Die frühen Christen (bis 200 n. Chr.), Teil 3c: Biographische Einzelheiten und heute fehlende Quellen und Überlieferungen über Jesus

Wer wissen will, was es mit dieser Reihe auf sich hat, möge bitte diese kurze Einführung hier lesen; knapp gesagt: ich habe Zitate aus christlichen Schriften vom Jahr 95 bis ca. 200 n. Chr. gesammelt, um einen Eindruck von der frühen Kirche zu vermitteln. (In der Einführung findet sich eine Liste mit allen herangezogenen Werken mitsamt ihrer Datierung.)

Alle bisher veröffentlichten Teile gibt es hier.

 

Bibelstellen zum Vergleich: Evangelien.

 

Die Christen des 2. Jahrhunderts waren Jesus offensichtlich näher als wir; daher ist es durchaus interessant zu wissen, auf welche Quellen sie sich beriefen oder welche Infos sie beiläufig erwähnen, die wir heute nicht mehr haben. Wer in diesem Artikel schädigende und sensationelle Enthüllungen erhofft, ist allerdings fehl am Platz.*

 

Justin der Märtyrer, der um 150 schreibt, erwähnt heute nicht mehr vorhandene Gerichtsakten des Pilatus; ob er sie selbst gesehen hatte oder nur wusste oder davon ausging, dass sie existierten, bleibt allerdings unklar:

„Daß das so geschehen ist [die Kreuzigung], könnt ihr aus den unter Pontius Pilatus angefertigten Akten ersehen.“ (Justin, 1. Apologie 35)

„Daß ferner unser Christus alle Krankheiten heilen und Tote erwecken werde, das entnehmet folgenden Worten: ‚Bei seinem Erscheinen wird springen der Lahme wie ein Hirsch und deutlich wird reden die Zunge des Stummen. Blinde werden sehen, Aussätzige rein werden, Tote auferstehen und umhergehen‘1. Daß er das wirklich getan hat, könnt ihr aus den unter Pontius Pilatus aufgenommenen Akten ersehen.“ (Justin, 1. Apologie 48)

(Christus vor Pilatus, Mihály von Munkácsy. Gemeinfrei.)

Ebenso erwähnt er Zensuslisten zur Volkszählung bei Jesu Geburt:

„Höret nun, wie Michäas, ein anderer Prophet, seinen Geburtsort vorhergesagt hat. Er sagte nämlich1: ‚Und du Bethlehem im Lande Juda bist keineswegs die geringste unter den Fürstenstädten Judas; denn aus dir wird ein Führer hervorgehen, der mein Volk weiden wird.‘ Es ist das eine Ortschaft im jüdischen Lande, 35 Stadien von Jerusalem entfernt, in der Jesus Christus geboren wurde, wie ihr auch aus den Zensuslisten ersehen könnt, die unter Quirinius, eurem ersten Landpfleger in Judäa2 , angefertigt worden sind.“ (Justin, 1. Apologie 34)

 

Eusebius von Cäsarea, der um 300 in seiner Kirchengeschichte auch über die beiden teilweise abweichenden Stammbäume Jesu in den Evangelien schreibt, erwähnt einen Bericht von Julius Africanus aus dem 2. Jahrhundert, der sich für eine Erklärung dafür auf Verwandte Jesu und den Brauch der Schwagerehe berief:

„Da Matthäus1 und Lukas2 uns auf verschiedene Weise in ihren Evangelien das Geschlechtsregister Christi überliefert haben und da die meisten glauben, daß sich dieselben widersprechen und alle Gläubigen sich in Unkenntnis der Wahrheit abmühen, eine Erklärung der Stellen ausfindig zu machen, darum teilen wir einen hierüber auf uns gekommenen Bericht mit, welchen der etwas weiter oben von uns erwähnte Afrikanus bezüglich der Übereinstimmung der evangelischen Geschlechtsregister in einem Briefe an Aristides gegeben hat und worin er die Anschauungen der anderen als gezwungen und unrichtig dartut. Die Erklärung, welche er selbst übernommen hat, gibt er also wieder:3

‚Die Aufzählung der Namen in den Stammtafeln war in Israel entweder physisch oder gesetzlich; physisch war sie, wenn der leibliche Sohn folgte, gesetzlich, wenn ein Fremder an Kindes Statt angenommen wurde auf den Namen des ohne Kinder gestorbenen Bruders. Da nämlich die Hoffnung auf die Auferstehung noch nicht klar war, so suchte man einen Ersatz für die künftige, verheißene Auferstehung in der sterblichen Auferstehung,4 damit der Name des Hingeschiedenen nicht ausgetilgt würde. Da nun von den in unseren Geschlechtsregistern genannten Personen die einen als leibliche Kinder den Vätern folgten, während die anderen nach Männern benannt wurden, von denen sie nicht erzeugt worden waren, so sind die aufgezählten Männer zum Teil Väter der Natur nach, zum Teil Väter der Form nach. Weil nun die Evangelien im einen Falle die natürliche Zeugung berücksichtigten, im anderen Falle eine gesetzliche Gewohnheit, so irrt sich keines der beiden. Die von Salomon und die von Nathan abstammenden Geschlechter wurden durch die Neubelebungen5 der Kinderlosen bzw. die zweiten Ehen sowie durch die natürliche Zeugung6 so sehr miteinander verkettet, daß man mit Recht behaupten kann die gleichen Personen stammen zugleich von verschiedener Seite ab, nämlich von Vätern, die es dem Scheine nach sind, und von solchen, die es in Wirklichkeit sind. Die beiden Berichte sind also vollständig richtig; wenn auch unter verschiedenen Verschlingungen, führen sie doch wahrheitsgemäß zu Joseph.

Damit das Gesagte verständlich wird, will ich die Verkettungen der Familien erklären. Zählt man die Glieder von David über Salomon, dann ist das drittletzte Matthan; denn dieser erzeugte Jakob, den Vater Josephs. Zählt man aber wie Lukas von Davids Sohn Nathan ab, dann ist das drittletzte Melchi; denn Joseph war der Sohn des Heli, des Sohnes des Melchi.7 Mit Bezug auf Joseph müssen wir nun zeigen, inwiefern sowohl Jakob in der auf Salomon zurückführenden Linie wie Heli in der auf Nathan zurückgehenden Linie als Josephs Vater erklärt wird, inwiefern beide, nämlich Jakob und Heli, Brüder waren und inwiefern deren Väter, nämlich Matthan und Melchi, obwohl sie verschiedenen Geschlechtern angehören, als Großväter Josephs bezeichnet werden, Matthan und Melchi heirateten einer nach dem anderen dasselbe Weib, und ihre Söhne wurden Brüder als Kinder der gleichen Mutter; denn das Gesetz verbot einer Witwe nicht, sich wieder zu verheiraten, mochte sie geschieden leben oder mochte ihr Mann gestorben sein. Aus Estha — nach der Überlieferung sein Weib — erzeugte zuerst Matthan, der von Salomon abstammte, den Jakob; nach seinem Tode heiratete Melchi, der sein Geschlecht auf Nathan zurückführte, also wenn auch dem gleichen Stamme, so doch, wie gesagt, einem anderen Geschlechte angehörte, die Witwe und erhielt von ihr als Sohn den Heli. Wir können also verstehen, daß Jakob und Heli, die zwei verschiedenen Geschlechtern angehören, doch als Kinder der gleichen Mutter Brüder waren. Jakob nun nahm, da sein Bruder Heli kinderlos starb, dessen Weib zu sich und erzeugte aus ihr als drittes Glied den Joseph, welcher zwar der Natur nach ihm gehörte, weshalb das Schriftwort sagt: ‚Jakob erzeugte den Joseph’, dem Gesetze nach aber ein Sohn des Heli war; denn ihm hatte Jakob, sein Bruder, den Samen erweckt. Die Stammtafeln Josephs bleiben also zu Recht bestehen. Denn im einen Falle sagt der Evangelist Matthäus in seinem Berichte: ‚Jakob aber erzeugte den Joseph’, während im anderen Falle dagegen Lukas schreibt: ‚(Jesus) war, wie man glaubte’, — so fügt er bei — ‚der Sohn des Joseph, des Sohnes des Heli, des Sohnes des Melchi.’ Lukas hätte die gesetzliche Abstammung nicht klarer andeuten können; er bediente sich bei der Eigenart seiner Genealogie bis zum Schluß nicht des Ausdruckes ‚er erzeugte’, da er allmählich bis zu ‚Adam, den Sohn Gottes’ hinaufstieg.

Dieser Bericht ist keineswegs unbegründet und aus der Luft gegriffen. Die leiblichen Verwandten des Erlösers haben auch noch, sei es rühmend, sei es einfach erzählend, auf jeden Fall wahrheitsgemäß, folgendes überliefert. Nachdem idumäische Räuber die Stadt Askalon in Palästina überfallen und aus dem Götzentempel des Apollo, welcher an der Stadtmauer lag, den Antipater, den Sohn des Götzendieners Herodes, mit der übrigen Beute in Gefangenschaft geschleppt hatten, wurde Antipater infolge der Unfähigkeit des Priesters, für seinen Sohn Lösegeld zu zahlen, in den Sitten der Idumäer erzogen und befreundete sich später mit dem jüdischen Hohenpriester Hyrkanus. Als er zu Pompeius eine Gesandtschaft für Hyrkanus übernommen und diesem das von seinem Bruder Aristobul bedrängte Reich wieder frei gemacht hatte, ward ihm das Glück, Verwaltungsbeamter in Palästina zu werden. Nachfolger des Antipater wurde, nachdem dieser aus Neid wegen seines großen Glückes hinterlistig ermordet worden war, sein Sohn Herodes, welchem später von Antonius und Augustus durch Senatsbeschluß die königliche Gewalt zuerkannt wurde. Des Herodes Söhne waren Herodes und die anderen Tetrarchen. So weit stimmt der Bericht mit der griechischen Geschichte überein. Die bis zu jener Zeit in den Archiven aufbewahrten Aufzeichnungen der Geschlechter der Hebräer und derjenigen, welche auf Proselyten wie auf Achior, den Ammoniter,8 oder auf Ruth, die Moabiterin, zurückführten, sowie derjenigen welche sich mit solchen vermischt hatten, die gleichzeitig aus Ägypten eingewandert waren, ließ Herodes verbrennen,9 da das Geschlecht der Israeliten zu ihm keinerlei Beziehung hatte und ihn das Bewußtsein seiner niederen Herkunft ärgerte. Er glaubte nämlich als Edel-geborener zu erscheinen, wenn auch andere nicht die Möglichkeit hätten, aus den öffentlichen Urkunden nachzuweisen, daß sie von den Patriarchen oder Proselyten oder den sog. Fremdlingen (γειῶραι)10, den Mischlingen, abstammen.

Einige wenige jedoch konnten, weil sie sich entweder aus dem Gedächtnis oder durch Benützung von Abschriften Privatregister besorgt hatten, sich rühmen, die Erinnerung an ihre edle Abstammung gerettet zu haben. Zu diesen gehörten die Erwähnten, welche wegen ihrer Beziehung zu dem Geschlechte des Erlösers ‚Herrenverwandte’ (δεσπόσυνοι) genannt wurden und welche sich von den jüdischen Dörfern Nazareth und Kochaba11 aus über das übrige Land ausgebreitet und die vorliegende Ahnentafel teils nach dem Gedächtnis, teils aus ihren Familienbüchern so gut wie möglich erklärt hatten. Sei dem, wie ihm wolle, niemand dürfte eine verlässigere Erklärung finden können. Da man keine bessere und verlässigere Erklärung finden kann, wollen wir uns mit der erwähnten zufriedengeben, wenn sie auch nicht mit Beweisen belegt werden kann. Auf jeden Fall sagt das Evangelium die Wahrheit.‘

Am Ende des gleichen Briefes fügt Afrikanus noch bei: ‚Matthan, der Nachkomme des Salomon, erzeugte den Jakob. Nach dem Tode des Matthan erzeugte Melchi, der Nachkomme des Nathan, aus dem gleichen Weibe den Heli. Heli und Jakob waren also Brüder als Söhne der gleichen Mutter. Da Heli ohne Kinder starb, erweckte ihm Jakob einen Samen und erzeugte ihm den Joseph, welcher also der natürliche Sohn des Jakob und der gesetzliche Sohn des Heli ist. Joseph war somit der Sohn des einen wie des anderen.‘

Soweit geht der Bericht des Afrikanus.12 Da dies die Ahnenreihe des Joseph war, so ist sie selbstverständlich auch der Stamm, aus welchem zugleich Maria hervorgegangen war; denn nach dem Gesetze des Moses war es nicht gestattet, eine Ehe mit Fremdstämmigen einzugehen. Es war Gesetz, daß die Ehe nur mit Gliedern desselben Volkes und desselben Stammes geschlossen werden dürfe, damit nicht das Familienerbteil von einem Stamm auf den anderen übergehe.13 Soviel hierüber.“ (Eusebius, Kirchengeschichte I,7)

 

Über die Lebenszeit Jesu schreibt Irenäus von Lyon:

„Denn unser Herr wurde erst um das einundvierzigste Jahr der Regierung des Augustus geboren.“ (Irenäus, Gegen die Häresien III,21,3)

Eusebius, der sich auch hier auf ältere Quellen (speziell den jüdischen Historiker Flavius Josephus aus dem 1. Jahrhundert) beruft, hat darüber das zu sagen:

„Es war das 42, Jahr der Regierung des Augustus und das 28. Jahr seit der Unterwerfung Ägyptens und dem Tode des Antonius und der Kleopatra, womit die Herrschaft der Ptolemäer in Ägypten ihr Ende gefunden hatte,1 da wurde unser Erlöser und Herr Jesus Christus unter Quirinius,2 dem Statthalter von Syrien, zur Zeit der damaligen ersten Volkszählung gemäß den Prophezeiungen zu Bethlehem in Judäa geboren. Über diese Volkszählung unter Quirinius berichtet auch Flavius Josephus, der berühmteste Schriftsteller der Hebräer, indem er zugleich die zu derselben Zeit entstandene Sekte der Galiläer erwähnt, von der unser Lukas in der Apostelgeschichte also erzählt: ‚Hierauf erhob sich Judas, der Galiläer, in den Tagen der Volkszählung und gewann das Volk für sich; auch er kam um, und alle, welche ihm gefolgt waren, zerstreuten sich.‘3 Damit stimmt der erwähnte Josephus im 18. Buche seiner ‚Altertümer‘ überein. Er berichtet wörtlich: ‚Der Senator Quirinius, ein Mann, der schon die übrigen Ämter bekleidet hatte, durch alle Stufen bis zur höchsten Würde emporgestiegen war und auch sonst großen Einfluß besaß, kam mit einigen Begleitern nach Syrien, vom Kaiser als Richter entsandt und mit der Aufgabe der Vermögensschätzung betraut.‘4 Bald darauf schreibt er: ‚Judas, der Gaulaniter, ein Mann aus der Stadt Gamala, reizte gemeinsam mit dem Pharisäer Saddok zum Aufstande auf; sie gaben aus, daß die Schätzung nichts anderes als die volle Knechtung bezwecke, und forderten das Volk auf, für die eigene Freiheit einzutreten.‘5 Über diesen Judas bemerkt Josephus im zweiten Buche seines ‚Jüdischen Krieges‘: ‚Damals reizte ein Galiläer, namens Judas, seine Landsleute zum Aufstande auf und schalt sie, daß sie sich die Steuern an die Römer gefallen ließen und außer Gott noch sterbliche Herrscher annähmen.‘6 Soweit Josephus.7 (Eusebius, Kirchengeschichte I,5)

Eusebius gibt damit das Jahr 2 v. Chr. als Geburtsjahr Jesu an. (Unsere Zeitrechnung wurde erst im sechsten Jahrhundert berechnet, und zwar ein bisschen fehlerhaft; von heutigen Historikern wird meistens allerdings angenommen, dass die Geburt Jesu sogar schon zwischen 4 und 7 v. Chr. lag.)

 

Irenäus erwähnt an einer Stelle seines Werkes auch eine etwas seltsame (und ziemlich sicher falsche) mündliche Überlieferung, für die er sich auf kleinasiatische Priester beruft, nämlich dass Jesus jahrelang gelehrt habe und erst mit fünfzig gekreuzigt worden sei:

„Mit dreißig Jahren wurde er getauft, dann kam er in dem für einen Lehrer richtigen Alter nach Jerusalem, so daß er mit Recht von allen Lehrer sich nennen hörte. […] Da er also als Lehrer auftrat, hatte er auch das Alter des Lehrers, indem er die menschliche Natur weder verschmähte, noch überholte, noch in sich das Gesetz des menschlichen Geschlechtes aufhob, sondern jedes Alter durch die Ähnlichkeit mit ihm heiligte. Ist er doch gekommen, um alle zu retten, alle, die durch ihn für Gott wiedergeboren werden, die Säuglinge und die Kleinen, die Kinder, die Jünglinge und die Greise. So durchlebte er jedes Lebensalter, wurde den Säuglingen zuliebe ein Säugling und heiligte die Säuglinge; wurde den Kindern zuliebe ein Kind und heiligte die, welche in diesem Alter stehen, indem er Ihnen das Vorbild der Frömmigkeit, der Gerechtigkeit und des Gehorsames gab; wurde den Jünglingen zuliebe ein Jüngling, wurde ihnen ein Vorbild und heiligte sie für den Herrn. So wurde er auch den Männern zuliebe ein Mann, um allen ein vollkommener Lehrer zu sein, nicht nur, indem er die Wahrheit vortrug, sondern auch dem Alter nach, indem er auch die Männer heiligte, indem er ihnen zum Vorbild wurde. Und schließlich schritt er auch zum Tode, damit er, der Erstgeborene aus den Toten, auch selbst in allem den Vorrang behaupte1 . Er, der Fürst des Lebens und der erste von allen, wollte auch allen voranleuchten. […]

Denn als er zur Taufe kam, hatte er die Dreißig noch nicht vollendet, so nämlich gibt Lukas seine Jahre an, indem er schreibt: ‚Jesus aber war ungefähr ins dreißigste Jahr gehend‘1 . Nach der Taufe hat er nur noch ein Jahr gepredigt und gelitten, nachdem er das dreißigste Jahr vollendet hatte? Damals war er erst ein Jüngling, der das Alter der Reife noch nicht erreicht hatte. Allgemein aber gilt das dreißigste Jahr erst als der Anfang der Reife, die sich bis in das vierzigste Jahr erstreckt. Vom vierzigsten bis zum fünfzigsten Jahr reicht das Alter der Vollendung, welches unser Herr hatte, als er lehrte. Das bezeugen das Evangelium und die Priester in Kleinasien, die es so von Johannes, dem Schüler des Herrn, empfangen haben. Dieser aber blieb mit ihnen zusammen bis zu den Zeiten Trajans. Manche aber von ihnen haben nicht nur Johannes, sondern auch andere Apostel gesehen und dieses ebenso von ihnen empfangen und sind dafür Zeugen.“ (Irenäus, Gegen die Häresien II,22,4-5)

Tatsächlich ist es unwahrscheinlich, dass Jesus nur ein Jahr gepredigt habe; andere, bekanntere Traditionen geben diese Zeit aber als drei Jahre an, und sehr viel mehr passt nicht in den Zeitrahmen zwischen den Daten zur Geburt Jesu und der Zeit von Pontius Pilatus als Statthalter in Judäa. Man wird also auch für diesen Zeitraum schon ein bisschen Legendenbildung annehmen dürfen.

 

* Auf die im 2. und 3. Jahrhundert entstandenen Evangelien der gnostischen Sekten oder Ansichten von Gegnern des Christentums werde ich ein andermal in eigenen Artikeln eingehen, aber auch die sind nicht gerade das, was man sich heute unter ihnen vorstellt; und hier geht es nur darum, was das Mainstream-Christentum (oder mit anderen Worten, die katholische Kirche) von Jesus dachte und wusste.

Christliche Kultur am Sonntag: „Krabat“

Bei christlichen Sachbüchern findet man bekanntlich relativ leicht gute Sachen; bei Romanen, Filmen oder Kinderbüchern sieht es allerdings manchmal schwieriger aus, auch wenn einige vermutlich gern mehr davon besäßen. Dabei gibt es eigentlich auch hier viel Gutes, wenn man näher hinschaut, und weil nicht allen alles bekannt ist, dachte ich, ich stelle meinen Lesern hier mal jede Woche kurz ein Werk vor – hauptsächlich katholische Sachen, aber wenn es von guter Qualität ist, auch mal was aus anderen Konfessionen; nicht nur Hochkultur, sondern auch eher Populärkultur (aber halbwegs gut gemacht soll es sein); und sowohl solches mit explizit religiösen Inhalten (im Einzelfall auch mal, wenn es von persönlich nicht sehr frommen Menschen kommt), als auch Werke von überzeugten Christen ohne explizite Botschaft. Viele werden bestimmte Klassiker schon kennen, aber andere vielleicht noch nicht.

Und weil ich ja auch nicht alles kennen kann: Wer ein katholisches Lieblingsbuch, einen Film o. Ä. hat, von dem er schon immer mal mehr Leuten erzählen wollte, darf mir gern über die „Contact“-Seite schreiben und vielleicht ergibt sich ein Gastbeitrag.

 

Heute: Otfried Preußler: „Krabat“

Preußlers Jugendbuch, das im 17. Jahrhundert spielt und auf einer sorbischen Sage beruht, handelt von dem vierzehnjährigen Waisenjungen Krabat, der sich mit Betteln durchschlägt, bis er um die Neujahrszeit herum mehrmals einen seltsamen Traum hat, in dem er aufgefordert wird, zu einer Mühle in einem ihm fremden Dorf zu kommen. Er entscheidet sich schließlich, der Aufforderung zu folgen und gelangt zu einer unheimlichen Mühle mit einem sehr unheimlichen Meister, der ihn auffordert, sein Lehrjunge zu werden; Krabat stimmt zu.

In der Mühle sind bereits elf Müllergesellen und bald findet Krabat heraus, dass der Meister ihm und ihnen nicht nur den Müllerberuf, sondern auch noch etwas anderes beibringt: Die schwarze Magie. Doch dieses Wissen hat seinen Preis: In jeder Silvesternacht stirbt einer unter den Gesellen. Und aus der Mühle wieder zu entkommen ist nicht einfach.