Moraltheologie und Kasuistik, Teil 7a: Sakramente und Kirchengebote – Grundsätzliches & alles rund um die Beichte

Die praktische moraltheologische Bildung der Katholiken muss dringend aufgebessert werden – ich hoffe, da werden meine Leser mir zustimmen. Und ich meine hier schon auch ernsthafte Katholiken. In gewissen frommen Kreisen wird man heutzutage ja, wenn man Fragen hat wie „Muss ich heute Abend noch mal zur Sonntagsmesse gehen, wenn ich aus Nachlässigkeit heute Morgen deutlich zu spät zur Messe gekommen bin?“ oder „Darf ich als Putzfrau oder Verwaltungskraft in einem Krankenhaus arbeiten, das Abtreibungen durchführt?“ oder „Wie genau muss ich eigentlich bei der Beichte sein?“ mit einem „sei kein gesetzlicher Erbsenzähler!“ abgebügelt. Und das ist nicht hilfreich. Gar nicht. Weil das ernsthafte Gewissensfragen sind, mit denen manche Leute sich wirklich herumquälen können. Und andere Leute fallen ohne klare Antworten in einen falschen Laxismus, weil sie keine Lust haben, sich ewig mit diesen Unklarheiten herumzuquälen und meinen, Gott werde es eh nicht so genau nehmen, und wieder andere in einen falschen Tutiorismus, wobei sie meinen, die strengste Möglichkeit wäre immer die einzig erlaubte.

 Auf diese Fragen kann man sehr wohl die allgemeinen moraltheologischen Prinzipien – die alle auf das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zurückgehen – anwenden und damit zu einer konkreten Antwort kommen. Man muss es sich nicht schwerer machen, als es ist. Und nochmal für alle Idealisten: „Das und das ist nicht verpflichtend“ heißt nicht, dass man das und das nicht tun darf oder es nicht mehr empfehlenswert oder löblich sein kann, es zu tun. Es heißt nur, dass die Kirche (z. B. in Gestalt des Beichtvaters) nicht von allen Katholiken verlangen kann, es zu tun.

 Zu alldem verweise ich einfach mal noch auf einen meiner älteren Artikel. Weiter werde ich mich gegen den Vorwurf der Gesetzlichkeit hier nicht verteidigen.

 Jedenfalls, ich musste öfters lange herumsuchen, bis ich zu meinen Einzelfragen Antworten gefunden habe, und deshalb dachte mir, es wäre schön, wenn heute mal wieder etwas mehr praktische Moraltheologie und Kasuistik betrieben/kommuniziert werden würde; aber manches, was man gerne hätte, muss man eben selber machen, also will ich in dieser Reihe solche Einzelfragen angehen, so gut ich kann, was hoffentlich für andere hilfreich ist. Wenn ich bei meinen Schlussfolgerungen Dinge übersehe, möge man mich bitte in den Kommentaren darauf hinweisen. Nachfragen sind auch herzlich willkommen. Bei den Bewertungen, was verpflichtend oder nicht verpflichtend, schwere oder lässliche oder überhaupt keine Sünde ist („schwerwiegende Verpflichtung“ heißt: eine Sünde, die wirklich dagegen verstößt, ist schwer), stütze ich mich u. a. auf den hl. Thomas von Aquin, ab und zu den hl. Alfons von Liguori, und auf Theologen wie Heribert Jone (1885-1967); besonders auf letzteren. Eigene Spekulationen werden (wenn ich es nicht vergesse) als solche deutlich gemacht. Alle diese Bewertungen betreffen die objektive Schwere einer Sünde; subjektiv kann es Schuldminderungsgründe geben. Zu wissen, ob eine Sünde schwer oder lässlich ist, ist für die Frage nützlich, ob man sie beichten muss, wenn man sie bereits getan hat; daher gehe ich auch darauf ein; in Zukunft muss man natürlich beides meiden.

Wer nur knappe & begründungslose Aufzählungen von christlichen Pflichten und möglichen Sünden sucht, dem seien diese beiden Beichtspiegel empfohlen. (Bzgl. dem englischen Beichtspiegel: Wenn hier davon die Rede ist, andere zu kritisieren, ist natürlich ungerechte, verletzende Kritik gemeint, nicht jede Art Kritik, und bei Ironie/Sarkasmus ist auch verletzende Ironie/Sarkasmus gemeint.)

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/19/St_Alphonsus_Liguori.jpg

 (Der hl. Alfons von Liguori (1696-1787), der bedeutendste kath. Moraltheologe des 18. Jahrhunderts. Gemeinfrei.)

Alle Teile hier.

Im letzten Teil, der das 3.  Gebot betrifft, habe ich schon eins der Kirchengebote erwähnt, nämlich die Sonntagspflicht; in diesem Teil und den beiden nächsten soll es um die übrigen gehen. Die Kirchengebote helfen, dabei, die Gottesliebe, die die ersten drei der 10. Gebote vorschreiben, zu leben. (Nach den Kirchengeboten geht es mit den übrigen sieben Geboten und der Nächstenliebe weiter.)

Ein paar Grundsätze zu Kirchengeboten:

(Hier wiederhole ich noch einmal ein paar Dinge aus dem letzten Teil.)

Es gibt fünf hauptsächliche Kirchengebote, die der Katechismus hier darstellt. Dabei heißt es: „Der verpflichtende Charakter dieser von den Hirten der Kirche erlassenen positiven Gesetze will den Gläubigen das unerläßliche Minimum an Gebetsgeist und an sittlichem Streben, im Wachstum der Liebe zu Gott und zum Nächsten sichern.“ Diese fünf Gebote, die die Kirche entsprechend wichtig nimmt, verpflichten unter schwerer Sünde.

Als Katholik hat man erkannt, dass Jesus, Gottes Sohn, die Kirche eingesetzt und ihr Autorität über und Verantwortung für uns verliehen hat. Die Hirten der Kirche, d. h. die Bischöfe, sind in direkter Linie die Nachfolger der Apostel und können uns als solche Befehle erteilen. Natürlich können sie nicht alles Mögliche befehlen – vor allem dürfen sie nichts Unzumutbares und nichts moralisch Falsches befehlen. Aber grundsätzlich sind wir Laien ihnen Gehorsam und Respekt schuldig. Und, wie der Katechismus sagt: Dass z. B. der Messbesuch, die Beichte oder das Fasten hin und wieder verpflichtend sind, hilft einem, das Minimum an Pflege der Gottesbeziehung nicht zu vernachlässigen. Wenn man zur Messe gehen muss, hat man keine andere Wahl, als es zu überwinden, dass man sich dabei komisch vorkommt oder lieber ausschlafen würde, und kann dann von der Nähe zu Gott dort profitieren.

(Zu dieser Begründung ließe sich noch mehr sagen, aber hier ist nicht die passende Gelegenheit; hier soll es vor allem darum gehen, was diese Gebote praktisch im Einzelnen bedeuten.)

Die Kirchengebote gelten nur für Katholiken, d. h. für jeden, der irgendwann einmal katholisch getauft oder nach der Taufe in die katholische Kirche aufgenommen wurde; i. d. R. gelten sie ab 7 Jahren, da man davon ausgeht, dass Kinder ab  diesem Alter  den Vernunftgebrauch besitzen (außer, wenn das Gegenteil feststeht, z. B. bei einer geistigen Behinderung). S. dazu im CIC:

„Can. 11 — Durch rein kirchliche Gesetze werden diejenigen verpflichtet, die in der katholischen Kirche getauft oder in diese aufgenommen worden sind, hinreichenden Vernunftgebrauch besitzen und, falls nicht ausdrücklich etwas anderes im Recht vorgesehen ist, das siebente Lebensjahr vollendet haben.“

Ein Kirchenaustritt vor dem Staat ändert nichts an dieser Verpflichtung; er ist einfach eine schwere Sünde, da er ein öffentlich erklärter Abfall von der katholischen Kirche und von den Bischöfen verboten ist. (Er wäre auch dann eine objektiv schwere Sünde, wenn man nur austreten würde, um die Kirchensteuer zu sparen, und auch dann, wenn man die Kirchensteuer nicht zahlen will, da man (korrekterweise) meint, die Bischöfe würden sie falsch verwenden, und stattdessen dieselbe Summe an eine katholische Organisation seiner Wahl spenden will – nicht so sehr wegen dem Verweigern des Geldes, sondern weil man eben vor dem Standesbeamten erklärt, kein Katholik mehr sein zu wollen. Dazu mehr in Teil 7c.) Ein Kirchenaustritt macht eine Wiederversöhnung mit der Kirche nötig, aber er macht einen eigentlich nicht zum Nichtkatholiken. Semel catholicus, semper catholicus; einmal katholisch, immer katholisch.

Die Kirchengebote gelten für vom Prinzip her noch nicht für Nichtkatholiken, die sich darauf vorbereiten, katholisch zu werden.

Bei Kirchengeboten werden im Kirchenrecht manchmal Gründe genannt, die von einer Verpflichtung entbinden. Dabei ist zu beachten: Ein „gerechter Grund“ ist relativ einfach zu finden („nur mit gerechtem Grund“ heißt so viel wie „nicht ohne Grund“), ein „schwerwiegender Grund“ gelegentlich und ein „sehr schwerwiegender Grund“ nur selten.

Es gibt, wie gesagt, 5 hauptsächliche Kirchengebote für Laien (Priester haben noch mehr Vorschriften zu befolgen, die Laien gar nicht betreffen). Heute zum zweiten Kirchengebot, das die Beichte betrifft. Der CIC definiert dieses Sakrament folgendermaßen:

„Can. 959 — Im Sakrament der Buße erlangen die Gläubigen, die ihre Sünden bereuen und mit dem Vorsatz zur Besserung dem rechtmäßigen Spender bekennen, durch die von diesem erteilte Absolution von Gott die Verzeihung ihrer Sünden, die sie nach der Taufe begangen haben; zugleich werden sie mit der Kirche versöhnt, die sie durch ihr Sündigen verletzt haben.“

Und:

„Can. 960 — Das persönliche und vollständige Bekenntnis und die Absolution bilden den einzigen ordentlichen Weg, auf dem ein Gläubiger, der sich einer schweren Sünde bewußt ist, mit Gott und der Kirche versöhnt wird; allein physische oder moralische Unmöglichkeit entschuldigt von einem solchen Bekenntnis; in diesem Fall kann die Versöhnung auch auf andere Weisen erlangt werden.“

Erst einmal: Wieso ist die Beichte überhaupt nötig? Reicht es nicht, dass jemand Gott liebt und ihm die Sünde leid tut; heißt es nicht in der Bibel, dass die Liebe Sünden zudeckt? Nun; der hl. Thomas schreibt dazu:

„Fällt jemand in Sünden, so ist die erste Voraussetzung die Reue oder Buße, damit Liebe, Barmherzigkeit, Glaube ihn von der Sünde lösen. Die Liebe nämlich verlangt, daß man das Gegenteil vom geliebten Gegenstande haßt und über die diesem zugefügte Beleidigung Schmerz empfindet. Der Glaube fordert, daß der Sünder danach verlangt, durch die Kraft des Leidens Christi, welche in den Sakramenten wirkt, gerechtfertigt zu werden von seinen Sünden. Die Barmherzigkeit legt auf, daß der Mensch seinem eigenen Sündenelende durch die Reue oder Buße abhelfe; denn ‚elend macht die Menschen die Sünde‘, heißt es Prov. 14.; und: ‚Erbarme dich deiner Seele und gefalle Gott‘ (Ekkli. 30.).“ (Summa Theologiae III,84,5)

Die Liebe zu Gott ist es, die es fordert, seine Sünden zu bekennen und Buße zu tun, und sich dabei, auf welche Weise man das tut, nach Gottes (und Seiner Kirche) Anordnungen zu richten. Jesus hat die Beichte mit klaren Worten eingesetzt: „Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten. (Joh 20,19-23) Auch der Apostel Jakobus schreibt dementsprechend: „Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet!“ (Jak 5,16) Und der Apostel Johannes: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht.“ (1 Joh 1,9)

Nun also das Kirchengebot:

Gebeichtet werden müssen schwere Sünden (nach Art und Zahl) wenigstens einmal im Jahr (und bevor man wieder die hl. Kommunion empfängt).

Dazu  heißt es im Katechismus: „Das zweite Gebot (‚Du sollst deine Sünden jährlich wenigstens einmal beichten‘) sichert die Vorbereitung auf die Eucharistie durch den Empfang des Sakramentes der Versöhnung, das die in der Taufe erfolgte Umkehr und Vergebung weiterführt [Vgl. CIC, can. 989; CCEO, can. 719]“

Und im CIC wird das Ganze genauer ausgeführt:

 „Can. 988 — § 1. Der Gläubige ist verpflichtet, alle nach der Taufe begangenen schweren Sünden, deren er sich nach einer sorgfältigen Gewissenserforschung bewußt ist, nach Art und Zahl zu bekennen, sofern sie noch nicht durch die Schlüsselgewalt der Kirche direkt nachgelassen sind und er sich ihrer noch nicht in einem persönlichen Bekenntnis angeklagt hat.

2. Den Gläubigen wird empfohlen, auch ihre läßlichen Sünden zu bekennen.

 Can. 989 — Jeder Gläubige ist nach Erreichen des Unterscheidungsalters verpflichtet, seine schweren Sünden wenigstens einmal im Jahr aufrichtig zu bekennen.“

Jetzt dazu, was dieses Kirchengebot im Einzelnen bedeutet:

In der Taufe werden alle Sünden vergeben, die Beichte ist nur dafür da, wenn jemand nach der Taufe, nachdem er also schon ein Kind Gottes und der Kirche geworden ist, wieder sündigt; vorherige Sünden müssen also nicht gebeichtet werden.

Zur Beichte gehören 1) die Reue (die den guten Vorsatz, nicht mehr zu sündigen, einschließt, sich aber nicht darin erschöpft; ihm geht der Schmerz über die Sünde, die bewusste Verabscheuung der Sünde voraus), 2) das Bekenntnis, das die Reue nach außen trägt, und 3) die Buße/Genugtuung, die eine gewisse Wiedergutmachung (gemäß der eigenen Fähigkeit) ist.

Man muss nur die schweren Sünden beichten; wenn man keine schweren Sünden begangen hat, muss man prinzipiell gar nicht beichten gehen. (Empfehlenswert ist es trotzdem.)

Verpflichtend ist die Beichte der schweren Sünden, die man auf dem Gewissen hat, einmal im Jahr. Ja, wirklich nur einmal im Jahr. Freilich ist es sehr empfehlenswert, schwere Sünden nicht ewig mit sich herumzuschleppen, vor allem, da man solange nicht zur Kommunion gehen kann, aber man ist nicht verpflichtet, sie gleich zu beichten, geschweige denn, in den nächsten zwei Tagen irgendwo einen Priester abzupassen, der einem die Beichte abnehmen kann. (Empfehlenswert ist es, nach einer schweren Sünde zur nächsten, oft wöchentlich stattfindenden Beichtgelegenheit in der Pfarrei zu gehen oder, wenn die Pfarrei so etwas nicht anbieten sollte, bald einen Termin mit einem Priester auszumachen. Auch die regelmäßige Beichte ungefähr einmal im Monat, auch wenn man sich keiner schweren Sünden schuldig gemacht hat, ist sehr zu empfehlen. Aber das ist nicht verpflichtend.)

Freilich sollte man, wenn man denn in den Himmel kommen will, nach einer schweren Sünde vollkommene Reue erwecken – die wird, zusammen mit dem Vorsatz, die Sünde noch zu beichten, solange genügen; wenn man durch einen unglücklichen Zufall vorher stirbt, gilt das auch. (Ach ja: Man hat manchmal das vage Gefühl, sich nach einer schweren Sünde nicht sofort zu Gott zurückwagen, sondern noch ein wenig abwarten zu sollen; das ist eine Falle des Teufels. Gott will einen sofort zurück, also Reue gleich nach der Sünde erwecken.)

Vollkommene Reue (Liebesreue, lat. contritio) meint eine Reue, die aus der Liebe zu Gott und dem Wissen, ihn mit einer schlechten Tat beleidigt zu haben, hervorgeht (nicht eine, die dabei so vollkommen ist, dass es nicht mehr besser geht). Unvollkommene Reue (Furchtreue, lat. attritio) geht aus Furcht vor Gottes strafender Gerechtigkeit hervor, aus dem Wissen, dass Er das Gute belohnt und das Böse straft und man wirklich Böses getan hat. („Wenn es die Hölle nicht gäbe, würde ich natürlich wieder sündigen“ genügt allerdings nicht.) Die Furchtreue ist schon mal ein Anfang, auf jeden Fall keine Sünde und genügt in der Beichte für die Vergebung der Sünden. (Wieso genügt in der Beichte etwas, das sonst nicht genügt? Ich weiß es nicht genau. Vielleicht, weil Gott es uns anrechnen will, wenn wir uns immerhin überwinden müssen, die Sünden laut zu bekennen, oder einfach, weil Er sich nun mal entschieden hat, die Sakramente in der Gemeinschaft der Kirche zu Seinen Gnadenmitteln zu machen?) Liebesreue kann aber auch zusammen mit einer gewissen Restfurcht vor der Hölle existieren, letztere wird einem vielleicht immer bleiben. Liebesreue ist eine Sache des Willens, nicht des Gefühls; man muss keine starken Gefühle haben, um wirklich zu bereuen, man muss es nur ehrlich meinen und sich ehrlich Besserung vornehmen. (Siehe zu diesem Thema auch Teil 2.) Auch in der Beichte nicht genügen würde die sog. eitle Reue / Strohreue, die nur darin besteht, sich wegen einer Sünde vor den Menschen zu schämen, weil sie dem  eigenen Ansehen schadet.

Dabei, einen Akt der Liebesreue zu setzen, kann dieses Gebet aus dem Anhang zum Kompendium des Katechismus der katholischen Kirche behilflich sein: „Mein Gott, aus ganzem Herzen bereue ich alle meine Sünden, nicht nur wegen der gerechten Strafen, die ich dafür verdient habe, sondern vor allem, weil ich dich beleidigt habe, das höchste Gut, das würdig ist, über alles geliebt zu werden. Darum nehme ich mir fest vor, mit Hilfe deiner Gnade nicht mehr zu sündigen und die Gelegenheiten zur Sünde zu meiden. Amen.“

Auch Gebete wie die vor und nach der Gewissenserforschung in diesem hier herunterzuladenden Beichtspiegel aufgeführten können helfen.

Zur vollkommenen Reue gehört, wie gesagt, der Vorsatz, die Sünden zu beichten; aber das muss kein Vorsatz sein, sie sobald wie möglich zu beichten; prinzipiell genügt die nächste kirchenrechtlich vorgeschriebene Beichte.

Üblich ist die Beichte, wenn jemand nur jährlich beichtet, in jeder Fastenzeit vor Ostern (da die Kommunion in der Osterzeit verpflichtend ist, s. den nächsten Artikel); aber wenn jemand z. B. schon vor der Fastenzeit gebeichtet und seitdem keine schweren Sünden mehr begangen hat, genügt auch das.

Man muss alle schweren Sünden nach Art und Zahl bekennen, was als „materielle Vollständigkeit“ der Beichte bezeichnet wird. Der hl. Thomas sagt zu dem Grund dazu:

„Ich antworte, dass der Arzt, der Medizin für den Körper verschreibt, nicht nur die Krankheit kennen sollte, für die er verschreibt, sondern auch den allgemeinen Zustand des Kranken, da eine Krankheit durch eine zusätzliche verschlimmert wird, und eine Medizin, die zu einer Krankheit passen würde, mit Bezug auf eine andere schädlich wäre. Dasselbe kann mit Bezug auf Sünden gesagt werden..“ (Summa Theologiae, Suppl. 9,2, übersetzt aus der englischen Übersetzung)

Eine schwere Sünde ist eine wissentlich und willentlich in einer wichtigen Sache begangene Sünde; nur diese Sünden zu beichten ist, wie gesagt, verpflichtend. Lässliche Sünden muss man nicht beichten, auch wenn es sehr hilfreich sein kann, zumindest die wichtigsten unter ihnen zu erwähnen; zweifelhaft schwere müssen prinzipiell nicht gebeichtet werden (egal, ob jemand zweifelt, ob er etwas getan hat; ob etwas, das er getan hat, eine schwere Sünde war; oder ob er zweifelt, ob er etwas, das er getan hat und das eine schwere Sünde war, schon einmal gebeichtet hat); hier helfen aber vielleicht auch die Regeln zur Abwägung in Zweifelsfällen. Zweifelhaft schwere Sünden zu beichten ist grundsätzlich sehr zu empfehlen. Katholiken, die wissen, dass sie zur Laxheit neigen, sollten sie eher beichten, Skrupulanten sollten das u. U. eher unterlassen oder  sich jedenfalls nicht dazu gedrängt sehen, weil sie bei fast allen Sünden zweifeln und nur ganz eindeutig schwere bekennen müssen, um die Skrupulosität loszuwerden. Man kann den Beichtvater auch fragen, ob eine Sünde schwer war, dann weiß man es für die Zukunft. (Wir kommen ja alle meistens mit immer denselben Sünden wieder in den Beichtstuhl.)

Gedacht ist die Beichte für Sünden, nicht für bloße Unvollkommenheiten. Wenn man also unbewusst etwas Falsches getan hat (z. B. am Freitag das Fasten einfach vergessen hat) oder bloß etwas Besseres, das man hätte tun können, nicht getan hat (z. B. nur 5 € gespendet hat, obwohl man sich gedacht hat, dass man auch 10 € spenden könnte), ist das keine ausreichende Materie für die Beichte, da Unvollkommenheit, nicht Sünde. Man darf solche Unvollkommenheiten nennen, wenn man will, damit der Beichtvater den Seelenzustand besser kennenlernt, aber wenn jemand nur solche Unvollkommenheiten nennen könnte, käme gar keine Beichte zustande.

Schon einmal gebeichtete Sünden dürfen nochmals gebeichtet werden, wenn jemand das will, aber verpflichtend ist das nie. Skrupulanten ist von der Wiederholungsbeichte abzuraten.

Man muss die Sünden nach ihrer Art beichten – und zwar so, wie man sich ihrer zur Zeit des Begehens der Sünden bewusst war – man muss sog. „artverändernde Umstände“ angeben. Das heißt eigentlich nur, dass man klar sagen muss, was für eine Kategorie Sünde es war. Sagen wir, jemand sagt „Ich habe mit einer Person geschlafen, mit der ich nicht verheiratet bin“, verschweigt dabei aber den „artverändernden Umstand“, dass diese andere Person ihrerseits verheiratet ist; dann lässt er den Priester glauben, es habe sich um einfache Unkeuschheit gehandelt, während es in Wirklichkeit um Ehebruch geht. Oder sagen wir, jemand sagt „Ich habe eine Lüge erzählt“, während er in Wahrheit einen Meineid vor Gericht abgelegt hat, der einen Unschuldigen belastet hat. Das geht nicht. Man muss nicht ins Detail gehen – „Ich habe einmal mit meinem Freund geschlafen“ genügt dem Priester; der muss nicht wissen, dass man ja eigentlich geplant hatte, da stark zu bleiben, aber dann war man am letzten Samstagabend bei ihm zu Hause, und unerwarteterweise war man ganz allein, und man hat sich dann überreden lassen, weil usw. – aber man muss sagen, was für eine Sünde es eigentlich war.

Man muss die schweren Sünden nach ihrer Zahl angeben. Das muss nicht  zwangsläufig die genaue Zahl sein – vielleicht weiß man die nicht mehr. Aber eine ungefähre Angabe muss da sein. Es macht eben einen Unterschied, ob man eine Sünde etwa 100-150 Mal im Lauf der letzten drei Jahre, ungefähr fünf oder sechs Mal, oder nur ein einziges Mal begangen hat. (Wenn man länger in einer Art Zustand der Sünde gelebt hat, also wenn man z. B. in den letzten vier Jahren nur an Weihnachten und Ostern in der Kirche war, kann man auch sagen, dass man in den letzten vier Jahren nur an Weihnachten und Ostern in der Kirche war, und muss sich nicht ausrechnen, an wie vielen Sonntagen und gebotenen Feiertagen exakt man die Messe versäumt hat; aber der Umfang der Sünde muss jedenfalls für den Beichtvater klar werden.)

Besonders, wenn es um Art und Zahl der Sünden geht, muss man daher auch dem Priester antworten, wenn er nachfragt (was er vielleicht tut, weil man sich etwas vage angehört hat, oder weil er nicht weiß, ob man Bescheid weiß, dass man diese oder jene artverändernden Umstände, die vielleicht noch da sein könnten, noch angeben müsste; oder auch, weil er wissen will, ob man bereit ist, Schaden wiedergutzumachen und sicherstellen will, dass man bereut; oder einfach, weil er einem mit seinem Rat helfen will, eine Sünde in Zukunft zu meiden…). Wenn er nach Mitschuldigen fragt, muss man ihm nicht antworten.

Can. 979 — Der Priester hat, sofern Fragen zu stellen sind, mit Klugheit und Behutsamkeit vorzugehen, dabei sind Verfassung und Alter des Pönitenten zu berücksichtigen, nach dem Namen eines Mitschuldigen darf er nicht fragen.

Es ist eine schwere Sünde, bei einer wichtigen Sache zu lügen, nach der man legitimerweise gefragt wird; in diesem Fall wäre die Beichte genauso ungültig, wie wenn man Art oder Zahl der Sünden in dem Wissen, dass man sie beichten muss, von vornherein verschwiegen hat.  Auch wenn man eine schwere Sünde absichtlich ganz verschwiegen hat, wäre die Beichte natürlich ungültig. Die gebeichteten Sünden sind in so einem Fall also nicht vergeben, und man hat eine neue schwere Sünde begangen. Das wäre eine sakrilegische Beichte. Wenn man bei einem schwerhörigen Priester beichtet, speziell aus dem Grund, dass man hofft, dass er eine schwere Sünde nicht verstehen wird, gilt dasselbe.

Wichtig für Skrupulanten: Das gilt nur bei einer bewussten Täuschung betreffs Art und Zahl der schweren Sünden! Es war keine ungültige Beichte, wenn man sich hinterher denkt, dass man eine Zahl vielleicht zu niedrig  geschätzt hat, oder irgendeinen Nebenumstand oder eine Folge nicht erzählt hat, von denen man nicht eindeutig wusste, dass sie zur Bestimmung der Art der Sünde gehören, oder sich aus Aufregung verhaspelt hat und sich hinterher denkt, dass der Priester einen dann vielleicht nicht verstanden haben könnte und man sich nochmal hätte wiederholen müssen, o. Ä.

Wenn man eine schwere Sünde unabsichtlich vergessen hat, war die Beichte gültig, die Sünden sind vergeben (auch die vergessene), und man darf zur Kommunion gehen, aber man muss die vergessene Sünde in der nächsten Beichte (also spätestens in einem Jahr; man muss dann nicht so schnell wie möglich wieder beichten) dann noch erwähnen.

In der Beichte geht es eben darum, einfach klar auszusprechen, was man getan hat, ohne es entweder zu verharmlosen oder zu dramatisieren – das hilft auch, sich den Zustand der eigenen Seele  klar vor Augen zu führen.

Eine Beichte ist auch sakrilegisch und ungültig, wenn man gar keine Reue oder keinen Vorsatz hat, eine Sünde in Zukunft bleiben zu lassen. Sicher kann es mal sein, dass man sich zu 98% sicher ist, dass man einer Versuchung in absehbarer Zukunft wieder auf den Leim gehen wird, aber solange man zum Zeitpunkt der Beichte den Vorsatz hat, sie zu meiden, genügt das. Wenn man nur beichtet, weil man eben vor der kirchlichen Trauung noch mal beichten soll und dabei irgendetwas aufzählt, was einem gerade einfällt, und das man morgen wieder zu tun beabsichtigt, ist das etwas ganz anderes – das ist eine ungültige, sakrilegische Beichte.

Can. 987 — Damit ein Gläubiger die heilbringende Hilfe des Bußsakraments empfängt, muß er so disponiert sein, daß er sich unter Reue über seine begangenen Sünden und mit dem Vorsatz zur Besserung Gott zuwendet.“

Die Reue muss sich zumindest auf die Gesamtheit der noch nicht in früheren Beichten bekannten schweren Sünden beziehen (wobei einem nicht jede einzeln in dem Moment, wo man sich bemüht, die Reue zu erwecken, explizit vor Augen  stehen muss). Der Vorsatz zur Besserung muss ernsthaft sein und einschließen, dass man angerichteten Schaden wiedergutmacht, die wirklich notwendigen Mittel anwendet, um schwere Sünden in Zukunft zu meiden, und die nächste Gelegenheit zur schweren Sünde (das meint Gelegenheiten, bei denen man realistischerweise davon ausgehen muss, dass man wahrscheinlich wieder sündigen wird; eine entferntere Gelegenheit ist hier nicht gemeint) meidet (soweit es einem möglich ist und wenn es nicht notwendig ist, eine solche Gelegenheit zu riskieren). Wenn jemand es nicht schafft, alle lässlichen Sünden wirklich zu bereuen, sich nicht eingestehen will, dass etwas Lässliches eine Sünde war, o. Ä., tut das der bloßen Gültigkeit der Beichte keinen Abbruch. Die lässlichen Sünden stören zwar die Beziehung zu Gott, trennen aber nicht von ihm,  und solange nur die schweren weg sind, die wirklich von ihm trennten, genügt das erst einmal. Für die Beichte muss man erst einmal nur die schweren überhaupt beachten. Aber natürlich ist es auch gut, auf die lässlichen zu schauen und sich hier um Besserung zu bemühen.

Die Gültigkeit der Beichte hängt nicht davon ab, ob man hinterher ein Gefühl von Ruhe und Frieden hat oder nicht.

Von der Pflicht zur materiellen Vollständigkeit der Beichte, also der vollständigen Aufzählung aller schweren Sünden nach Art und Zahl, entschuldigt (was nur in seltenen Notfällen gegeben ist) physische oder moralische Unmöglichkeit; wenn diese Unmöglichkeit nicht mehr besteht, muss man das Bekenntnis  bei der nächsten Beichte nachholen.

Physische Unmöglichkeit kann z. B. sein: Jemand ist sehr krank / steht kurz vor einer OP / liegt im Sterben und es ist nicht mehr genug Zeit, alle Sünden zu beichten oder er ist nicht mehr fähig, zu sprechen, sodass der Priester ihm gleich die Lossprechung gibt, nachdem er seine Reue irgendwie deutlich gemacht hat (wenn er dazu noch fähig ist, sonst eben auch so).

Moralische (praktische) Unmöglichkeit ist gegeben, wenn das Bekenntnis bestimmter Sünden mit außerordentlichen Schwierigkeiten verbunden ist, die nicht an der Beichte selbst hängen, und wenn man sich nicht einfach jetzt an einen anderen Beichtvater wenden kann. Eine übergroße Scham vor der Beichte o. Ä. entschuldigt also nicht; aber zum Beispiel eine Gefahr der Verletzung des Beichtgeheimnisses /  der Rufschädigung (wenn man also z. B. beim Beichten merkt, dass noch jemand mithören kann und man daran nichts ändern kann, muss man nicht mehr weiter alle Sünden vollständig aufzählen). Auch Gefahr von Ärgernis oder neuer Sünde entschuldigt; bei 6.-Gebot-Sünden darf man nach Ansicht einiger Theologen zu große Genauigkeit vermeiden, um sich nicht wieder alles vor Augen zu rufen und wieder in unkeusche Gedanken zu geraten (wobei eine Aufzählung nach Art und Zahl normalerweise machbar sein sollte). Ein Grund liegt auch vor, wenn ein Priester beichtet und etwas über jemand anderen erklären müsste, was er nur aus einer Beichte weiß; das Beichtgeheimnis darf er nicht verletzen. Großer geistlicher oder zeitlicher Schaden gilt auch; ein Beichtvater kann z. B. schwer leidende Skrupulanten von der Pflicht zur materiellen Vollständigkeit entbinden, wenn die Gewissenserforschung für sie psychisch sehr schädlich ist und sie sich endlos damit quälen. Adolphe Tanquerey schreibt dazu: „In gewissen Fällen hochgradiger Skrupulosität befehle man den Beichtkindern, sich mit dieser allgemeinen Anklage zu begnügen: ‚Ich klage mich aller seit meiner letzten Beichte begangenen Sünden und aller jener meines vergangenen Lebens an.'“

Für eine materiell vollständige Beichte muss man gewöhnliche Mittel zur Gewissenserforschung anwenden; eine außerordentliche Anstrengung ist nicht verpflichtend. Ein ordentliches Mittel wäre z. B. der Gebrauch irgendeines gut katholischen Beichtspiegels. Wenn man aus schwerwiegend schuldbarer Nachlässigkeit eine schwere Sünde nicht erwähnt hat – also eine, die einem, wenn man kurz überlegt hätte, sofort eingefallen wäre, wobei man z. B. vor der Beichte sein Gewissen gar nicht oder fast gar nicht erforscht hat und sich gedacht hat, es würde einem schon auf  die Schnelle das Wichtigste einfallen, sobald man im Beichtstuhl ist – war  die Beichte ungültig. Wenn man aus leichter Nachlässigkeit schwere Sünden vergessen hat, also z. B. kurz über den Beichtspiegel drüber gegangen ist und dabei nicht allzu intensiv sein Gedächtnis durchforscht hat, war sie gültig. Wenn jemand sich schon praktisch sicher  ist, keine Todsünden seit der letzten Beichte begangen zu haben, ist er streng genommen gar nicht zu einer ausführlichen Gewissenserforschung verpflichtet. Man soll einfach normale Sorgfalt anwenden, die man auch in anderen Dingen anwenden würde.

Streng genommen ist niemand verpflichtet, eine Liste seiner Sünden  aufzuschreiben,  auch wenn er weiß, dass er, wenn er es nicht tut, welche vergessen wird (wegen der Gefahr, dass er eventuell den Zettel verlieren und andere ihn finden könnten => Beichtgeheimnis). Natürlich kann ein Beichtzettel sehr hilfreich sein, wenn man ihn benutzen will.

Tanquerey gibt speziell Skrupulanten zur Beichtvorbereitung diesen Rat: „Die hl. Beichte wird ihnen oft zu noch größerer Qual. Es ist demnach von Wichtigkeit, sie ihnen leicht zu machen. Man [gemeint ist der Beichtvater] erkläre ihnen deshalb: ‚1) Sie sind nur zur Anklage der sicher begangenen Todsünden verpflichtet. 2) Von den lässlichen Sünden nennen Sie nur jene, die Ihnen nach fünf Minuten langer Erforschung einfallen werden. 3) Auf die Reue verwenden Sie sieben Minuten. Während dieser Zeit bitten Sie Gott darum und erwecken dieselbe im Herzen, und Sie werden sie haben.‘ Sie wenden dagegen ein: ‚Aber ich fühle sie doch nicht!‘ – Antwort: ‚Das ist nicht nötig. Die Reue ist ein Akt des Willens, gehört somit nicht dem Gefühlsleben an.'“

Nach der Beichte muss man die aufgetragene Buße verrichten, die sowohl eine gewisse Wiedergutmachung für die Vergangenheit als auch ein Heilmittel für die Zukunft sein soll.

„Can. 981 — Je nach Art und Zahl der Sünden hat der Beichtvater unter Berücksichtigung der Verfassung des Pönitenten heilsame und angemessene Bußen aufzuerlegen; der Pönitent ist verpflichtet, diese persönlich zu verrichten.“

Die Buße soll sich nach der Schuld, aber auch der Fähigkeit des Pönitenten, und danach, wozu er schon bereit ist, richten.

Heribert Jone schreibt über das Verrichten der Buße (rückübersetzt aus der französischen Übersetzung seiner „Katholischen Moraltheologie“):

„Es ist eine schwere Sünde, eine schwerwiegende Buße, die sub gravi [unter schwerer Sünde verpflichtend] für schwere Sünden auferlegt wurde, nicht zu erfüllen; wenn der Pönitent diese schlechte Absicht schon vor der Absolution hatte, ist die Beichte ungültig. – Es ist eine lässliche Sünde, eine leichte Buße, die für schwere oder lässliche Sünden auferlegt wurde, nicht zu erfüllen. – Wenn die Buße nicht vollständig oder nicht genau so, wie sie auferlegt wurde, erfüllt wird, begeht man nur dann eine schwere Sünde, wenn man etwas Wichtiges auslässt. Dementsprechend begeht jener, der als Buße einen Rosenkranz auf Knien zu beten hatte, nur eine lässliche Sünde, wenn er ihn im Stehen betet, oder auch, wenn er willentlich einige Aves übergeht. – Man begeht keine Sünde, wenn man eine Buße nicht erfüllt, die nicht mehr der aktuellen Praxis entspricht oder die ungerechtermaßen hart ist. In diesem Fall ist es das Beste, diese Buße in der folgenden Beichte von einem Beichtvater abändern zu lassen. [Mit der aktuellen Praxis ist gemeint, dass die Bußpraxis früher härter war; heute muss man z. B. auch für eine sehr schwere Sünde nicht mehr fünf Jahre Kirchenbuße verrichten oder eine Wallfahrt ins Heilige Land machen, wie das vor 1000 Jahren noch vorkommen konnte.]   

Wenn er (ob schuldhaft oder nicht) vergessen hat, welche Buße man ihm auferlegt hat, ist der Pönitent an sich zu nichts verpflichtet. Man muss ihm allerdings raten, zurückzukommen und seinen Beichtvater aufzusuchen, um ihn zu fragen, welche Buße er ihm auferlegt hat. Wenn man glaubt, dass der Beichtvater sich nicht mehr daran erinnern wird, kann man in der nächsten Beichte seinen allgemeinen Seelenzustand irgendeinem Beichtvater enthüllen und von ihm eine neue Buße erbitten.“

Wenn die Buße in etwas besteht, das man auch sonst schon macht (z. B. wenn einem aufgetragen wird, den Rosenkranz beten, und man ihn sowieso wöchentlich betet), kann man sie bei dieser Gelegenheit erfüllen, wo man dasselbe sowieso getan hätte. Das gilt  aber nicht, wenn es um kirchlich vorgeschriebene Dinge geht; wenn der Beichtvater einem den Besuch einer Messe aufträgt, genügt  nicht die nächste verpflichtende Sonntagsmesse, sondern man muss zu einer zusätzlichen gehen.

Ablenkung bei einem Bußgebet ist nur lässliche Sünde.

Solange der Beichtvater keinen Zeitpunkt für die Buße festgelegt hat, ist kein bestimmter Zeitpunkt verpflichtend und man kann sie, ohne damit eine Sünde zu begehen, auch etwas länger aufschieben; außer wenn man ernsthaft Gefahr läuft, sie zu vergessen, sie nicht mehr erfüllen zu können, oder dass sich ihr Wert bedeutend verringert.

Man kann seine Buße nicht durch etwas anderes ersetzen, auch nicht durch etwas  Besseres (man soll sich hier schließlich danach richten, was der Beichtvater für das Heilsamste hält); aber man kann einen Beichtvater bitten,  sie einen ersetzen zu lassen.

Die Buße bedeutet zwar nicht, dass man hier die Kraft hätte, seinen Sünden selber zu sühnen – das hat Christus am Kreuz getan – aber man schließt sich hier quasi dem Leiden Christi an und tut, was man kann.

Wenn man sich schwerer Sünden schuldig gemacht hat, muss man, wie gesagt, vor dem Kommunionempfang beichten.

„Can. 916 — Wer sich einer schweren Sünde bewußt ist, darf ohne vorherige sakramentale Beichte die Messe nicht feiern und nicht den Leib des Herrn empfangen, außer es liegt ein schwerwiegender Grund vor und es besteht keine Gelegenheit zur Beichte; in diesem Fall muß er sich der Verpflichtung bewußt sein, einen Akt der vollkommenen Reue zu erwecken, der den Vorsatz miteinschließt, sobald wie möglich zu beichten.“

D. h. etwa, ein Priester, der die Messe feiern muss, aber vorher nicht zur Beichte gehen kann, darf die Messe feiern und kommunizieren, muss aber vorher vollkommene Reue erwecken und hinterher dann möglichst bald beichten, also z. B. wenn er dann zwei Tage später Gelegenheit hat, zur Beichtgelegenheit in der Nachbarpfarrei zu gehen oder dort einen Termin auszumachen.

Was genau heißt „sobald wie möglich“? Jone sagt dazu, dass es innerhalb von drei Tagen sein muss, sofern das ohne größere Schwierigkeiten (wie z. B. langer Anfahrtsweg zur nächsten Beichtgelegenheit) möglich ist.

Aber wie gesagt, das gilt nur, wenn man aus schwerwiegendem Grund schon kommuniziert hat.

(Ein schwerwiegender Grund für Laien könnte z. B. sein, wenn jemand, der zur katholischen Kirche konvertiert, aber schon gültig getauft ist (z. B. in der evangelischen Kirche), zu dessen Konversion also eine Beichte, nicht die Taufe, gehört, zum ersten Mal zur Beichte geht, wobei dann wenige Tage später der Gottesdienst für seine Aufnahme in die Kirche und seine Erstkommunion angesetzt ist, und zwischendrin eine schwere Sünde begeht, aber vor dem Gottesdienst keine Gelegenheit mehr zu einer weiteren Beichte hat. In diesem Fall darf er bei seiner Erstkommunion auch zur Kommunion gehen.)

Wenn man eine Generalabsolution empfangen hat (also wenn z. B. eine Gruppe Menschen bei einer Flutkatastrophe oder einem Schiffsuntergang in Todesgefahr war und ein anwesender Priester die Generalabsolution erteilt hat, weil keine Zeit für einzelne Bekenntnisse war) gilt dieselbe Regel, wie wenn man Sünden vergessen hat zu beichten; die Vergebung ist da, aber das Bekenntnis muss bei Gelegenheit nachgeholt werden. Im CIC heißt es über die Generalabsolution:

„Can. 961 — § 1. Mehreren Pönitenten gleichzeitig kann ohne vorangegangenes persönliches Bekenntnis die Absolution in allgemeiner Weise nur erteilt werden:

1° wenn Todesgefahr besteht und für den oder die Priester die Zeit, die Bekenntnisse der einzelnen Pönitenten zu hören, nicht ausreicht;

2° wenn eine schwere Notlage besteht, das heißt, wenn unter Berücksichtigung der Zahl der Pönitenten nicht genügend Beichtväter vorhanden sind, um die Bekenntnisse der einzelnen innerhalb einer angemessenen Zeit ordnungsgemäß zu hören, so daß die Pönitenten ohne eigene Schuld gezwungen wären, die sakramentale Gnade oder die heilige Kommunion längere Zeit zu entbehren; als ausreichend begründete Notlage gilt aber nicht, wenn allein aufgrund eines großen Andrangs von Pönitenten, wie er bei einem großen Fest oder einer Wallfahrt vorkommen kann, nicht genügend Beichtväter zur Verfügung stehen können.

§ 2. Das Urteil darüber, ob die gemäß § 1, n. 2 erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, steht dem Diözesanbischof zu; dieser kann unter Berücksichtigung der Kriterien, die mit den übrigen Mitgliedern der Bischofskonferenz abgestimmt sind, feststellen, wann solche Notfälle gegeben sind.

Can. 962 — § 1. Damit ein Gläubiger die sakramentale Absolution, die gleichzeitig mehreren erteilt wird, gültig empfängt, ist nicht nur erforderlich, daß er recht disponiert ist; er muß sich vielmehr gleichzeitig auch vornehmen, seine schweren Sünden, die er gegenwärtig nicht auf diese Weise bekennen kann, zu gebotener Zeit einzeln zu beichten.

§ 2. Die Gläubigen sind, soweit möglich auch beim Empfang der Generalabsolution, über die Erfordernisse gemäß § 1 zu belehren; der Generalabsolution ist, selbst bei Todesgefahr, wenn die Zeit dafür ausreicht, die Aufforderung voranzuschicken, daß sich jeder bemüht, einen Akt der Reue zu erwekken.

Can. 963 — Unbeschadet der Verpflichtung nach can. 989 hat der, dem durch Generalabsolution schwere Sünden vergeben werden, bei nächstmöglicher Gelegenheit, sofern nicht ein gerechter Grund dem entgegensteht, ein persönliches Bekenntnis abzulegen, bevor er eine weitere Generalabsolution empfängt.“

Man kann sich den Beichtvater prinzipiell frei wählen; aber wenn man sonst ohne Beichte sterben oder lange im Stand der Todsünde bleiben müsste, muss man bei dem beichten, der gerade da ist.

Als Ort der Beichte ist normalerweise der  Beichtstuhl gedacht, aber aus einem gerechten Grund (wie „der Pönitent  fühlt sich wohler dabei“ oder „es ist gerade kein Beichtstuhl da“) geht es auch außerhalb. Für die Gültigkeit der Beichte spielt der Ort keine Rolle.

Der Priester ist bei der Beichte an das Beichtgeheimnis gebunden; dessen Bruch ist aus keinem denkbaren Grund erlaubt und wäre eine sehr schwere Sünde. Der hl. Thomas sagt dazu:

„Ich antworte, dass jene Dinge, die in den Sakramenten äußerlich getan werden, die bezeichnen, die innerlich geschehen: womit die Beichte, bei der ein Mensch sich einem Priester unterwirft, ein Zeichen der inneren Hingabe ist, mit der er sich Gott unterwirft. Nun verbirgt Gott die Sünden derer, die sich Ihm durch die Buße unterwerfen; weshalb das auch im Sakrament der Buße dargestellt sein sollte, und dementsprechend verlangt das Sakrament, dass das Bekenntnis verborgen bleibt, und wer ein Bekenntnis bekanntmacht, sündigt durch die Verletzung des Sakraments. Außerdem gibt es andere Vorteile bei dieser Geheimhaltung, da hierdurch die Menschen mehr zur Beichte hingezogen werden, und ihre Sünden mit größerer Einfachheit bekennen. (Summa Theologiae, Suppl. 11,1, übersetzt aus der englischen Übersetzung) Außerdem sagt er, dass „das, was man durch die Beichte weiß, ist, als ob man es nicht wisse, da ein Mensch es nicht als Mensch weiß, sondern so, wie Gott es weiß“.

Das Beichtgeheimnis gilt wirklich in allen Fällen; der Beichtvater darf z. B. bei einem selbstmordgefährdeten Pönitenten niemandem von dieser Gefahr erzählen, er darf einen Mörder nicht der Polizei ausliefern. Auch ein indirekter Bruch (d. h. Worte oder Handlungen, aus denen andere auf den Inhalt einer Beichte schließen können) ist Sünde (die in einzelnen Fällen, wenn es sehr indirekt und unbeabsichtigt passiert ist, nur lässlich sein kann, sonst aber auch schwer ist). Auch vor Gericht darf ein Priester deswegen nichts über etwas sagen, von dem er nur aus der Beichte weiß, und darf, wenn er als Zeuge befragt wird, sagen „Dazu kann ich nichts sagen“ oder sogar „Dazu weiß ich nichts“ (mit dem mentalen Vorbehalt „…was ich sagen dürfte“).

Can. 983 — § 1. Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich, dem Beichtvater ist es daher streng verboten, den Pönitenten durch Worte oder auf irgendeine andere Weise und aus irgendeinem Grund irgendwie zu verraten.

2. Zur Wahrung des Geheimnisses sind auch, falls beteiligt, der Dolmetscher und alle anderen verpflichtet, die auf irgendeine Weise aus der Beichte zur Kenntnis von Sünden gelangt sind.

Und:

„Can. 1388 — § 1. Ein Beichtvater, der das Beichtgeheimnis direkt verletzt, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation als Tatstrafe zu; verletzt er es aber nur indirekt, so soll er je nach Schwere der Straftat bestraft werden.

§ 2. Dolmetscher und andere in can.983, § 2 genannte Personen, die das Geheimnis verletzen, sollen mit einer gerechten Strafe belegt werden, die Exkommunikation nicht ausgenommen.“

Das alles gilt auch bei einer nur begonnenen und dann abgebrochenen Beichte, bei einer sakrilegischen Beichte, oder einer mit verweigerter Absolution (aber nicht, wenn einer  bloß in den Beichtstuhl gekommen ist, um sich über den Priester lustig zu machen und gar nicht wirklich beichtet, und auch nicht bei einem normalen seelsorgerlichen Gespräch, wobei das natürlich im Normalfall auch vertraulich ist). Ein Beichtvater muss also z. B. einem Pönitenten, dem er die Absolution verweigern musste, und der danach gleich in der Messe zur Kommunion nach vorn kommt, die Kommunion spenden, um nicht zu enthüllen, dass ihm die Absolution verweigert wurde (für die unwürdige Kommunion ist allein der Pönitent verantwortlich). Das Beichtgeheimnis gilt weiterhin nach dem Tod des Pönitenten.

Der Priester darf nicht einmal den Pönitenten selber hinterher wieder auf etwas ansprechen, das er in der Beichte erfahren hat, wenn der das nicht ausdrücklich und aus freiem Willen erlaubt. Mit dessen Erlaubnis darf er Wissen aus der Beichte aber sogar weitergeben (z. B. wäre es denkbar, dass ein Pönitent einen Priester bittet, an seiner Stelle mit jemandem zu reden, von dem er gestohlen hat, und das Gestohlene zurückzugeben).

(Der Pönitent selbst ist gar nicht an das Beichtgeheimnis gebunden.)

Das alles gilt für Wissen, das einer nur aus der Beichte hat; wenn er auch aus einer anderen Quelle von einer Sünde weiß (z. B. den Pönitenten bei seinem Diebstahl zuvor schon beobachtet hat), gilt das Beichtgeheimnis dafür streng genommen nicht (wobei hier auch normale Erwägungen bzgl. Diskretion ins Spiel kommen); allerdings darf er nie preisgeben, dass er die Sünde auch noch gebeichtet bekommen hat, sondern muss so handeln, als wüsste er nur auf die andere Weise davon.

Nicht nur das Weitergeben des Wissens aus der Beichte ohne ausdrückliche Erlaubnis des Pönitenten ist verboten, auch der Gebrauch desselben ist strengen Regeln unterworfen:

Can. 984 — § 1. Ein Gebrauch des aus der Beichte gewonnenen Wissens, der für den Pönitenten belastend wäre, ist dem Beichtvater streng verboten, auch wenn jede Gefahr, daß etwas bekannt werden könnte, ausgeschlossen ist.

(Ein bloßer Gebrauch ohne jede Weitergabe des Wissens, der dem Pönitenten angenehm wäre, ist erlaubt; z. B. darf der Beichtvater aufgrund von Wissen aus der Beichte in Zukunft freundlicher zu ihm sein oder besonders für ihn beten; wobei man hier natürlich auch vorsichtig sein sollte, damit nicht irgendwie noch indirekt das Beichtgeheimnis verletzt wird.)

Außerdem:

§ 2. Wer eine leitende Stellung einnimmt, darf die Kenntnis von Sünden, die er zu irgendeiner Zeit aus der Entgegennahme einer Beichte erlangte, auf keine Weise bei der äußeren Leitung gebrauchen.

Außerdem gibt es noch eine Regelung für Klöster und Priesterseminare:

Can. 985 — Der Novizenmeister und sein Gehilfe sowie der Rektor eines Seminars oder einer anderen Erziehungseinrichtung dürfen sakramentale Beichten ihrer Alumnen, die sich im selben Haus aufhalten, nur hören, wenn die Alumnen in Einzelfällen von sich aus darum bitten.

Damit soll verhindert werden, dass etwa der Rektor eines Priesterseminars zu viel persönliches Wissen über die Seminaristen bekommt, für die er verantwortlich ist und über die er Autorität ausübt, und in Versuchung gerät, gegen Can. 984 § 2 zu verstoßen. Die Beichte ist etwas Intimes, Persönliches; hier lädt man seine Sünden gegenüber Jesus ab; das ist nichts, worauf einen eine Autoritätsperson später wieder ansprechen oder wonach sie einen bewerten darf.

Wenn ein Priester, der oft Beichten hört, vage erzählt, dass man in der Beichte öfter mal Sündenkategorie X zu hören bekommt, ist das kein Bruch des Beichtgeheimnisses; hier kann schließlich unmöglich auf individuelle Beichten geschlossen werden.

Eine Beichte mithilfe eines Dolmetschers oder Gebärdendolmetschers ist möglich, oder anstatt eines Gebärdendolmetschers für Stumme auch eine Beichte über das Aufschreiben der Sünden. Allerdings ist niemand verpflichtet, einen Dolmetscher heranzuziehen oder in so einem Fall seine Sünden aufzuschreiben (wegen der größeren Gefahr des Bruchs des Beichtgeheimnisses); wenn er keinen Priester findet, der seine Sprache/Gebärdensprache versteht, darf er die Beichte aufschieben. Diese Lösungen sind auch nur für Ausnahmefälle gedacht. Im CIC  heißt es:

„Can. 990 — Niemand darf daran gehindert werden, mit Hilfe eines Dolmetschers zu beichten; dabei sind aber Mißbräuche und Ärgernisse zu vermeiden und die Vorschrift des can. 983, § 2 zu beachten.“

Wenn man keinen Beichtvater hat, der einen versteht, aber z. B. wegen einer Krankheit in Todesgefahr ist oder eben einfach beichten will, darf man einfach durch Zeichen zeigen, dass man Sünden auf dem Gewissen hat, die man bereut, und der Priester darf einen dann lossprechen.

Eine Beichte aus der Ferne – über Telefon oder Internet – ist nicht möglich. Man muss am selben Ort wie der Beichtvater sein und ihm sein Bekenntnis ablegen. (Wobei manche Theologen spekuliert haben, ob eine Beichte übers Telefon im Notfall, wenn z. B. der Priester nicht rechtzeitig zu einem Sterbenden gelangen kann, möglicherweise gültig sein könnte, aber das ist wohl eher nicht der Fall; erlaubt ist das jedenfalls nicht.)

Für eine gültige Absolution ist auf der Seite des Beichtvaters Folgendes nötig: Er muss gültig geweiht sein, von der Kirche die Beichtvollmacht haben, die Intention haben, einen loszusprechen, und etwa die richtigen Worte verwenden.

Es genügt nicht, einfach nur gültig geweiht zu sein, er muss auch die ausdrückliche Beichtvollmacht von der Kirche erhalten haben (nähere Erklärungen hier). Wenn ein katholischer Priester, der nicht mit Kirchenstrafen belegt ist, irgendwo anbietet, Beichte zu hören, wird man davon ausgehen können, dass er diese Befugnis hat. Seit dem Jahr der Barmherzigkeit haben sie auch die Piusbrüder (ob ihre Beichten vorher gültig waren, ist eine umstrittene Frage, aber sie selber bringen gute Gründe dafür vor); schismatische Priester (orthodoxe Priester, Sedisvakantisten usw.) haben sie nicht.

Wenn Priester die Beichtvollmacht nicht haben,  greift in manchen Fällen das Prinzip „supplet ecclesia“ – die Kirche ersetzt die im Einzelfall fehlende Vollmacht. Das gilt z. B., wenn ein frisch für einen Posten ernannter Priester meint, seine Beichtvollmacht gelte schon ab dem 1.8., aber wegen irgendeines Missverständnisses gilt sie erst ab dem 1.9. Wenn er also im August guten Glaubens Beichten hört, sind die gültig. Das gilt z. B. nicht, wenn einem Priester die Beichtvollmacht bekanntermaßen entzogen wurde und er und der Pönitent das wissen.

Can. 144 — § 1. Bei einem tatsächlich vorliegenden oder rechtlich anzunehmenden allgemeinen Irrtum und ebenfalls bei einem positiven und begründeten Rechts- oder Tatsachenzweifel ersetzt die Kirche für den äußeren wie für den inneren Bereich fehlende ausführende Leitungsgewalt.

§ 2. Dieselbe Norm wird auf die in cann. 882, 883, 966 und 1111, § 1 genannten Befugnisse angewandt.

Eine Ausnahme gibt es, wenn nämlich jemand in Todesgefahr (also todkrank, tödlich verwundet, Soldat in einem Kriegsgebiet o. Ä.) ist:

Can. 976 — Jeder Priester absolviert, auch wenn er die Befugnis zur Entgegennahme von Beichten nicht besitzt, jegliche Pönitenten, die sich in Todesgefahr befinden, gültig und erlaubt von jedweden Beugestrafen und Sünden, auch wenn ein Priester mit entsprechender Befugnis zugegen ist.

Das gilt also für jeden gültig geweihten Priester (also auch z. B. für koptische oder  orthodoxe Priester, oder für laisierte katholische Priester; allerdings natürlich nicht für evangelische oder anglikanische Pfarrer, und auch nicht für Frauen in schismatischen Gruppierungen, die sich als „Priesterinnen“ bezeichnen, da die nicht gültig geweiht sind).

Die Intention ist praktisch immer gegeben. Der Priester muss nur die Intention haben, „das zu tun, was die Kirche tut, wenn sie losspricht“ – er muss nicht an das richtige Konzept davon glauben, was die Kirche hier tut oder was genau überhaupt die Kirche ist. Wenn ein Priester seinen Glauben innerlich aufgegeben hat, und nur auf seinem Posten bleibt, weil er nicht arbeitslos werden will, und meint, in der Beichte passiere real überhaupt nichts, hat er normalerweise trotzdem die Intention, das zu tun, was die Kirche tut, wenn sie losspricht, wenn er im Beichtstuhl sitzt und die Lossprechung erteilt – was seiner Meinung nach nichts ist, aber darauf kommt es nicht an. Dass die Intention gegeben sein muss, heißt eigentlich nur, dass die Lossprechungsformel nicht von selber magisch wirkt. Wenn ein Priester z. B. die Absolutionsformel sagen würde, um jemandem zu zeigen, wie eine Beichte aussieht, oder wenn er sie in einem Theaterstück als Schauspieler sagen würde, würde hier keine Sündenvergebung geschehen.

Bei den richtigen Worten wird es kniffliger. Die Formel an sich lautet (ohne das  einleitende Gebet, das der Priester auch sprechen sollte): „So spreche ich dich los von deinen Sünden, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“  (Ego te absolvo a peccatis tuis in nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti.) Es gibt ja ab und zu – glücklicherweise selten – Priester, die da kreativ werden. „Also darf ich Ihnen jetzt versichern, dass Gott mit Barmherzigkeit auf alles schaut, was Sie belastet“ oder „Also darf ich dich jetzt lossprechen von deinen Sünden“ oder „Gott vergibt Ihnen Ihre Sünden“ wäre etwa keine gültige Absolution. Was vorhanden sein muss:

  • Sicher muss „ich spreche dich/Sie/euch los“ (ego te absolvo) vorhanden sein – nicht „so darf ich dich nun lossprechen“ oder „ich kann dich lossprechen“ oder „fühlen Sie sich jetzt frei von allem Schlechten“ oder „Jesus spricht dich los“. „Ich löse dich/Sie/euch“ oder „ich spreche dich/Sie/euch frei“ wäre gültig, weil man „absolvo“ ebenso damit übersetzen kann; die Bedeutung ist die gleiche. Er muss jedenfalls sagen, dass er selbst, dem diese Aufgabe von Gott und der Kirche übertragen ist, losspricht.
  • Möglicherweise muss „von deinen/Ihren/euren Sünden“ (a peccatis tuis) – nicht „von Ihren Schwächen und Fehlern“ oder „von dem, was Sie hier vor Gott gebracht haben“ oder „von allem, was nicht so gut gelaufen ist“ – zur Gültigkeit auch vorhanden sein.
  • „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (in Nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti)  ist für die bloße Gültigkeit nicht nötig.

Wenn ein liberal eingestellter – oder vielleicht ein alter und sehr vergesslicher – Priester eine ungültige Formel verwendet, ist es am besten, ihn höflich zu fragen, ob er das bitte noch einmal in den vorgegebenen Worten sagen könnte, das sei einem wichtig (oder so). Wenn man dafür nicht schlagfertig genug war oder er sich einfach geweigert hat? Dann bleibt einem nichts anderes übrig als Liebesreue und beizeiten eine andere Beichte bei einem anderen  Priester. Der Priester wird sich vor Gott verantworten müssen, und am besten sollte man seinen Vorgesetzten (Pfarrer, Bischof, Generalvikar, Ordensoberer…) informieren, weil er nicht das Recht hat, auf diese Weise willkürlich mit Gläubigen umzuspringen.

Was ist, wenn einem einfällt, dass eine Beichte vor Jahren ungültig gewesen ist oder gewesen sein könnte? Keine Panik. Die Sünden sind spätestens bei der darauffolgenden gültigen Beichte automatisch mitvergeben worden – das zählt wie vergessene Sünden. Wenn man noch im Einzelnen weiß, was sie waren, und sich sicher ist, dass die Beichte ungültig war, muss man sie in der nächsten Beichte noch einmal bekennen. Ansonsten darf man es lassen.

Bitte keine Panik wegen möglicherweise ungültiger Beichten. Gott lässt uns ja nicht fallen, weil wir an einen idiotischen Beichtvater geraten.

Priester sind verpflichtet, den Gläubigen die Beichte zu ermöglichen:

„Can. 986 — § 1. Jeder, dem von Amts wegen die Seelsorge aufgetragen ist, ist zur Vorsorge dafür verpflichtet, daß die Beichten der ihm anvertrauten Gläubigen gehört werden, die in vernünftiger Weise darum bitten; des weiteren, daß ihnen an festgesetzten Tagen und Stunden, die ihnen genehm sind, Gelegenheit geboten wird, zu einer persönlichen Beichte zu kommen.

§ 2. In einer dringenden Notlage ist jeder Beichtvater verpflichtet, die Beichten von Gläubigen entgegenzunehmen, und in Todesgefahr jeder Priester.“

Wenn ein Priester gerade keine Zeit hat und es nicht dringend ist, ist er nicht streng verpflichtet, die Beichte eines Gläubigen zu hören; aber es ist auf jeden Fall wichtig, dass er dafür sorgt, dass jeder mal Gelegenheit zur Beichte hat, und es dürfte eine Sache der Nächstenliebe sein, auch zu einem unpassenden Zeitpunkt eine Beichte zu hören, wenn er darum gebeten wird (man weiß ja auch im Vorhinein oft nicht, ob der Pönitent über etwas Dringliches sprechen muss oder sonst vielleicht nicht wiederkäme).

Darf ein Priester die Absolution verweigern? So einfach nicht. Aber das kann dann erlaubt oder sogar nötig sein, wenn für ihn klar ist, dass der Pönitent nicht bereut, oder er deutliche Zweifel an der Reue hat.

„Can. 980 — Wenn der Beichtvater keinen Zweifel an der Disposition des Pönitenten hat und dieser um die Absolution bittet, darf diese weder verweigert noch aufgeschoben werden.“

Darf der Priester z. B. von einem Bankräuber oder Mörder verlangen, sich der Polizei zu stellen, bevor er ihn losspricht? Prinzipiell nicht. Er kann ihm sagen, wenn er wirklich bereut, soll er das tun, und ihm dementsprechend zureden, aber zur Bedingung für die Lossprechung machen kann er es nicht einfach.

Es gibt einzelne Sünden, von denen ein normaler Priester (außer, wenn der Pönitent in Todesgefahr ist) nicht lossprechen kann, sondern nur ein Bischof oder sogar nur der Heilige Stuhl; wenn ein Pönitent so etwas beichten würde, würde der Priester also einen Brief an die zuständige Stelle schreiben. Zu diesen Sünden, die dem Heiligen Stuhl  vorbehalten sind, gehören Hostienschändung oder ein körperlicher Angriff auf den Papst – also nichts, wovon der Durchschnittskatholik betroffen sein wird. Die Vornahme einer Abtreibung wird mit der automatisch durch die Tat eintretenden Exkommunikation bestraft, aber davon darf in diesem Fall in den meisten Ländern jeder Beichtvater lossprechen.

Außerdem gibt es einen Sonderfall:

„Can. 977 — Die Absolution des Mitschuldigen an einer Sünde gegen das sechste Gebot des Dekalogs ist ungültig, außer in Todesgefahr.“

Das 6. Gebot betrifft Unkeuschheitssünden; d. h. etwa, ein Priester kann eine Frau, mit der er eine Affäre gehabt hat, nicht lossprechen  (außer sie liegt im Sterben); dafür muss sie bei jemand anderem beichten.

Vielleicht sollte man im Zusammenhang mit der Beichte auch noch einen weiteren Sonderfall, das Verbrechen der sollicitatio in confessione, erwähnen:

„Can. 1387 — Ein Priester, der bei der Spendung des Bußsakramentes oder bei Gelegenheit oder unter dem Vorwand der Beichte einen Pönitenten zu einer Sünde gegen das sechste Gebot des Dekalogs zu verführen versucht, soll, je nach Schwere der Straftat, mit Suspension, mit Verboten, mit Entzug von Rechten und, in schwereren Fällen, mit der Entlassung aus dem Klerikerstand bestraft werden.“

Früher machte es das Kirchenrecht sogar zu einer strengen Verpflichtung für den Pönitenten, einen solchen Beichtvater innerhalb eines Monats beim Bischof oder beim Heiligen Stuhl anzuzeigen, wenn irgend möglich; diese Verpflichtung ist inzwischen weggefallen, vermutlich, weil man Opfer nicht zusätzlich dadurch unter Druck setzen wollte; aber natürlich ist es immer noch wichtig, dass ein Priester, der zu so etwas fähig ist, angezeigt wird.

Weil das ein ziemlich schwerwiegendes Verbrechen ist, gelten allerdings auch strenge Gesetze für verleumderische Anklagen:

„Can. 1390 — § 1. Wer einen Beichtvater wegen der in can. 1387 genannten Straftat fälschlich bei einem kirchlichen Oberen anzeigt, zieht sich die Tatstrafe des Interdiktes zu, und, wenn es sich um einen Kleriker handelt, auch die Suspension.“

„Can. 982 — Wer bekennt, fälschlich einen unschuldigen Beichtvater bei der kirchlichen Autorität des Vergehens der im Zusammenhang mit der Beichte geschehenen Verführung zu einer Sünde gegen das sechste Gebot des Dekalogs bezichtigt zu haben, darf erst absolviert werden, wenn er vorher in aller Form die falsche Anzeige zurückgezogen hat und bereit ist, angerichteten Schaden wiedergutzumachen.“

Und das war es soweit; man könnte noch mehr über die Pflichten von Beichtvätern bei diesem Sakrament sagen, aber dieser Artikel war ja hauptsächlich zur Info für Laien gedacht. Beim nächsten Mal zu ein paar Dingen bzgl. der hl. Kommunion.

3 Gedanken zu “Moraltheologie und Kasuistik, Teil 7a: Sakramente und Kirchengebote – Grundsätzliches & alles rund um die Beichte

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