Transpersonen, TERFs und ihre Fehler

Ich weiß nicht, wie viel meine Leser davon mitbekommen haben, aber: Das Thema Transgenderismus wird mittlerweile ja immer schlimmer. Die zuständigen Aktivisten beteuern, schon Vierjährige könnten und sollten ihr Geschlecht frei wählen; sich in der Pubertät in seinem Körper unwohl zu fühlen, könne ein Zeichen sein, dass man trans wäre; und es wäre Kindesmissbrauch, Zwölfjährigen keine Hormone zu geben, die irreparable Schäden in ihrem Körper anrichten, oder sie sich nicht die Brüste abschneiden zu lassen. Währenddessen wird es zur Strategie von Sexualstraftätern, egal ob sie sich „als Frau fühlen“ oder nicht, sich vorübergehend als Transfrau zu identifizieren, um ins Frauengefängnis verlegt zu werden. Immerhin gibt es ein paar kleine Siege der Gegenbewegung; in Florida ist es jetzt nicht mehr erlaubt, Minderjährigen Pubertätsblocker und Hormone zu verabreichen.

Zu dieser Gegenbewegung gehören nicht nur Konservative und Personen, die sich früher selbst als trans identifiziert und dann darunter gelitten haben (Detransitionierer), sondern auch gender-kritische Radikalfeministinnen, u. a. lesbische Radikalfeministinnen, die von Transaktivisten gern als TERFs (Trans exclusionary radical feminist) beschimpft werden. (Ich übernehme den Begriff jetzt einfach mal für diesen Artikel, als Abkürzung, nicht als Schimpfwort; denn es ist ja eigentlich keins.) Einige dieser TERFs sind Frauen oder Exfrauen von Männern, die einen autogynophilen Fetisch haben, also sexuell von der Vorstellung von sich als Frau erregt werden und z. B. Unterwäsche von weiblichen Familienmitgliedern stehlen, um damit zu masturbieren, und die sich dann plötzlich als „Transfrau“ identifiziert haben. Andere wurden von „Transfrauen“ attackiert, weil sie keine „lesbische“ Beziehung mit ihnen wollen. Wieder andere machen sich vor allem Sorgen darum, wie sich in manchen Gegenden und Schulen plötzlich ganze Gruppen von Kindern und Jugendlichen als trans identifizieren (Rapid Onset Gender Dysphoria).

Wenn TERFs gegen all das argumentieren, kommen immer wieder solche Aussagen:

  • „Vor vierzig Jahren haben wir Mädchen gesagt, dass sie keiner stereotypen Mädchenrolle entsprechen müssen. Heute sagen wir Mädchen, wenn sie nicht genau einer stereotypen Mädchenrolle entsprechen, wären sie vielleicht tatsächlich Jungen.“
  • „Viele Jugendliche, die jetzt transitionieren, würden diese Phase überwinden und einfach homosexuell werden, wenn Transaktivisten sie nicht überzeugt hätten, sie wären trans.“
  • „Transfrauen sind als Männer im Patriarchat sozialisiert und daran gewöhnt, dass sie sich alles nehmen können, was sie wollen; deswegen drängen sie jetzt in geschützte Frauenräume wie Frauenhäuser, Krankenzimmer, Frauengefängnisse usw.“
  • „Wir haben früher immer gesagt, dass man sich nicht aussuchen kann, zu wem man sich sexuell hingezogen fühlt, um für Homosexuellenrechte zu kämpfen; heute sagen Transfrauen uns Lesben, wir könnten uns dazu trainieren, uns auch zu ‚Frauen‘ mit Penis hingezogen zu fühlen. Das ist Homophobie im neuen Gewand.“

Sie sehen in der Genderideologie einen Rückschritt für Homosexuellenrechte und den Feminismus und klagen das ominöse Patriarchat an. Tatsächlich sind Transaktivisten/Transpersonen aber nur auf dem selben Weg etwas weitergegangen als klassische Feministen und Homosexuelle (wobei da natürlich einige Selbstwidersprüche auftauchen), und wenn sie sich dann umwenden und ihre Vorgänger zerfleischen wollen, kann man attestieren: Die Revolution frisst ihre Kinder. Und die Girondisten sind nicht um so vieles besser als die Jakobiner – auch wenn sie hoffentlich eher wieder zur Vernunft kommen, je verrückter die Jakobiner werden.

Während noch das böse „Patriarchat“ an der Macht war, gab es (jedenfalls in christlichen Ländern; in heidnischen Ländern konnte es anders aussehen) keine sonderlich große Toleranz für sexuelle Abweichungen. Gut, die Meinungen dazu, wenn Eheleute coitus interruptus praktizierten, waren gespalten. Aber viel weiter ging man nicht. Statt Pornovideos gab es bloß unter der Hand gehandelte anzügliche Fotos, und es wären die wenigsten Männer auf die Idee gekommen, von ihrer Frau zu verlangen, bei Oralsex, Analsex oder Fesselspielchen mitzumachen, falls ihnen denn bewusst war, dass es solche Sexpraktiken gibt. Man mochte es notgedrungen tolerieren, wenn junge Männer zu Prostituierten gingen, aber niemand hielt es für gut. Homosexualität war eine Sachen von wenigen Gruppen von Männern, die sich nachts zum anonymen Sex im Park trafen. Transsexualität/Transvestismus war wenig bekannt. Sex war nicht etwas, das von normalen Regeln zu Ehrlichkeit, Treue und Rücksichtnahme ausgenommen war, und als natürlich sah man den normalen Geschlechtsverkehr in der Ehe, zwischen einem Mann und einer Frau, die sich aneinander gebunden haben, und die die Kinder, die aus ihrer Verbindung entstehen können, in Liebe empfangen.

Es gehörte auch zum allgemeinen Konsens, dass Frauen einen gewissen Schutz brauchen, dass es Frauenbereiche braucht. Auch ein Verehrer sollte nicht unbedingt allein mit einer Frau sein, was einen Schutz vor Date Rape bot. Frauenumkleidekabinen, -toiletten und dergleichen waren Orte, wo sich kein Mann hineintraute. Man wäre auch nie auf die Idee gekommen, Frauen in den Krieg zu schicken.

Das alte Patriarchat war offensichtlich nicht so drauf, dass es Männern jeden Schutz bot, ihre sexuellen Neigungen auszuüben, auch wenn Frauen darunter leiden sollten. Wenn ein Mann seiner Frau eröffnet hätte, dass er eigentlich schwul oder trans sei, hätte man nicht von ihr erwartet, gefälligst zu lächeln und bei dem Spielchen mitzumachen und ihn sein „wahres Selbst“ sein zu lassen, sondern hätte empört darauf reagiert, dass er das vor ihr verheimlicht und sie trotzdem geheiratet hatte oder sich nicht wenigstens bemühte, seinen Neigungen nicht nachzugeben.

Das alles hat sich mit der Sexuellen Revolution drastisch geändert (und die kam nicht erst in den 60ern, sondern in einigen Schichten schon viel früher – im Berlin der 1920er sieht man das z. B. gut, bei Magnus Hirschfeld usw.), und hier haben die meisten Feministinnen unkritisch mitgemacht. Hier wurde die allgemeine Einstellung verbreitet, dass noch so ungewöhnliche Fetische und Neigungen ausgelebt werden müssen, und es quasi psychisch krank machen würde, das nicht tun zu können. Sex wurde als lebensnotwendig definiert, und das war eine gefährliche Sache, denn so ein starker natürlicher Trieb kann auch in falsche Bahnen gelenkt werden – ebenso wie es Essstörungen gibt, gibt es schädliche sexuelle Verhaltensweisen. (Und das gilt auch, wenn Leute ehrlich glauben, nur glücklich sein zu können, indem sie solchen Neigungen nachgeben, und niemandem etwas Böses wollen.)

Dann haben Feministinnen sich auch mit Enthusiasmus daran gemacht, „Geschlechterrollen zu dekonstruieren“. Deren Zuschreibung sei eigentlich willkürlich, und Mädchen sollten sich männlicher und Jungen sich weiblicher verhalten. (Denn auch wenn behauptet wurde, jeder könne genau so sein, wie er wolle, erwarteten diese Feministinnen doch, dass die Mädchen sich gefälligst wünschen sollten, weniger mädchenartig, und die Jungen, weniger jungenartig zu sein.) Hier könnte man – wie die TERFs das tun – denken, das wäre eigentlich die Antithese zum Transgenderismus, aber tatsächlich war es deren Vorläufer.

TERFs sehen ja selbst, dass es bedeutende biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, dass Männer z. B. stärker und aggressiver sind. Aber dann erklären sie im nächsten Atemzug, dass mit diesen biologischen Unterschieden gefälligst keine sozialen und psychologischen einhergehen sollten, dass es keine Männerrollen und Frauenrollen geben solle, dass beispielsweise Frauen und Männer gleich viel Zeit auf ihre Kinder bzw. auf den Beruf verwenden sollten wie der andere (und tendenziell beide mehr Zeit auf den Beruf als auf die Kinder), und beide die gleichen Berufe lernen sollten (und tendenziell eher Männerberufe). Aber die allermeisten Frauen und Männer suchen Rollen als Frauen oder Männer, in denen sie sich wohl und anerkannt fühlen können. Mädchen wollen irgendwann eine „richtige Frau“ sein und Jungen ein „richtiger Mann“, und nicht geschlechtsneutral. Kein Mensch behauptet, dass das für alle ganz klischeehaft aussehen muss, aber auch Mädchen, die z. B. mathematisch begabt sind und gerne Fußball spielen, werden irgendwann irgendwie fraulich sein wollen. Und gerade Kinder brauchen konkrete Vorbilder, nicht ein „Du kannst alles sein, was du dir vorstellen kannst“. Man will eine Identität, eine Gemeinschaft mit anderen.

Die Verwirrung dazu, was das Geschlecht sozial bedeuten soll, trug tatsächlich dazu bei, dass man dahingehend verwirrt wurde, ob es biologisch noch etwas bedeuten soll. (Und tatsächlich ist es ja vor allem so, dass Frausein Mütterlichkeit nach dem Vorbild der hl. Jungfrau Maria (auch bei Nichtmüttern) und Mannsein Väterlichkeit nach dem Vorbild des hl. Joseoph (auch bei Nichtvätern) bedeuten soll.)

Der klassische Feminismus und die Homosexualität sind auch nicht die großartige Alternative zur Genderideologie. Eine 13jährige, die sich unwohl damit fühlt, dass ihr Brüste wachsen und Jungs sie jetzt als sexuelles Wesen sehen könnten, und die irgendwie linkisch ist und kein rechtes Modegespür hat, sollte weder dazu gebracht werden, zu glauben, sie könnte eigentlich ein Junge sein, noch dazu, sie wäre vielleicht lesbisch.

(Und, das ist ein untergeordneter Punkt, aber Feministinnen haben auch sehr gerne die Rolle der „starken Frau“ propagiert, die z. B. auch Kriegerin wird, weswegen in Filmen gerne mal so getan würde, als hätten 1,70 große dünne Schauspielerinnen tatsächlich eine Chance gegen Männer in einer Prügelei oder einem Kampf. Erst jetzt entdecken diese Feministinnen wieder, dass das so nicht klappt, weil Transfrauen in den Frauensport drängen und logischerweise die tatsächlichen Frauen, die ihnen körperlich unterlegen sind, abdrängen.)

Das eigentliche Problem, die Wurzel des Ganzen ist aber der Relativismus, der der Sexuellen Revolution schon voranging, und erst ihre Grundlage war. „Wenn das für dich so ist, dann ist es so“, „Dir deine Wahrheit, mir meine Wahrheit“. Um ehrlich zu sein, ich habe nie im Ansatz verstanden, wie man so weit gehirngewaschen sein kann, dass man das auch nur ernstnimmt, aber offensichtlich sind die Leute das.

Sie huldigen einer Tinkerbell-Weltsicht: Tinkerbell lebt, wenn die Kinder an Feen glauben, und stirbt, wenn sie es nicht tun – als wäre es irgendwie tugendhaft, an Märchenfiguren zu glauben, weil man es gern hätte, dass es sie gäbe. [Hier darf man sich auch nicht verwirren lassen: Leuten zu vertrauen, die man als vertrauenswürdig kennt, ohne für jede Einzelheit, die sie einem erzählen, misstrauisch Beweise zu verlangen, ist sehr wohl eine Tugend (und so in etwa stellt sich auch der religiöse Glaube da, der auf dem Wissen aufbaut, dass es Gott gibt und Er sich offenbart hat); Wunschdenken ist etwas völlig anderes.] Ebenso sagt man uns jetzt, wenn wir nur ganz fest glauben, dass Männer im Kleid Frauen sind, sind sie es auch. (Sogar die Negativseite ist hier da: Man erzählt uns auch, wenn wir Trans“frauen“ nicht mit Lob überhäufen, sind wir schuld, dass sie Selbstmord begehen; eine ziemlich perverse Form der Erpression, bei der auch nie gefragt wird, wo denn früher die Massen an Transpersonenselbstmorden waren, und wieso die Selbstmordrate bei Transpersonen auch nach „geschlechtsangleichenden“ OPs nicht sinkt.)

Die Welt ist einfach nichts, was wir uns erschaffen. Sie tritt an uns heran, ob wir es wollen oder nicht, und es ist Gott, der sie gemacht hat (und böse Menschen und gefallene Engel, die sie teilweise verdorben haben). Auch ein Mann, der gern eine Frau wäre, vielleicht, weil er das Gefühl hat, kein richtiger Mann sein zu können, wird immer ein Mann sein.

Und auch die Homosexuellenideologie war da schon dasselbe wie die Genderideologie; auch die ignorierte schon, wie die menschlichen Geschlechtsteile eigentlich zusammenpassen, und führte zu selbstschädigenden Lebensweisen.

(Dein Körper ist nicht dazu gemacht, Reißnägel zu verdauen, Mann. – Haha, netter naturalistischer Fehlschluss!)

Auch dass dieser Trend Kindern und Jugendlichen aufgedrängt wird, damit sich Erwachsene mit solchen Neigungen bestärkt fühlen, ist nichts Neues; zuerst wurde eben Homosexualität und dann Transgenderismus in die Lehrpläne aufgenommen. Drag Queen Story Hours im Kindergarten sind da zu erwarten.

Aber Kinder haben ein Recht auf das Wirkliche und das Natürliche.

Sie müssen generell nicht allzu früh mit Infos über Sex überhäuft werden, aber ihnen in der 4. Klasse zu erklären, woher die Babies kommen und was sich in der Pubertät bei ihnen verändern wird, ist sinnvoll. Bei der Genderideologie dagegen ist es nicht so, dass Schulkinder dafür einfach zu jung wären; sie ist zwar besonders schädlich für sie, weil sie so jung sind, aber sie ist auch noch schädlich für Ältere. Natürlich müssen sie irgendwann davon erfahren, dass es sie gibt – im selben Sinn, wie sie irgendwann erfahren müssen, dass es Scientology und Wahrsager gibt. Man muss sie irgendwann darüber aufklären, was die Genderideologie tatsächlich ist, und sie davor warnen. Aber eine Zeitlang können sie auch einfach davor geschützt werden.

Das Sein ist auch das Gute. Wir haben eine bestimmte Natur, und der kann man nie wirklich entkommen; man kann sich bei dem Versuch nur selber zerstören.

3 Gedanken zu “Transpersonen, TERFs und ihre Fehler

  1. Aber trotz alledem und alledem: Die Girondisten sind *viel* besser als die Jakobiner, sowohl historisch als auch allegorisch (guter Vergleich!). Insofern würde ich dem Teil gerne widersprechen; daß sie auch nicht Recht haben, ist klar, aber trotzdem sind sie viel besser und nicht fast genauso schlimm.

    (Daneben ist es ja durchaus so, daß ich es schon persönlich ganz nett finde, daß etwa eine Jo Rowling, die so in etwa präzise die zeitgeistige Moral der 2000er Jahre, allerdings nicht in der Auslegung deren verderbtester Vertreter, vertritt, jetzt auf einmal an der aktuellen Hauptkampflinie so quasi auf unserer Seite ist; und natürlich auch das Geld hat, sich das leisten zu können.)

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    1. Das stimmt natürlich schon – ich wollte auch eher darauf hinaus, dass die Einstellung der Girondisten oft auch logisch zur Einstellung der Jakobiner führt; die haben beide die zentralen Prinzipien, an denen man sich orientieren muss, um zur Wahrheit zu kommen, schon aufgegeben.

      – Crescentia.

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    2. Wobei ich sie zwar besser nennen würde, aber nein, nicht „viel“ besser.

      Und die Argumente der Girondisten sind einfach nicht überzeugend genug, man muss an die Wurzel des Problems gehen.

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