Widerstand aus der Weltkirche: Eine neue Folge der Franziskus-Saga

Die meisten werden es mitbekommen haben: Es wurde am 18. Dezember wieder einmal ein typisches Franziskus-Dokument (Titel: Fiducia supplicans) vom Vatikan veröffentlicht, und jeder hat sich gedacht „bitte nicht schon wieder“. Diesmal geht es um Segnungen für homosexuelle Paare und Paare „in irregulären Situationen“ (z. B. wiederverheiratet-Geschiedene). Ausdrücklich heißt es diesmal „Paare“, nicht nur Einzelpersonen.

Es gibt natürlich viel Um-den-heißen-Brei-herum-Gerede. Es wird klargestellt, dass so etwas nicht mit einer Ehe verwechselt werden dürfe, und auch nicht gutgeheißen wird. Es wird sogar davon geredet, dass ein Segen doch auch eine Bitte an Gott um ein besseres Leben sei. Aber dann wird doch gesagt: Priester können solche Paare segnen – beide Personen gemeinsam segnen, nicht nur Einzelpersonen segnen. Es soll freilich nicht geregelt sein! Es soll eine spontane Sache sein; wenn ein Paar kommt, kann es der Priester als pastoral bewerten, es privat zu segnen.

Mit anderen Worten: Immer wieder dasselbe.

Aber eine Sache ist anders: Diesmal regt sich deutlicher Widerstand in der Weltkirche. Und dieser Widerstand nimmt gerade immer mehr an Fahrt auf.

Auch bei Amoris Laetitia usw. gab es viel Unmut. Es gab Bischöfe, die sich geäußert haben. Aber sie haben sich mit Dubia geäußert; haben Fragen an den Papst gestellt, ob man dieses und jenes nicht so oder so zu verstehen habe, ob hier nicht ein Missverständnis geklärt werden müsste? Es war keine allzu offene Kritik – auch wenn sie verteufelt wurden, als wären sie die schlimmsten antipäpstlichen Rebellen. Man wollte dem Papst noch nicht unterstellen, dass er bewusst diese Zweideutigkeiten von sich gibt. Es gab sicher auch einige Bischöfe, die Amoris Laetitia ignoriert haben, ohne etwas zu sagen. Aber jetzt wird es viel deutlicher.

Ein drastisches Statement kam schon am 19. Dezember aus Kasachstan, von Bischof Tomash Peta und seinem bekannteren Weihbischof Athanasius Schneider aus Astana. „Die Tatsache, dass das Dokument keine Erlaubnis für die ‚Heirat‘ von gleichgeschlechtlichen Paaren gibt, sollte Hirten und Gläubige nicht über die große Täuschung und das Übel hinwegtäuschen, das in der bloßen Erlaubnis, Paare in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, liegt. […] Als Nachfolger der Apostel […] ermahnen und verbieten wir Priestern und Gläubigen der Erzdiözese St. Maria in Astana, jegliche Form eines Segens für Paare in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare anzunehmen oder zu spenden. […] Mit ehrlicher brüderlicher Liebe und dem schuldigen Respekt wenden wir uns an Papst Franziskus, der – indem er die Segnung von Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt – ’nicht geradlinig nach der Wahrheit des Evangeliums wandelt‘ (s. Gal 2,14), um Worte zu borgen, mit denen der heilige Apostel Paulus den ersten Papst in Antiochia öffentlich zurechtwies. Daher bitten wir Papst Franziskus im Geist bischöflicher Kollegialität, die Erlaubnis zurückzunehmen, Paare in irregulären Situationen und gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, damit die katholische Kirche deutlich als ‚Säule und Fundament der Wahrheit‘ (1 Tim 3,15) für alle aufscheine, die ehrlich suchen, den Willen Gottes zu erkennen und das ewige Leben zu erlangen, indem sie ihn erfüllen.“

Gerade Weihbischof Schneider ist ja als traditionell gesonnen bekannt; aber es blieb nicht nur bei diesen beiden. Von einem Kontinent kommen jetzt immer zahlreichere Wortmeldungen, nämlich aus Afrika.

Die Bischofskonferenzen von Malawi (19. Dezember) und Sambia (20. Dezember) haben ebenfalls schnell reagiert, aber etwas zurückhaltender. In ihren Dokumenten machen sie zuerst auf „was das Dokument eigentlich gemeint hat“ und stellen klar, dass dort schließlich steht, dass solche Beziehungen auf keinen Fall mit einer Ehe verwechselt werden dürfen, dass es um spontanen Segen für Leute gehen soll, die sich Gottes Begleitung wünschen etc. Dann aber heißt es klipp und klar:

  • „Nachdem wir das Obige gesagt haben, und um Verwirrung unter den Gläubigen zu vermeiden, bestimmen wir, dass aus pastoralen Gründen jede Art von Segnung für jede Art von gleichgeschlechtlicher Verbindung in Malawi nicht erlaubt ist.“
  • „Um jede pastorale Verwirrung und Zweideutigkeit zu vermeiden […], stellt die [Bischofs]Konferenz fest, dass die Erklärung […] als Anstoß für weitere Reflektion angenommen wird und nicht zur Umsetzung in Sambia bestimmt ist.“

Während die Bischöfe aus Kasachstan den Papst direkt angehen und sagen „das ist falsch, du musst bereuen“, verhalten sich diese afrikanischen Bischöfe diplomatischer. Sie finden ein Schlupfloch, das es dem Vatikan schwerer macht, sie anzugreifen, indem sie sagen „das mögen ja nette Überlegungen sein, aber bei uns setzen wir die aus pastoralen Gründen nicht um – hey, ihr seid doch so auf alles Pastorale bedacht“.

Die Bischofskonferenz von Nigeria – die größte afrikanische Bischofskonferenz – reagiert am 20. Dezember ganz ähnlich – sie betont nur noch mehr, was doch eigentlich in dem Dokument gemeint sei und schreibt am Ende: „Daher gibt es in der Kirche keine Möglichkeit, gleichgeschlechtliche Verbindungen und Aktivitäten zu segnen.“ Eine ähnliche Äußerung kommt am 21. Dezember aus Ghana: „Die Segnungen, von denen die Erklärung sagt, dass sie jedem gegeben werden können, beziehen sich auf Gebete, die Menschen erbitten. Für diejenigen im Stand der Sünde sind diese Gebete dazu gedacht, sie zur Bekehrung zu führen. Daher sind die Gebete für Personen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen nicht dazu gedacht, ihre Lebensweise zu legitimieren, sondern sie auf den Weg der Bekehrung zu führen (s. Paragraphen 38, 42-45). Abschließend möchten wir wiederholen, dass Priester keine gleichgeschlechtlichen Beziehungen oder Ehen segnen können.“

Die Bischofskonferenz von Kamerun meldet sich ziemlich empört am 21. Dezember zu Wort. Sie geht gar nicht darauf ein, dass das Dokument doch nicht so gemeint sei, sondern schreibt direkt mehrere Absätze mit einer sehr energischen, teilweise drastisch ausgedrückten Verurteilung homosexueller Handlungen. Dann geht sie darauf ein, dass Segnen Gutheißen bedeutet, und es keine solchen Segnungen geben könne. „Außerdem ist es heuchlerisch, zwischen liturgischen und nicht-liturgischen Kontexten zu unterscheiden, um Segnungen auf gleichgeschlechtliche Paare anzuwenden. Der Akt des Segnens, ob in einer liturgischen Versammlung oder im Privaten durchgeführt, bleibt ein Segnen. […] Daher verbieten wir offiziell alle Segnungen von ‚homosexuellen Paaren‘ in der Kirche von Kamerun.“ Zuletzt richtet sie sich an Homosexuelle selbst, und fordert sie auch auf, keine Opfermentalität zu pflegen.

Simbabwe zieht am 22. Dezember nach und verbietet Segnungen mit Verweis auf Verwirrung und Ärgernis.

Am 20. Dezember bittet Kardinal Ambongo, der Präsident der Vereinigung der afrikanischen Bischofskonferenzen, die einzelnen Bischofskonferenzen des Kontinents um Input für ein gemeinsames Statement. Der Erzbischof von Ougadougou in Burkina Faso kündigt am 21. Dezember ein Statement seiner Bischofskonferenz an und erklärt, dass sich die Lehre nicht ändere.

Ich bin kein Fan von bombastischen Statements wie „die Kirche in Afrika wird uns retten“. Die Kirche in Afrika hat auch ihre Probleme, auch dort gibt es viele Leute, die zwar ganz selbstverständlich an Gott glauben, aber nicht wirklich christlich leben, es gibt Polygamie und Synkretismus, die Kirche wächst mehr durch Bevölkerungswachstum als durch Mission, und nicht jeder afrikanische Bischof ist vom Kaliber eines Kardinal Sarah. Aber in diesem Fall sind afrikanische Christen tatsächlich viel stabiler als europäische und nordamerikanische, und es ist wunderbar zu sehen, wie der Widerstand dort immer mehr an Fahrt aufnimmt.

Ein anderes Schlupfloch findet Erzbischof Sviatoslav Shevchuk, Oberhaupt der ukrainischen griechisch-katholischen Rituskirche (einer Teilkirche, die in Gemeinschaft mit Rom steht, also katholisch ist): Er erklärt einfach, das Dokument beträfe nur die lateinische Teilkirche, und in den Ostkirchen bedeute Segnen ein Gutheißen, weshalb es nicht möglich wäre. (Natürlich bedeutet es dasselbe in der Westkirche, aber er bemüht sich offensichtlich um Diplomatie, und verweist daher auf die kirchenrechtliche Sonderstellung seiner Gemeinschaft.) Er drückt aber auch eine allgemeine Missbilligung aus: „Offensichtlich hat der Segen eines Priesters immer eine evangelisierende und katechetische Dimension […]. Die pastorale Klugheit drängt uns, zweideutige Gesten, Ausdrücke und Konzepte zu vermeiden, die Gottes Wort und die Lehre der Kirche verzerren oder falsch darstellen würden.“

Die polnische Bischofskonferenz macht es wieder anders: Sie erklärt einfach, es könnte sowieso nur um die Segnung von Homosexuellen gehen, die enthaltsam leben. „Wir sprechen also von einzelnen Menschen, die in völliger Abstinenz leben. Um jedoch Verwirrung darüber zu vermeiden, dass dies die Zustimmung zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen bedeutet, muss dies auf private Weise erfolgen, außerhalb der Liturgie und ohne Analogie zu sakramentalen Riten.“ Das ist auch etwas „kreativ“, denn in Fiducia supplicans geht es offensichtlich um sexuell aktive Menschen, von denen man höchstens erklärt, dass man hoffe, sie durch entgegenkommendes Segnen usw. auf den Weg der Bekehrung zu führen; aber es ist eine Weise, um um das Dokument herumzukommen.

Auch die polnische Kirche ist, wie das manchmal dargestellt wird, meines Erachtens nicht der große Retter der Kirche und hat immer wieder ihre Probleme, die dort teilweise nur etwas zeitverzögerter auftreten als in anderen Ländern; aber auch hier muss man sagen: Sehr gut gemacht.

Auch von einzelnen Gruppen kommen Statements. Eine britische Priestervereinigung mit mehr als 500 Mitgliedern schreibt etwa: „Dennoch sehen wir keine Situation, in denen eine solche Segnung eines Paares recht und angemessen von einer gewissen Art von Billigung unterschieden werden könnte. Daher würde sie unweigerlich zum Ärgernis führen – für die betroffenen Personen – für die direkt oder indirekt an der Segnung Beteiligten – oder für den Spender selbst. […] [A]us unserer eigenen Erfahrung als Hirten schließen wir, dass solche Segnungen pastoral und praktisch nicht zulässig sind.“

Ähnlich eine amerikanische Priestervereinigung: „Selbst der Anschein der Billigung irgendeines moralischen Übels muss unter allen Umständen vermieden werden, damit man nicht folgert, dass derjenige, der den ‚Segen‘ spendet, auch ein formal Mitwirkender am Bösen ist, was immer verboten ist. […] Wenn man unehelich zusammenlebende Paare (heterosexuell oder homosexuell) zusammen segnet, vermittelt es den Eindruck, dass ihre Beziehung in den Augen der Kirche akzeptabel wäre, was sie nicht ist.“

Der deutsche Kardinal Müller äußert sich ebenfalls in einem langen, genauen, lesenswerten und deutlichen Text: „Darüber hinaus handelt es sich um einen Sprung in der Lehre. … Die Kirche verlangt nicht die gleichen moralischen Bedingungen für einen Segen wie für den Empfang eines Sakraments. Dies geschieht zum Beispiel für einem Büßer, der seine Sündensituation nicht aufgeben möchte, der aber demütig um einen persönlichen Segen bitten kann, damit der Herr ihm Licht und Kraft gibt, um eines Tages die Lehren des Evangeliums zu verstehen und zu befolgen. Dafür wäre keine neue Art von Segen erforderlich. … Die Sache ist die, dass der Segen im traditionellen Sinne, obwohl er über die Sakramente hinausgeht, nur Segnungen von ‚Dingen, Orten oder Zufälligkeiten‘ erlaubt, ‚die nicht dem Gesetz oder dem Geist des Evangeliums widersprechen‘ (FS 10, unter Berufung auf das Rituale Romanum). Und das ist der Punkt, der überwunden werden soll, denn man will Umstände segnen, die der Norm und dem Geist des Evangeliums widersprechen, etwa eine stabile Beziehung zwischen Menschen des gleichen Geschlechts. … Selbst wenn diese Segnung durchgeführt würde, bestünde ihre einzige Wirkung darin, die Menschen zu verwirren, die sie empfangen oder an der Segnung teilnehmen, weil sie denken würden, dass Gott gesegnet hat, was Er nicht segnen kann. Es ist wahr, dass Kardinal Fernández in Erklärungen gegenüber Infovaticana schon klargestellt hatte, dass es nicht erlaubt ist, die Ehe zu segnen, sondern das Paar – aber das ist ein Wortspiel, da das Paar genau durch ihre Verbindung definiert wird. … Es wird auch gesagt, dass das Bitten um den Segen das mögliche Gute ist, das diese Menschen in ihren Konditionen erreichen können, als ob das Bitten um den Segen bereits eine Offenheit für Gott und eine Umkehr darstellen würde. Das gilt zwar vielleicht für den Menschen, der um den Segen für sich selbst bittet, nicht aber für den Menschen, der um den Segen seiner Beziehung oder seines Partners bittet, denn dieser will dann die Beziehung selbst vor Gott rechtfertigen, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass genau eine solche Beziehung ihn von der Person Gottes distanziert. … Angesichts der Einheit zwischen Zeichen und Wort im christlichen Glauben kann man nur dann akzeptieren, dass es gut ist, diese Verbindungen in irgendeiner Weise zu segnen, wenn man davon ausgeht, dass solche Verbindungen nicht objektiv gegen das Gesetz von Gott verstoßen. Daraus folgt, dass Papst Franziskus, solange er weiterhin bekräftigt, dass homosexuelle Beziehungen immer im Widerspruch zum Gesetz Gottes stehen, implizit bekräftigt, dass solche Segnungen nicht gegeben werden können. Die Lehre der FS steht daher im Widerspruch zu sich selbst, was einer weiteren Klärung bedarf. … Tatsächlich müssten diese Segnungen nicht von jemandem erfolgen, der Priester Christi ist, sondern von jemand, der Christus abgeschworen hat. Nun, der Priester, der diese Verbindungen segnet, stellt sie mit seinen Gesten als einen Weg zum Schöpfer dar. Deshalb begeht er eine sakrilegische und blasphemische Tat gegen den Plan des Schöpfers und gegen den Tod Christi für uns (damit wir den Plan des Schöpfers zur Vollendung bringen können). Auch der Diözesanbischof ist davon betroffen. Als Pfarrer seiner Ortskirche ist er verpflichtet, diese sakrilegischen Taten zu verhindern, sonst würde er sich daran beteiligen und auf den Auftrag verzichten, den Christus ihm gegeben hat, seine Brüder im Glauben zu stärken.“)

Ebenso ablehnend äußert sich Bischof Marian Eleganti (Schweiz). „Man kann nicht ein Paar segnen, aber nicht ihre Verbindung, ein Paar segnen, aber nicht ihre objektiv sündhafte Lebensweise ‚konvalidieren‘ (vgl. FS), wie das versucht wird. Das sind Klimmzüge, die in der Praxis nie aufgehen. Das Gegenteil wird der Fall sein. Die Presse hat die entsprechenden fetten Titel bereits hinausgeblasen. Sie zeigen, wie die Sache an der Basis ankommt. … Segnungen ohne die rechte innere Disposition des Spenders und des Empfängers sind wirkungslos, weil Segnungen nicht ex opere operato wirken wie die Sakramente. Sie sind Sakramentalien. Diesbezüglich gibt es kein neues, erweitertes Verständnis, nur falsche Behauptungen. … . ‚Der HERR schenke Dir rechte Einsicht, bestärke Dich im Guten und festige Dich in Deiner Entscheidung, Seine Gebote zu halten. Er begleite Dich in Deiner Umkehr mit Seiner Gnade!‘ Alles, was über das Gesagte hinausgeht, ist Sophistik und hält nicht an der Lehre der Kirche fest, sondern unterspült sie.“

Der emeritierte Erzbischof Chaput von Philadelphia (USA) äußert sich kritisch und geht dabei auch mit Franziskus‘ generellem Verhalten ins Gericht. „Verworrene Lehre ist jedoch eine andere Sache. Sie ist nie entschuldbar. […] Das Dokument ist eine doppelzüngige Übung darin, die katholische Lehre über die Natur von Segnungen und ihre Anwendung auf ‚irreguläre‘ Beziehungen gleichzeitig zu bestätigen und zu unterminieren. […] Beschwerden über ‚rigide ideologische Positionen‘ sind jetzt die Standardantwort des Heiligen Stuhls auf alle vernünftigen Vorbehalte gegenüber oder ehrlicher Kritik an seinen Handlungen. Jeder Papst hat persönliche Vorlieben, Abneigungen und Reizbarkeiten. Das ist die Natur des menschlichen Lehms. Wie ich anderswo und oft gesagt habe, hat Papst Franziskus wichtige pastorale Stärken, die unserer Unterstützung im Gebet bedürfen. Aber seine öffentlichen Beschwerden verringern die Würde des petrinischen Amtes und des Mannes, der es innehat. Sie missachten auch den kollegialen Respekt, der den Brüdern im Bischofsamt gebührt, die den aktuellen Kurs des Vatikans infragestellen. Und noch einmal, sie sind nicht von Gott. Treue zum katholischen Glauben und Praxis als ‚ängstlich an Regeln kleben‘ – die Worte stammen von PBS, aber die Absicht ist eindeutig die des Papstes – zu charakterisieren ist unverantwortlich und falsch. Die Gläubigen verdienen Besseres als eine solche Behandlung. Man darf auch bemerken, dass das Gehen von ‚unerforschten Wegen und neuen Straßen‘ einen leicht in die Wüste anstatt nach Bethlehem führen kann. Im letzten Jahrzehnt wurde Zweideutigkeit in Bezug auf gewisse Angelegenheiten katholischer Lehre und Praxis ein Muster für das derzeitige Pontifikat. Die Kritik des Papstes an amerikanischen Katholiken war zu oft ungerecht und uninformiert. Ein großer Teil der deutschen Kirche ist effektiv im Schisma, und doch hat Rom zuerst unklugerweise Deutschlands ’synodalen Weg‘ toleriert, und dann zu langsam reagiert, um die negativen Ergebnisse zu verhindern.“

Das sind natürlich nicht die einzigen Aussagen – es kamen sehr freudige Reaktionen über das Dokument aus Österreich, Belgien, Deutschland. Außerdem gibt es aber viele Bischöfe, die sich ein wenig winden und erklären, dass das Dokument richtig verstanden werden müsse (z. B. aus England, Kanada, Frankreich, Italien). Hier gibt es einen Überblick über einige Reaktionen. Aber es wird deutlich: Es gibt einiges an Ablehnung, deutlich ausgedrückte Ablehnung. Und das ist etwas Neues in diesem Pontifikat. Man hat immer versucht, irgendwie mit dem Papst auszukommen, an ihm vorbei katholisch zu sein, ohne seinen Zorn auf sich zu ziehen (ja, ich weiß, wie bescheuert das klingt). Schon für Geringfügigkeiten wurden ja ein paar Gegner des Papstes im Vatikan von ihren Posten abgesetzt. Jetzt wird klar: So geht es nicht weiter. Das Fass ist am Überlaufen.

(Es ist übrigens interessant, wie die Öffentlichkeit reagiert. Freilich gibt es die erwartbaren enthusiastischen Reaktionen im Sinne von „endlich bewegt sich weiter was in der Kirche“, die der Gegenstand all der Kritik sind: Die New York Times etwa hat den einschlägig aufgefallenen Priester James Martin SJ dabei fotografiert, wie er ein schwules Paar segnet, und die Sache groß gefeiert. Aber es gibt auch negative Reaktionen. Da findet man doch Äußerungen wie: „Also im Grunde wird Schwulen erlaubt, den Priester zu bitten, das Schwulsein wegzubeten. Verstehe ich das richtig?“ Manche Leute scheinen zu merken, dass in der Kirche selbst vom liberalsten Papst aller Zeiten nicht mehr zu holen ist als schwache, zweideutige Zugeständnisse – und vielleicht langsam die Erwartung zu verlieren, dass sich das in Zukunft „weiterbewegen“ wird?)

Eine erste Reaktion aus dem Vatikan kam jetzt von Kardinal Fernández, Präfekt der Glaubenskongregation, der das ganze Chaos zu verantworten hat: In Äußerungen gegenüber einer katholischen Onlinezeitung erklärt er, es sei nicht erlaubt, wie das manche Bischöfe schon tun, Rituale für solche Segnungen festzulegen; er kündigt sogar eine Reise nach Deutschland an, um solche Fragen zu klären; und überhaupt, auch wenn man zwei Leute gemeinsam segne, segne man nicht ihre Verbindung. Angesprochen auf die Reaktionen der afrikanischen Bischöfe windet er sich: Jeder Bischof sei natürlich verantwortlich für seine eigene Diözese; man könne Dinge je nach Ort unterschiedlich umsetzen; aber es könne kein „totales Verbot dieses Schritts, um den Priester gebeten werden“ bedeuten – also doch eine Missbilligung. Dann jedoch erfindet er einfach eine Erklärung: Die afrikanischen Bischöfe wollten bestimmt nur verhindern, dass homosexuelle Personen einer Strafverfolgung und eventuellen Gefängnisstrafe ausgesetzt wären, wo homosexuelle Handlungen illegal sind – was freilich keinen Sinn macht, denn wenn es wirklich nur um private Segnungen gehen sollte, könnte ja niemand wissen, ob zwei vom Priester gesegnete Männer miteinander sexuelle Handlungen vollziehen, und bei Frauen ist es auch in afrikanischen Ländern i. d. R. nicht strafbar. Er sagt weiter: „Was wichtig ist, ist, dass diese Bischofskonferenzen keine andere Lehre vertreten als die der Erklärung, die vom Papst unterzeichnet wurde, weil es dieselbe Lehre ist wie immer, sondern sie erklären eher die Notwendigkeit von Überlegung und Unterscheidung, um in diesem Kontext mit pastoraler Klugheit zu handeln. Ich kann nicht mehr als das sagen, weil ich anerkenne, dass die Rezeption dieser Dokumente Zeit braucht, und eine ernsthafte und lange Reflektion.“

Ich würde sagen, in unserer Kirche steckt noch Kraft. Und wir können uns jetzt mal zurücklehnen und beobachten, wie der Vatikan weiter reagiert, und wie die Weltkirche weiter antwortet.

So weit, so gut! Und mit dieser Hoffnung wollen wir das Weihnachtsfest feiern.

Updates:

  • Bereits am 20. Dezember hat sich auch die Bischofskonferenz von Togo gegen solche Segnungen ausgesprochen.
  • Die ungarische Bischofskonferenz beruft sich ebenfalls auf die pastorale Situation und erklärt, man könne Einzelpersonen segnen, aber keine Paare (27. Dezember).
  • Bischof Paul Kariuki Njiru der Diözese Wote in Kenia erklärt solche Segnungen für „absolut inakzeptabel“, verweist auf Erzbischof Shevchuks Aussagen, und meint, der Vatikan hätte vorher mehr Rat einholen sollen. Er erklärt, die Bischöfe könnten, anders als Kardinal Fernandez meine, solche Segnungen sehr wohl verbieten, und untersagt sie seinen Priestern ausdrücklich. Fiducia supplicans müsse voll und ganz abgelehnt werden. (27. Dezember)
  • Kardinal Sturla, Erzbischof von Montevideo in Uruguay, sagt in einem Interview mit einer Zeitung, das am 24. Dezember veröffentlicht wird, das Dokument verursache Verwirrung, und da es so unklar sei, verstehe er die Situation so, dass man weiterhin nur einzelne Personen segnen könne, aber keine Paare.
  • Kardinal Zen, Bischof emeritus von Hong Kong, kommentiert am 28. Dezember Kardinal Sturlas Aussage auf Twitter anerkennend und sehr knapp mit „ein guter salesianischer Kardinal“.
  • Michel Aupetit, Erzbischof emeritus von Paris, schreibt am 22. Dezember auf Twitter (ohne sich eindeutig auf Fiducia supplicans zu beziehen), die Kirche könne nur den Sünder segnen, der von Gott geliebt sei, aber niemals die Sünde, die von Gott trenne.
  • Ebenfalls schon am 22. Dezember haben sich die Bischöfe der beiden Diözesen im US-Bundesstaat South Dakota zu Wort gemeldet: Sie drücken ihre Besorgnis aus, dass ernsthafte Sünde normalisiert werden könnte. Personen, die in Sünde leben, könnten Segnungen mit der Bitte um Bekehrung erhalten, aber Segnungen, die den Anschein erwecken, ihre Sünde gutzuheißen, seien nicht zu spenden.

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