andere Bischöfe und Theologen zugelassen und sich wohl nicht so wirklich fähig gefühlt, diese Entwicklung wieder zu stoppen. Sie waren eher wie ein Vater, der, wenn die Mutter ein Kind misshandelt, schon immer mal wieder etwas dagegen sagt und das Kind in Schutz nimmt, und ihm seinerseits Zuneigung zeigt, aber nicht grundlegend einschreitet. Die Päpste haben seit dem 2. Vatikanum in einigen Dingen die Leute wüten lassen, die den Glauben durch ihre eigenen Ideologien ersetzen wollten.

Es tut irgendwie weh, das zu sagen, aber das gilt ab und zu auch für Benedikt XVI. und Johannes Paul II. Ja, sie hatten in manchen Dingen selbst irrige (wenn auch noch nicht häretische) Ansichten (z. B. dazu, wie weit Ökumenismus gehen sollte – s. die Gebetstreffen in Assisi), aber diese Ansichten waren wahrscheinlich wenigstens ehrliche Irrtümer. Aber sie haben auch bei Dingen, bei denen sie selbst immer die richtige Linie vertreten haben, zugelassen, dass andere die Kirche unterminieren. Jorge Maria Bergoglio wurde von Johannes Paul II. zum Bischof und Kardinal gemacht. Ich selber habe Benedikt viel zu verdanken; er hat mir ca. 2011 geholfen, richtig zum Glauben zu finden. Aber er hatte am Ende nicht die Kraft, seine Herde weiterhin vor den Wölfen zu schützen. Er war diplomatisch, milde, geduldig; und am Ende hat er sich zurückgezogen, obwohl wir ihn noch brauchten, und es nicht garantiert war, dass das Konklave einen guten nächsten Papst wählt.

Vielleicht überschätze ich hier, wie viel Macht ein Papst hat. Er ist immer darauf angewiesen, dass andere seine Anweisungen umsetzen und ihm die richtigen Informationen weitergeben. Aber hätten die vergangenen Päpste nicht wenigstens strenger auf die Kriterien der Ernennung zum Bischof schauen können, und sicherstellen können, nur wirklich lehramtstreue Kandidaten zuzulassen?

Aber egal, wie wir ihn diese Situation gekommen sind, jetzt ist sie nun mal da. Und bei emotionaler Misshandlung hilft es generell:

  • sich von den Tätern abzugrenzen und ihnen Grenzen zu setzen
  • sich Freunde zu suchen, mit denen man seine Sorgen teilen kann; ein bisschen Verständnis und Unterstützung kann Wunder wirken
  • möglichst wenig Kontakt zu den Tätern zu haben

Wir können uns nicht von der Kirche trennen, weil solche Leute in ihr an der Macht sind, genausowenig, wie wir erklären können, unser leiblicher Vater wäre nicht unser Vater, wenn er uns misshandelt. Aber wir können den Papst und seine Leute mehr oder weniger ignorieren. Wir können uns in Tradi-Gemeinden zusammenfinden, wo man sich einfach einig ist, dass ungerechte Befehle nicht beachtet werden und man auf Traditionis Custodes pfeift, und im Übrigen vor allem an Gott denkt statt an Seinen Stellvertreter, der sich vor Ihm wird verantworten müssen.

(Diejenigen Leute, die mittlerweile Zweifel bekommen, ob Franziskus wirklich gültig gewählt worden sein kann oder nicht vielleicht später sein Amt verloren haben kann, wären etwa wie misshandelte Kinder, die einen Vaterschaftstest verlangen, weil sie sich denken, wenn ihr Vater sie so misshandelt, wäre er vielleicht gar nicht ihr Vater. Es mag in der Theorie Fälle geben, in denen so etwas passieren kann, aber im Zweifelsfall ist der allgemein als gültig anerkannte Papst nun mal Papst, Punkt; und wir müssen uns gar nicht darum kümmern, ob es so ist, um seinen Misshandlungen entgehen zu können. Wir können uns auch so von ihm fernhalten.)

Also: „Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen.“ Irgendwann wird auch diese Krisenzeit beendet sein, allerspätestens mit der Wiederkunft unseres Herrn. Bis dahin muss man eben auch mal dem Papst „ins Angesicht widerstehen“ (Gal 2,11).

Vorfreude auf den Himmel

Es gibt solche Tage – zum Beispiel einen schönen Sonntagmorgen im Sommer, wenn man umgeben von lauter lieben Menschen zur Messe geht und dann den Herrn in der hl. Kommunion empfängt -, da ist man einfach glücklich und fröhlich und geborgen, und denkt sich: Wie schön muss das erst im Himmel sein.

Ich bin mittlerweile so weit, dass ich weniger Angst vor Gott habe und mehr Vorfreude auf den Himmel, jedenfalls viel mehr als früher. Er meint es ja wirklich gut mit uns, und wir haben uns Ihm angeschlossen. Im Himmel werden wir Ihn wirklich sehen, wie Er ist, dann wird alles Fragen vorbei sein. Und ich denke mal, dass wir (auch wenn das eine ziemlich nebensächliche Angelegenheit im Vergleich dazu sein wird, Gott zu sehen) uns alle gegenseitig in Gott sehen werden, wie wir sind. Da wird man dann plötzlich sehen, wer alles für einen gebetet hat, oder was für Früchte die eigenen Gebete getragen haben. Da wird man sich wiedererkennen und endlich wirklich verstehen. Die schönen Momente hier unten sind nur ein Vorgeschmack, da erhascht man einen Blick auf die große Wirklichkeit, die wirklicher ist als das alles.

Ich habe nicht das Gnadenprivileg, oft besondere Hochgefühle beim Gebet zu erleben, und bin im inneren Gebet sowieso sehr ungeübt (das muss sich ändern). Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass Gott mir etwas zeigt oder sagen will. Jesus, wie Er in der Hostie bei uns ist, das hat so etwas von friedlichem, schlichtem, verborgenem Schweigen und Warten. Und wenn man eine Kuhweide im Abendlicht und den Waldrand dahinter sieht, dann denkt man sich etwas Ähnliches: Gott hält ruhig seine Hand darüber und lässt die Dinge wachsen.

Und wir müssen auch nur noch etwas Geduld haben, bis wir dann schließlich im Himmel sind und die Vollendung all dieser Dinge sehen.

John Everett Millais, Das Tal der Stille.